22. Oktober 2019

Die Essener Polizei betrachtet den Radverkehr

Es gibt auch Polizeibeamte, die die Welt nicht nur aus Sicht des Autofahrenden sehen. So die Polizei Essen in dieser Pressemitteilung

Sie beklagt, dass die Verkehrsunfälle von Radfahrenden, die auf Gehwegen fahren, zunehmen. "Häufig benutzen Radfahrer den Gehweg aus Angst vor dem Pkw-Verkehr", heißt es da. Und weiter: "Jede Verkehrsart benötigt Verkehrsraum, der Autofahrende die Straßen, der Radfahrende die Radwege und Fußgänger den Gehweg. Der Radfahrer empfindet die Benutzung der Fahrbahn gemeinsam mit dem Autoverkehr oft als zu gefährlich und weicht dann auf den Gehweg aus. Dabei hat er mit seiner Einschätzung nicht einmal Unrecht. Zu hohe Geschwindigkeiten der Autos, zu wenig Seitenabstand, parallel geparkte Autos zum Radfahrstreifen verhindern, dass der Weg für Radfahrer sicher ist."

Foto von Blogleser Gerhard
Der Gehweg sei grundsätzlich der Verkehrsraum für Fußgänger/innen, die dort auch nicht mit Radfahrenden rechnen. Aber Radler/innen brauchen halt sicheren Raum auf den Fahrbahnen, damit das so ist: mehr Flächen, die ausschließlich für den Radverkehr bestimmt sind. "Die bereits vorhandenen Fahrradstraßen und weitere neu einzurichtende müssen konsequent weiterentwickelt werden- Autodurchgangsverkehre gehören nicht auf Fahrradstraßen." Und wenn Radfahrende auf Fahrbahnen mitfahren sollen, dann, so die Polizei Essen, sollten die Geschwindigkeiten der Autos angepasst werden: also Tempo 30.

Bei uns in Stuttgart ist die Haltung der Polizei zum Radverkehr noch nicht so klar. Bei Konflikten zwischen Radfahrenden und Autofahrenden wird eher dem Autofahrer Recht gegeben. Ermittelt wird nicht gegen den Autofahrer (auch wenn er nötigt oder gefährlich überholt), sondern gegen die Radfahrenden (Beispiel 1, Beispiel 2). Ein Polizist erklärt mir, dass er den Sicherheitsabstand nicht einhalten müsse, weil ich ja wisse, dass von ihm keine Gefahr ausgeht. Der Fahrer in einem Wagen der städtischen Polizeibehörde pampen einen Radler an, der sie in der Eberhardstraße überholt hat oder maßregelt Radfahrende auf der Hofener Straße, weil er der Meinung ist, die müssten auf dem Gehweg fahren. Wenn der Radweg in der Holzstraße zugeparkt ist, kommt die Polizei nicht, obgleich sie gerufen wurde. Aber das wird sich in Zukunft sicher ändern. Gell?

Nachbemerkung: Allerdings hat die Essener Polizei zusammen mit Sicherheitsexperten ein paar Tage später wieder an die Radfahrenden appeliert, einen Helm zu tragen, als ob der die Unfälle an Gefahrenstellen verhindern würde. Die Erkenntnis, dass die Sicherheit der Radfahrenden nicht vom Helm, sondern ganz entscheidend von dem Platz abhängt, den man ihnen einräumt, ist eben nicht so weit verbreitet. Aber wir arbeiten ja daran, dass sich diese Erkenntnis durchsetzt.

2 Kommentare:

  1. Appropos Helm: In der Sicherheitsbeilage von Poc (Helmhersteller) steht ausdrücklich, dass der Helm NICHT vor relevanten Kopfverletzungen schützt, allenfalls Verletzungen aus dem Alltagsbereich (Schürfwunden...) minimieren kann. Und: Die falsche Benutzung des Helmes kann schwere Verletzungen herbei führen, bis hin zum Tod. -Ohne Worte-.

    AntwortenLöschen
  2. Danke, das ist ein interessanter Hinweis.

    AntwortenLöschen