Der Herdweg ist in Stuttgart vor allem als sehr steile Straße bekannt, die zum Kräherwald hoch führt. Runter radeln darf man ihn durchgehend, hoch nicht.
Er ist nämlich Einbahnstraße bergab. Viele Radfahrende würden gern hinter der Bahnbrücke (Bild 2) den kürzesten, wenn auch steilen Weg, über den Herdweg nach oben nehmen. Aber die Einfahrt ist für Autos und auch für Radfahrende verboten. Es gibt keine Radfreigabe.
Mit Blogleser Achim zusammen haben ich mir die Situation angeschaut. Er und der Zweirat möchten eine Radfreigabe erreichen und haben Gespräche geführt, aber die Vertretungen der Stadt und die Polizei sehen Probleme.
Die sind auch nicht locker-flockig von der Hand zu weisen. Die Kurve, aus der von rechts oben der Bus und die Autos kommen, ist nicht einsehbar. Man muss über die Fahrbahn weit nach links wechseln und sich, wenn bergab Gegenverkehr kommt, an der gestrichelten Mittellinie aufstellen. Der Bus, der hier runter kommt, überfährt, so wie dieser Pkw-Fahrer im Dreiertoto rechts unten, aber gern diese Linie mit Tempo 40 (manche nicht, manche aber eben doch). Steht da ein Radler, muss der Busfahrer schon sehr bremsen. Auch die Autofahrer, die von unten kommen, müssen abbremsen und kommen rechts an dem Radler nicht vorbei. Ist jetzt eigentlich alles keine Katastrophe, denn das ist normaler Straßenverkehr, alle müssen aufeinander achtgeben, langsam und vorausschauend fahren und so weiter. Aber leider sind viele unserer Autofahrenden dazu nicht bereit. Und dann kann es gefährlich werden.Deshalb werden Radfahrende über einen enormen Umweg geschickt (sie Karte unten), nämlich die Lenzhalde rauf bis zur Hauptmannstraße, in die man links einbiegen soll, um dann hoch und wieder runter zu fahren, bis man wieder auf den Herdweg stößt. Allerdings, ist die Abbiegesituation für die Radfahrenden hier an der Hauptmannstraße ganz ähnlich der unten an der Brücke. Auch hier können wir die Kurve vor uns mit dem Gegenverkehr erst einsehen, wenn wir mitten auf die Fahrbahn geradelt sind. Und zweitens fährt der Bus auch hier in seiner Schleppkurve über die Mittellinie, vor allem dann, wenn wie hier, wieder mal ein Auto so auf der Ecke geparkt wurde, dass dem Bus Kurvenradius fehlt.
Ist man nach links in die Hauptmannstraße eingebogen, geht durch eine links und rechts zugeparkte Nebenstraße leicht bergauf und dann wieder lange bergab, bis man am Herdweg ankommt, wo dann ein Radstreifen und eine Freigabe unterm Einfahrt-verboten-Schild anzeigt, dass wir nun legal den übrigens deutlich längeren Teil des Herdwegs mit dem Rad hochfahren können.
Wir radeln einen Umweg von einem Kilometer (1000 Meter), weil wir 220 Meter nicht radeln dürfen. Und auf diesem Umweg radeln wir wir hoch und wieder runter. Das ist schon sehr krass.
Es ist ja auch nicht so, dass dieser Herdweg ab der Brücke zu schmal wäre, um für den Radverkehr bergauf freigegeben zu werden. Autofahrende müssen sich da nicht in der Fahrbahnmitte hinunterstürzten (viel zu schnell und meist illegal, weil das eine Anliegerstraße ist), und wir kennen engere Einbahnstraßen, die in Gegenrichtung für uns freigegeben sind. Anderseits könnte man mit modalen Filtern tatsächlich die doch sehr missbräuchliche Abkürzungsdurchfahrt bergab endlich auch mal verhindern.
Das ist auch Schulweg (mit oftmals zugeparkten Gehwegen). Auf diesem Foto, bergab in den Herdweg geblickt (dorthin, wo wir nicht bergauf radeln dürfen), sieht man den links auf Zweitdritteln des Gehwegs geparkten weißen Transporter, und man sieht auch, dass der Gehweg gegenüber wegen einer Baumaßnahme für Fußgänger:innen auch noch gesperrt ist. Kurzum: Für Autos "Platz da!", für Radfahrende und Fußgängerinnen ein "Tut uns ja echt leid, aber ihr habt hier keinen Platz."
Manche, die sich den Umweg sparen wollen, fahren hier an dieser Stelle auf den linksseitigen Gehweg und biegen hinter der Brücke in den Herdweg ein. Nicht erlaubt, der Gehweg ist nicht freigegeben. Meiner elfjährigen Tochter (wenn ich sei hätte) würde ich aber empfehlen, so zu radeln. Hinter der Einmündung begeben sie sich dann auf die Fahrbahn. Radfahrende sind ja gut sichtbar für Autofahrer, die hier runterkommen, und genug Platz ist auch (verboten).
Übrigens haben wir Radfahrenden auf der einen Kilometer langen Umwegstrecke über die Lenzhalde (auch bis ganz hoch zur Doggenburg, wo auch der Herdweg rauskommt) selbstverständlich keinerlei Radinfrastruktur, gar keine! Dort, wo die Stadt Radstreifen schaffen wollte, hat die Anwohnerschaft dies mit einem Riesenaufstand und lautem Geschrei um Parkplätze im vergangenen Jahr verhindert (die SPD wollte dann leider doch nicht für den Radstreifen stimmen, deshalb kam im Gemeinderat keine Mehrheit zustande). Deshalb radelt man da nun eben immer noch auf teils breiter Straße ohne Bergaufparkplätze aber auch auf teils schmaler mit Parkplätzen unter jeder Menge knappen Überholstress hoch. Natürlich gibt es auch vom Hegelplatz hoch keine Radinfrastruktur.
Irgendwie ist hier gar nichts gut, geschweige denn bequem für Radfahrende.
Wenn wir wirklich Fahrradstadt wären, würden Verwaltung und Politik (und in der Politik sehe ich die größeren Probleme!) alles möglich machen, damit der Herdweg auf ganzer Strecke mit Fahrrädern hoch gefahren werden kann. Zwischen Hegelplatz und Brücke gäbe es Radstreifen. Der Platz ist (außer an der Bushaltestelle) da. An der Brücke würden die Risiken für Radfahrende minimiert:
- Tempo 30 oder 20 in der Kurve,
- Baken, damit die Bergabfahrenden die Kurve nicht schneiden,
- eine kleine Linksabbiegespur mit Aufstellplatz für Radfahrende,
- "Achtung-Radfahrer"-Verkehrszeichen bergauf und bergab vor der Kurve,
- und falls die Brücke nachts zu dunkel ist, dann kann man da auch Licht machen.
Denn: Wer will, findet Lösungen, wer nicht will, findet Gründe.
Und hier noch die Karte:
Falls das mit den Baken nicht gehen sollte (wegen der Schleppkurven), wäre es auch möglich, die Vorfahrt zu ändern, so dass die Lenzhalde wartepflichtig wird. Allerdings muss dann erst recht etwas gegen den illegalen Schleichverkehr unternommen werden. Wie wäre es mit einer Diagonalsperre an der Kreuzung Herdweg / Hauptmannsreute?
AntwortenLöschen(das war ich, da war der Name wohl nicht mehr vor-eingestellt)
LöschenDa auf der Lenzhalde der Bus fährt, wird das sicher nicht passieren - was auch gut ist. Den ÖPNV ausbremsen, wegen wenigen, sehr sportlichen(!) Radfahrern, die den Herdweg hoch wollen, muss wirklich nicht sein. Ich kenne nur sehr wenige Radler, die sich die Strecke freiwillig antun.
LöschenLiebe Frank, es ist offenbar so, dass das Linksabbiegen für Radfahrende in der unteren Kurve unter der Brücke, den Verantwortlichen bei der Stadt mehr Unbehagen bereitet, als die sehr ähnliche, Situation oben. Wobei es deutlich weniger Radfahrende sein dürften, die oben nach links abbiegen, als es sein würden, die unten unter der Brücke in den Herdweg einbiegen, weil das dann zu einer direkten Verbindung würde. Auch wenn es kompliziert ist, so meine ich, dass man mit einer Fahrbahngestaltung dafür sorgen könnte, dass Radfahrende sich da geschützt aufstellen können. Wenn man wollte.
LöschenMit dem Pedelec kommt man da gut hoch. Und in Stuttgart radeln inzwischen sehr viele Pedelecs. Übrigens bremst der Autoverkehr den ÖPNV so massiv aus, nicht der Radverkehr. Wegen der Massen von Autos stehen die Busse im Stau. Gute Radrouten führen dazu, dass mehr Leute Rad fahren und weniger Auto, was dann auch dem ÖPNV hilft.
AntwortenLöschen@BerndB:
AntwortenLöschenJa wo kämen wir denn da hin, wenn wir alles verhindern, nur weil ein paar leute einfach zu faul sind, um sich anzustrengen!
wir leistungsträger der arbeitenden mitte dürfen nicht vergessen werden, wenn wir den herdweg hoch fahren wollen!
Wo sind nur die Politiker, die unsere Freiheit schützen???
#freiheitsmobilität
Jörg
AntwortenLöschenich lese "Ich kenne nur sehr wenige Radler, die sich die Strecke freiwillig antun." Das ist nach dem Motto: Im letzten Jahr ist kaum jemand hier durch den Neckar geschwommen, hier brauchen wir keine Brücke.
Und was heißt freiwillig? Schüler der Oberstufe besuchen die Schule freiwillig. Leute gehen freiwillig arbeiten. Ich weiß nicht was das Wort freiwillig in dem Zusammenhang mit Verkehr heißt.
ÖPNV darf nicht gegen Radverkehr ausgespielt werden. Auf der Lenzhalden kann der Bus die Radfahrerenden nicht überholen, weil kostenloses Abstellen von Privateigentum wichtiger erscheint als ein Radstreifen.
Sehr gut, dass Du darauf aufmerksam machst;)
AntwortenLöschen"Stadt und die Polizei sehen Probleme. Die sind auch nicht locker-flockig von der Hand zu weisen."
AntwortenLöschenDOCH!
Keines der Argumente nennt eine besondere Gefahr beim Befahren des Herdweg selbst. Auch für Rad Fahrende, die von oben kommen und nach rechts in den Herdweg einbiegen würden, ist kein Problem angesprochen. Also geht es hier nur ums einseifen, aber nicht um sachliche Begründung.
Das einzige benannte Problem betrifft das links abbiegen, wenn man von unten kommt. Allerdings auch hier keine "besonderen örtlichen Verhältnisse", die es erlauben würden, ausnahmsweise die Einbahnstraße für Rad Fahrende zu sperren. Die gleiche Situation findet sich an anderen Einmündungen (z. B. Lenzhalde/Hauptmannsreute oder Birkenwaldstr./Panoramastr.) teils sogar gefährlicher, weil schneller gefahren wird. Aber da dürfen auch Autos links abbiegen.
Der Bus fährt übrigens nicht mit 40 km/h um die Kurve, sondern nähert sich mit 30 km/h und bremst dann auf unter 15 km/h ab (habe gerade gemessen). Denn er rechnet ja mit entgegen kommenden großen Fahrzeugen. Solange Rad Fahrende nicht zu früh in die Gegenspur fahren, ist auch das Abbiegen kein Problem.
Lieber Ralph, ich glaube, dass es gut ist, auf die Argumente der anderen Seite einzugehen und sie nicht locker-flockig beiseite zu wischen. Ich habe ja im Artikel auch dargelegt, dass ich sie für nicht so stichhaltig halte, weil sich diese Linksabbiegesituation für Radfahrende nicht von anderen Linksabbiegesituationen unterscheidet.
LöschenGibt es denn Argumente der Gegenseite gegen die Öffnung der Einbahnstraße?
LöschenIn deinem Beitrag hast du nur Argumente gegen das links abbiegen aufgeführt.