30. Dezember 2022

Wieso verlernt man Radfahren nicht?

Das hat einen neurologischen Grund, wie Spektrum der Wissenschaft darlegt. Bewegungsabläufe speichert das Gehirn woanders ab als Fakten oder Erinnerungen. 

Wer also in der Kindheit Radfahren gelernt hat, kann das noch immer, auch wenn er oder sie sich nicht mehr an Namen erinnert oder nicht mehr weiß, was er oder sie gestern gemacht hat. Erinnerungen an Lebensereignisse werden im Gehirn im sogenannten episodischen Gedächtnis gespeichert, Faktenwissen wird im sogenannten semantischen Gedächtnis gespeichert. Wichtig dafür ist der Hippocampus. Beiden Instanzen ist bewusst, was man weiß, und man kann die Inhalte mitteilen, also von früher erzählen oder die Hauptstadt von Griechenland nennen. 

Erlernte Fähigkeiten wie Zähneputzen oder Klavierspielen oder eben Radfahren sind in einem anderen Gedächtnissystem verankert, im prozeduralen Gedächtnis. Es weiß nichts von sich, man kann nicht explizit beschreiben, welche Muskeln man im Zusammenspiel benutzt, um Klavier zu spielen oder Rad zu fahren. Solche Erkenntnisse gewinnt und gewann die Neurologie aus unglücklich verlaufenden Hirnoperationen oder Hirnverletzungen. Bewegungsabläufe können auch Menschen noch neu lernen, wenn ihr am Erinnern beteiligter Hippocampus nicht mehr funktioniert und sich die Leute nicht erinnern, dass sie die Bewegung gestern schon mal gemacht haben. Diese Hirnregion liegt sehr geschützt und wird auch bei Schädel-Hirn-Traumata selten getroffen. Das prozedurale Gedächtnis scheint auch stabiler zu sein als das episodische und semantische. Erinnerungen werden ständig verändert, sobald man neu darüber nachdenkt, Fakten werden von anderen überlagert, es werden also ständig neue neuronale Verbindungen gebildet, sobald man diese Gedächtnisse benutzt. Im prozeduralen Gedächtnis scheint es weniger Neigung zu geben, im Erwachsenenalter neue neuronale Verbindungen zu bilden, die einmal gefügten bleiben stabiler. 

Nicht allzu komplexe Bewegungsabläufe, die wir als Kinder gelernt haben, bleiben uns also erhalten, der Körper aktiviert sie schnell - man kommt also schnell wieder rein - , und dann muss sich nur noch die Muskulatur wieder daran gewöhnen. Deshalb verlernt man Radfahren nicht. 

Hingegen ist es überhaupt keine Kleinigkeit, Radfahren im Erwachsenenalter zu lernen. Das sollte niemand unterschätzen. Schon gar nicht sollten wir Leute belächeln, die das nicht können, und behaupten, das sei doch kinderleicht. Ist es nicht, übrigens auch für Kinder nicht. Den macht es nur viel weniger aus, wenn sie mal hinfallen. Dazu hier ein paar Hinweise vom ADFC


2 Kommentare:

  1. Liebe Christine,
    ich finde toll, was Du für uns radfahrer leistest.
    Wünsche Dir ein gutes neues jahr, bleib schaffig und gesund!
    Gruß reinhard

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    1. Vielen Dank, Reinhard. Und Danke an alle, die hier kommentieren und uns insgesamt weiterbringen.

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