27. April 2018

Degerloch im Dornröschenschlaf

Die Epplestraße in Degerloch ist nicht gut für Fußgänger/innen und Radfahrende.

Sie ist das Konsumzentrum und Aufenthaltszentrum Degerlochs, aber sie tut gar nichts dafür, dass sich Fußgänger/innen und Radfahrende wohl fühlen. Sie gibt nur kostenlose Parkscheine für eine halbe Stunde aus.

Radler/innen kennt man in Degerloch eher nicht. Außer Radbügeln gegen auf dem Gehweg parkende Autos und Radpiktogrammen auf der Busspur hat man gar keine Radinfrastruktur  eingerichtet. Das große Manko dabei: Auch für Radfahrende ist die Epplestraße Einbahnstraße Richtung Albplatz.
Wer also von dort kommt, kann die Läden in der Epplestraße nicht direkt ansteuern, sondern muss durch den sehr engen, aber erlaubten Fußgängerbereich und querende Fußgänger/innen an der U-Bahnhaltestelle und durch den Taxistand in die Rubensstraße radeln, die parallel zur Epplestraße runterfahren und kann dann nach links wieder auf die Epplestraße einbiegen.

Diesen Umweg mache ich immer, für Radler ist er eigentlich nicht so schlimm. Aber es machen ihn halt viele nicht. Sie radeln dann links und rechts die Gehwege entlang, oder wie diese Radlerin auf dem Foto oben, auch mal kurz als Geisterradlerin auf der Busspur. Ganz schlecht, aber leider sehr typisch, wenn eine Radinfrastruktur nicht stimmt oder gar nicht erst vorhanden ist.

Wobei sich auch die Autofahrenden nicht an die Regeln halten. Um das auf dem Gehweg Halten zu verhindern, hat man vor dem Metzger und an anderen Stellen Radbügel aufgestellt. Vor dem Bäcker Treiber parken Autos gerne auf dem Gehweg (im Viererbild rechts unten zu sehen), sodass das Überqueren der Mittleren Straße vor allem für Kinder, die über die großen Autos nicht hinwegsehen können, zu einer Herausforderung wird.

Die Busspur ist ein beliebter Halte- und Parkplatz für den Lieferverkehr. Das gelbe Postauto stand länger als 15 Minuten dort. Der Fahrer hat offensichtlich auch eine Pause gemacht. Und auch Fußgänger/innen überqueren die Fahrbahnen auf dem kürzesten Weg, gern auch diagonal, und nicht unbedingt an den Fußgängerampeln (was sie auch tun dürfen).

Zur Hauptverkehrszeit stauen sich hier dann die Autos und bilden einen undurchdringliche Wall  zwischen den beiden Ladenzeilen. Solche Automauern zwischen zwei Seiten einer Ladenstraße sind schädlich fürs Geschäft, weil Fußgänger/innen dann nicht mehr die Straße queren. Sie shoppen nicht, sie eilen.

Für Radler, die hier auf der Busspur zur Ampel am Albplatz vorfahren, und das Glück haben, dass kein Lieferwagen auf der Busspur steht, hört alle Radinfrastruktur vor der Ampel vollständig auf. Sie müssen, wenn sie Richtung Süden in den Kessel hinunter fahren wollen, rechts über den Gehweg und Fußgängerampeln ausweichen (Viererbild rechts unten). Dieser Aufgang liegt hinter der Fußgängerfurt. Doch kein Radler stockert sich im Autostau vor, bis er in den Rad-frei-Bereich einfahren kann. Vor allem, wenn die Autos dicht am Bordstein stehen, ist man als Radler/in extrem versucht, den Gehweg schon vorher zu entern. Im Autostau stehen, muss und will man als Radfahrender ja nun nicht, deshalb fährt man ja Fahrrad. Auch das ist richtig schlecht und total lieblos gemacht.

Ist man im Rad-frei-Bereich, schlängelt man sich zur Fußgänger-/Radampel durch. Auf der anderen Seite weist kein kein Rad-frei-Schild darauf hin, ob man auf dem Gehweg radeln darf oder nicht. (Radführungs-Ende im Nirwana) Drüben auf die Fahrbahn einschwenken geht nicht, man würde in den aus der Epplestraße herauskommenden Autoverkehr fahren. Auch ganz schlecht. Wer sich auskennt, weiß, dass man den Gehweg von der Alten Weinsteige herauf radeln darf, man also drüben (Doppelfoto) auch nach links zur Josefstraße abbiegen und fahren darf. Runter darf man ihn übrigens nicht radeln, denn eine Radfreigabe gibt es nicht. Aber weiß man's, vielleicht wurde das Schild ja auch nur vergessen.

Kaum ein Radler biegt mit den Autos zusammen aus der Eppleestraße auf der Fahrbahn nach rechts oder links ab. Ich habe mir einmal den zweifelhaften Spaß gemacht, mich auf der Linksabbiegespur einzuordnen und dann geradeaus in die Zufahrt zur Josefstraße zu radeln. Autofahrende sind hier aber gar keine Radler gewöhnt und entsprechend drängelig. Außerdem will ich als Radlerin ja nun wirklich nicht im Autostau zur Ampel vorrücken Der Umweg ist allerdings so umwegig, dass viele, vor allem ortsunkundige Downhiller durch die U-Bahnhaltestelle radeln. 

Im Grunde funktioniert so ein mehr oder minder leichtes Chaos mit allerlei Regelverletzungen ganz gut, man teilt sich den knappen Raum, den einem der Autoverkehr zugesteht, und arrangiert sich auf den Gehwegen. Aber es gibt Fußgänger/innen, die es hassen, wenn ihnen Radler auf den engen Gehwegen begegnen. Gehbehinderte haben Angst vor Kollisionen. Die Gefahr ist zwar gar nicht so groß, aber sie wird als groß empfunden. Und ich finde, Fußgänger/innen müssen auf Gehwegen angstfrei unterwegs sein können. Räder gehören auf die Fahrbahn.

Abhilfe schafft nur eine sichtbare Radinfrastruktur, die den Radfahrer/innen, die hier einkaufen wollen, einen bequemen Zugang zu den Läden bietet, und zwar auch gegen die Einbahnstraße. Wenn man das nicht macht, hat man Radler, die auf Gehwegen fahren und sich überall durchschlängeln.

Irgendwann wird die Epplestraße in Degerloch vielleicht aus ihrem Auto-Dornröschenschlaf aufwachen und sich in einen Mischverkehrsbereich verwandeln, mit weniger Parkplätzen und mehr Aufenthaltsgenuss für Menschen. Für die Zeit bis dahin wäre eine einladende Radinfrstruktur dringend nötig, auch zum Schutz, zur Bequemlichkeit und zur Zufriedenheit der Zufußgehenden. Das täte dann auch dem dortigen Einzelhandel gut.





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