27. Oktober 2023

Velogleise werden getestet, aber nicht gebaut

Wenn Radfahrende in Stadtbahngleise geraten, stürzen sie. Das geht meist mit schweren Verletzungen einher. Es sind auch schon Radfsahrende dabei zu Tode gekommen.

Es gibt schon lange die Möglichkeit, die Rillen mit Gummi so zu verschließen, dass Radfahrende darüber fahren können, während Stadtbahngleise den Gummi runterdrücken und ebenfalls fahren können.Bochum hat 2021 verkündet, es wolle Velogleise einführen. Seitdem wartet man darauf. Im März erfahren wir, das die Stadt das Projekt vorerst nicht weiterverfolge. Und das dass ganze werde teurer als gedacht. Basel testet auch wieder so ein Gleis. Aber wird das jemals kommen? Ich habe da meine Zweifel. 

Auch Düsseldorf testet jetzt pressewirskam auf der Nordstraße, Ecke Venloer Straße solche Gleisverfüllungen und will auch von Radfashrenden wissen, wie sie die finden. Die Umfrage dort läuft bis 30. November. Dass Radfahrende das wohl eher positiv bewerten, scheint mir unzweifelhaft. Die Hauptfrage ist, ob diese Gummierung dem Alltagsbetrieb der Bahn standhält. Bisher habe ich noch nicht gelesen, dass Velogleise in einer Stadt dauerhaft eingeführt worden seien. Bei Regen sind die Gleise und Gummilappen außerdem rutschig. Belastbare abgeschlossene Erprobungen gibt es noch nicht. Und als teuer wird dies auch empfunden. Ein Meter kostet 3.000 Euro, 100 Meter also 300.000 Euro. In Weichenbereichen kann der Schutz nicht verbaut werden.

Ich persönlich vermute, das wird nie was. Tübingen hat 2021 festgestellt, dass fahrradsichere Gleise in Tübingen nicht möglich sind und ein Faktenblatt erstellt. Entweder es erscheint zu teuer, auch weil der Gummi auf viel befahrenen Strecken ständig ausgewechselt werden muss, oder die Gleise haben Weichen und können damit nicht ausgestattet werden. 

Also müssen Fahrbahnen mit Gleisen nach wie vor achtsam beradelt werden. Man darf ein Gleis nicht in zu spitzem Winkel überqueren, sonst bleibt das Vorderrad hängen und man stürzt. Und so, wie dieser Radler es in der Landhausstraße Richtung Stuttgart Wangen es macht, sollte man eine Gleisstrecke auch unter keinen Umständen radeln. Er fährt so dicht an den Autos entlang, dass ihn eine unachtsam aufgestoßene Autotür umhauen würde, und zwar genau vor ein nachfolgendes Auto oder vor die Stadtbahn. Wenn man so eine Strecke fährt, dann immer in der Mitte zwischen den Gleissträngen, egal, ob Autofahrende dann hupen. Das ist lebenswichtig. Stürze gibt es nämlich immer wieder, wenn auch oft unter dem Radar der Polizeimeldung.

Radrouten - insbesondere viel beradelte Hauptradrouten - müssen so konzipiert werden, dass Radfahrende nicht parallel zu Gleisen im Asphalt fahren müssen. Zu Radrouten auf Fahrbahnen mit Gleisen muss es stets eine attraktive Alternative für diejenigen geben, denen das Angst macht, und die Alternative ist nicht die Gehwegfreigabe. Hier in der Landhausstraße könnte man streckenweise auch die Parkplätze wegnehmen und einen Radfahrstreifen hinmachen. 

 

 

11 Kommentare:

  1. Vielen Dank für den kurzen Abriss über die Velogleise. Tatsächlich kenne ich persönlich auch kein einziges Beispiel, das nachhaltig funktioniert. In der Regel sind die Gummierungen spätestens nach einem Jahr derart verschlissen, dass sie getauscht werden müssen. Ich selbst habe mir in Köln, Düsseldorf und Brandenburg a. d. Havel die Testabschnitte angesehen und bin ernüchtert. Unter dem nachstehenden Link gibt es eine Collage davon:

    https://photos.app.goo.gl/mBWDJ6eQZErf2UMy9

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  2. Zu dem Velogleis habe ich verschiendene Dinge scon gelesen, von "nach drei Monaten austauschen" bis hin zu "konnte auf eine Standzeit von drei Jahren gebracht werden". Anscheinend hat das auch was mit den spezifischen Schienen und den darauf fahrenden Bahnen zu tun.
    Ich würde so eine Lösung begrüßen, besonders auf Strecken, wo man wirklich parallel zum Gleis fahren muss.
    Karin

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  3. Als Kölner bin ich auch von den Stadtbahngleisen „betroffen“. Situationen, wie du sie im zweiten Bild dargestellt hast, lassen sich eigentlich recht einfach entschärfen:
    Durch ein Park-/Halteverbot am rechten Fahrbahnrand bzw. Gehweg.
    Der Effekt wäre, dass man nicht Angst haben muss in eine sich öffnende Autotür zu fahren oder, um dies zu vermeiden, in die Gleise zu geraten. Die Gefahr hast du ja beschrieben.
    Aber wahrscheinlich ist es einfacher, zum x-ten Mal ein Projekt „Velogleise“ aufzulegen, als ein Park-/Halteverbot einzurichten. Bei beiden ist schon zu Beginn klar, was umgesetzt wird: Nichts!
    Ich habe manchmal den Verdacht, die gleichen Dinge (Velogleise, Park-/Halteverbot) werden an unterschiedlichen Stellen (Gemeinden) bis zum Erbrechen wiederholt, damit man (Politik, Verwaltung, Interessensverbände) sagen kann „Wir sind dran“.
    Velogleise sind meiner Meinung nach meinst nur ein Alibi, damit keine Parkplätze entfallen müssen.
    Joachim

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    1. Gut analysiert. Ich kann den Mist von "Test, Experiment, Studie, Versuch, Fahrradprofessur... usw. bis zum Erbrechen" nicht mehr hören.

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  4. Die Landhausstrasse ist da echt super gefährlich. Da würde es schon Sinn machen die Parkplätze aufzuheben, zugunsten eines Radstreifens. Scheint mir ein "no-brainer", hoffentlich kommt das bald

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    1. "No-brainer", das funktioniert offenbar leider nicht. Das heißt also im Umkehrschluss, bei den Verantwortlichen fehlt es an Hirn. Oder aber vorhandenes Hirn wird nicht zum Denken benützt.

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  5. Ich fahre da oft die Landhausstraße hoch, oder hinten bergab Richtung Wangen. Zwischen den Gleisen eigentlich kein Problem (wer rechts von den Schienen fährt ist selber schuld).

    Ein Radstreifen rechts von den Schienen führt nur dazu, dass man die Schienen oft überqueren muss, mindestens an den Haltestellen. Da ist es ungefährlicher, gleich zwischen den Schienen zu fahren.

    Kritischer finde ich den Kreisverkehr am Ostendplatz, wo die Schienen über die Fahrspur verlaufen. Da muss man sehr auhpassen, dass man nicht in die Gleise kommt.

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  6. Eigentlich ist es wirklich ein nobrainer: wie soll man als Radler die Alexanderstraße runterfahren, die ist nochmals steiler als die Landhausstraße. Entweder fährt man wie die KFZ (die da so mit ~55 km/h runterdonnern und das ist dann schon ziemlich sportlich/mutig/leichtsinnig, die Schienen zu queren -- oder man fährt vorsichtig den Berg herunter und lässt sich von den drängelnden KFZ bedrohen (was vermutlich noch gefährlicher ist). Selbstverständlich gehört zumindest bergab der Parkstreifen weg (nobrainer), denn so eng sollte man nicht an den parkenden Autos fahren. Das mit rechts von den Schienen fahren funktioniert vielleicht noch in der Ebene bei langsamer Geschwindigkeit, aber in Stuttgart erreichen die Radies ja bergab locker 40 oder 50 Sachen und das ist ein 1,30 m breiter Gegenverkehrsradweg (Botnanger Sattel) oder hier die Tramgleise schon von der Planung her ein harakiri / Komplettmurks und fördert eindeutig das sozialverträgliche Ableben der Radies.

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  7. Ich habe hier eine Videoempfehlung:

    https://www.zdf.de/show/mai-think-x-die-show

    Es ist das Staffelfinale der aktuellen Maithink X Staffel, welche eine Wissenschaftssatiresendung ist. Das heißt, sie wird von Wissenschaftler*innen gemacht, alles mit Studien belegt, und man hat trotzdem Spaß beim schauen. Der Titel dieser Sendung war "Freie Fahrt für wen?" und befasst sich mit der Verkehrswende in deutschen Städten, warum Menschen welches Verkehrsmittel verwenden (Spoiler: Beim Auto ganz viel Gewohnheit, beim Fahrrad viel Überzeugung), die Gefahr für die Bevölkerung durch Schadstoffe und Unfällen, warum gute Argumente alleine nicht helfen, die Probleme bei Umsetzungen trotz Gemeinderatsbeschlüsse am Beispiel Köln und weitere Dingen, die alle hier auch auf diesen Blog behandelt werden.
    Ich kann die Sendung nur empfehlen.

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  8. Die Landhausstrasse kostet wirklich Nerven, aber gerade da würde es eine andere Lösung geben: geschützter Radstreifen statt der Parkplätze (ist ja schliesslich HHR2!) und die Autos zusammen mit der Stadtbahn auf der restlichen Fläche. Dann noch den Schleichweg über die Schurwaldstrasse schliessen und schon wären Gaisburg und Gablenberg der Mobilitätswende wieder ein Stück näher! So einfach könnte es sein :-)

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