20. Oktober 2019

Das bringt doch dem Radfahrer nichts

Also lassen wir das mit dem Radweg. Der hat eh keinen Anfang und kein Ende. Da radelt doch niemand.

Mit solchen Argumenten werden Maßnahmen fürs Radfahren gerne wegdiskutiert. Bis heute wird immer wieder der Radfahrstreifen entlang der Waiblinger Straße infrage gestellt. Da radelt doch niemand. Stimmt nicht. Ich habe bei einer Fahrt im Auto als Beifahrerin zu unwirtlicher Zeit und bei unwirtlichem Wetter Radfahrende gesehen, die am Autostau vorbei die Waiblinger Straße Richtung Fellbach fuhren.
Ja, es sind weniger als in den Autos sitzen. Und es sind nicht so viele wie auf der Tübinger Straße. Insgesamt fahren in Stuttgart ohnehin  mehr Menschen mit dem Auto als mit dem Fahrrad. Man weiß aber, dass zwischen 50 und 60 Prozent all derer, die heute noch in Autos sitzen, das Fahrrad nehmen würden, wenn es sich sicher und bequem anfühlen würde, mit dem Fahrrad zu fahren, wenn die Radinfrastruktur sichtbar wäre und wenn sie durchgängig wäre, und wenn man nicht von aggressiven Autofahrern angehupt, geschnitten oder zugeparkt würde.

Leute, die sagen, "da radelt doch keiner" wollen, dass es so bleibt. Sie wollen einen massiven Autovekehr, sie wollen diese Staus, dieses Gerangel, den Stress der Parkplatzsuche unbedingt erhalten.

Radinfrastruktur als Angebot. Nur dann bringt sie allen Radfahrenden auch etwas.
Tatäschlich wird Radinfrastruktur heute und vor allem in Zukunft nicht mehr nur dort gebaut, wo Radler unterwegs sind, sondern als Angebot eben auch dort, wo jetzt noch nicht viele fahren, weil es kaum möglich ist, es sei denn man liebt den Nervenkitzel des Platzkampfs mit den Autofahrenden. Genauso so sieht es der Zielbeschluss "Fahrradstadt Stuttgart" vor. Man muss auf jeder Straße auch bequem Rad fahren können.

Erst, wenn das Radwegenetz geschlossen ist und nicht auf jeder Strecke ein paar Lücken bereit hält, bei denen unser Pfadfindersinn gefragt ist, lässt sich abschätzen, wo Radfahrer/innen tatsächlich in großen Mengen fahren. Wobei die wenig beradelten Strecken auch kein Argument sind, dort keine Radinfrastruktur vorzuhalten, schließlich halten wir für Autofahrende auch eine Infrastruktur vor, selbst dort, wo nur ganz wenige fahren. "Da fährt doch niemand", ist nie ein Argument gegen eine kleine Straße nach irgendwo. In Deutschland ist so gut wie jedes Haus durch eine Straße angebunden, selbst, wenn dort am Ende nur noch der Eigentümer fährt.


6 Kommentare:

  1. Ach, das erinnert mich ans schöne Balderschwang.
    Dort ist kein Aufwand groß genug, um alle paar Jahre die Passstraße unter enormem Einsatz an Steuergeldern zu sanieren.
    Die öffentliche Diskission ereifert sich jedoch an den Subventionen, die für die Aufrechterhaltung eines regelmäßigen, wenngleich spärlich getakteten Busbetriebs aufgebracht werden müssen. Eine Verbindung, die eh "niemand benutzt" wie dabei stets angemerkt wird.
    Dazu muss gesagt werden, dass der Bus nach langer Irrfahrt durch selbst den kleinsten Flecken, fahrplanmäßig eine Minute nach Abfahrt des Anschlusszugs am Bahnhof ankommt.
    Man sieht den Zug jedes Mal noch vom Bahnsteig abfahren.

    Die Erklärungen sind vermutlich wortreich und nicht "gegen alle Vernunft".

    Seltsamerweise können die benachbarten Österreicher beides besser: ÖPNV im Taktverkehr und Anbindung topografisch abgeschnittener Täler.

    Das will schon was heißen.

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    1. Es ist auch für Radfahrer schön, wenn der Riedbergpass (Obermaiselstein - Balderschwang) einen guten Belag hat und umso besser, wenn dort wenig Autos fahren. Mit dem Auto o. ä. bin ich dort noch nie gefahren - mit dem Rad schon.
      Und es stimmt schon, ein gutes Angebot schafft auch mehr Radverkehr, wobei der Riedberpass eher etwas für Freaks ist.

      Aus Richtung Nürtingen nach Stuttgart ist mit dem Rad eher eine Zumutung.

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    2. Wie fährst du denn, dass du es von Nürtingen her als Zumutung empfindest?

      Ich kenne zwei Wege:
      - am Neckar entlang über Plochingen. Da ist ab Plochingen mit dem Radschnellweg gerade Abhilfe in Planung.
      - über Hardt, Wolfschlugen, Sielmingen, Bernhausen, Echterdingen, Unteraichen, Möhringen, Burggrafenweg, Kaltental nach Stuttgart ist bergig aber ansonsten sehr angenehm, weil fast ausschließlich über Feldwege und Nebenstraßen.

      Viele Grüße

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  2. Eine ordentlich breite Radspur nimmt jeder Radfahrer gern an. Leider ist dies selten bis gar nicht der Fall und selbst dann, wenn eine komplette Fahrspur zur Radspur umgewandelt wird, neigen die Behörden dazu, der Autospur deutlich mehr Platz einzuräumen (1,5 Spuren) als der Radspur (0,5 Spuren). Bestes negativ- Beispiel ist die Marbacher Str. in Ludwigsburg. Stuttgart holt nach und schafft an der Stresemannstraße ähnliche Verhältnisse. So braucht man tatsächlich keinen Radweg- Radfahrer werden weiterhin auf dem Gehweg radeln und Autofahrer sehen nur leere Radwege.

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  3. Ich meide tatsächlich Stassen mit schlechter Radinfrastuktur, da fahr ich lieber wo ohne, leider verführt diese anscheindende Sicherheit immer wieder weniger routinierte Radler dazu dort zu fahren, und viele Autofahrer haben da kein Verständniss und kennen da auch keine Rücksicht. Wenn Radinfrastruktur bereit gestellt wird, muss es richtig sein, Totesstreifen erkennen nur routinierte Radfahrer, denen schon öftern mal ne Tür entgegen geschlagen wurde und gleichzeitig neben noch jemand überholte. Da man offenlichlich nicht auf einen Perspektivwechsel aller Autofahrer hoffen kann, bleibt nur zu hoffen dass, die Verkehrsplaner, wenn was getan wird, hier es zumindest richtig und durchgängig tun, alles andere erhöht das Risko insbesondere für Leute die noch nicht über 30 Jahre mit dem Rad unterwegs sind.
    Sry auch wenn ich oft auch für Kompromisse empfänglich bin, hier nicht, es sterben immer wieder Radfahrer die sich auf die versprochenen Regeln verlassen, dann heißt es nur, hätte er mal lieber auf sein Recht verzichtet und ne Warnweste und Helm getragen, der arme LKW Fahrer sieht ja nichts.

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  4. Ich fahre jeden Tag die Waiblinger Straße. Morgends Richtung WN und am Abend wieder zurück. Und ich bin nie alleine dort mit dem Rad unterwegs. Aktuell ist dort aber Baustelle, da muss man auch schon mal auf die Straße ausweichen. Die Autofahrer nehmen es aber gelassen, wenn ich mit meinem Tempo vor ihnen fahre.

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