27. Dezember 2021

Der rollende Gehstock

Das Fahrrad ist ein rollender Gehstock, meint das Urban Cycling Institute. Und Fahrradstädte sind inklusive Städte. 

Die 65-75-Jährigen in den Niederlanden legen ein Drittel ihrer Wege mit dem Fahrrad zurück. Und durchaus nicht immer mit Dreirädern. Manchmal ist es tatsächlich leichter, mit dem Rad zu fahren als zu Fuß zu gehen. Das Fahrrad belastet Knie und Füße weniger als das Gehen, weil man nie das ganze Körpergewicht auf ein Bein verlagern muss. Ich kenne einige Menschen, die weite Strecken mit dem Rad fahren, aber keine zwanzig Meter schmerzfrei gehen können. Das Fahrrad ist für sie ein Rollator oder eben ein rollender Gehstock, mit dem auch noch sehr viel weiter kommt als nur zu Fuß.

Voraussetzung dafür, dass viele ältere Menschen sicher Radfahren können ist aber auch eine gute Radinfrastruktur wie es sie in den Niederlanden gibt. Wir reden derzeit in Deutschland von einer zunehmenden Zahl vorn Pedelec-Unfällen. Sie dürften nicht nur deshalb zunemen, weil immer mehr Menschen Pedelecs fahren, sodnern auch weil Elektroräder vermehrt von älteren Menschen gekauft und gefahren werden, Menschen also, die Rad fahren können, aber eben nicht mehr so reaktionsschnell und wie in ihrer Jugend. Unsere Verkehrssituation verlangt haber leider schon gelegentlich schnelle Brems- oder Ausweichmanöver, und die Untergründe, über die man Radfahrende schickt, sind oft ziemlich uneben, voller Schlaglöcher und Bordsteine. 

In den Niederlanden kann man dagegen nicht nur Kinder bedenkenlos überall hin radeln lassen, weil sie auf eigener Radinfrastruktur unterwegs sind, sondern auch ältere Menschen können in ihrem Tempo auf Radwegen fahren, ohne dass der Autoverkehr ihnen ständig in die Quere kommt. In den Niederlanden fährt auch niemand mit Helm. Denn Radfahren ist sicher. 

In Stuttgart gibt es übrigens ein Progarmm, das gehebehinderte Menschen eim Kauf eines E-Trikes  (elektrischen Dreirads) unterstützt. Denn sich bewegen ist ja immer gut, und wer mit dem Rad überall hin fahren kann, kommt auch leichter zu den Läden als mit dem Auto, das man ja immer orgendwo weiter weg parken kann.

4 Kommentare:

  1. Seit wann interessieren die autofahrende Mehrheit und die von ihr abhängigen Politiker denn stichhaltige Argumente?

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  2. Gibt es irgendwelche halbwegs haltbaren Belege für die permanent wiedergekaute These eines angeblich sichereren Radverkehrs in den NL?
    RAdfahren ist weder in den NL, noch in D gefährlich, ganz im Gegenteil wirkt Radfahren im Durchschnitt deutlich lebensverlängernd.
    Gerade aber die NL haben stark erhöhte Unfallzahlen bei SeniorInnen und Pedelecfahrenden, was in den NL auch deutlich thematisiert/problematisiert wird.
    Zum Vergleich NL-D in Bezug auf die Unfallgefährdung siehe:
    https://radunfaelle.wordpress.com/vergleich-de-nl/
    Es mag ja gern über ein erhöhtes 'subjektive Sicherheitsgefühl' gejubelt werden, aber in Bezug auf Ökologie/Klima des Verkehrssektors und in Bezug auf objektive Unfallgefährdung beim Radfahren sollten die Niederlande nun wirklich kein Vorbild für uns sein, es sei denn wir wollen verschlechterte objektive Unfallsicherheit und weiteren Anstieg des Autoverkehrs in PKW-Dichte und Fahrleistung nach niederländischem Muster.
    Davon abgesehen ist es natürlich gut und sinnvoll wenn SeniorInnen endlich länger aktiv mobil bleiben.
    Tipp dazu:
    Autoverkehr wirksam und signifikant einschränken bzw. vermindern.
    Bei Autoverkehr von 5-10% von heute (Knoflacher Empfehlung) ist auch ausreichend breite, sichere, blendfreie, gut trassierte, glatt alsphaltierte Infrastruktur kein Thema mehr, wobei dann auch keine weiter ansteigende Bodenversiegelung benötigt wird, sondern im Gegenteil mit Straßenrückbau/Renaturierungen begonnen werden kann.

    Alfons Krückmann

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  3. In NL gibt es eine Aktion "Doortrappen" an der sich immer mehr Gemeinden beteiligen. Ziel dieser Aktion (frei übersetzt: Weitertreten) ist es, dass man ermöglichen möchte, dass jeder bis zu seinem 100. Geburtstag sicher und gesund radfahren kann. Die gute Fahrradinfrastruktur erleichtert es natürlich. Inzwischen kann man auch eine Zunahme von Helmträgern bei über 65jährigen bei Ausflügen feststellen, im Alltag beim Einkaufen noch sehr selten.

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  4. Ja stimmt. Läuft ja schon seit einigen Jahren und findet - NL typisch - parallel zum weiteren Anwachsen des Autoverkehrs bei den Senior:innen (mehr Autos, höhere Fahrleistung) statt.
    Alfons Krückmann

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