20. Januar 2017

Dürfen Radler rote Ampeln ignorieren?

Jetzt wird es ganz spannend. Sowohl der Focus, als auch der Südkurier und nachfolgende Medien haben in Artikeln behauptet, dass Radfahrende unter Umständen rote Ampeln irgnorieren dürfen. 

Und zwar an einer T-Kreuzung. Dann dürfen sie bei Rot für Autos weiterradeln. Aber nur dann, wenn sie dabei keinen Fußgängerüberweg kreuzen. Das gilt auch nur dann, wenn der Radler auf einem von der Fahrbahn separierten Radweg unterwegs ist. Oh! Na, dann.



Also doch nicht so spannend. (Sorry, euch Hoffnungen gemacht zu haben.) Aber ein schönes Beispiel, wie die Medien etwas Selbstverständliches zu einem Thema aufbauschen.

In Stuttgart begegnet uns so etwas in Münster auf dem Radweg entlang des Neckardamms (in beide Richtungen erlaubt). Der Radweg führt sogar durch die Auftstellplätze an Fußgängerampeln. Autos haben da Ampeln, Radler nicht. Sie fahren also weiter, wenn Autos rot haben, zur Not durch die dort stehenden Fußgänger hindurch. Das ist so ungefähr die Situation, wie es die Zeitungsartikel beschreiben. Eine Frage, ob das erlaubt ist oder nicht, taucht da nicht auf. Die Situation ist eindeutig.

Eberhardstraße Ausrgang Torstraße. Ein Radler
umfährt rot regelwidrig. Allerdings sind alle Autos
hier auch regelwidrig unterwegs. 
Auf keinen Fall darf ein Radler eine rote Ampel über den Gehweg umfahren. Unsere Stuttgarter Polizei ahndet das zuverlässig. Der Gehweg dürfte nämlich an dieser Stelle nicht für Radfahrende freigegeben sein (wenn es eine Radspur gibt oder Radler auf der Fahrbahn radeln müssen). Man darf allerdings absteigen und das Rotlicht umschieben.

Und wie das Foto ganz oben zeigt, sehen wir Radler uns drei Grundvarianten von Ampeln gegenüber, die insgesamt in sieben bis acht Varianten vorkommen. Umswitschen ist für Radler Pflicht, für Autofahrer oder Fußgänger nicht.

Grundsätzlich läuft die Diskussion, ob es sinnvoll ist, Radler an jeder roten Ampel warten zu lassen. Auch in Stuttgart wird geprüft, ob es den grünen Pfeil geben kann, darf und soll. Er würde bei Autorot das Rechtsabbiegen und an T-Kreuzungen das Weiterradeln erlauben, aber natürlich nur so, dass querende Fußgänger Vorrang behalten.

Leipzig: Grüner Pfeil für Autos und Radler.
Der dürfte Geradeausradler allerdings ziemlich
in Gefahr bringen. 
Bislang wird die Diskussion über Privilegien für Radfahrende von der Autolobby beherrscht. Es melden sich aber verstärkt erfahrene Radler, die die Ansicht vertreten, dass rote Ampeln für Radfahrende wie Vorfahrt-Achten-Schilder sein sollen: Aufpassen, fahren, wenn frei ist. Klar ist, dass Ampeln Radelnde aufhalten, und zwar sehr sehr oft viel zu lang. Radler stehen dann bis zu vier Minuten, weil jeglicher anderer Verkehr vorrangig Grün bekommt: erst Busse und Bahnen, dann wieder der Autoverkehr, kommt dann noch mal eine Bahn, beginnt der Umlauf erneut mit dem Autoverkehr. Das ist etwa am Waldeck (Kaltental) so und an der Kreuzung Badstraße am Rosensteinbunker.

Das verführt extrem zur Missachtung der roten Ampeln oder zum Umfahren nach Geisterradler-Manier wie etwa an der Torstraße Richtung Eberhardstraße.

Wenn Radler an roten Ampeln rechts abbiegen dürften, wäre es aber auch für Autofahrende ein enormer Vorteil. Die Radler sind dann nämlich schon weg, wenn Autos grün bekommen, und der Stress fällt weg, wie man beim Starten möglichst schnell und knapp einen oder zwei Radler überholt, womöglich mitten auf der Kreuzung. Es wäre eine Entzerrung für beide Verkehrsarten.






8 Kommentare:

  1. Beim Thema 'Umradeln von Ampeln über den Gehweg' stellt sich dann nur die Frage, welche Variante die teurere wäre?! Rote Ampel kostet mindestens 60 Euro für Radler. Wenn man eine Gefährdung angehängt bekommt, kann es gleich doppelt so teuer werden. Radeln auf dem Gehweg kostet 'nur' 15 Euro! Wer es also riskieren will, weiß was die günstigere Alternative ist. ;)

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    1. Also ich umgehe gerne rote Ampeln, indem ich absteige und für ~10 Meter zum Fußgänger werde. Das ist legal und wird auch vor der Polizeiwache lediglich mit verwundertem Schmunzeln quittiert.

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  2. Tja, bei uns kassiert die Polizei das Schwerwiegendere, nämlich die Rotlichtfahrt, nicht die Gehwegfahrt. Und bei Widerspruch droht sie auch gern mal mit einer MPU. Manche Rotlichtumgehungen über die Gehwegecke sind ja so offentsichtlich, dass die Polizei das bewerten kann.

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  3. Wie bitte MPU? Ist das wirklich dein, oder besser deren Ernst? Wenn man gefährdendes Verhalten von Autofahrern anzeigen will, wird man abgewimmelt, das bringt ja nix. Nach dem Motto: Lass dich erst überfahren und komm dann wieder! Aber bei so etwas den Radler gleich zum Psychologen schicken wollen. Es wird wohl wirklich nicht mit gleichem Maß gemessen!

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    1. Ja, es gibt einige, die mir von dieser Warnung/Drohung erzählt haben. Wenn die einen Führerschein haben, dann geht das ja auch. Ob es einer Klage standhalten würde, weiß ich natürlich nicht. Ich habe noch nie gehört, dass es auch vorgekommen ist. Radfahren sieht für die meisten Autofahrer (und auch Polizisten sind meist Autofahrer) und Fußgänger immer gefährlicher aus als es ist, auch lebensgefährlicher. Wer nicht regelmäßig Rad fährt, weiß nicht, dass das Verhalten und die Geschwindigkeit von Radlern ziemlich ungefährlich für Fußgänger und für sie selbst ist. Ist halt so. DAmit müssen wir umgehen lernen.

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  4. Ja genaus das ist meiner Meinung nach die falsche Einstellung, ich beziehe mich auf "Ist halt so. Damit müssen wir umgehen lernen." Eigentlich sollte man sich dagegen auflehnen, nur leider kenne ich auch keine Methode wie man das effektiv machen könnte. Ich bin ehrlich gesagt kein Freund der Polizei, zu viele schlechte Erfahrungen in der Vergangenheit, man wird eher schickaniert, als dass die einem mal helfen wenn man es nötig hätte. Allerdings muss ich auch sagen, dass ich bisher auf dem Fahrrad noch keine schlechte Erfahrungen mit der Polizei gemacht habe, obwohl ich auch oft mit meinem MTB oder Rennrad auf der Straße fahre, das sicher nicht alle Anforderungen erfüllt die man so haben sollte (Licht, Reflektoren etc.). Versteht mich nicht falsch, bei Nacht fahre ich natürlich herum wie ein leuchtender Weihnachtsbaum, aber tagsüber sicher nicht, auch da könnten die mich schickanieren.

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  5. Nach meiner Erfahrung sind die Polizisten in Stuttgart ausgesprochen freundlich und höflich. Bei Kontrollen kümmern sie sich um den perfekten Sitz des Kinngurts vom Helm. Sie entscheiden huldigen sich, wenn sie einen versehentlich fast überfahren haben (startende Motorradstreife an Stoppschild bei Kreuzung Rosensteinbunker und abbiegende Pkw-Streife am Max-Eyth-See). Bei zügiger Fahrt gibt es allenfalls einen leichten Tadel - kein Wunder, der am aggressivsten fahrende Radfahrer, der mir je begegnet ist, war ein Polizist auf dem Weg zum Dienst, der mit 40km/h im Schlosspark Kleinkinder überholt hat.

    Ampel-Situationen hatte ich allerdings noch keine, könnte aber auch mal kritisch werden. Beispiel Rosenstein-Bunker-Kreuzung: Wie ist das, wenn man bei Radfahrer-grün nicht bis zum Gehweg gegenüber fährt und dort den Ampel-Mast mitten auf der Radweg Markierung umrundet, sondern schon auf dem Fahrstreifen nach links abbiegt (und somit die Fußgänger-Furt bei Fußgänger-grün kreuzt statt erst auf dem Gehweg bzw. Aufstellbereich)? Keine Ahnung, ob das verboten ist.

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    1. Das ist eine Situation, die ich den "ungeklärten Situationen" beim Radfahren zuordnet (habe ich auch schon öfter drüber geschrieben). Der Radler startet bei Fußgängerfurt-Grün und biegt auf die Fahrbahn ein. Am Rosensteinbunker ist das kein Problem, aber hätte zum Beispiel die Autospur, die da von rechts hochkommt eine Ampel und parallel zur Rad-/Fußgängerfurt Grün, dann würde es kritisch. Wie gesagt, Rosensteinbunker geht ja noch. Aber es gibt auch Fußgängerfurten (mit und ohne Radzeichen). Da wäre es theoretisch so, dass du bei Rad/Fußgängergrün losfährst. Jetzt willst du aber auf die Fahrbahn einschwenken. Da müsstest du jetzt das Rot für Autofahrer beachten und anhalten. Geht natürlich nicht. Es gibt auch keine Regelungen dazu. Das ist eine der vielen Situationen, wo wir Radler allein gelassen sind mit unseren Entscheidungen.

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