30. November 2023

Verkehrsreform kommt erst mal nicht

Der Bundesrat mit seiner CDU-Mehrheit in diversen Landesregierungen hat vergangene Woche die Reform der StVO gestoppt, die Verbesserungen für den Fuß- und Radverkehr vorsah. Das hat einige ziemlich überrascht. 

Die Neuregelungen sollten Städten und Gemeinden mehr Spielraum geben, wenn sie Bussspuren, Radfahrstreifen oder Tempo-30-Zonen einrichten wollen. Die Ziele des Klimaschutzes, der Gesundheit und der städtebaulichen Entwicklung sollten bei der Organisation des Verkehrs berücksichtig werden können. Doch vorerst gilt nun weiter, dass die Flüssigkeit des (Auto-)Verkehrs Vorrang hat. Wie der Spiegel berichtet, war unter anderem vorgesehen, dass eine Stadt einen Zebrastreifen anordnen kann, ohne vorher nachweisen zu müssen, dass an der Stelle ständig Fußgänger:innen angefahren werden. Dies hätte eine Einschränkung des zum laut StVO stetigen Fließen berechtigten Autoverkehrs bedeutet. 

Die CDU argumentierte, die Sicherheit des Straßenverkehrs müsse gewährleistet sein. Was auch immer sie damit meint, denn mehr Radstreifen, mehr Zebrastreifen, ein langsamerer Autoverkehr, mehr verkehrsberuhigte Zonen bedeuten vor allem mehr Sicherheit für Menschen zu Fuß und auf Fahrrädern. Gerade Tempo 30 rettet Menschenleben. Baden-Württembergs Verkehrsminister warb vergeblich für die Novelle: Der Fokus auf den Klimaschutz stelle keinesfalls die Verkehrssicherheit infrage. 

Der Städtetag ist auch enttäuscht. Die Städte hätten mehr Freiheit gehabt, ihren Verkehr so zu organisieren, wie er für ihre Stadt und seine Einwohner:innen gut ist, die keineswegs nur aus Autofahrenden besteht. 

Der Bundesrat hat die Novelle übrigens gestoppt, nicht in den Vermittlungsausschuss verwiesen, anders als er das mit zwei anderen Gesetzesvorlagen getan hat. Das muss jetzt die Bundesregierung beantragen. Wenn der Bundesrat eine zustimmungspflichtige Gesetzesänderung des Bundestags (in der Regel also der Regierung) ablehnt, kommt das Ganze in den Vermittlungsausschuss, der paritätisch mit Mitgliedern des Bundestags (aller Parteien) und der Länder besetzt ist und einen Kompromiss aushandeln soll. Der muss dann erneut im Bundestag und Bundesrat abgestimmt werden. Das alles kann noch dauern, und die Reform wird Federn lassen. 

35 Kommentare:

  1. was wir jetzt brauchen, sind erstmal verlässliche forschungsergebnisse aus langzeitstudien über die auswirkungen einzelner maßnahmen und, darauf aufbauend, weitere untersuchungen aus den ergebnissen dieser studien.

    entsprechende mittel zur schaffung von forschungseinrichtungen zur nachfolgenden initiierung geeigneter berufungsverfahren werden mit dem kommenden doppelhaushalt eingebracht um schnellstmöglich die mobilitätswende sicher und nachhaltig umsetzen zu können.

    prof. karl g. fahr

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    1. Das ist jetzt aber Ironie. Oder?

      Joachim

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    2. Torsten K. aus DA1. Dezember 2023 um 08:58

      Ich bin für eine europaweit einheitliche Regelung.

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  2. Ich war auch überrascht. Gut fand ich die Rede vorab von unserem Verkehrsminister Hr. Hermann. Was mich dann aber fast schockiert hat, dass Baden-Württemberg selbst nicht zugestimmt hat.

    Joachim

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  3. Warum hat BaWü dagegen gestimmt? Treibt micht um!

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    1. Leider steht halt im Koalitionsvertrag, dass bei Uneinigkeit das Land sich der Stimme enthält. Das ist echt eine schwer erträgliche Vereinbarung, bei Koalitionsregierungen aber üblich.

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  4. Es gibt also noch Hoffnung!

    Währenddessen geht das Ladensterben in Stuttgart aufgrund fehlender Parkplätze ungebremst weiter:
    https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.schuhhaus-horsch-an-der-eberhardstrasse-ein-weiteres-traditionsgeschaeft-in-stuttgart-gibt-auf.a2974bc2-4b9a-4f24-8f4e-5d875811e6a7.html

    Grüße
    Mercedes Testa Rossa

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    1. Das meinst du jetzt ironisch, oder? Denn die Zahl der Parkplätze in der Straße, in der ein Laden ist, steht in umgekehrtem Verhältnis zum Erfolg des lokalen Handels, je mehr Autostellflächen, desto weniger Laufkundschaft und Fahrradkundschaft und desto weniger Umsatz. (Vorausgesetzt in der Umgegend gibt es Parkhäuser, und das ist ja hier der Fall.)

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    2. GS Varel (früher Stuttgart)30. November 2023 um 09:47

      GS Varel (früher Stuttgart)

      Ich traue diesen Studien kein Stück!
      Wir haben hier in Varel ein Geschäft, welches über einen rückwärtigen
      Zugang mit dem Auto (12 Stellplätze), Fahrrad und zu Fuß erreicht
      werden kann. Von 02/2023 bis 06/2023 war die KfZ-Zufahrt wegen eines
      Neubaus nicht möglich.
      Für Radfahrende + Fußgänger wurde ein 80cm Streifen freigehalten.
      Der Hauptzugang des Ladens liegt an einer Fußgängerzone mit "Fahrrad frei".

      Nachfolgend Daten zur Umsatzentwicklung:
      02/2023 - 06/2023 im Vergleich zu 02/2022 - 06/2022 -6.7%
      07/2023 - 10/2023 im Vergleich zu 07/2022 - 10/2022 +1.8%

      Parkhäuser gibt es hier keine, jedoch meist kostenfreie Sammelparkplätze.
      Einer davon ist gerade mal 200 Meter entfernt.
      Von wegen: "... je mehr Autostellflächen, desto weniger Laufkundschaft
      und Fahrradkundschaft und desto weniger Umsatz ..."!

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    3. Liebe MTR, diese Deine Kommentare gehen mir immer mehr auf den Zeiger. Seit 4 Jahren ist die Eberhardstr. für Autos tabu (rein theoretisch). Von Hörsch aus sind zwei Parkhäuser nur 100m jeweils entfernt. Also stimmt hier der kausale Zusammenhang Ladensterben / Parkplatzmangel nicht. Erst denken, dann schreiben!

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    4. Hier gibt es Informationen aus erster Hand - die werden von mir nur wiederholt. Solche Informationen sollte man nicht anzweifeln - niemand gibt leichtfertig einen Laden auf.

      Und es gibt halt Leute, die können nur vorwärts einparken können, Parkhäuser überfordern sie komplett. In Zeiten der Inklusion sollten man auch das bedenken.

      Mercedes Testa Rossa

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    5. Hallo MTS,
      weiterleiten schön und gut. Davor aber auch lesen und verstehen. In jedem dieser Artikel war die Erreichbarkeit der Läden ein Grund für den, aber mitnichten der Entscheidende.

      Gruss Frank

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    6. … ein Grund für die Schliessung…

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    7. Monokausale Erklärungen sind in der Regel unterkomplex, da stimme ich zu. Nur das Parken ist halt der wichtigste: Zitat aus dem Artikel:
      "Seine Kunden würden als Gründe dafür mangelnde und zu teure Parkmöglichkeiten, Staus und Baustellen nennen."

      Ich verstehe das sehr gut!

      Mercedes Testa Rossa

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    8. Meist sind die Ursachen vielschichtiger. Der gesamte Handel leidet unter dem Online-Handel. Viele Städte sind insgesamt nicht mehr gut zu erreichen (viele Baustellen auf den Zufahrtsstraßen), sodass sich Leute, die mit dem Auto kommen, es sich zweimal überlegen, ob sie in die Stadt fahren. Man kommt seltener und mach dadurch auch seltener Spontankäufe, sondern beschränkt sich auf den Plan. Es wird halt mit den Füssen abgestimmt. Wer im Online-Handel kauft, braucht sich auch nicht zu wundern, wenn die Läden schließen. Und wer auf den Haupteinfahrtsachsen Baustelle um Baustelle einrichtet, auch nicht. Das das bekommen die wenigsten Planer gebacken. Wenn schon die ZUfahrt nicht funktioniert, kann ich die Parkplätze umsonst anbieten, kommt keiner.
      Übrigens, wer mit einem Parkhaus oder dem Parken überhaupt überfordert ist, sollte nicht mit dem Auto fahren.
      Karin

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    9. Hast du dich schon mal im Supermarkt umgeschaut, insbesondere morgens? Für viele Kunden dient der Einkaufswagen als Rollator. Wie sollen die sich denn ohne Auto versorgen? So ganz ohne Empathie funktioniert eine Gesellschaft nicht.

      Mercedes Testa Rossa

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    10. Dafür gibts Taxis. Macht eine Nachbarin auch. Und wer so hinfällig ist, dass er einen Rollator braucht, ist sicherlich auch nicht mehr in der Lage sicher, und vor allem für andere sicher, zu fahren.
      Karin

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    11. Hallo MTS, ich find es gut dass du hier mal mehr als nur ein paar Links schreibst. Auf den Artikel zurückzukommen. Im direkten Umfeld gibt es vier bis fünf Parkhäuser. Diese existieren soweit ich mich erinnere schon immer (also mindestens 30 Jahre). Das kann also nicht der Grund sein. Das Schuhgeschäft findet ja online weiterhin statt. Die Nachfrage ist vorhanden, nur das Einkaufsverhalten hat sich geändert. Wie meine Vorredner schon angedeutet haben, hat er Einzelhandel, n der Innenstadt, einen schweren Stand. Ursachen und Lösungen sind vielschichtig und komplex.Allerdings finde ich es spannend, dass in deiner Welt überproportional, viele Menschen eine Einschränkung haben und deshalb scheinbar auf das Auto und einen Parkplatz direkt vor der Ladentür angewiesen sind. Hier blendest du aber komplett aus, dass es Menschen mit Einschränkungen gibt, deren tägliche Mobilität durch fahrenden und stehenden MIV ebenso beeinträchtigt wird.
      Gruss Frank

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    12. Und wer kriegt den schon den einen Parkplatz vor der Tür? Auf dem stehen doch schon andere, die vielleicht ganz woanders einkaufen.

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    13. Zitat: "Und es gibt halt Leute, die können nur vorwärts einparken können, Parkhäuser überfordern sie komplett. In Zeiten der Inklusion sollten man auch das bedenken. Mercedes Testa Rossa" Wer nicht Auto fahren kann, sollte nicht Auto fahren. Einparken gehört zu den Grundfertigkeiten. Und Parkhäuser auch.

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  5. GS Varel (früher Stuttgart)30. November 2023 um 09:18

    Macht nichts! Es wird sich schon ein H&M, Douglas, Deichmann, ... finden, welcher das Ladenlokal übernimmt. Oder Fridl, Knalldi und Co. Wer braucht schon familiengeführte Betriebe?

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  6. marmotte27
    Für eine sinnvolle Diskussion wäre es hilfreich die "Beiträge" von offensichtlichen Trolls wie Mercedes Testa Rosaa u.Ä. zu löschen. Was wir nicht brauchen, ist eine weitere Seite im Netz, auf der Unwahrheiten verbreitet werden.

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    1. Volle Zustimmung!

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    2. Warum triggert euch die Realität so sehr? Ich teile hier immer belegte Fakten!

      Grüße
      Mercedes Testa Rossa

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    3. Mit den Parkplätzen in der Eberhardstraße hat da aber nichts zu tun. Ich würde sagen, es hat eher damit zu tun, dass die Leute wegen der Baustelle vorher die Straßenseite wechseln oder auf der Fahrbahn weitergehen. Ich wundere mich immer, dass Autofahrende wirklich glauben, dass sie vor dem Laden, den sie ansteuern (oder in unmittelbarer Nähe) einen Parkplatz kregen. Meistens kriegt man ihn doch nicht, weil andere auch schon so denken und da stehen. Man kurvt dann halt und fährt heim, wenn man am Straßenradn keinen bekommen hat.

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    4. Die Kunden haben die nicht vorhandenen bzw, zu teuren Parkplätze als Hauptgrund angeführt. Wenn ich erfolgreich sein will, dann sollte ich auf die hören, die das Geld in der Tasche haben und nicht versuchen, sie umzuerziehen oder anderweitig abzulenken. Warum ist das so schwierig?

      Mercedes Testa Rossa

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    5. Das ist ein generelles Problem, dass die Parkhäuser Geld kosten, die Parkplätze übrigens auch, und dass man das nicht bezahlen will. Bei Straßenrandparkplätzen bezahlt man dann auch mal nicht und hofft, nicht erwischt zu werden, wird auch meistens nicht erwischt. Deshalb erscheinen sie manchen Leuten billiger und sie hängen an ihnen. Aber Leute, die mit der STadtbahn kommen, müssen ja auch bezahlen. Es ist ein generelles Innenstadtproblem, denke ich. Übrigens Radfahrende müssen nirgendwo bezahlen und sind deshalb wertvolle Kund:innen für alle Ladeninhaber:innen. Die erkennen das nur nicht.

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  7. Das Ladensterben beobachte ich auch in der Altstadt beispielsweise von Wangen im Allgäu, wo man mit dem Auto reinfahren und es am Straßenrand abgtellen kann und es zudem in 200 Meter Lauferntfernung riesige Parkplätze gibt. ich kenne auch trostlose Einkaufsstraßen als Fußgängerzonen in nicht zentralen Stadtteilen. Das Verhalten von uns Kund:innen ist nicht immer leicht vorherzusagen. Wenn der Fußweg zu einem Laden schlecht ist (schmal und unübersichtlich wie so oft Baustellenumleitungen) dann entscheiden sich auch viele spontan um und gehen woanders lang. Vermutlich braucht man vor allem eine einladende Fußgängerzone ohne Baustellen und winkelige dunkle Ecken, damit die Leute shoppen gehen, statt im Internet zu bestellen. Von Radfahrenden weiß man halt, dass sie mehr einkaufen und lokal einkaufen als Autofahrende.

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  8. Bitte zurück zum Thema. Und nicht mehr ablenken lassen, danke. Hajö

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    1. Äh, was war noch mal das Thema? Nee okay, ich weiß es noch. Mir scheint, man sieht an der Diskussion ganz gut, warum die CDU und ander Autolobbyist/innen gegen Reformen der STVO sind: Sie fürchten um ihre Parkplätze. Sie fürchten, dass die Leichtigeit des Autofahrens, vor allem aber Abstellens einmal zu Ende ehen könnte. Die Diskussion über Verkehrspolitik endet (derzeit jedenfalls) immer an der Frage der Parkplätze. Immer. Das Autoabstellen ist offensichtlich der größte Stress für Autofahrende.

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    2. Ich verstehe nicht, woher die einseitige Fokussierung auf die Parkplätze kommt - es geht doch um lebenswerte Städte. Ein attraktiver Einzelhandel ist dafür eine wichtige Voraussetzung - der stirbt aber gerade in Stuttgart.

      Mercedes Testa Rossa

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    3. Ich verstehe das auch nicht wirklich. Aber in allen Diskussionen über Radinfrastruktur oder auch mehr Sicherheit und Bequemlichkeit für Fußgänger:innen geht es letztlich um die Frage, wieviele Parkplätze wegfallen müssen. Bei Schulwegen oder sicheren Wegen für Fußgänger:innen akzeptiert man das gerade noch, beim Radverkehr schon nicht mehr so leicht. Die CDU im Gemeinderat (im zuständigen Ausschuss) hat gerade vor zwei Tagen zusammen mit den FW und der AfD abgelehnt, dass eine Wohnstraße Gehwegnasen bekommt, ist aber knapp überstimmt worden. Die SPD konnte der Fahrradstraße nicht zustimmen, wegen der Parkplätze, die wegfallen, weshalb die keine Mehrheit bekam, sondern nur die Sache mit den Gehwegnasen (da fallen dann illegale Parkplätze weg (auf Ecken darf man nicht parken), die die CDU "inoffizielle Parkplätze" nannte und von denen sie fand, dass zu viele wegfallen.

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  9. Es geht m.E bei der Ablehnung im Bundesrat nicht in erster Linie um Parkplätze, sondern darum, dass man z.B. Kommunen nicht mehr Spielräume beim Aushandeln bestimmter Lösungen einräumen möchte. Sicherheit meint: Flüssigkeit für wen? Der Hegemonialanspruch des Automobils darf keineswegs in Frage gestellt werden. Wurde er eigentlich ja gar nicht, aber die Angst davor ist größer und zwar immer genau um so viel größer, dass man lieber doch nichts ändert. Ist das Angst? Oder etwas anderes? Ich bin da ratlos. Hajö.

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  10. ...darüber werde ich zwischen ES und LB mal nachdenken, jetzt um diese Uhrzeit, in dieser Jahreszeit, bei diesen Temperaturen und umgeben von all jenen, die jetzt auch noch unterwegs sind, Hajö.

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  11. Der Autoverkehr ist der Grund, warum ich nicht in die Stadt zum Shoppen fahre- der fehlende Service der Einzelhändler tut ihr Übriges.

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