13. Juni 2014

Rot! Aber gilt das für mich?

Radlerampeln sollen helfen. Aber sie tauchen oft völlig unvermutet auf, sind klein und nicht selten missverständlich aufgestellt.

Ich habe hier schon oft über Radlerampeln gewettert, weil sie nicht sichtbar sind, nicht in Blick-und Fahrrichtung stehen oder man beim Warten nicht auf sie schauen kann. Ich tue es noch mal, weil ich es für wichtig halte.

Radlerampeln verlangen vom Radler einen abrupten Konzeptwechsel vom Fußgängermodus in den Radlermodus. Etwa, wenn sie mitten in mehrzügigen Überwegen auftauchen, die als Fußgängerüberweg beginnen.

So wie hier am Rosensteinbunker. Fußgängerampeln stehen bekanntlich auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Wir starten, wenn gegenüber Grün wird. Radlerampeln stehen aber genau dort, wo der Radfahrer halten soll. Manchmal sogar noch vor der Haltelinie, nämlich dort, wo gerade ein Mast steht. Auf dem Foto oben sind zwei Radlerinnen zu sehen, die im Fußgängermodus auf der Radführung zum Rosensteinbunker hin gefahren sind. Dabei haben sie hinter der Radlerampel gehalten. Nach einer Weile bemerken sie, dass sie falsch stehen und drehen sich zu mir um. Ich versichere ihnen, dass ich ihnen sage, wenn unsere Ampel grün wird. 

Da Radlerampeln keine Sonnendächlein haben, erkennt man manchmal auch gar nicht, ob sie nun rot oder grün zeigen oder gar nicht funktionieren. Das ist bei der Ampel am Löwentor der Fall. An einem sonnigen Nachmittag sieht man beim besten Willen nicht, welche Farbe sie gerade zeigt. 

Da die meisten Überwege in Stuttgart für Radler entweder an Autoampeln gekoppelt oder aber noch öfter an Fußgängerampeln, rechnen Radfahrer auch nicht wirklich mit Radlerampeln. Sie werden nur beachtet, wenn der Radler sie auch kennt. Fährt man aber eine Strecke zum ersten Mal, fahren viele mit dem Blick im Fußgängermodus weit voraus, an den Radlerampeln vorbei. 




Das kann lebensgefährlich werden, wenn eine Radlerampel nicht in Blick- und Fahrrichtung steht, die nächste aber bereits Grün zeigt, wie hier am Wilhelmsplatz in Cannstatt. (Foto rechts.)

Wer hier links abbiegen will, schaut nämlich nicht geradeaus, wo die rote Ampel für den Radüberweg nach links steht, sondern eher im hier lebensgefährlichen Fußgängermodus schon mal hinüber, wo die Radlerampel (samt einer nachgeschalteten Fußgängerampel) schon oder noch grün zeigt. (Bild per Klick vergrößern, dann sieht man es.) 
Überraschend oft sind Radlerampeln auch ziemlich missverständlich angebracht.

Wer sie aufstellt, folgt einem Denkfehler, der typisch für Stuttgart ist. Man geht nämlich davon aus, dass Radfahrer immer nur auf den freigegebenen Gehwegen radeln, nicht aber auf der Fahrbahn, was sie ja dürfen.

Fährt man hier die Pragstraße zum Neckar hinunter auf der Fahrbahn, so stößt man rechts von sich auf ein rotes Fahrradampel-Signal und bremst womöglich rechflexhaft. Die Ampel ist aber gar nicht für den, der auf der Fahrbahn fährt, sondern für den, der auf dem Gehweg kommt, und hier queren will. Ist zwar nett für diesen Radler, aber es bleibt missverständlich, wenn man sie aus einer anderen Perspektive sieht.

Ähnlich sieht es am Charlottenplatz aus. Hier steht eine Radlerampel an der Radspur, die den Charlottenplatz längs aus der Charlottenstraße zur Planie überquert. Radler, die ihn nehmen wollen, müssen an der Kreuzungsecke über den freigegeben Gehweg radeln. Für sie ist das Ampelzeichen eindeutig. Überquert man den Charlottenplatz jedoch auf der Fahrbahn (was ja erlaubt ist) vom Breuningerparkhaus her kommend Richtung Staatsgalerie, sie stößt man ebenfalls auf dieses rote Ampelsignal und bremst beim ersten Mal erschrocken. Immerhin steht die Ampel rechts und mit der Front genau in meiner Fahrtrichtung. Sie meint aber nicht mich. Das ist einfach schlecht!

Also bitte, Radlerampeln für Radspuren nicht in Blickrichtung  parallel zur Fahrbahn ausrichten!

Dabei sind Radampeln eigentlich supergut. Denn im Gegensatz zu Autoampeln stehen sie in Sichthöhe der Radler. Man muss nicht gegen den hellen Himmel hochschauen, wenn man auf Grün wartet, so wie bei Ampelanlagen für den Autoverkehr. Man spart sich Nackenstarre und Blendung.

Werden Autoampeln in Radlerampeln umgewandelt, also die Streuscheiben mit Radzeichen versehen, dann sieht man sie als Radfahrer unter Umständen gar nicht, weil sie zu hoch und an der falschen Stelle hängen. So wie hier in der Gutenbergstraße an der Überquerung der Schwabstraße. Es gibt Radler, die fahren da seit Jahren und haben die Ampel noch nie gesehen, geschweige denn beachtet. 

Radlerampeln müssten eigentlich überall dort stehen, wo Radler ihre Wege haben. Dann rechnen wir auch damit und gucken danach. Sie dürfen nicht nur überraschender Einzelfall an einer Kreuzung, sondern müssen die Regel sein. Was sie derzeit so gefährlich macht, ist der Wechsel, der uns abverlangt wird vom Fußgänger-Modus mit dem Blick auf die gegenüberliegende Straßenseite zum Radlermodus. Der gelingt spielend, wenn wir einen Weg täglich radeln. Fahren wir ihn aber zum ersten Mal, sind die wechselnden Modi der Verkehrsführung für Radler eine echte Herausforderung. 

Welche Regeln gelten eigentlich bei Ampeln für Radler? Immer wieder taucht die Frage auf, auf welche Ampel Radler eigentlich achten müssen. Grundsätzlich gilt: immer nur auf Ampeln, die auf meiner rechten Seite auftauchen. Fahre ich auf einer Radspur, dann befinde ich mich auf der Fahrbahn, folglich gelten die Ampeln für den Autoverkehr (von denen immer eine rechts steht). Fahre ich auf einem Radweg als Teil des Gehwegs, gilt für mich die Fußgängerampel, die ab 2017 auch ein Radsymbol im Lichtzeichen zeigen muss.
Ansonsten gelten (ab 2017) für Radfahrer die Lichtzeichen für den Autoverkehr.

Hier am Wilhelmsplatz macht eine zur Radlerampel umgewandelte Autoampel beides. Der Radler guckt aber eher auf die gegenüberliegende Seite und sieht da ebenfalls eine Ampel - eine Radlerampel -, die zum Glück nicht grün wird, bevor die Ampel über ihm grün bekommt. Er würde unweigerlich losfahren, vor allem als Ortsfremder. 

Wer ein Rad fährt, hat die Lichtzeichen für den Fahrverkehr zu beachten. Davon abweichend sind auf Radverkehrsführungen die besonderen Lichtzeichen für den Radverkehr zu beachten. An Lichtzeichenanlagen mit Radverkehrsführungen ohne besondere Lichtzeichen für Rad Fahrende müssen Rad Fahrende bis zum 31. Dezember 2016 weiterhin die Lichtzeichen für zu Fuß Gehende beachten, soweit eine Radfahrerfurt an eine Fußgängerfurt grenzt.

Ach ja: Die zweite mir bekannte unsichtbare Radlerampel (auch wieder in Autoampelgröße und -höhe) steht in Stuttgart immer noch völlig unverändert auf der König-Karls-Brücke Richtung Cannstatt-Zentrum. Die rote Lichtscheibe wird von einem runden Schild verdeckt (die Rückseite eines Fahrradweg-Schilds). Springt die Ampel auf Rot, weil Fußgänger hinüber wollen, sieht der heranfahrende Radler es viele Meter hinweg nicht. Man sieht es erst unmittelbar an der Haltelinie. Dann ist man schon in die Fußgänger gefahren.

Man könnte es ändern. Aber es tut einfach niemand. 

2 Kommentare:

  1. Michael Paulmann13. Juni 2014 um 12:49

    Es gibt noch viele andere Beispiele:
    Am Löwentor: Dort gibt es die Variante das man die Straße überqueren möchte. Die Fußgänger bekommen grün da sie ja nur die Straße überqueren und nicht abbiegen. Die Fahrradfahrer, die genauso wie die Fußgänger nur auf die andere Seite möchten und nicht abbiegen, müssen bei U-Bahnverkehr, der von den Radfahrern nicht behindert werden würde, an der roten Ampel stehen bleiben. Ein weiteres Beispiel für die Dummheit des Stuttgarter Tiefbauamtes, weil Radfahrer an dieser Stelle nur geradeaus fahren und trotzdem an die Autoampel gekoppelt werden. Die Autofahrer können an dieser Stelle abbiegen und geradeaus. Ich kann die Radfahrer gut verstehen die bei paralleler U-Bahn losfahren trotz roter Radampel.

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    1. Lieber Michael, danke. Ich habe über all diese Strecken und Streckenabschnitte immer wieder geschrieben. Stichworte: Tallängsweg, Innenstadt, Neckardamm, Löwentor. Die Baustelle auf der Löwentorstrecke zur Aubrücke wird ja irgendwann verschwinden. Vorerst kann man links von Baustelle runter fahren. Nicht befriedigend, aber möglich. Aber das wissen Sie vermutlich. Ja, die Innenstadt-Durchfahrt ist alles andere als befriedigend.

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