22. Juni 2019

Radabstellanlagen fehlen überall

In der Innenstadt gibt viele Radständer, die auch rege genutzt werden.

Am Marienplatz (Foto) und anderswo reichen sie schon gar nicht mehr. Aber sie  fehlen, je weiter man sich vom Stuttgarter Zentrum entfernt. Eingekauft wird offenabr vozugsweise mit dem Auto, für das es Parkplätze gibt. Radständer sind auch an Supermarkteingängen eher selten, und wenn ein paar dastehen, werden sie nicht sonderlich gut genutzt. Vielleicht liegt es daran, dass es selten eine Radinfrastrutkur gibt, die in zu Supermärkten und in Ortskerne führt. Mit den Fahrrad kämpft man sich durchs Autogeschiebe, die Ein- und Ausparker und über Gehwege dorthin. Mehr Radbügel könnten das Verhalten ändern. In Zürich hat man festgestellt, dass Radbügel die entscheidende Voraussetzung für einen regen Radverkehr sind.


Ortskerne wie hier Birkach zeigen allen deutlich, dass man das Auto bevorzugt. Einer stellt mal sein Fahrrad vor einer Ladentür ab, und diese Bügel sind offensichtlich aufgestellt worden, um das Aufparken auf den Gehweg zu verhindern. Radfahrstreifen gibt es keine. Hier ist an einem Montagvormittag kaum jemand zu Fuß zum Einkaufen unterwegs. Solche öden Stadtkerne könnten sich beleben, wenn man eine Radkultur fördern würde. Das geht mit Radbügeln und Radfahrstreifen. Wo sich Radfahrende wohl fühlen, wird deutlich mehr eingekauft als dort, wo sich nur Autofahrende wohl fühlen. Autos brauchen irre viel Platz, die Kundschaft, die aus ihnen aussteigt, ist zahlenmäßig gering. Ähnlich sieht es übrigens in Degerloch aus, dessen Epplestraße als zentrale Einkaufsstraße ausschließlich von Autos beherrscht wird. Oder in Möhringen, in Ostheim oder in Botnang. Da stehen Radbügel nur dort, wo es Autofahrer nicht stört oder wo man sie vom Gehwegparken abhalten will, also irgendwie an den Rand oder in Seitenstraßen verbannt.

Botnang
In Botnang gibt es zwar inzwischen Radbügel auf dem Platz der Griegstraße, allerdings werden sie noch kaum genutzt. Das mag sich im Lauf der Zeit ändern, aber vermutlich erst dann, wenn auf diesem Platz etwas ist, was Aufenthaltslust schafft und Leute anzieht. Mir scheint, in Botnang wird nicht so viel Rad gefahren. Das mag daran liegen, dass man im Verhältnis zum Stuttgarter Kessel hinterm Berg wohnt und Botnang ebenfalls steile Straßen hat. Sollte für Pedecs eigentlich kein Problem sein, aber wenn es kaum Radabstellpätze gibt, dann bürgert sich das Radfahren auch nicht ein. Man ist nicht gern alleine unterwegs. Und wenn es bei Läden, Kneipen und Cafés leichter ist, einen Autoparkplatz zu finden als einen Radabstellplatz, dann kommt die Radfahrkultur auch nicht in Gang. Und zwar ausgerechnet in den Stadtteilen, wo man mit dem Auto gerade mal einen Kilometer fährt, um einzukaufen oder Essen zu gehen.

Lehen-, Liststraße
Wo man gar keine Chance hat, einen Parkplatz zu kriegen, etwa in allen Innenstadtbezirken, werden Bioläden, Kneipen und Cafés häufiger mit den Fahrrädern angesteuert. Das erkennt man daran, dass die Räder überall angebunden werden, wo irgendwas aus Eisen ist. Denn Radbügel gibt es gerade bei frequentierten Gastronomien in Wohngegenden keine. Übrigens auch für die Anwohner/innen nicht, die für ihre Räder keine Garagen, Hinterhöfe oder ebenerdige Räume haben. Wie viele Leute würden sich im Süden oder Westen wohl ein teures Fahrrad (Pedelec) anschaffen, wenn sie nur wüssten, wohin mit dem Teil? Wäre das geklärt, würden sie ihre Fahrten nicht mehr mit dem Auto machen, sondern mit dem Fahrrad. Man sieht aber auch deutlich, wie sehr hier das Fahrrad mit dem Auto um Platz konkurriert. Räder landen im Westen, im Süden, im Osten in den Wohngieten auf dem Gehweg an Masten. Dort ist der Platz aber auch begrenzt. Und bis die Leute ihre Autos abschaffen und aufs Fahrrad als Transportmittel in der Stad setzen, dauert es eine Weile. Solange werden parallel Autoabstellplätze und Radabstellplätze benötigt. Und es wird um jeden Autostellplatz gekämpft.

So hat der Bezirksbeirat in Hedelfingen vor einem Jahr beantragt, einen Behindertenparkplatz am Rathaus an einen besser dafür geeigneten Platz zu versetzen. An dessen Stelle hätten Radbügel aufgestellt werden können. Das lehnten die Autofraktionen im Bezirksbeirat jedoch ab, weil man einen Parkplatz hätte umwidmen müssen, einen einzigen. Man schlug einen anderen Platz für Radbügel vor, dort, wo viele Fußgänger unterwegs sind. Aber bis heute gibt es in Hedelfingen am Rathaus oder in der Nähe keine Radabstellplätze.

Obertürkheim Bahnhof
An allen Stadt- und S-Bahnhöfen, die von Pendlern angeradelt werden, reichen die Bügel nicht. In Cannstatt, in Obertürkheim, in Vaihingen, in Möhringen, in Hedelfingen und so weiter werden Räder an Geländer und Zäunen, an Pollern und Masten angeschlossen. Hier sind Leute ohne Auto im Verkehrsartenmix unterwegs und jeden Morgen in Not, wo sie ihre teils teuren Fahrräder sicher abstellen können. Ab und zu gibt es mal abschließbare Boxen, aber nur sehr wenige. Wobei man ein Pedelec durchaus öffentlich abstellen kann, wenn man ein gutes Schloss hat und den Bosch-Display-Computer abnimmt. Dann ist es nämlich nicht mehr fahrbar. Aber das trauen sich nur wenige.

Der Mangel an Radabstellanlagen ist ein bekanntes Problem, das wir im Zug des Zielbeschlusses für ein fahrradfreundliches Stuttgart schnell lösen müssen.

Alle Stadtbezirke und ihre Bezirksbeiräte könnten den Bedarf im Bezirk identifizieren und zu benennen. In jeder Einkaufsstraße, vor jedem Supermarkt und bei Kneipen und Cafés müssen Radbügel hin, darunter auch solche, an denen Lastenfahrräder angeschlossen werden können. Denn mehr Radfahrer (und weniger Autos) bekommt man nur, wenn man Radfahrenden auch Abstellplätze anbietet und dafür Autostellplätze wegnimmt. Das geht, wie dieser Radabstellplatz auf einem Parkplatz in der Blumenstraße in der Innenstadt zeigt. Kaum da, schon voll.

2 Kommentare:

  1. Das Bild oben sollte Plieningen darstellen, nicht Birkach.

    Gestern las ich in einem Stuttgarter Blatt (ich glaube in jenem, welches seine Recherchen zum "Radweg (!) Neue Weinsteige" so journalistisch sorgfältig durchgeführt hat:
    "Vor dem Traditionsgeschäft hat die Stadt zig Poller auf dem Gehweg aufgestellt. Die Poller haben Auswirkungen auf die Kundschaft." Es geht um eine Bäckerei. "Mit der Maßnahme sichere man den Schulweg, ließ die Verwaltung wissen. Doch für die Kunden einer der letzten Handwerksbäckereien weit und breit gleicht die Maßnahme eher einer Schikane. Denn weil es im Umkreis kaum Parkplätze gibt, sahen und sehen sich die Kunden gezwungen, kurz auf dem Gehweg zu parken, um ihre Brötchen zu holen." Und diese Poller könnten auch Radabstellanlagen sein - in dem Sinne, dass man dieselben Argumente hören würde.
    Und hier zeigt sich auch wieder, aus wessen Herrenmenschen-Premiumperspektive vorzugsweise gedacht wird:
    - Die Schikane für die passierenden Schüler und Fußgänger durch diesen offenbar regen, geschäftsfördernden Verkehr scheint man in seinen Argumenten nicht wahrzunehmen.
    - Bei der Durchsetzung der Rechte (so richtig mit "richterlicher Bestätigung") von Anwohnern an besonders luftverschmutzten Orten sieht man lieber die Verursacher dieser Verschmutzungen als Opfer, sobald sie Restriktionen unterliegen. Diese nazoide Propaganda (diese Pseudo-Opfer benennen vorwiegend Sündenböcke, die keine sind!) ist jetzt live im Gemeinderat bei der sog. "C" "D" "U" zu bestaunen.

    David

    PS:
    Link zu o. g. Zitaten:
    https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.traditionsbaeckerei-in-stuttgart-degerloch-die-ersten-stammkunden-bleiben-schon-weg.7b39ebe2-1bf0-44a6-9b8c-3483bec91327.html

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    1. Ja, David. Ich kenne die Bäckerei und den ständig mit Autos zugestellten Gehweg. Ein paar Radabstellanlagen wären dort nicht schlecht. Es würde zeigen, dass man auch mit dem Fahrrad beim Bäcker einkaufen kann. Wobei das Problem echt ist, dass Autofahrende keine hundert Meter laufen können, um beim Bäcker Brötchen zu holen, sie müssen immer direkt vor die Tür fahren. Straßen und Staßenrandparkplätze gibt es dort nämlich eigentlich genug.

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