11. Juli 2023

Freud und Leid

Drei Geschichten muss ich euch erzählen. Wobei alle die Ausnahme sind, wenngleich wir Radfahrende auf all unseren Fahrten stets ein oder zwei solcher Ausnahme-Erlebnisse haben, mehr unschöne als schöne. 

Ich radelte die schmale Lehenstraße hoch zum Mühlrain, rechts und links parken Autos, da kommen nicht mal Rad und Auto aneinander vorbei. Das Stück ist ca. 12 Prozent steil, geht mit Pedelec, aber treten muss man auch. Von oben kam ein Auto entgegen. Der Fahrer fuhr in eine Einfahrtlücke, steckte den Arm aus dem offenen Fenster und winkte mir, zu kommen. Ich schaute in meinen Rückspiegel, denn solche Fairness erlebte ich nur, wenn hinter mir ein Auto ist. Auf Radfahrende achtet man nicht so. Aber er meinte mich. Ich treppelte an ihm vorbei, bedankte mich aufwändig gestisch, er startete und rief mir was zu, was ich nicht gleich verstand, so ungewöhnlich war es. Er rief: "Gute Fahrt!" Mit freundlichen Gefühlen radelte ich in den Mühlrain hinein. 

Auf derselben Fahrt kam ein Auto hinter mir mit lautem Motor. Im Rückspiegel sah ich einen weißen Mercedes Cabrio mit angeschaltetem Abblendlicht. Auch auf dem langen Mühlrain können Autofahrende wegen der geparkten Autos nicht mit 1,5 Meter Abstand überholen (es sei denn, was manche machen, man braust über den Gehweg). Platz war also nicht, doch der Fahrer meinte schließlich, jetzt reicht's, und startete einen Überholvorgang. Ich streckte mit der typischen Bremsgeste die linke Hand raus, was diese Überholpanischen immer erst einmal zum Nachdenken und Abbremsen bringt. So auch ihn, aber fuhr mir  dann bis auf einen halben Meter ans Schutzblech ran und blieb so hinter mir. Das machte mir Angst. In der letzten Kurve wich ich weit nach rechts aus und winkte ihn vorbei. Er gab Gas (obgleich er in de Kurve nichts sehen kann), und ich rief ihm zu, er müsse anderthalb Meter Abstand beim Überholen lassen. Er rief irgendwas zurück, was geringschätzig klang. 

Am Vortag radelte ich die Bolzstraße rauf, da wo die vielen Gehwegnasen bei der Post sind. Von oben kam ein Radler entgegen. Ein Taxifahrer wollte aus einer Bucht hinaus und hatte sein Taxi schon in die Fahrbahn geschoben, bremste aber, als er den Radler sah. Der hatte aber auch schon gebremst, weil unklar war, was der Taxifahrer tun würde. Dies sah der Taxifahrer und fuhr wieder an. Der Radler, der inzwischen schon wieder angetreten hatte, bremste erneut. Das Taxi auch. Ich musste natürlich auch bremsen und absteigen, weil das Taxi diagonal auf der Fahrbahn stand. Der Radler quetschte sich zwischen Kühler und Bordstein vorbei, hielt an und erklärte dem Taxifahrer, dass das nicht geht. Ich steuerte die Bemerkung bei: "Und mich haben Sie auch ausgebremst." Darauf der Taxifahrer, das sei eine Autostraße, offenbar in der Annahme, wenn wir Radler:innen da führen, dann wenigstens so, dass er bei seinen Manövern nicht behindert wird. "Nein", sagte ich, "auf einer Fahrbahn dürfen alle fahren." Und plötzlich war ein Polizeibeamter bei uns (der auf dem Gehweg irgendwas zu klären hatte) und erklärte dem Taxifahrer recht entschieden, dass er im Unrecht und wir beide im Recht seien. Der Taxifahrer moserte, er habe losfahren wollen und genug gewartet. Der Polizist sage: "Wenn Radfahrer kommen müssen Sie halt noch länger warten." Wir beide auf unseren Fahrrädern bedankten uns bei dem Polizisten. 



8 Kommentare:

  1. Hallo Christine,
    heute versuche ich mal hier einen ersten Kommentar - bisher hatte ich mich ja eher per Mail gemeldet, aber hier gern was für die Öffentlichkeit, da ich neulich auch blöde Manöver von Taxis und deren Fahrern hatte:

    gedanklich stehe ich kurz vor einem Leserbrief an die Taxifahrer, in dem ich gerne sagen möchte, daß sie doch bitte auf Radfahrer Rücksicht nehmen sollen im eigenen Interesse! Das sind nämlich potentielle Kunden.

    Wenn man nicht (primär) Auto fährt, sondern Rad und/oder ÖV, bietet sich ein Taxi an, wenns mal sein muß - und es ist leistbar, wenn man eben nicht "Autofahrer" ist. Reine Autofahrer werden seltener mal ein Taxi brauchen, außer vielleicht für die eine Fernreise zum Flughafen, Bahnhof o.ä..

    Also, liebe Taxifahrer: schätzt eure potentiellen Kunden, denn die ohne Auto sind das durchaus gerne mal. Und umso gerner bei jemand, der rücksichtsvoll und seriös fährt!

    Gilt ähnlich übrigens für Handwerker: aggressive Fahrweisen sind für mich bei Firmenfahrzeugen mit Werbung immer schon ein Grund, ein Unternehmen eher NICHT zu beauftragen.

    Herzliche Grüße,
    Hans-Jürgen Mauser

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    1. Jörg
      Die Taxi-Innung verstehe ich auch nicht. Theoretisch gehört das Taxi zum ÖV. Dementsprechend könnten sie mit ProBahn, VCD etc. für ihre Interessen eintreten.
      In der Praxis sind sie Autofahrer die aggressiv gegenüber Radfahrenden auftreten. Durch Raserei Fußgänger und andere gefährden. Bei meinen seltenen Taxifahrten ist noch keiner nach Verkehrsregeln insbesondere der Höchstgeschwindigkeit gefahren. Jede Stadtbahn, jeder Linienbus hält sich an die Vorgaben. Es gefällt mir nicht leicht bedudelt, nachts mit 80 km/h durch die Stadt gefahren zu werden. Der Gedanke es wird diesmal schon gut gehen, hält mich von Diskussionen ab.
      Tja, da fehlt mir jedes Verständnis.

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  2. Ach Taxifahrer ...
    Ich habe mit angewöhnt, beim Start den Fahrer (es sind zuallermeist Männer) zu bitten, die Verkehrsregeln einzuhalten. Das ruft meist Stirnrunzeln hervor, doch spätestens wenn in der 30er-Zone 50 gefahren oder ein Radfahrer zu dicht überholt wird und ich sage "Genausowas meinte ich", dann werden sie vorsichtiger. Wenn nicht, kann man eine Fahrt auch abbrechen, mit Rückmeldung an den Taxidienst.

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  3. Taxifahrer fahren mitunter als ob sie noch nie in ihrem Leben einen Führerschein gemacht haben. Manche kennen sich noch nichteinmal in ihrer Stadt aus. Rücksichtnahme ist auch eher selten. Sagt man mal was zu einem Taxler (und ist nicht Fahrgast) wird man ruckzuck angepöbelt. Einsicht ist heute auch eher selten. Mythenwissen ist dagegen äußerst weit verbreitet.
    Karin

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    1. Ich begegne allerdings auch Taxifahrenden, die die Verkehrsregeln gut kennen und sich auch daran halten, was ich als Radfahrerin zu schätzen weiß. Es gibt halt überall solche und solche. Stimmt aber schon - hatte ich mir noch nicht überlegt - dass ein paar wüste Taxifahrer mich als mögliche Kundin tatsächlich vergraulen.

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    2. ich denke, relativ häufig kennen Autofahrer die Regeln gar nicht richtig,
      insbesondere beim Überholen oder auch beim Verkehr in engen Strassen.
      Mir scheint zumindest bei Berufskraftfahrern eine Fortbildungspflicht wie in anderen Berufen durchaus sinnvoll, um Neuerungen zeitnah kennen zu lernen.

      tho

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    3. Die grundsätzliche Fortbildungspflicht gibt es doch, oder nicht? Und natürlich auch unabhängig von konkreten Fahrerlaubnissen. Du meinst vielleicht eine Pflicht regelmäßige Fortbildungen auch nachzuweisen oder sogar aktuelle Regelkenntnis -- das wäre schon gut.

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  4. Hallo ihr Radler.....ich bin Berufskraftfahrer und kenne die Regeln. Aber Taxifahrer müssen leider keine Prüfung mehr machen. Deshalb können sie auch keinen Personenbeförderungsschein verlieren und fahren wie die Bekloppten. Ich bekomme immer einen ganz dicken Hals wenn ich sehe wie die fahren.....

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