1. Februar 2020

Schluss mit dem Radioprivileg der Autofahrer

Ab heute sind im Deutschlandfunk keine Verkehrsmeldungen mehr zu hören. 

Zum einen ist das Angebot überflüssig geworden, weil zwei Drittel der Autofahrenden über ihre Navis informiert werden. Zum andern, warum soll man eigentlich ausgerechnet den Autofahrenden in Zeiten der Klimakatastrophe mitteilen, wo sie sich gegenseitig den Weg versperren. Hören müssen das alle, auch die, die zu Fuß, mit dem Fahrrad und mit der Bahn unterwegs sind oder sein wollen.


Grundlage der Entscheidung des DLF dürfte aber weniger das falsche Signal an die Gesellschaft gewesen sein als viel mehr, dass seine Hörer/innen die Staumeldungen überflüssig finden und man die Sendzeit (2 Minuten nach den Nachrichten zur vollen Stunde) anders verwenden kann, als für das Vorbeten der immergleichen Staustellen (Kamener Kreuz).

Ich finde das eine gute Idee und würde es auch allen regionalen Sendeanstalten empfehlen. Man spart Sendezeit und kann die Redakteur/innen, die die Verkehrsmeldungen bearbeiten und vortragen müssen (einschließlich des Wunsches "Eine gute Fahrt für Sie"), für andere Aufgaben einsetzen. Die meiste Zeit, die ich Radio höre, brauche ich keine Berichte darüber, wie es rund um Stuttgart mit den Staulängen bestellt ist. Das ist eine sinnlose Information für die Mehrheit der Hörer/innen. Sie verschafft dem Autofahren eine unangemessene Bedeutung und liefert dem Autofahrer einen Sonderservice, den Bahnfahrende nicht genießen. Zwar meldet beispielsweise der SWR auch größere Probleme bei S-Bahnen, aber lange nicht so ausführlich wie die Behinderungen auf Autostraßen.

Dagegen habe ich es noch nie erlebt, dass ein Sender die Sperrung oder Blockade eines Radwegs auf einer Hauptradroute meldet.

Nun gut, das ist vielleicht auch nicht unbedingt nötig, denn wir Radfahrenden sind nicht in der Weise Gefangene unserer Verkehrsmittel wie Autofahrende, die in einem Stau stehen, aus dem sie nicht hinaus können, oder Bahn- und S-Bahn-Kund/innen, die Waggons eingesperrt sind, die sie nicht verlassen können, oder die nicht wissen, wie sie jetzt überhaupt von dem Bahnhof, wo sie gestrandet sind, wegkommen.

Wir Radfahrende kommen eigentlich immer überall weg und durch. Wir sind halt frei.

6 Kommentare:

  1. Schön, dass Sie auch DLF hören. Sicher eine der besten Medienanstalten weltweit, wobei selbst da die Mainstream-Denkweise - auch im Hinblick auf den (Rad)verkehr - immer wieder durchschlägt.
    Und dazu gehört, wie Sie richtig bemerken, dass das Auto wie selbstverständlich seinen eigene halbstündige Zwei-Minutensendung hat(te) und niemandem die ungeheure Ironie auffällt, mit der die Sendung die tägliche Katastrophe illustriert, die der Autoverkehr eigentlich darstellt.
    Ich warte jetzt nur noch auf das Ende der Wirtschaftssendungen.

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  2. Verkehrsmeldungen sind ein Grund, warum ich seit Jahren kein Radio mehr höre. Auf Platz 1 liegt Werbung für Konsumopfer.

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  3. dlf kann ich im auto sowieso nicht empfangen.
    im gegensatz zu 12 x unterschiedlichen swr 1.

    und ja: die ausreden der politik sind EXAKT die selben wie beim fahrrad.

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  4. Ralph Gutschmidt1. Februar 2020 um 17:42

    Äh nee, is nich wah!

    Ich habe als Jugendlicher meine gesamten Geographiekenntnisse aus dem Verkehrsfunk gewonnen. Schon zwanzig Jahre, bevor ich hierherzog wusste ich, dass Stuttgart im Bermudadreieck A8, A81 und A831 (heute A81) liegt. Und Ettlingen und Rüppurr bei Karlsruhe und Schwetzingen bei Heidelberg.

    Ziehen wir jetzt eine Generation geographischer Analphabeten heran? Oder ist Verkehrsfunk "heute nicht mehr so wichtig wie früher, weil uns kluge Maschinen das abnehmen"?

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  5. Gerne auch den Fussball einstellen. Das muss ich mir auch immer anhören.

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  6. "Wir Radfahrende kommen eigentlich immer überall weg und durch.": Das wird nicht mehr lange so bleiben.

    Der Radverkehr wächst zwar relativ gemächlich an, die Infrastruktur wird bekanntlich aber noch viel gemächlicher ausgebaut.

    Auf der HRR1 beginnt es schon einigermaßen regelmäßig mit "zähem Verkehr" zwischen Flora und Fauna und Wasen-Abzweigung ohne Überholmöglichkeit, weil die notwendige Breite nicht vorhanden ist.

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