27. Januar 2019

Typisch Stuttgart

Grund sich aufzuregen haben in diesem Fall die Fußgänger/innen, die aus dem Bus aussteigen. Drei Radler sausen durch sie hindurch. Auf dem Gehweg parkt ein Auto die Ausweichfläche zu. 

Die drei Radler sind vom Schwabtunnel die Schickardtstraße herabgekommen und am Generationenhaus über die Busspur auf den Gehweg gefahren (Karte unten: schwarze Linie). Sie schlängeln sich durch die Leute und biegen nach rechts in die Böblinger Straße Richtung Kaltental ab. Muss das sein? Warum sind sie nicht auf der Fahrbahn geblieben?

Weil sie von dort nicht nach rechts in die Böblinger Straße abbiegen dürfen, und zwar, weil die Autos es nicht dürfen. Dort darf man nur geradeaus und links fahren, nicht aber nach rechts in die Böblinger Straße. Die ist Einbahnstraße, allerdings für Radfahrende per Schild freigegeben. Aber nur, wenn sie von einem Gehweg kommen. Es fehlt die Rechtsabbiegeerlaubnis für Radfahrende per Schild. 

Kommt man vom Marienplatz her auf der Böblinger Straße und will hinter der Schickardtstraße geradeaus weiter Richtung Kaltental, dann ist man auf der Autospur auch verratzt, denn Autos dürfen nur links oder rechts abbiegen. Für Radler gibt es da keine Ausnahme. Geradeaus dürfen sie nur, wenn sie von der Fahrspur auf den Gehweg hoch fahren und die Fußgängerampel benutzen (Karte unten: grüne Linie). Dann radelt man auf ein "Rad frei"-Schild zu, das drüben auf dem Gehweg an der Böblinger Straße steht und nicht den Gehweg meint, sondern die Freigabe der Einbahnstraße in Regenrichtung. Gäbe es hier eine Geradeausfreigabe für Radler, wäre das auch die ungefährlichere Lösung.

Hier droht eine Gefahr.
Denn, wenn man, was ein Radfrei-Schild einem nahelegt, auf den Gehweg zur Fußgängerampel an der Schickardttraße vorfährt, dann bekommt man mit der Stadtbahn Grün, die in die Böblinger Straße fährt. Und dann sollte man auf keinen Fall auf die Fahrbahn zielen, dann muss man drüben auf den Gehweg hochfahren und die Durchfahrt der Stadtbahn abwarten. Der Platz reicht nicht für einen Radler und eine Stadtbahn. (Hier zwang jahrelang an der Ecke das blaue Radwegschild Radler, über den Gehweg zu fahren. Es verblasste aber mit den Jahren und ist jetzt abgebaut worden). Leider hat die Stadt versäumt, eine Geradeausfreigabe für Radler unter die Verkehrszeichen an der Autoampel zu hängen.

Es wäre sehr viel ungefährlicher (vor allem für nicht ortskundige Radler), wenn man außerdem Radfahrenden einen schmalen Radsteifen und einen Aufstellplatz vor den Autos am der Ampel anbieten und dann die Geradeausfahrt auf der Fahrbahn erlauben würde. (Ja, ich weiß, die Fahrbahn ist da sehr eng, der Gehweg auch. Aber es gibt nun mal auch Fahrräder.)


Die Jungs auf ihren Rädern auf dem Foto ganz oben kannten sich also sehr gut aus. Sie wussten, dass sie keine Alternative hatten, als den Gehweg zu nehmen, wenn sie die Böblinger Straße hoch fahren wollten. (Ich will nicht behaupten, das sie nicht auch genauso gut regelwidrig aus der Schickardtstraße nach rechts in die Böblinger Straße hätten einbiegen können. Da wäre aber die Kurve schärfer.)

Kommt man aus der Böblinger Straße (von Kaltental her) und will nach links die Schickardstraße hinauf radeln (könnte der Schulweg einiger Kinder sein), geht das auch nicht von der Fahrbahn aus. Autos dürfen nur geradeaus und nach rechts abbiegen. Entweder man saust so wie diese Jugendlichen nach links auf den Gehweg (Karte unten: rote Linie) und fährt wieder durch die Bushaltestelle und dann irgendwie auf die Schickardtstraße, oder man stockert sich wie ein Fußgänger über die Ampeln zweier Straßen mit acht Fahrbahnen. 

Und wir ahnen es schon: Falls man auf dem Fahrrad auf der Karl-Kloß-Straße und Schreiberstraße hinab kommt und nach links in die Böblinger Straße einbiegen möchte, geht das natürlich auch nicht. Man muss geradeaus fahren, hinter der Böblinger mit dem Fahrrad auf den Gehweg hochhopsen, mitten in die Fußgänger hinein, die an der Fußgängerampel warten, und kann dann mit ihnen rüber gehen. (Ganz tief seufz!)  Oder man nimmt  hinter der Kreuzung die Linksabbiegespur zum Generationenhaus und radelt dann, so wie die Jungs auf dem Foto ganz oben, wiederum über den Gehweg zurück zur Böblinger Straße (Karte: blaue Linie). 

Fast alle Radler wursteln sich an dieser Kreuzung (Böblinger/Schickhardt/Schreiberstraße) über Gehwege oder Gehwegecken (viele schieben übrigens auch ihre Räder) und durch die Fußgänger über die Fußgängerampeln, weil die Stadt ihnen nicht die fahrradgerechte Verkehrsführung nich anbietet. Was tun Radfahrende dann: Sie radeln über Gehwege und nerven Fußgänger. Und das ist schlecht. 

9 Kommentare:

  1. Wie immer und überall:
    die freie Mobilität für Fussgehende, Radfahrende und BenutzerInnen des ÖPV wird durch den klimaschädlichen, gesundheitsschädlichen, lauten und hässlichen Autoverkehr blockiert.
    Alfons Krückmann

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    1. Im Kontext von einer Straße, wo die Einfahrt nur für ÖPNV und Fahrräder freigegeben ist, von einem "vom Autoverkehrt blockiert werden" zu reden ist nun wirklich nicht akkurat. Dass hier nicht besonders mitgedacht wurde ist klar, aber hier wird explizit der ÖPNV und Radverkehr bevorzugt.

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  2. Ich hab das jetzt (mangels Ortskenntnis) glaub ich noch nicht alles durchschaut. ;) Aber nur, weil da eine freigegebene Einbahnstraße ist, heißt das ja noch lange nicht, dass man in jene als Radfahrer auch aus allen Richtungen einfahren dürfen muss! Aus gar keiner Richtung einfahren können ist aber natürlich auch doof...

    Das Einfachste (Rechtsabbiegen) ist da natürlich was anderes, als gradeaus über eine Kreuzung oder Linksabbiegen. Zumindest das Rechtsabbiegen müsste daher ausdrücklich erlaubt werden.

    Allgemein: Verwaltungsakte, die an besonders schweren, offenkundigen Fehlern leiden, sind nichtig - und widersprüchliche Anordnungen wie diese gehören da meiner Ansicht nach dazu. Also auch wenn die blauen, runden "Pfeil-Schilder" es nicht erlauben, dürfte man da als Radfahrer (von der Fahrbahn aus) zumindest in die freigegebene Einbahnstraße rechts abbiegen.

    Was man so oder so aber gar nicht darf, ist (sofern nicht freigegeben) auf dem Gehweg fahren. Man versucht dann dann auch nur das Gebotsschild zu umgehen, d. h. aber nicht, dass es für einen nicht mehr gilt, sobald man auf dem Gehweg fährt. Es ist ja z. B. auch ein Rotlichtverstoß, an einer roten Ampel nach rechts über den Gehweg abzubiegen.

    Auf jeden Fall ist das dort alles extrem unglücklich gelöst; da hat sich die Verwaltung wohl schlicht gar keine Gedanken gemacht. Unter Umständen wäre es (wegen der schwierigen Einfahrt) evtl. sogar besser gewesen, man hätte diese Einbahnstraße nicht freigegeben. Wundert mich an dieser Stelle auch - sperrt man an anderen Ecken in Stuttgart wegen sowas nicht auch gerne mal gleich ganze Kreuzungen mit Zeichen 254...?

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    1. yep.
      sag ich schon lang:
      #keinerechtekeinepflichten

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  3. Die Moserstraße ist auch eine für Radfahrer freigegebene Einbahnstraße, in die man aber laut Beschilderung überhaupt nicht rein fahren darf. Die Stadtverplanung war einfach mal wieder zu doof zum beschildern.

    In solchen Fällen gebe ich mir das "Radfahrer frei" selber, denn ich lasse mich nicht von der Dummheit der Stadtverwaltung tyrannisieren.

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    1. Hihi, dias ist mir noch gar nicht aufgefallen. Ich biege städnig von der Olgastraße in die Moserstraße ab.

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    2. "in die man aber laut Beschilderung überhaupt nicht rein fahren darf."

      Wieso nicht? Am Ende der Moserstraße steht mindestens drei mal Radfahrer frei.

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    3. @Anonym: Weil in der Olgastraße sowohl von unten als auch von oben ein blauer Pfeil "Nur geradeaus" angebracht ist. Und der gilt bekanntlich auch für Radfahrer.

      Ergo: Einbiegen verboten, wenn man mal drin ist darf man fahren :D

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    4. @Steffen: Wenn man von oben kommt hat man nur geradeaus + Radfahrer frei. Ich weiß nicht welche Schilder angebracht wurden für die, die von unten kommen. Mir ist aber aufgefallen, dass in der Sackgasse unter dem Rechts abbiegen Gebot das Radfahrer frei fehlt.
      Und mir ist schon vor Jahren aufgefallen, dass nur Fahrzeuge aus einer Richtung vor dem Zebrastreifen gewarnt werden. Ist bis heute so. Davon würden nicht nur die Radfahrer, sondern auch die Geisterfahrer profitieren. Von denen gibt es in der Straße mehr als nur wenige.

      "In solchen Fällen gebe ich mir das "Radfahrer frei" selber, denn ich lasse mich nicht von der Dummheit der Stadtverwaltung tyrannisieren."
      Mache ich auch so.

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