18. Oktober 2022

Notorisch kritische Situationen

Es ist nie gut, wenn ein Radweg gekreuzt wird von Tiefgarageneinfahrten oder Straßen für Autos. Der Radweg Holzstraße funktioniert an der Dorotheenstraße nicht gut. 

Obgleich der Radweg eigentlich seit Jahren etabliert ist, fahren erstaunlich viele Autofahrende ziemlich ungebremst drüber, wenn sie aus der Dorotheenstraße nach rechts in die Holzstraße einbiegen wollen. Oder sie stehen quer auf dem Radweg, weil sie den Autoverkehr abwarten müssen. Dass sie damit den Radverkehr, der hier Vorrang hat, ausbremsen und sogar gefährden, merken sie oft nicht einmal. Die Nachtfotos entstanden innerhalb von fünf Minuten gegen 19:25 Uhr am Mittwoch, den 12. Oktober. 

Leider geben dabei auch die Taxifahrer und Busfahrer gar kein gutes Bild ab.

Dieser Taxifahrer fährt so schnell, dass sein Auto beim Fotografieren unscharf wurde. Er bremst überhaupt nicht ab, er fährt unbeirrbar über den rot markierten Radweg. Dass von rechts zwei Radfahrende kommen, hat er nicht gesehen oder für irrelevant befunden. Die müssen bremsen, während er auf die Holzstraße rausfährt. Auch wenn der Taxifahrer womöglich für sich in Anspruch nimmt, den totalen Überblick gehabt zu haben und das Tempo der Radler:innen richtig eingeschätzt und also gewusst zu haben, dass er ungebremst raus auf die Autofahrbahn kommt, so machen genau solche Hast-Manöver von Autofahrenden die Situation für Radfahrende unsicher. Wenn man heranradelt, weiß man nie so genau, ob der Fahrer sein Auto anhält oder blind über den Radweg fährt und man selber eine Notbremsung machen muss. Einfach mal warten und die Radler vorbeilassen, hätte auch diesem Taxifahrer gut angestanden. 

Bei anderer Gelegenheit (5. Okt) war ein Taxifahrer aus der Holzstraße über den Radweg auf die Fußgängerfläche eingebogen (denn die Dorotheenstraße ist Einbahnstraße Richtung Holzstr), um einen Kunden aussteigen zu lassen. Er stand eine Weile so, wie es das Foto zeigt. Den Protest des Radfahrers beantwortete er mit Beschimpfungen. Weiter vorzufahren, lehnte er ab (was auf der Fußgängerfläche ebenfalls verboten isst). Auf die Idee, dass er mit seinem Taxi auf der zweispurigen Holzstraße genug Platz gehabt hätte, um bei einem Kunden zu kassieren und ihn aussteigen zu lassen, ist er offensichtlich nicht gekommen: Andere Autofahrer blockierten, geht nicht, aber Radler:innen blockierten geht immer. 

Der Fahrer dieses Busses, denkt gar nicht daran, vor den Radweg anzuhalten und von dort aus den Verkehr in der Holzstraße zu beobachten, er fährt ohne Zögern über den Radweg hinweg und bleibt erst dann stehen. Eine Fußgängerin kann ihren Weg nicht fortsetzen und muss nun ebenfalls stehenbleiben. Und ein Radfahrer, der auf der anderen Busseite zum Bremsen gezwungen wurde, verlässt den Radweg und fährt Fußgängerbereiche hinter dem Heck des Busses herum. 

Dieser Fahrer des silbernen Autos folgt den schlechten Beispielen und hat es auch eilig. Sogar sehr eilig. Zum Glück kommen von links hinter dem Klohäuschen hervor keine Radfahrenden, die dann nämlich ziemlich unvermittelt mit dem Auto konfrontiert worden wären. 

Verkehrszeichen nützen auch hier wenig. Sie hängen regulär ziemlich hoch, und am höchsten hängt das kleine Weiße Schild, das auf kreuzenden Radverkehr hinweist. Man hätte sich hier vielleicht auch mal das Dreiecksschild leisten können, das groß vor Radfahrenden warnt. 

Gut, dass die Dorotheenstraße schon diese Woche mit einer neuen sogenannten Straßenmöblierung versehen wird. Sie soll im Rahmen des Gemeinderatsbeschlusses für eine autoarme Innenstadt für den Autoverkehr gesperrt werden. Ich vermute allerdings, dass es eine Weile dauern wird, bis Autofahrende das auch akzeptieren und befolgen. 

21 Kommentare:

  1. Kamera installieren , die Bilder auswerten und Knöllchen verteilen dürfte die am schnellsten wirksame Maßname sein.

    AntwortenLöschen
  2. Ich denke es gibt wunderbare Bodenschwellen für solche, auch für Autofahrer, unübersichtliche Situationen wie sie z.B. in der Tankstelle in der Burgstallstrasse verwendet werden. Dort gab es bevor die Teile installiert wurden die vergleichbare Probleme zwischen dem Durchfahrtverkehr und Fussgängern.

    AntwortenLöschen
  3. Das Problem: Sowas wird nie und niergendwo kontrolliert, daher würde hier punktuell auch diese Video-Maßnahme nicht reichen, aber ja, es wäre jedes mal eine lächerliches NICHT abschreckendes Bußgeld von 25€ ohne Punkt. Bitter. Die Poller, die Schützen sollen, lassen hier eine "geschützte Ausfahrt" vermuten und suggerieren Vorfahrt für die Autofahrer. Die Sicht duch die Werbesäule/WC ist zusätzlich schlecht, so dass die Autofahrer wirklich vorfahren müssen, hier habe ich also für die Ausfahrenden KFZs sogar teilweise Verständnis, weil sie dem Sichtgebot folgen. Baulich eine Katastrophe. Schwellen und Heifischzähne (erlaubt inzwischen) könnten zusätzlich helfen, die rote farbe und dann im deutschen dunkelrot, statt warnton-hell-rot ist nachts wie alle Katzen grau.
    Die von stefan64 empfohlenen Bodenschwellen könnten auch hilfreich sein.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ich glaube doch, dass es in Stuttgart bei der Stadt ein Teufelchen gibt, was die gar nicht so schlechte Planung für die Radelnden dann anschließend so richtig gut beschädigt. Sei es wie hier die Werbesäule, die an der maximal ungünstigsten Stelle aufgestellt wurde, seien es die diversen Schilder und Poller, die mitten auf dem Radweg stehen (und anschließend noch die Reflektoren bekommen, damit man nicht zu oft dagegen dotzt) und ich fürchte dass die Schwellen (die anderen entwickelten Ländern ja zum Standard gehören und sehr erfolgreich die KFZ abbremsen und das Radeln sicherer machen) bei uns dann auf dem Radweg angebracht werden statt auf der Straße.

      Löschen
    2. Das ist kein Teufelchen, das ist geballte aus Ignoranz geborene Inkompetenz.

      Löschen
  4. möglicherweise zufall, aber dennoch bemerkenswert, dass es sich bei oben genannten um professionelle fahrzeugführerinnen handelt.
    in vergleichbaren fällen fordert die politik nun die lieferung schwerer waffen.

    AntwortenLöschen
  5. Kameraüberwachung dürfte nicht erlaubt sein. Wenn man da jemanden vom Ordnungsamt kontrollieren lässt wird vermutlich Wegelagerei vorgeworfen. Eine Schranke für die KFZ mit Anforderungsknopf wäre vielleicht eine gute Lösung.

    AntwortenLöschen
  6. Jörg
    Ich sage mal das sind unsere lieben Besucher vom Land. Da nachher zuhause über Stuttgart lästern wie schlecht man da Autofahren kann.
    Gerade in diesen Innenstadtbereichen helfen Schwellen. Das sieht man im Ausland. Mit großen Fahrzeugen wie dem Bus wird man immer jemanden im Weg stehen. Das liegt in der Natur der Sache.
    Ich bin kann Ampelfreund, aber vielleicht wäre dort eine Anforderungsampel zur Ausfahrt hilfreich. So wie es jetzt gestaltet ist muss jedes Wagenlenky an der Sichtlinie halten und steht dabei auf dem Radweg. Die Autos kommen dort um die Ecke geschossen (T30 machen?). Da muss man solange warten bis die Autos von einer Ampel gekommen sind und dann fahren bevor sie aus der anderen Richtung kommen. Mit anderen Worten am sichersten ist es eine Weile auf dem Radweg zu verweilen und den richtigen und tatsächlich gefährlichen Autoverkehr zu beobachten um sich ein zu reihen.
    Beurteilung: Schlechte Infrastruktur, zu sehr Stadtautobahn.
    Lösung Ausfahrt Kfz nur über Münzstraße

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ich glaube, eine Ampel willst du da nicht wirklich. Sie enthebt nämlich erneut den Autoverkehr der Notwendigkeit aufzupassen, und sie stoppt den Radverkehr unangemessen lang. Zum Glück wird diese Straße ja nun bald für den Autoverkehr gesperrt. Dann müssen Autofahrende nur noch lernen, sich daran zu halten.

      Löschen
    2. Jörg
      Die Sperrung der Dorotheenstraße ist ja schon beschlossen. Weiters steht nun an die Holzstraße vom Stadtautobahncharakter zu befreien und in eine ruhige Stadtstraße zu wandeln. Gerne mit T30. .

      Löschen
  7. Gegen Autofahrer kann man gerne meckern, wenn sie unachtsam oder rücksichtslos sind. Aber diese Stelle ist dermassen unübersichtlich, dass gefährliche Situationen regelrecht provoziert werden. Die Stadt Stuttgart ist hier entweder völlig hilflos, dann müsste man ihr sofort die Erlaubnis zum Bau solcher Anlagen entzogen werden. Oder sie handelt absichtlöich - auch nicht besser.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Das Beispiel mit dem Taxifahrer sagt genau das Gegenteil: Es liegt nicht an der Infrastruktur, sondern an Ignoranz und Überheblichkeit: Manchen Autofahrern ist es egal oder sie machen es aus Trotz.

      Löschen
  8. Generell gilt im Straßenverkehr: Schilder allein helfen nicht; damit begnügen sich in Stuttgart meist die Mitarbeitenden der Straßenverkehrsbehörde - Beispiele dafür gibt es massenhaft. Bauliche und technische Maßnahmen, wie Poller und Schwellen helfen dagegen; siehe andere Länder und Städte, z.B. in der Partnerstadt Straßburg!

    AntwortenLöschen
  9. Regeln ohne Kontrollen funktionieren halt nicht. Davon mal abgesehen ist die Holzstraße ein erbärmlicher Radweg, der maximal eine Notlösung darstellt, aber den Namen fast verdient hat: Radfahrer sind hier auf dem Holzweg.

    AntwortenLöschen
  10. Irgendwie irritiert mich die Diskussion hier. Warum fahrt ihr nicht auf der Straße? Ist wesentlich sicherer als dieser-Todeszonen-'Radweg'- der keiner ist. Die Mindestbreite für einen Zweirichtungsradweg (1,60m) nicht erfüllt- daher entfällt die Benutzungspflicht. Da kann die Stadt noch so viele Schilder ankleben... Martha Reiser

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Breiter als 1,60 ist der Radweg auf jeden Fall. Vom Charlottenplatz Richtung Einfahrt in die Fahrradstarße kann man auf der Fahrbahn radeln, wenn man Lust hat (vor allem samstags) im Autostau der Zufahrt zur Tiefgarage zu stehen oder hinterm Bus anzuhalten oder an der Ampel vor der Einfahrt in die Fahrradstraße. In Gegenrichtung kann man nun wirklich nicht auf der Fahrbahn radeln, da kommen einem zweispurig Autos entgegen. Man kann aber auch nicht anders radeln, weil man aus der Fahrradstraße nicht rüber auf die andere Seite der B14 kommt.

      Löschen
    2. Breite widerlegt- siehe Twitter. Grundsätzlich ist Deine Grundeinschätzung weder nachvollziehbar noch stützt sie die gegenwärtige Studienlage. M.R.

      Löschen
    3. Jörg
      Auch wenn es eine konservativen Partei in Stuttgart wundert, halten sich viele Radfahrende an die StVO und benutzten den zugewiesenen Radweg.
      Auch führt der Radweg in Richtung Norden. Dazu müßte man sich mal eben 5 Spuren weiter nach rechts beamen, um dort den nächsten Gefahren ausgesetzt zu werden.

      Löschen
    4. Die Vorschriften und Technischen Regelwerke, die die Mindestbreiten etc. als Stand der Technik festlegen, richten sich an die Straßenverkehrsbehörden. Diese können und dürfen sich über alle diese Normen zu Lasten eines flüssigen und risikofreien Radverkehrs hinwegsetzen und dennoch Benutzungspflicht anordnen.

      An diese Benutzungspflichten sind wir Radfahrer wiederum gebunden, weil für uns die Technischen Regelwerke nicht direkt gelten, sondern eben die StVO und die Gerichtsentscheidungen.

      So weit die Theorie. In der Praxis fährt man gut damit, bei jeder Fahrbahnmarkierung, jedem Verkehrsschild und jeder Ampelschaltung, die sich auf den Radverkehr bezieht, eine persönliche (Risiko-)Bewertung durchzuführen und zu überlegen, ob die Behörden nicht eigentlich etwas vergessen haben, wenn einem die Situation merkwürdig vorkommt.

      Löschen
  11. Auf schizophre-grün-ideologische-Auto-oder-Fahrrad Diskussionen habe ich keine Lust... M.R.

    AntwortenLöschen
  12. Sorry, für mich ist dieser Radweg die vollkommene Fehlplanung! Aufgrund der Einfahrten, Cafe und für einen 2-Wege Radweg zu geringe Breite, verweigere ich diesen konsequent und fahre auf der Straße mit der Begründung der "Nicht Zumutbarkeit für Rennradfahrer". Hier ist immer ein Fahrstreifen leer der zügig von Charlottenplatz bis zur Christophstraße zu befahren ist. Damit umgeht man auch die bescheidene Verkehrslage auf der Eberhard"Rad"straße, die sensationelle Kreuzungsregelung danach und zum Teil den Fußgänger und Autoverkehr auf dem "Sharedspace" Tübinger.
    Ein Schnellradweg durch Stuttgart sollte man schon eine der kaum genutzten Spuren der Ringes spendieren - hier bin ich meistens unbeschwert unterwegs

    Tanja

    AntwortenLöschen