18. Juni 2021

Das Fahrrad ist ein Wirtschaftstreiber

Mit dem Fahrrad hat der Handel im letzten Jahr fast 6,5 Milliarden Umsatz gemacht. Der Fahrradtourismus machte 2018 sogar 11,6 Milliarden Euro Umsatz

VeloTotal online zählt noch mehr Aspekte auf: So wurden im vergangenen Jahr 5 Millionen Fahrräder verkauft, davon fast 2 Millionen Pedelecs. Es wurden auch 103.200 Lastenräder verkauft , die ja zumindest bei uns in Stuttgart von der Stadt gefördert werden. Im Durchschnitt gaben die Leute 1.300 Euro  für ihr Fahrrad aus.Wer ein Pedelec kaufte hat auch gerne über 2.500 Euro bezahlt. Mehr als die Hälfte der Räder wurde importiert, aber die Hersteller verlagern jetzt die Produktion zurück nach Europa und Deutschland. Knapp 300.000 Menschen arbeiten in der deutschen Fahrradwirtschaft. 

Und die radeln jetzt alle herum, nur das die Fahrradinfrastruktur mit dem Boom nicht mitgehalten hat. Es gibt auch immer noch etliche Politiker:innen, die bestreiten, dass der Fahrradboom anhalte oder dass Leute im Winter Fahrrad fahren. Sicher trägt die Entdeckung der Individual-Mobilität auf dem Fahrrad in Corona-Zeiten zu dem Boom bei. Aber ich bezweifle, dass alle wieder erleichtert seufzend in die Bahnen und Busse zurückkehren, nachdem sie einmal entdeckt haben, wie schön und bequem Radfahren ist. Der Radtourismus war vor der Krise schon lebhaft und wird es sicher wieder werden. Radfahren ist ein Trend, der auch dem Bedürfnis vieler Rechnung trägt, das Klima am Umkippen zu hindern. Und dieses Thema wird in den kommenden Jahren wichtiger denn je. Und wenn die Städte bequeme und schöne Radwege anbieten, werden noch viel, viel mehr Menschen lieber das Fahrrad nehmen als das Auto oder öffentliche Verkehrsmittel. Das Potenzial liegt bei rund 50 Prozent (im Verhältnis zum Autoverkehr), wie Städte zeigen, die den Autoverkehr dem Radverkehr gegenüber nicht mehr bevorzugen. Wo es bequemer ist, mit dem Rad zu fahren als mit dem Auto, fahren die Leute auch Fahrrad und das gerne. 


4 Kommentare:

  1. Und die Realität sieht dann leider oft so aus:
    https://www.wz.de/nrw/kreis-mettmann/ratingen/pflege-ist-sehr-wichtig_aid-59612421

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    1. Manchmal packe ich meine Heckenschere ein und schneide Kurven und Engstellen auf eigene Faust frei- von der Stadt braucht man da nichts zu erwarten. Warum ausgerechnet an Radwegen so oft dornige Beerensträucher wachsen, die die Mäntel durchstechen, würde ich auch gern mal wissen.

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  2. Es werden einige in Bahnen und Busse zurückkehren, nachdem sie entdeckt haben, wie gruselig die Radinfrastruktur noch ist. Und so viel Umsteigewillige können wegen der Radwege-Mängel nicht mobilisiert werden - verschenktes Potential auf dem Weg zu den Klimazielen.

    Die Sichtweise von Politikern und von den Planern in den Behörden unterscheidet sich von der Sichtweise der Nutzer: die einen sehen, was sie mit hohen Anstrengungen in vielen einzelnen Fällen für Verbesserungen erreichen und dass sie hier und da eine Route festlegen, Wegweiser aufstellen, einen gut ausgebauten Radweg, eine Fahrradstraße oder gar eine Radschnelltrasse bauen lassen.

    Als Nutzer stellt man auf seiner individuellen Route dagegen fest, dass jede Kette nur so stark ist wie ihr schwächstes Glied. Eine gefährliche Kreuzung, ein paar Meter Schutzstreifen oder Radfahrstreifen an einer Straße mit Schwerlastverkehr sind ein KO-Kriterium.

    Das Wirtschaftswachstum ist erfreulich. Die "Verlagerung der Produktion zurück nach Europa", kannst Du die in Zahlen benennen? Handelt es sich dabei überwiegend um Endmontage? Wo werden die Rahmen, wo werden die Komponenten (Anbauteile, Schaltungen, Bremsen, Ketten, Motoren, Elektronik und Akkus von Pedelecs, Schläuche und Reifen) hergestellt? Shimano produziert in Asien. Campagnolo ist vergleichsweise Nischenanbieter und produzieren die überhaupt komplett in Europa? Wie ist es mit Sram? Bei den Laufrädern gibt es starke europäische Marken - aber produzieren die auch in Europa? Kommt ein Bosch-Antrieb komplett aus Europa? Bei Panasonic, bei Shimano, bei Bafang würde ich da eher nicht von ausgehen. Vielleicht ein Vorurteil ;-)

    Gibt es tatsächlich Massenmarkt-Radmodelle, die komplett mit allen Komponenten in Europa gefertigt werden und deren Preise im Mainstream-Bereich liegen? Die wären einer äußerst wohlwollenden Erwähnung wert!

    Der Fahrradhandel hat jetzt das gleiche Problem wie der Kfz-Handel: Abhängigkeit von Produzenten und Transportwegen in Asien. Im Servicebereich haben der Radhandel bzw. Radwerkstätten gegenüber ihrer Konkurrenz im Kfz-Gewerbe noch stark Nachholbedarf: Bringe ich eines meiner Autos zur Werkstatt, bekomme ich kurzfristig einen Termin, bei Bedarf ein Ersatzfahrzeug und habe das Gefährt funktionsfähig zurück am selben Tag oder wenigstens innerhalb von 1-2 Tagen. Das ist wichtig, wenn man im Alltag auf das Fahrzeug angewiesen ist.

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  3. Tatsächlich positiv ist, dass viele der jetzt neu angeschafften, eher teuren Räder auch tatsächlich gefahren werden und nicht als Leiche in Kellern vergammeln.

    Für die politische Bewertung ist natürlich wichtig abzuschätzen, was das Potential ist im Freizeit- und Touristikbereich. Möchte man mehr Routen bauen, um Freizeit-"Radel"-Verkehr zu induzieren und um Tourismus nachhaltig nach Deutschland zu verlagern? In diesem Bereich gilt sicher die Annahme, dass der Verkehr im Winter stark einbricht.

    Für die politische Bewertung ist natürlich wichtig abzuschätzen, was das Potential ist im Alltagsverkehr und bei den Berufspendlern und Ausbildungs-Pendlern.
    Wie viele Radfahrende (nicht "Radler") fahren regelmäßig zu Handel, zu Arbeitsplätzen, zu Ausbildungsstätten (und zu Rathäusern, zu Kitas/Kindergärten, ...) oder wollen das tun? Von diesen fahren viele bei relativ schlechten Witterungsverhältnissen, sodass sich die entsprechende Infrastruktur ganzjährig "lohnt". Wer sich als nicht querdenkender Politiker ernsthaft damit auseinandersetzt, findet mit geringer Mühe die entsprechenden Zählstellen-Auswertungen und solide gemachte wissenschaftliche Studien, die das anschaulich und verständlich aufbereiten. Man muss nur ein wenig hier im Blog stöbern, um einen Einstieg ins Thema zu finden...

    Und für die politische Bewertung sind natürlich die wirtschaftlichen Konsequenzen wichtig. Welches Wirtschaftswachstum und welche Beschäftigungseffekte können durch öffentliche Aufträge und Subventionen erreicht werden? Natürlich kurbelt eine Subvention von 6000 Euro für ein Auto die Wirtschaft stärker an als eine Subvention von 1000 Euro für ein Fahrrad. Natürlich hat ein öffentlicher Auftrag für ein Projekt S21, für einen Flughafen, für einen Autotunnel, für 10 km Kilometer Autobahn oder Kraftverkehrsstraße einen viel größeres Volumen als ein Radparkhaus oder 10 km Radschnellweg, vor allem, wenn dafür gemäß StVO-Novelle eine vorhandene Schotterpiste einfach per Verkehrszeichen "aufgewertet" wird. Bewertet man Lebensqualität, Folgekosten und Klimaziele, dann schlägt das Pendel stark Richtung Radverkehrsförderung.

    Aber immerhin, die Zahlen zeigen, dass der Radverkehr jetzt schon ein relevanter Wirtschaftsfaktor mit zunehmender Bedeutung ist. Fahrradkäufer beweisen Kaufkraft, zählen offensichtlich nicht zum Prekariat und sind als Zielgruppe für die Wirtschaft zunehmend interessant.

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