Es handelt sich um einen Verkehrsversuch, dem das übliche Geschrei vorausging, das die Läden ihre Kund:innen nicht mehr empfangen können und alte Menschen keinen Parkplatz mehr direkt vor dem Arzt finden (als ob sie den je dort gefunden hätten) und vielleicht ein paar Schritte laufen müssen. Viele Autofahrende juckt die Öffnung der Straße für Fußgänger:innen auch nicht im Geringsten, sie ignorieren die Fußgängerzone, suchen einen Parkplatz oder fahren einfach nur durch.
Wie die Stuttgarter Zeitung berichtet, war die Seelsbergstraße Knöllchenhochburg, an Falschparkende wurden im Jahr über 2000 Bußgeldbescheide verteilt (und das, wo die Ordnungskräfte ja die meiste Zeit am Tag dort nicht sind). Merke: Wo Autostellplätze angeboten werden, entwickelt sich ein heilloser Parkplatzsuchverkehr. Da man am anderen Ende nur auf die Waiblinger Straße rausfahren konnte und dann ewig kurven musste, um wieder zur Seelbergstraße zurückzukommen, haben die Autofahrenden ihre Autos überall hingestellt. Deshalb besteht auch eine kleine Chance, dass sich ein kleines bisschen was bessert. Denn jetzt ist sie ab Frösnerstraße Fußgängerzonde und Parkplatzsuchende biegen zu Hauf über die Gehwegüberfahrt (Vorrang für Fußgänger:innen) in diese Frösnerstraße ab, die bis zum letzten Zentimeter zugeparkt ist. Da sie außerdem gerade Sackgasse ist, wenden dann alle. Und aus dieser Parksackgasse bog zumindest einer in der Viertelstunde, die ich dort war, ungeniert in die Fußgängerzone Richtung Waiblinger Straße ab. Ingesamt sieben oder acht Autofahrende fuhren außerdem - ohne nennenswertes Zögern - direkt geradeaus durch die Fußgängerzone. Einer fand einen illegalen Parkplatz in einer Einfahrt. Ein anderer wartete vor der anderen Einfahrt und fuhr danach ebenfalls durch die Fußgängerzone Richtung Wilhelmsplatz davon. Auch die Stuttgarter Zeitung schreibt, dass zuweilen Fußgänger:innen sogar wüst angehupt werden, wenn sie nicht Platz machen.Das Problem illegaler Durchfahrten mit dem Auto ist nur zu lösen, indem man auch die Ausfahrt für Autos am Wilhelmsplatz dicht macht und eine Wendeplatte für den Lieferverkehr einrichtet. Abgesehen davon, dass diese Parkplätze da weg müssen.
Denn auch wenn wir die Fußgängerzone - die mit roten Vierecken auf der Fahrbahn und auf jeder Straßenweite aufgestellten Schildern deutlich auf sich aufmerksam macht - zufällig mal tatsächlich ohne fahrende Autos sehen, sieht man Autos immer noch am Straßenrand stehen. Nur die Radbügel verhindern, dass da alles zugeparkt wird. Und wo auch nur ein einziger markierter Parkplatz ist, fahren Menschen in Autos hin, auch wenn sie in den meisten Fällen gar keinen Parkplatz kriegen.Radfahrende sind hier nicht viele unterwegs. Die Postbotin traut sich durchs Geschiebe der Autos. Sie wird es vermutlich trotzdem angenehm finden, dass nicht mehr ganz so viele Autos sich da durchdrücken. Auch ein Motorradfahrer (Dreierbild rechts unten) kommt von der Waiblinger Straße her, er ist über den Radweg eingebogen, denn Motorradfahrende halten sich ja traditionell für Radfahrer:innen und benutzen Radwege auf Straßen völlig ungerührt (auch die an der Feinstraße).
Ich stehe wie üblich fassungslos angesichts der Ungeniertheit, mit der so viele Autofahrende eine Anordnung missachten und durch eine Fußgängerzone fahren. Aber es ist halt auch nicht konsequent gemacht. So macht das Fußgänger:innen keine Freude, man sieht sie so gut wir gar nicht mitten auf der Fläche gehen oder gar herumstehen, dabei ist das ja ihre Zone. Die Fläche sieht halt immer noch nach Fahrbahn aus und wird von Autofahrenden auch rege benutzt. Jetzt wird die Polizei dort stehen und Falschfahrende anhalten müssen, und dafür hat sie erfahrungsgemäß nicht sonderlich viel Zeit übrig.
Das Verhalten wurde durch das jahrzehntelange Laufenlassen und Wegsehen uns marginalisieren durch Polizei und Ordnungsamt herangezüchtet. Das Einhalten von Regeln und allgemeine Rücksichtnahme ist heute nicht mehr en vogue. Der allgemeine Tenor heute ist "ICH!". Das bekommt man nur durch konsequente Kontrolle eventuell wieder eingefangen, dazu bracuht es aber mehr Personal und da kommt das nächste Problem.
AntwortenLöschenAlso, am besten bauliche Maßnahmen, und Ruhe ist.
Wir hatten hier ein ähnliches Problem. Man wollte einen Verkehrsversuch machen und hat zwei Durchgangsstrassen in der Mitte gekappt.
Zuerst Schilder, hat keinen interessiert, dann kleine Baken, hat auch viele nicht interessiert, man hat den Radweg genommen, dann Poller auf dem Radweg, danach wurde dann der Fussgängerüberweg genutzt, dann Poller mitten auf dem Fussgängerüberweg, dann war an der Stelle Ruhe, zumindest für Vierspurige. Motorräder sind weiter über den Radweg.
Also, massive bauliche Maßnahmen, die halten zumindest die Autos ab. Gegen Motorräder müsste man sich noch was ausdenken.
Karin
Wobei mir heute besonders aufgefallen ist, dass auch wir Radfahrende keinerlei Anordnungen beachten. Stuttgart ist ja wegen der EM im Zentrum weitgehend abgesperrt, die Hauptradroute 1 ist auf einer langen Strecke im Schlossgarten gekappt, das stehen Schranken mit Durchfahrtsverbotsschildern, aber die meisten fahren da lang (solange noch nicht so viele Fans dort sind), weil die Umleitung ganz steil den Berg hochgeht. Das hat was sympathisch anarchisches, die Radfahren zeigen, dass die sie sinnlose Sperren ihrer übrigens wenigen Wege nicht ernst nehmen. Ich weiß nicht, ob ich da einen Unterschied sehen soll zu Autofahrenden, abgesehen davon ,dass die irre viele STraßen haben und wir Radfahrenden immer nur eine Strecke, die halbwegs praktikabel befahrbar ist. Und wir tun natürlich auch niemandem was und nehmen nicht so viel Platz weg wie Autos.
LöschenAnordnungen für Radfahrer sind oft falsch, irritierend und / oder mehrdeutig. Wird ja oft in diesem Blog erwähnt und war zu EM-Zeiten ja auch oft so. Da die HRR1 in der grünen Sperrzone liegt, wo Einfahren für Autos bis 10.30 erlaubt ist, erlaube ich mir, morgens vor 7 Uhr dort durch zu fahren, da war teilweise weniger los als zu nicht-EM-Zeiten. Auf dem Rückweg fahre ich nur dann die blöde Umleitung, wenn ein Spiel in Stuttgart ist. Und die Polizei schaut ausnahmsweise mal weg.
Löschen"dazu bracuht es aber mehr Personal"
LöschenJa.
In die Bresche springen können aber auch Bürger:innen, die bereit sind einen Teil ihrer Zeit solidarisch für die Bedarfe von Behinderten, Kindern, Senioren, und generell all denen, die durch den überbordenden Autoverkehr gefährdet, behindert und ggf. in ihren verbrieften Grundrechten beschnitten werden, einzubringen, indem sie Bürger:nnen Anzeigen bei Behinderung/Gefährdung stellen.
Das kostet durch Service-Plattformen wie WegLi oder Wegeheld nach kurzer Einarbeitung nur sehr wenig Zeit und stellt ein sehr effektives Mittel gegen das soziopathische gemeinschaftsschädliche Verhalten der leider zur Zeit recht zahlreichen 'schwarzen Schafe' unter den Automobilist:innen dar.
Dass dann einige dieser soziopathischen Automobilisten diese Form bürgerschaftlicher Solidarität als Denunziantentum zu denunzieren versuchen, naja, damit lässt sich wohl leben.
Alfons Krückmann
Ich bin ja kein Fan davon, dass Bürger:innen einander unter Androhung von Anzeigen kontrollieren. Allerdings könnten natürlich die Bürger:innen die Fläche besetzen, also dort stehen, herumsitzen, Federball spielen und so weiter.
Löschennein, nicht androhen (und Konflikte erzeugen); anzeigen langt vollkommen
LöschenIch kann die Hemmungen verstehen, aber das ist doch nicht zuletzt eine Frage der am Gemeinwohl orienteirten Zivilcourage.
LöschenGenauso wie es wichtig ist öffentliche Räume vor rassistischen und sexistischen Übergriffen zu schützen ist es m.E. ethisch geboten zB die Rechte von behinderten Menschen (siehe die von Deutschland ratifizierte UN-Behindertenrechtskonvention) zu respektieren und solidarisch mitzuhelfen die darin festgeschriebenen Grundrechte(!) durchzusetzen, bzw. deren Entzug zu sanktionieren.
Zugeparkte Gehwege zB sind mitnichten ein Kavaliersdelikt, sondern schränken in massiver und rücksichtsloser Weise verbriefte Grundrechte ein und verstoßen gegen eine von D seit etlichen Jahren unterzeichnete und ratifizierte UN-Konvention, die den Status von Bundesrecht hat (insofern gilt da auch nicht das gern genutzte Opportunitätsprinzip der Ordnungsamtsleitungen).
Wenn jemand zB einen Kanister seines angefallenen Altöls in einen Gebirgsbach schüttet wäre wohl die 'Denunziation' kein Diskussionsgegenstand (hoffentlich), aber wenn es 'nur' um Behinderte geht, um die Mobilitätsrechte von Kindern, Senioren, etc., dann drücken 'wir' als Gesellschaft beide Augen zu und sehen von Bürger:innenanzeigen ab?
Warum?
Wollen oder sollen wir wirklich zulassen, dass Egoismen automobiler Soziopathen über den verbrieften Menschenrechten stehen?
Bürger:innenanzeigen gegen die diversen Facetten automobiler Gewalt (und ja, auch gefährdendes oder behinderndes Falschparken stellt durchaus eine Form ausgeübter Gewalt dar) sind ja nicht 'gegen' andere Bürger:innen gerichtet, sondern funktionieren 'für' die Menschenrechtswahrnehmungsmöglichkeit unterprivilegierter Gruppen, sind also ein Signal und ein Mittel gegen die Gewalttätigkeit im sozialen Miteinander.
Alfons Krückmann
Schade, dass man sich gegen Egoismen pedalierender Soziopathen kaum legal wehren kann.
LöschenSie können natürlich schon, einfach auf der Sachebene Anzeige machen und gut, z.B. auch mit Foto. Das wird mindestens genauso gut -- eher besser -- funktionieren, wie gefährdende Autofahrer anzuzeigen (Wenn sie Nummernschilder hier für ein Argument halten, probieren sie das gern mal praktisch aus). Der Grund ist einfach, dass die Person auf dem Rad erkennbar ist, die in einem Fahrzeug eher nicht.
LöschenDass sie das für kaum legal machbar halten (und ihre Formulierung), ist dagegen hilfreich für eine erste Einschätzung ihres Standpunkts auf der Soziopathieskala.
ist das schild "escooter frei" nicht inzwischen ueberfluessig, da der escooter den fahrraedern gleichgestellt worden ist? oder heisst es, dass man mit dem escooter mit 20 kmh durchfahren kann und nicht wie die radfahrerschrittgeschwindkeit fahren muss? bin irritiert.
AntwortenLöschenNein, Rad frei auf Gehwegen gilt nicht für E-Scooter. https://bmdv.bund.de/SharedDocs/DE/Artikel/StV/Strassenverkehr/elektrokleinstfahrzeuge-verordnung-faq.html#:~:text=Das%20Unterscheidungsmerkmal%20eines%20Pedelecs%20ist,sind%20verkehrsrechtlich%20den%20Fahrr%C3%A4dern%20gleichgestellt.
AntwortenLöschenAls Fahrer eines richtigen Motorrads möchte ich entschiedenst Einspruch einlegen: Auf dem Bild ist ein 50ccm-Motorroller zu sehen, kein Motorrad. Mit meinem Motorrad bin ich übrigens noch nie über einen Radweg gefahren, hab ich als Radfahrer auch nie erlebt (Rollerfahrer dagegen schon!).
AntwortenLöschenKann ich 100%ig bestätigen.
LöschenThomas
Och, ich habe sogar schon echte, schwere Motorräder auf Gehwegen fahren sehen. Und ich sehe etliche auf Gehwegen abgestellt. Dorthin hat man sie nicht geschoben.
AntwortenLöschenEs ging um den Satz "denn Motorradfahrende halten sich ja traditionell für Radfahrer:innen und benutzen Radwege auf Straßen völlig ungerührt"; und da kann ich leider gar nicht zustimmen.
LöschenThomas
Meine Anmerkung bezieht sich auf "denn Motorradfahrende halten sich ja traditionell für Radfahrer:innen und benutzen Radwege auf Straßen völlig ungerührt ".
LöschenThomas
Die machen doch alle Brumm und sind immer viel zu schnell
LöschenDas habe ich schon verstanden, allerdings deckt sich das nicht ganz mit meinen Beobachtungen. Es sind meist die Mopeds oder wie auch immer die Dinger heißen, aber leider nicht nur.
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