12. November 2025

Die nicht regelkonforme Ampel

Am Bahnübergang vom Cannstatter Wasen Richtung Neckarpark steht diese Ampel. Es ist klar, dass sie die Menschen, die hier teils in Massen rüberwollen, nachdrücklich stoppen will, wenn eine Bahn kommt. 

Sie zeigt nur Rot, oben für Fußgänger:innen, unten für Radfahrende. Eine Grünphase ist nicht angelegt. Sie steht außerdem sowohl vor dem Übergang als auch dahinter.  Fußgängerampeln müssen immer hinter dem Übergang stehen. Ampeln für den Radverkehr stehen an der Haltelinie, also vor der Querung, es sei denn sie zeigen auf der Streuscheibe sowohl das Fußgängerzeichen als auch das Fahrradsymbol. Dann stehen sie hinter der Querung. (Nur der Radverkehr kennt diese Varianz der Ampeln.) 

Diese Sorte Ampel, die wir hier sehen, gibt es eigentlich nicht. Für den Autoverkehr kennen wir Zweiphasenampeln (Schwarzampeln), die nur Rot und für den Übergang zu Rot Gelb zeigen. Eine grüne Streuscheibe haben sie nicht. Wenn man fahren darf, sind die beiden Streuscheiben schwarz. Es ist als gäbe es dann dort keine Ampel, und der Autoverkehr muss sich entsprechend vorsichtig verhalten. Er darf nicht darauf vertrauen, dass er freie Bahn hat. Bei der Abbiegung von der B14 über unseren Radweg an der Planie steht so eine Ampel (Foto unten). Man stellt sie dann auf, wenn der Autoverkehr nur einen Bahnübergang oder einen Radfahrstreifen kreuzt. Eine Schwarzampel steht auch an der Ausfahrt Steinstraße auf die chaotische Kreuzung am Tagblattturm, wo die Hauptradroute 1 langgeht. Das heißt, Autofahrende bekommen da nie Grün, dürfen also nicht durchstarten und darauf vertrauen, dass auf der Fahrbahn alles frei ist. Das ist durchaus sinnvoll. 

Schwarzampeln für den Fußverkehr sind allerdings nicht bekannt. Für den Radverkehr auch nicht.

In der StVO § 37 ist das definiert. "(2) Wechsellichtzeichen haben die Farbfolge Grün - Gelb - Rot - Rot und Gelb (gleichzeitig) - Grün. Rot ist oben, Gelb in der Mitte und Grün unten. (3) Lichtzeichenanlagen können auf die Farbfolge Gelb - Rot beschränkt sein." 

Für den Fuß- und Radverkehr ist das anders: "(5) Gelten die Lichtzeichen nur für Fußgänger oder nur für Radfahrer, so wird das durch das Sinnbild eines Fußgängers oder eines Fahrrades angezeigt. Für Fußgänger ist die Farbfolge Grün - Rot - Grün; für Radfahrer kann sie so sein. Wechselt Grün auf Rot, während Fußgänger die Fahrbahn überschreiten, so haben sie ihren Weg zügig fortzusetzen."

Folglich können Schwarzampeln für den Fußverkehr auch keine zwei Phasen haben, sondern nur eine. Dass die Streuscheiben schwarz sind, wenn man gehen darf, ist auch hier eine Warnung an alle Fußgänger:innen (und Radfahrenden). Sie haben eben nicht Grün, sie haben nur nicht mehr Rot. Sie müssen durchaus damit rechnen, dass eine Bahn kommt, und gucken. 

Fahrradampeln, also solche mit dem Fahrradsymbol auf der Streuscheibe (ohne Fußgängersymbol) haben dagegen drei Phasen wie die für den Autoverkehr. Eine Fahrradampel darf auch nicht auf der gegenüberliegenden Seite stehen. Sie darf aber eben auch mal nur aus zwei Phasen (rot-grün) bestehen. Von Schwarzampeln für den Radverkehr scheint nichts in den RiLSA (Richtlinien für Lichtsignalanlagen) 2015/2023 zu stehen. Die befinden sich für mich allerdings hinter einer Bezahlschranke. Da diese Ampel hier sowohl diesseits als auch jenseits des Übergangs steht, bedient sie beide Anforderungen, die für den Radverkehr und die für den Fußverkehr. Und sie bekräftigt das Signal durch Versopplung.  

Die Bedeutung dieser Ampel dürfte also bei niemandem ein Rätselraten auslösen. Insofern dürfte sich auch niemand daran stören, dass sie nicht regelkonform ist. Nur ich frage mich wieder einmal, warum wir Menschen auf Fahrrädern und zu Fuß mit so vielen Signalen (darunter auch Verkehrszeichen) konfrontiert werden, die nicht so ganz regelkonform sind? Es wirkt auch hier wie selbst gebastelt, so wie diese "Achtung-Kinder"-Schilder, die Anwohnerschaften an Zäunen aufhängen, wo zu viele Autofahrende viel zu schnell entlangfahren.



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen