5. Januar 2020

Plötzlich Schiebe-Radweg am Planetarium

Stuttgart 21 hat Tage der offenen Baustelle, gestern, heute noch und morgen auch.

Die Hauptradoute 1 ist am Planetarium quasi komplett unterbrochen, nicht nur durch Menschenmassen, sondern auch durch Sperrgitter.

Es gibt keine Vorwarnung, keine Umleitung. Ich habe es gestern schon in Facebook gepostet. Aber es ärgert mich so, dass ich es hier noch mal beschreibe. Ein unschönes Beispiel, wie sehr Stadt, Land,  Bahn, die mit de Einrichrtung dieser Zu- und Abgänge zur Baustelle befasst waren und sind, die Radfahrer in Stuttgart verachten. "Ihr werdet doch mal schieben können!" Ja, danke für den Tipp.

Es ist jedenfalls kein kleines Hindernis. Die Menschenmassen, die hier unterwegs sind, kennen sich nicht aus, sie wandern überall auf dem Radweg entlang, auch den Ferdinand-Leitner-Steg hoch und runter. Zudem hat die Bahn quer zum getrennt verlaufenden Rad- und Gehweg weißrote Sperren aufgestellt. An ihnen das Radwegschild (Geh- und Radweg getrennt) und der Hinweis, "Fußgänger kreuzt". Nur ein Fußgänger? Nein, Dutzende.

Völlig unvermutet gerät man als Radler/in die Menge, die durch Zäune guckt, hin und her geht, in Pulks herumsteht und redet, sich ganz aufs Foto-Machen konzentriert und mit nichts anderm rechnet als mit sich selbst, und bleibt stecken. Ich radle Schritttempo. Einer rät mir: "Steigen Sie doch ab." Ich antworte ihn: "Dann bleiben die Fußgänger an meinen Pedalen hängen, auch nicht ideal." (Denn so eng ist das Geschiebe) - "Ach so, ja." Andere rufen erbost, Radfahrer könnten doch auch mal schieben. Ein Radfahrrer ist abgestiegen und erklärt dennen, die zum Ferdinand-Leiter-Steg hoch wandern: "Das ist ein Radweg. Das ist ist die Hauptradroute 1, es gibt keine andere." - "Ach so, ja." Die Leute gucken und gehen dann doch weiter. Ein Radler hat sich den Weg durch die Leute auf dem Steg gebimmelt, glaubt sich frei, sieht die Menschenemassen unten und die Kinnlade fällt ihm runter: Vollbremsung."Zehn Meter schieben tun doch keinem weh!" (Es sind aber nicht nur zehn Meter, sondern hundert.)

Man könnte den Schlossgarten ja meiden, aber man müsste es halt vorher wissen. Also am Charlottenplatz schon oder am Neckartor müssten Hinweisschilder stehen, die erklären, dass die Strecke von Fußgängern verstopft ist, weil ausnahmsweise die Baustelle offene Tore hat. Dann könnte man eine andere Strecke radeln. Zumindest fühlte man sich ernst genommen.

Ich finde es übrigens super, dass die Baustelle offen ist, ich habe sie mir auch angeschaut. Das ist nicht der Punkt. Sogar diese Blockierung der HRR 1 würde ich für drei Tage am Wochenende (Samstag, Sonntag, Feiertag) gleichmütig und mit Verständnis für eine Ausnahmesituation hinnehmen, wenn es eine Ankündigung gegeben hätte, wenn es eine Vorwarnung auf den Anfahrten gäbe (eine Umleitung kann man hier nicht mehr ausschildern), wenn also uns Radfahrenden (und den Zufußgehenden übrigens auch) in irgendeiner Weise gezeigt worden wäre, dass den Verwaltungsbeamt/innen (des Landes, das für den Schlossgarten und den Bahnhof zuständig ist, und des Ordnungsamts), bewusst war, dass es Radfahrer/innen gibt und dass sie genau hier fahren, weil dies die Hauptradroute 1 ist, für die es keine Alternative gibt (einzige Alternative ist die Urbanstraße auf der südlichen Halbhöhe).

Und ja, man kommt schon irgendwie durch. Man muss halt absteigen und schieben oder in Schrittgeschwindigkeit balancieren. Und man hat das "Radfahrer absteigen" nicht aufgehängt, denn das immerhin weiß man, dass dies kein gültiges Schild der StVO ist, das man unter ein Radwegschild hängen könnte. Aber so ist es auch nicht besser. Denn es kümmert sich niemand darum, den Radweg freizuhalten und die Fußgänger/innen ein wenig zu lenken, ein Polizist zum Beispiel, den man selbstverständlich abgestellt hätte, wäre die parallele B14 von Fußgängermassen betroffen, die auf die Fahrbahn quellen ("Autofahrer werden doch wohl auch mal Schritttempo fahren und für Fußgänger halten können, oder?").







6 Kommentare:

  1. Ich bin sprachlos. Das ist eine Frechheit für alle Stuttgarter Radfahrer. Wenn auf einer Hauptstraße plötzlich Menschen laufen würden, wäre sofort die Polizei da und würde das beenden.

    Ich hoffe das hat ein Nachspiel. Wer war daran Schuld? Stadt, Polizei, DB??? Wahrscheinlich alle 3

    Danke Christine das du das festhältst.

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    1. Der Schlossgarten gehört dem Land, also ist das Land zuständig. Vermutlich hat die DB ihre Pläne vorgestellt, jemand beim Land hat das gut gefunden, und vermutlich hat dann das Ordnungsamt der Stadt diese Einrichtung und Beschilderung genehmigt, vielleicht aber auch nicht. Solche Dinge werden amtsintern entschieden, nicht über den Gemeinderat oder über größere Gremien. Es ist ja eigentlich eine Kleinigkeit. Es ist noch nicht auf allen Ebenen angekommen, dass wir Radfahrende eigentlich nicht mehr so vor den Kopf stoßen wollen.Noch mal jedenfalls kann das nicht so laufen. Ich werde das klären.

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  2. Ich bin heute dort auch lang, Schneckentempo und Klingel, dazu durfte ich mir Sprüche anhören es sei ein Park und kein Radweg. Wir können ja zum Ausgleich der DB 3 Tage lang den Stammstreckentunnel der S-Bahn blockieren.

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    1. Da würdet ihr wahrscheinlich ziemlich viel Kritik von allen die auf die Bahn angewiesen sind bekommen da Störungen auf der Stammstrecke auch auf die Außenäste der S-Bahnen durchschlagen. (siehe August und Salat nach Kabelbrand+signalstörung)

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    2. Es ist schon echt traurig, wie respektlos in den drei Tagen mit den Radler/innen umgegangen worden ist. So als hätte es keinen Zielbeschluss gegeben, in dem steht, dass Radwege immer freigehalten oder eine fahrbare Umleitung angeboten werden muss.

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  3. Ist jedem klar, dass der Zielbeschluss das Verkehrsentwicklungskonzept 2030 in seinen Grundfesten erschüttert?

    VEK 2030 Seite 59: Bis 2030 möchte Stuttgart 80% des Kfz-Verkehrs mit umweltSCHÄDLICHer Technologie abwickeln. Die Entschleunigung des (KFZ-)Verkehrs sollte nicht als generelle Forderung aufgestellt werden. Wichtiger sei eine Verflüssigung des Kfz-Verkehrs.

    Wer sagt eigentlich, dass eine Critical Mass nach 2 Stunden beendet werden muss? Was wäre mit einer 3-Tage-CM auf den Hauptrouten des KFZ-Verkehrs? ;-)

    Die StVO schreibt schließlich nur dem *motorisierten* Verkehr vor, dass jede "unnötige" Fahrt vermieden werden muss, d.h. dass vor Fahrtantritt geprüft werden muss, ob die Wegstrecke auch anders bewältigt werden kann. Radfahrer dürfen das Straßennetz somit auch "ziellos" nutzen.

    Klar, so eine Art Dauer-Flashmob ist eine organisatorische und logistische Herausforderung, wenn man Schichten einteilen will, damit sie in den Nachtstunden nicht komplett ausdünnt. Aber die Vorstellung hat doch was...

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