17. April 2018

Die Fahrradstraße hat verloren

Die Fahrradstraße Tübinger Straße wird im Sommer für sechs Wochen zwischen Cotta-Straße und Feinstraße für den Umleitungs-Autoverkehr freigegeben, den die Sanierung am Österreichischen Platz erzeugt.

Es bleibt beim ursprünglichen Konzept. Im UTA, dem zuständigen Ausschuss im Gemeinderat, hat das Ordnungsamt, das sich viele Gedanken gemacht, viele Vorschläge erwogen und uns lange zugehört hat, klargestellt, dass egal, was wir wünschen, Sicherheitsaspekte Vorrang haben und das Ordnungsamt hier entscheidet. Die Anträge von Grünen und SÖSLi-Plus, die Sperre an der Feinstraße beizubehalten, wurde mit 6 zu 8 von den anderen Parteien (CDU, SPD, Freie Wähler, FDP und Ultrarechts) überdies abgelehnt. Aber auch, wenn es anders ausgegangen wäre, es hätte nichts geändert.
Das bedeutet:
Lastwagen und Pkw werden zwischen 26.7. und 8.9.2018 aus der Fangelsbachstraße und aus der Silberburgstraße kommend, Richtung Gerber abbiegen und dann an der Feinstraße geradeaus zum Gerber fahren oder nach rechts zu den Parkhäusern abbiegen. Da für Radfahrende ein Radfahrstreifen rechts vom Abbiegeverkehr gefährlich ist, wird der Radverkehr auf die Autospur gelegt und im Mischverkehr unterwegs sein, also zwischen Autos und Lastwagen.

Zum Schutz von Schulkindern (die zwar in den Sommerferien noch nicht unterwegs sind, aber die Baumaßnahme könnte ja länger dauern) wird an der Kreuzung Tübinger Straße mit der Fangelsbachstraße und der Silberburgstraße eine Ampelanlage aufgestellt. Es geht hier ausschließlich darum, die Schulkinder, die entlang der Tübinger Straße laufen, vor dem hereindrängenden Autoverkehr zu schützen, um nichts anderes. Wir Radler müssen also anhalten, nur weil der Autoverkehr nach Einschätzung des Ordnungsamts für Fußgänger so gefährlich ist, dass er eine Ampel braucht. Das könnte recht viele Rotlichtverstöße oder Ausweichfahrten über Gehwege etc. durch Radfahrende provozieren und ist für das Radfahrklima in der Stadt viel schädlicher als man vielleicht denkt, denn es erzeugt Regelverletzungen die wiederum die Diskussion über Regelverletzungen durch Radler anheizt. Übrigens steht zu vermuten, dass auch einige Autofahrer die geöffnete Sperre dazu nutzen, in Gegenrichtung durchzurutschen, wenn gerade frei ist, so wie das vor der Einrichtung der Sperre auch der Fall war.

Auch am Ausgang der Tübinger Straße an der Cottastraße Richtung Gerber wird eine Ampel aufgestellt. Dort nämlich wollen/sollen Autos raus, die nicht mehr geradeaus fahren können, sondern nach rechts in die Cottastraße müssen. Dort aber müssen auch die Radfahrenden auf ihrer Hauptradroute 1 geradeaus raus (sie dürfen ja gegen die Einbahnstraße Richtung Innenstadt weiter). Und die sollen nun durch eine Ampel vor den abbiegenden Autofahrern geschützt werden. Oder sollen die Autos, die aus der Tübinger Straße nach rechts abbiegen müssen, eine Chance bekommen? Radfahrende jedenfalls haben bisher an der Stelle den Schutz vor Abbiegern nicht gebraucht und brauchen ihn auch künftig nicht. Sie werden nur wieder durch rote Ampeln aufgehalten, die der Autoverkehr braucht (oder auch nicht braucht).

Ich meine: Wir werden auch einen erfreuten Parkplatzsuchverkehr zwischen Fangelsbach/Silberburg Straße und Feinstraße haben, der jetzt wieder bis zum Gerber, sogar bis zur Torstraße durchfahren kann und das auch tun wird. Auch die Strecke fürs nächtliche lautstarke Cruisen verlängert sich zu einer längeren Beschleunigungsgeraden.

Die Debatte im UTA hat eine Stunde gedauert und nicht alle hatten dafür Verständnis, dass dies Thema so "hochgespielt" werde: So eine Aufregung wegen sechs Wochen. Allerdings wurden die Proteste hörbar, als ich vorschlug, doch die Hofener Straße einfach mal nur für sechs Wochen für den Autoverkehr zu sperren. Sind ja nur sechs Wochen. Dennoch verlief die Diskussion recht sachlich. Der Spott für Radfahrende und unsere kleine Radkultur hielt sich in Grenzen. Es ist durchaus ein Anfang auch für eine sachliche und intensive Auseinandersetzung über den Stellenwert des Radverkehrs, der zumindest verbal doch auch als wichtig  anerkannt wird.

Jetzt schauen wir mal, wie dieser Sommer verläuft. Im Sommer 2019 wird die Feinstraße zumindest als Abfahrt wieder benutzbar sein und die Maßnahmen - dann aber für fünf Monte -  anders aussehen. Wie, kann ich nicht sagen.

Ich meine allerdings schon, wir können es uns als Stadt ein Baustellenmanagement eigentlich nicht weiterhin leisten, das zulasten des Radverkehrs geht, allemal auf der Hauptradroute 1. Wir soll man das denn Leuten aus anderen Städten erklären? Stuttgart ist Feinstaubhauptstadt, feiert nicht den Radverkehr, sondern beschränkt ihn, bremst ihn durch Ampeln aus und mischt ihn unter Lastwagen. Und das nur für sechs Wochen? Hat es da für den Autoverkehr nicht mal ne andere Lösung gegeben? Es sind ja nur sechs Wochen! Und eine Fahrradstraße haben wir ja bereits komplett verloren, nämlich die Münzstraße. Stuttgart baut derzeit Fahrradstraßen zurück, dauerhaft und temporär.

29 Kommentare:

  1. NichtStuttgarter17. April 2018 um 11:22

    Oben steht/stand: Die Anträge von Grünen und SÖSLi-Plus, die Sperre an der Feinstraße beizubehalten, wurde mit 6 zu 8 von den anderen Parteien (CDU, SPD, Freie Wähler, FDP und Ultrarechts) überdies abgelehnt.

    Wer ist den Ultrarechts - was für eine Splittergruppe hat es denn hier in Stuttgart in die politisch Verantwortung geschafft, finde dazu nix im Netz.

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    1. Die AfD, beziehungsweise deren Resterampe.

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    2. Die AfD hat sich ja zersplittert und umbenannt. ich habe keine Ahnung, welchem Splitter der Vertreter der Ex-AfD angehört, es ist Herr Brett.

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  2. Vielen Dank für deinen Einsatz und dein Update aus dem UTA. Das Ergebnis ist natürlich erst mal enttäuschend, aber wie du schreibst scheint es ja tatsächlich eine sachliche Diskussion gegeben zu haben. Jetzt muss eben die Veränderung von ganz unten kommen #Radentscheid Stuttgart

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    1. Finde ich auch. Das klingt -trotz allem- vielversprechend

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    2. Ein #Radentscheid in Stuttgart wäre ein Traum.

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  3. Ja, es hängt letztlich von uns Radlerinnen und Radlern ab. Wir müssen uns noch mehr verständlich machen, noch mehr präsentieren, noch mehr zu einem wichtigen Faktor machen und Wissens- und Denklücken unermüdlich auffüllen. Der Radentscheid, der ja heute gleichzeitig vor die Presse ging, wird uns helfen, er wird die Diskussion über den immer noch leicht unterschätzten Radverkehr befördern. Bleiben wir dran, radeln wir's an.

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    1. Ja, richtig, liebe Christine, deine Ruhe möchte ich haben :-) Unabhängig von dir und deinem mal wieder lobenswerten Bericht: Gibt es in Stuttgart eigentlich keinen Bürgermeister, Dezernenten, Fachreferenten oder Abteilungsleiter, der für die Mobilitätsentwicklung zuständig ist?

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    2. Bei einem "Radentscheid" wird aber dann im Sinne einer Wahl/Abstimmung (das ist es doch, oder?) jeder befragt, stimmberechtigt sind also nicht nur Radler, sondern auch die, die ohne jedes Abstraktionsvermögen keinen Zentimeter "Autoplatz" abgeben wollen. Wenn das so sein sollte, dann könnte dieser Radentscheid ein Reinfall werden. Wir sind schließlich im Automoloch Stuttgart.
      Dave

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    3. Wenn es dazu kommt, stimmen alle Stimmberechtigten darüber ab. Aber täusch dich mal nicht, eigentlich ist das Klima in der Stadtbevölkerung viel weniger autoverhaftet als das der Politik. Aus anderen Städten weiß man, wie sehr so ein Radentscheid die öffentliche Diskussion und die Erweiterung der Kenntnisse über Radfahren befördert.

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    4. Christine, ich wünsche uns, dass Du richtig liegst. "Andere Städte" haben aber einen entscheidenden Vorteil: Sie heißen nicht Stuttgart. Wir haben hier offensichtlich einen Sonderfall.

      Ich glaube nicht an die "Erweiterung der Kenntnisse" in einem signifikanten Umfang, denn dazu muss Interesse und die Bereitschaft zur Überprüfung der eigenen Denkmuster vorliegen (-ja, gilt auch für mich! Hoffentlich liege falsch und meine Denkmuster sind zu pessimistisch). Von den Autofetischisten kommen da schon mal einige nicht infrage (und Autofetischismus ist ein gewichtiger Posten auf dem politischen Meinungsmarkt, der gerne bedient wird, gerade hier, gerne faktenfremd und dem Maul der Einfachgestrickten nachgeredet, dass ja niemand zuviel überlegen und die Gewohnheiten ändern muss).

      Diese "Einfachgestrickten" verstehen nicht einmal, dass jeder Radfahrer ein potentieller Autofahrer weniger ist und damit mehr Platz auf Straßen herrscht, selbst bzw. gerade auch wenn man zusätzlichen Radraum schafft. Einfache Grundgleichung, null Einsicht. Sollen da Broschüren und Infostände abhelfen? Da reicht z B ein einziger (fiktiver) Satz aus Untertürkheim (-aus UT wird der Satz nicht kommen, sondern aus der polit. Riege der selbsternannten Autoversteher), dass die hiesige Wirtschaft in Gefahr wäre, wenn man hier nicht mehr "in Ruhe" (->kranke Wahrnehmung) Autofahren kann. (Dabei entscheidet i. W. der chinesische Markt, wie die Jahresbilanz aussieht, die Verkehrspolitik in Stuttgart dürfte keinen messbaren Einfluss haben.)

      Ich sehe also wirklich nicht, woher da der Optimismus kommen soll. Kein Plädoyer gegen einen Radentscheid!

      Was ich jedoch für möglich halte: Dass die Ignoranten-Dichte unter Nicht-Stuttgartern überproportional hoch ist und der Stuttgarter/Stimmberechtigte ob seiner direkten Betroffenheit anders und v a interessierter an das Thema herangeht. Die ganzen ES/WN/RT/...-Verkehrstalente sind dann schon mal raus. Gute Ausgangslage. Das wird bestimmt was! (->neues Denkmuster!)

      Dave

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  4. Zitat:
    Das wird recht viele Rotlichtverstöße durch Radfahrende provozieren und ist für das Radfahrklima in der Stadt viel schädlicher als man vielleicht denkt, denn es erzeugt Regelverletzungen die wiederum die Diskussion über Regelverletzungen durch Radler anheizt.

    Dem kann man ganz einfach entgegenwirken:
    bei rot stehen - bei grün gehen/fahren!

    Und das würde, quasi als Nebeneffekt, dem "Radfahrklima" in der Stadt nicht schaden.

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    1. ich glaub du bist da an was dran! Geniales konzept, und lässt sich beliebig erweitern: Diebe sollten einfach aufhören zu klauen! zack, problem gelösst und gut für das "sicherhetsklima" generell. Und wenn wir dabei sind: Poltiker könnten einfach keine bestechungsgelder mehr annehmen, dann wäre das problem mit der Korruption auch gleich gelösst! /s

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    2. @ Hermann, du fährst gern Fahhrad und du stehst gern auf 100 Meter zwei Mal an einer roten Ampel. Du fährst diese Strwcke tägluch zwei Mal. Wenn das so ist, kannst mitreden. Ansonaten empfwhle ich dir, mal ein paar Beiteäge auf diesem Blog zu lesen, damit du Radfahrer besser verstehst.

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    3. @the dude

      Mir ist bewußt, daß es für einige nicht einfach ist sich an Regeln zu halten. Auch aus diesem Grunde leben eben gerade diese mehrheitlich in der Steinzeit und halten es lieber mit: "Zahn um Zahn". Hätte sich nicht irgendwann die Vernunft durchgesetzt, wären die Keulenträger in der Überzahl.

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    4. @Christine

      Ich bin fußläufig unterwegs in der Innenstadt und stehe manchmal sogar alle 20-50 Meter vor einer roten Ampel. Nur, und dies scheint ein großer Unterschied zu vielen hier zu sein: ich respektiere diese Ampeln und Schilder! Dadurch verliere ich vielleicht 2-3 Minuten, je nach Strecke. Dafür jedoch gebe ich ein gutes Beispiel und dies führt in meinem Falle zu einem guten "Fußgängerklima" in der Stadt!

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    5. Danke Herman(n),

      Regeln gelten für alle. Ohne Ausnahme. Auch für Radler.

      Jeder Rotlichtradler/Gehwegradler usw. sorgt für Negativpresse und dafür, dass bestehende Vorurteile bestätigt werden.

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    6. Na, ihr beiden - Matthias und Hermann - ihr argumentiert ein bisschen wie klassische Autofahrer und Fußgänger, die keine oder nur wenig Erfahrung mit dem Radfahren haben und gerne unbedingt bei jeder Gelegenheit mitteilen wollen, dass "Radfahrer sich an keine Regeln halten" beziehungsweise, was das selbe ist, sich an Regeln halten sollen. Auf Facebook führe ich diese Diskussion mit immer wieder. Alle, die mein Blog kennen, wissen, dass ich gerne möchte, dass die Regeln eingehalten werden. Sie wissen aber auch, dass Radfahrer zuweilen eine Infrastruktur vorfinden, bei der sie die Regeln gar nicht einhalten können, oder dass es keine gibt. Ich wäre kürzlich fast von einem Autofahrer umgefahren worden, der beim so genannten (vernidlichten) "Dunkelgelb", also bei Rot über die Ampel gefahren ist. Auf dem Österreichischen Platz wurde ein Radfahrer letztes Jahr von einem Rotlichtfahrer im Auto umgefahren, der Fahrer beging Fahrerflucht. Die Hamburger Polizei hat festgestellt, dass die Rotlichtverstöße von Autofahrern häufiger sind als die von Radfahrern. Setzt euch doch mal ernsthaft und ohne vorschnelle Urteile und Verurteilungen mit den diffizilen Verhältnissen für Radfahrer auf Stuttgarter (und deutschen) Straßen auseinander, und dann diskutieren wir hier weiter. Und zwar mit gegenseitigem Verständnis.

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    7. Liebe Christine,

      wo genau habe ich geäußert, dass Radler sich an keine Regeln halten? Gegen genau dieses Vorurteil halte ich wo immer möglich dagegen. Dazu wühle ich mich auch gerne durch Unfallststistiken. Wer genau hinschaut, kommt zu bisweilen zu "überraschenden" Ergebnisse.

      Es ist auch erstaunlich: Wir haben rund 10 Mio. Einträge in Flensburg, fast alle von Autofahrern. Das häufigste Delikt: überhöhte Geschwindigkeit. Wobei ich schon richtig viel zu schnell sein muss, um Punkte zu erhalten. Offensichtlich ist es für Autofahrer völlig normal, Regeln zu brechen.

      Das Polizeipräsidium Westpfalz hat unlängst die Unfallststistik für 2017 veröffentlicht. Auch hier wird konstatiert, dass Radfahrer im Laufe der letzen Jahre zunehmend Unfälle verursacht haben. Konsequenz: Die Polizei werde geeignete Maßnahmen ergreifen.

      Die Hauptunfallursachen bei Autofahrern steigt im gleichen Zeitraum um das mehr als 50-fache. Konsequenz für die Polizei: keine.

      Ich habe den Staatsdienern meine Berechnungen dargelegt und gefragt, wie sie zu ihren Schlussfolgerungen gelangen. Bisher keine Antwort.

      Ich setze mich sehr wohl mit den Verhältnissen auseinander und werde sogar aktiv.

      Ich kenne auch ungezählte Situationen, in denen Radler zum Regelbruch geradezu genötigt werden. Weil nämlich Verwaltungsbeamte ihren Job schlecht machen. Und weil Kommunalparlamente groben Unfug beschließen.

      Ich urteile nicht vorschnell und ich verurteile auch nicht.

      Einfach mal zur Klarstellung.

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    8. Lieber Matthias, war natürlich mein Fehler, dass ich darauf hingewiesen habe, dass diese Organisation einer Radinfrastruktur (Radler an zwei Ampeln warten lassen) Regelverstöße provoziert, denn damit habe ich ausgelöst, dass sich die Diskussion, wie fast immer auf Facebook, auf dieses Thema fokussiert. Was aber auch zeigt, dass man, wenn wenn man übers Radfahren sprechen will, fast immer über "rasende Radler", Gehwegradler oder Rotlichtverstöße diskutiert und nicht mehr über eine Infrastruktur für Radler, die den fürs Auto so wichtigen Verkehrsfluss herstellt. Das ist aber das eigentliche Problem des Radverkehrs: Er wird nicht gehätschelt, sondern gegängelt, und Radler reagieren mit einer Pfadfinder und Outlaw-Mentalität, die ihrem Ruf schadet. Wobei übrigens Autofahrer ebensoviele Regelvertöße begeen, mit wesentlich größeren Folgen für Radfahrende, sie sind dann nämlich manchmal tot. Klar ist, dasss mehr Radverkehr auf beengten und schlecht ausgebauten Wegen auch statistisch mehr Unfälle erzeugen. Noch haben wir die kritische Masse nicht erreicht, also die Menge, bei der die Unfallzahlen relativ zur radelnden Menge wieder abnehmen.

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    9. @Christine

      Offensichtlich bin ich falsch verstanden worden und wohl auch selbst schuld daran.
      Ich wollte lediglich einen Weg aufzeigen, wie man bereits jetzt verhindern kann, dass sich das "Radfahrklima" verschlechtert, also eben bei Rot halten und warten bis es Grün wird! Wenn man Angst hat zu spät von A nach B zu kommen fährt man einfach ein wenig früher los. In meinen nun 39 Berufsjahren bin ich auf diese Art und Weise immer gut gefahren (gelaufen). Ich selbst habe weder KfZ noch Führerschein und bin, dies haben sie richtig erkannt, Fußgänger. Regelverstöße, egal von wem begangen, sind meines Erachtens immer zu verurteilen. Auch gibt es keine "halben" Regelverstöße im Verkehr und/oder welche, die weniger schlimm sind als andere. Dieses ewige Gegeneinander ist mir ein Gräuel. Auch Fußgängern wird oftmals die Möglichkeit genommen sich vernünftig im öffentlichen Raum zu bewegen. Das gilt ebenso für Autofahrer und/oder für Nutzer des ÖPNV. Baustellen werden jedoch nicht aus reiner Langeweile errichtet, es steckt ein Sinn dahinter, meist Instandhaltung/setzung. Und wenn es deshalb temporär zu Behinderungen kommt, so ist dies einfach auch mal hinzunehmen.

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    10. @Herrmann, hast du schon mal darüber nachgedacht, warum es für dich als Fußgänger rote, vor allem aber grüne Fußgängerampeln gibt? Ampeln sollen es dir als Fußgänger ja ermöglichen, trotz des Autoverkehrs über eine Straße zu kommen. Warum bleibtst du dann stehen, wenn für dich Rot ist, aber weit und breit kein Auto kommt? Nur um eine Regeln zu befolgen. Dir könnte aber auch auffallen, dass die Ampel ja nur für dich ist, damit du queren kannst, obgleich Verkehr herrscht. Fährt kein Auto, herrscht für dich keine Gefahr, und du kannst auch bei Rot gehen. Denk mal ganz ruhig darüber nach, wie lustig unsinnig Ampeln für dich als reiner Fußgänger sind, und ob hier Regeltreue eigentlich sinnvoll ist. Schließlich sind wir Menschen ja nicht für Ampeln da oder dafür, dass der Autoverkehr schön fließt, sondern umgekehrt, die Bändigung des Autoverkehrs muss zu unserem Vorteil sein und uns Raum geben. Und manchmal müssen wir uns den Raum auch nehmen. Ich plädiere nicht dafür, dass du bei Rot gehst, aber ich plädiere dafür, zu reflektieren, dass wir eine Verkehrsorganisation haben, die ausschließlich der Dominanz des Autos in der ganzen Stadt dient. Für Radfahrer ist das Anfahren nach einer Vollbremsung das Anstrengendste, sie verlieren die aufgebaute Energie und müssen sie von null an mit eigener Körperkraft wieder aufbauen. Deshalb halten sie so ungern, und meistens sind sie nicht in Gefahr und für andere auch keine Gefahr. (Lies mal hier im Blog die Beiträge über Ampeln und Grüne Pfeile für Radler).

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    11. @Christine

      Darüber habe ich schon sehr häufig nachgedacht. Nur ist es eben so, dass jeder (wirklich jeder) Gefahr vollkommen different einschätzt. Der eine (sportliche) rennt dann immer bei Rot rüber mit der Begründung: ich schaffe das, ich bin sehr flink. Der Gehbehinderte läuft los als weit und breit kein Verkehr zu sehen ist und muss auf Hälfte der Strecke feststellen, dass wegen ihm bereits drei Verkehrsteilnehmer
      eine (Voll)Bremsung vollziehen mussten. Und Kinder beobachten u.U. die Szenen!
      Nein, so einfach kann und darf man es sich nicht machen! Wegen ein paar Sekunden Wartezeit sollten wir keine Regeln brechen und uns und vor allem andere in Gefahr bringen. Autoverkehr wird es immer geben, auch wenn dieser in der Zukunft in der Innenstadt "nur" noch aus Bussen und Anlieferverkehr bestehen wird.

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    12. Liebe Christine,

      "... Facebook, auf dieses Thema fokussiert. Was aber auch zeigt, dass man, wenn wenn man übers Radfahren sprechen will, fast immer über "rasende Radler", Gehwegradler oder Rotlichtverstöße diskutiert und nicht mehr über eine Infrastruktur für Radler, ..."

      Hätte mich doch sehr gewundert, wenn es anders gewesen wäre. Denn wir sind uns schon einig. Mein 5-Zeiler von gestern verkürzt natürlich sehr stark und lässt Raum für Interpretationen. Mea culpa.

      Natürlich muss es um eine angemessene Infrastruktur für alle Verkehrsgruppen gehen. Unsere Zentrierung auf die Gruppe KFZ ist nicht mehr zeitgemäß.

      Und es muss darum gehen, dass alle Gruppen gleichberechtigt behandelt werden. Unsere Verkehrspolitik verfährt nach wie vor nach dem Motto "Auto first".

      In Flensburg sind rund 3 Mio. Einträge wegen stark überhöhter Geschwindigkeit verzeichnet. Alles KFZler. Wie viele geringfügige Delikte kommen hier noch hinzu? Ich kenne keinen Autofahrer, der innerorts konsequent Tempo 50 (oder 30) fährt. Denn: natürlich müsse man(!) ein bisschen schneller fahren, um mit dem Verkehr mitzuschwimmen. Ansonsten wäre man ja ein Verkehrshindernis.

      Wenn wir im Straßenverkehr etwas bewegen wollen, müssen wir auch unsere Wahrnehmung hinterfragen. Im Moment wird gerne verharmlost ("dunkelgelb") bzw. skandalisiert ("Kampfradler"). Bei der Bewertung unserer Wahrnehmung müssen wir einheitliche Maßstäbe anlegen. Sonst wird es Gruppen geben, die sich benachteiligt fühlen. Wie wir es ja im Moment auch beobachten.

      Und wir müssen endlich aufhören, unser Verhalten nur mit unseren Augen zu sehen. Unser Verhalten wird nämlich von Anderen wahrgenommen und gewertet.

      Und deswegen habe ich für mich entschieden, dass ich mich genauso mit dem Fahrrad im Verkehr bewege, wie ich es auch als KFZler tue. Mit der Ausnahme,dass es auch noch Radwege gibt. Aber das ist ein anderes Thema.

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  5. Danke Christine für deinen Bericht und dein Engagement auch in dieser Sache.

    Ansonsten, ja, nee, ist klar - "nur mal kurz...!!" wie oft bekommen wir das zu hören und jetzt wissen wir, es können auch mal Wochen oder Monate sein.

    Ich weiss nicht einmal, was eine "nur kurze Baustellenumfahrung" als schlichte Massnahme der laufenden kommunalen Verwaltung eigentlich überhaupt im UTA zu suchen hat?! Alle Fraktionen, die das abgesegnet haben - danke für gar nichts. Und mit diesem Dank schliesse ich ausdrücklich auch die Stadtverwaltung ein, die diese Umfahrung so wunderbar ausgetüftelt hat. Nehmen wir doch die dösige Fahrradstrasse, da muss man erst einmal drauf kommen. Genial und so einfach!

    not amused
    Andreas

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  6. Ich habe, ehrlich gesagt, nichts anderes erwartet. Lippenbekenntnisse und ab und zu mal ein Krümelchen für der Radfahrer, mehr ist in Stuttgart nicht drin. Das wird sich auch so bald nicht ändern.

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  7. Könnte man nicht gegen das Durchrutschen von Kraftwagenfahrern einen Blitzer in Gegenrichtung aufstellen, der einfach mal auf 10km/h eingestellt ist und somit jeden blitzt, der dort durch fährt? Wobei ich nicht weiß, ob es Zweiraderkennung bei Blitzern gibt oder das manuell (via Computer) aussortiert werden müsste.

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    1. Könnte man. Das AföO wird sich angucken, wie die Lage ist, auch kontrollieren und gegebenenfalls andere Maßnahmen überlegen, so die Antwort. Solche Blitzer die ein Durchfahrtsverbot kontrollieren haben wir in Stuttgart noch nie eingesetzt, soviel ich weiß, denn die sind ja total unbestechlich und erwischen jeden.

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  8. Alexander Müller19. April 2018 um 12:43

    Liebe Christine,

    vielen Dank für die Informationen zu diesem wichtigen Thema.
    Deine "provokante" Idee, die Hofener Straße mal für sechs Wochen zu sperren, finde ich sehr gut. Leider zeigt sich anhand der Reaktionen, wie die Prioritäten wirklich liegen:
    Das Auto über alles. Radverkehr fördern gerne, meist jedoch auf dem Papier und kosten soll es nichts. Ein paar Fahrbahnmarkierungen hier, etwas rote Farbe dort, das war's.
    Ich verstehe nicht, wie man sich für den neuen knapp Acht Millionen Euro umfassenden Radfördertopf feiern lassen kann, wo doch Kopenhagen bei ungefähr gleicher Einwohnerzahl ein deutlich größeres Budget aufweist, jedoch bei weitem keinen so krassen Aufholbedarf!

    Ich habe gelesen, dass es in Stuttgart eine Art Beschluss bzw. Vorgabe zum Ausbau das Radverkehrs gibt, nämlich dass der Radverkehr zwar gefördert werden soll, aber nicht zu Lasten des Autoverkehrs. Wisst ihr, ob man das irgendwo nachlesen kann? Ich schätze mal, dass wir dies unseren Autofraktionen (CDU, FDP) zu verdanken haben?

    Zum Thema Radentscheid Stuttgart:
    Prinzipiell eine tolle Idee! Man braucht ja nur nach Berlin zu schauen, dort scheint das Radgesetz ja Wirklichkeit zu werden.
    Leider sind wir Stuttgart und nicht Berlin.
    Ich befürchte, die Zeit ist hier noch nicht reif für einen Radentscheid.

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