14. November 2023

Räder überholen mit 60 km/h erlaubt?

Foto: Blogleser Matthias
Die Straße Oberer Kirchhaldenweg führt durch den Glemswald und verbindet Botnang mit der Solitude. Sie ist so um die 5 Meter breit. 

Nach Ende des Ortsschilds Botnang gilt hier eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 60 km/h. Blogleser Matthias hat mich auf die Situation aufmerksam gemacht. Er radelt dort oft. Und er war dort spazieren, als an einem Samstagnachmittag im September ein Porschefahrer Richtung Botnang so raste, dass er in einer Kurve die Kontrolle verlor und frontal mit einem anderen Auto zusammenstieß. An beiden Fahrzeugen entstand Totalschaden, der Porschefahrer blieb unverletzt, die beiden Insass:innen des anderen Fahrzeugs wurden leicht verletzt. Dass nicht Spaziergänger:innen betroffen waren, ist reiner Zufall. Im Gegensatz zu den Insass:innen unserer heutigen Autos, denen kaum etwas passiert ist, wären die Menschen zu Fuß oder auf Rädern tot oder schwerst verletzt gewesen.

Es ist aber nicht nur ein Problem, dass auf solchen Straßen 60 km/h gefahren werden darf. Es ist auch ein Problem, dass diese Straßen oftmals eigentlich zu schmal sind, als dass man in dem Tempo mit dem Auto Radfahrende überholen dürfte.

Da gilt nämlich außerhalb geschlossener Ortschaften 2 Meter Sicherheitsabstand. Platz für Radfahrende gibt es eigentlich  nicht, wie man auf dem Foto an der Begegnung zweier Autos sieht, die beide ca. 2 Meter breit sind. Das eine Auto steht für den 2 Meter Sicherheitsabstand zum Radfahrenden. Der müsste aber schon auf der Asphaltgrenze zum Schotter fahren, damit es zum Überholen reicht. Auch der Autofahrer müsste beim Überholen mit den linken Reifen an der Schottergrenze fahren.  

Matthias hat die Stadt aufgefordert, hier das Verkehrszeichen "Überholverbot von Zweirädern" aufzustellen oder aber einen Banner aufzuhängen, der Autofahrende daran erinnert, dass sie meistens hinter den Radfahrenden bleiben müssen. Das sah das Amt für öffentliche Ordnung anders. Bei Einhaltung der Sorgfaldspflicht im Straßenverkehr sei im Oberen Kirchhaldenweg ein gefahrenloses Überholen möglich, heißt es in dem Schreiben. Es dürfe nicht das Ziel sein, das eigentlich zulässige Überholen zu verbieten, um eine "vermeintlich höhere Sicherheit" für den Radverkehr zu schaffen. "Dadurch würde der restliche Straßenverkehr unzulässig behindert." 

Die Fahrbahn ist um die 5,10 Meter breit. Ein Auto ist 2 Meter breit, hält der Fahrer die notwendigen 2 Meter Abstand, dann bleibt dem Radfahrenden eine Fläche von 1,10 Meter Breite übrig (ein etwas verlängerter menschlicher Schritt). Er selber ist mit seinem Fahrrad 75 cm breit. Die 80 cm Abstand vom rechten Fahrbahnrand kann er damit nicht einhalten. Die wenigsten Autofahrenden dürften aber überhaupt abschätzen können, was zwei Meter Abstand zu einem Radfahrenden tatsächlich sind, und der Überholabstand dürfte hier nie eingehalten werden. Sie fahren mit 60 km/h immer zu knapp an den Radfahrenden vorbei. 60 km/h sind aus Sicht von Radfahrenden ziemlich schnell. Man kann sich darüber streiten, ob die Straße theoretisch breit genug ist, um Radfahrende zu überholen. De facto aber wird kein Autofahrender mit den linken reifen auf der Asphaltkante fahren, wenn er mit 60 km/h überholt.  

Warum müssen eigentlich Autofahrende auf jeder Strecke schnell fahren können? Insbesondere auf denen, wo Radfahrende unterwegs sind? Der Zeitverlust ist gering, würden sie mal eine Weile hinter einem Radfahrenden herfahren. Und das Verkehrsklima würde sich sofort verbessern, vor allem für Spaziergänger:innen und Radfahrende. Würden hier Schilder mit Tempo 40 stehen, wäre vermutlich auch der Porschefahrer, der den Unfall verursacht hat, nicht mit 80 oder 100 km/h hier lang gerast. Hinge hier ein Banner, das Autofahrende darauf hinweist, dass Radfahrende mit 2 Metern Abstand überholt werden müssen, würden vermutlich auch etliche Autofahrende sich Gedanken darüber machen, ob es ihnen reicht oder nicht, und einige würden dann eben hinter den Radfahrenden bleiben. 


14 Kommentare:

  1. Ein Hinweisbanner wäre sicher sinnvoll. Ob ein Überholverbot aber tatsächlich das Verkehrsklima verbessern würde, wage ich zu bezweifeln. Ich fürchte, das Gegenteil wäre der Fall.

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  2. Diese Straße liegt eigentlich auf meinem täglichen Arbeitsweg. "Eigentlich" weil ich mir inzwischen ein Mountainbike gekauft habe damit ich diese Strecke nicht mehr fahren muss. Ich bin Zwei Jahre dort gefahren und es war fast jeden Tag ein Horror. Ob aus Botnang raus den Berg hoch überholt werden muss wenn nicht mal die Kurve eingesehen werde kann ist sowiso schon fraglich. Ob man dabei noch einen Fahrradfahrer gefärden muss eine andere. Es ist eigentlich nur eine Frage der Zeit bis heir jemand zu Schaden kommt. Ein weiteres Gefahrenpotential liegt übrigens auch am Ende der Strasse. An der Kreuzung Solitude Tor/ Solitude spielen sich teilweise die famosesten Szenen ab. Leider ist es mal wieder so das erst was passieren muss bevor sich was ändert....

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    1. Danke für diesen Kommentar. Ich kann mir auch nur schwer vorstellen, dass ich so eine Strecke jeden Tag radeln würde.

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  3. Jörg
    Die 80 cm Abstand des Radfahrers zum rechten Fahrbahnrad sehe ich nicht als notwendig an. Da parkt kein Auto am Rand. Da gibt es keinen Bürgersteig von dem jemand auf den Weg laufen könnte.
    Dramatisch ist es schon wenn Pendler dort in Wald vertrieben werden. Auf den Forstwegen gibt es keine Verkehrssicherungspflicht. Die Wege sind matschig, dreckig und trocken sind ebenso rutschig und dementsprechend gefährlich.

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    1. Ich würde auch ohne parkende Autos etc. immer ausreichend Platz nach rechts lassen...allein schon, um ausweichen zu können wenn mich ein Auto zu knapp überholt. Fahre ich schon ganz rechts und muss ausweichen, ist der Sturz doch vorprogrammiert.

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    2. So sehe ich das auch. Einen Puffer zum nach rechts Ausweichen möchte ich auch immer haben.

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    3. Jörg
      Weil ihr den Abstand vom Rand haltet, sieht man euch vermutlich nicht auf der Landstraße. Auf dem Stück L1189 von Maichingen zum Kreisverkehr beim Asphaltwerk Sindelfingen, fahren gelegentlich ein paar Pedelecer / nicht Rennradfahrer auf der Straße. Alle samt wie die Rennradler scharf rechts. Es bringt dir nichts wenn jemand mit 100 km/h an dir vorbeifährt nachträglich auszuweichen. Die Autofahrys halten ca. 1 m Abstand vom Rand. Das ist dein Überlebensraum. Nicht schön aber war. Fahrbahnen optisch zu verengen und auf Strecken ohne Radweg auf 70 km/h zu reduzieren wäre ein Schritt in die richtige Richtung. (Mehr fordern geht immer)

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    4. Der Porschefahrer ist in seinem Auto so weit von der Außenwelt abgeschirmt, dass gar nicht klar ist, dass ein Überholen des Radies auf so einer Straße "eigentlich" technisch nicht geht. Upps, war da was oder war das nur ein Stein, wo ich drüber gefahren bin?

      Wenn man nicht möchte, dass ein Radi an einer bestimmten Stelle nicht fahren soll, wird dort ein einfach ein Poller gepflanzt -- für Autos möchte man so was aber nicht (Freie Fahrt für freie Bürger).

      Der Vorschlag mit dem Banner ist vermutlich am sinnvollsten, denn ein Überholverbot (wie am Schwabtunnel wo es ein Überholverbot und eine durchgezogenen Linie gibt und trotzdem überholt wird) würde hier im Wald ja komplett von den KFZ ignoriert.

      Leider ist die Benutzung des Kirchhaldenwegs recht alternativlos: die Wildparkstraße ist für Radies gesperrt und auf den Waldwegen bergab gefährde ich als Radie die Fußgänger.

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  4. In Baden-Württemberg gibt es doch clevere Regelungen, wenn es um das sichere Befahren (oder Begehen) von Wegen geht: In Wäldern sind Fahrradfahrer erst ab einer Breite des Weges ab 2 m erlaubt.

    Auf Straßen übertragen bedeutet dies, dass sie mindestens 6 m breit sein muss - dann können Fahrradfahrer gefahrlos und gesetzeskonform überholt werden.

    Sind die Straßen schmaler, dann sind sie für Radfahrer halt nicht geeignet - wie im Wald.

    Grüße
    Mercedes Testa Rossa

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    1. Ich würde eher sagen, Straßen unter 6m sind für Autofahrer*innen nicht geeignet.

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    2. Oder nur für Autos mit 1,5m Breite.

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  5. neulich sind mir in einer vergleichbaren situation gleich 3 klimablockierer begegnet:
    freigegebene einbahnstraße. breite max 7 m. beidseitig kleben bereits parasitäre mobilisten. ich fahre bergauf in die teilbarrikadierte situation ein. der mercedesfahrer drängt danach von oben in die engstelle.

    es blockieren nun 3 klimaterroristen die komplette straßenbreite.

    ich halte an, wie ich es in der fahrschule gelernt habe, um schäden und unfälle zu vermeiden. der extremist bleibt ebenfalls stehen. wir verbleiben in einer art mexican stand-off.

    von oben drängen weitere extremisten nach, werden unruhig und beginnen zu hupen. ich zeige an, dess die fahrbahn komplett von klimaaktivisten versperrt ist. der mercedes weicht zur seite, rammt einen anderen parasit und braust davon.
    die übrigen extremisten beschimpfen mich.

    vielleicht ein akw hin stellen?

    karl g. fahr

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  6. Dein Beitrag war sowohl informativ als auch inspirierend. Danke, dass du deine Weisheit teilst.

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