Warum parken Autos auf Radwegen, warum betrachten Fußgänger die Hauptroute und die Fahrradstraße als Fußgängerzuone? Warum sehen Fußgänger nicht, dass sie auf einem Radweg spazieren? Und was kann man denn da jetzt machen?
Am Mittwoch bin ich zwischen 17:30 Und 18:30 Uhr am Marienplatz und stehe für Fragen und Antworten zur Verfügung.
Ich fahre jetzt seit acht Jahren mit dem Pedelec auf allen möglichen Straßen von Stuttgart. Vor ein paar Jahren war es vergleichsweise friedlich und unkompliziert, denn Autofahrer und Fußgänger kannten ihre Rollen, wir Radler auch. Inzwischen fahren deutlich mehr Menschen Rad, und die Verkehrsströme drängen sich auf wenigen Straßen durch die Innenstadt, wo plötzlich auch noch ganz neue Regeln gelten sollen.
Die Hauptroute 1, der einzige für Radler ausgeschilderte Tallängsweg, führt mitten durch eine Einkaufsmeile. Entsprechend blicklos und unbefangen schlendern die Fußgänger über die Fahrbahn. (Die Erinnerung an den Mischverkehrsweg schein verschwunden. Es gibt nur eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 20 km/h (auch mal 30 km/h) und ein generelles Parkverbot. Autofahrer nutzen den Straßenabschnitt als Durchfahrtsstraße auf für ihre Parkplatz-Suche.
Außerdem kann man auf der Fahrradstraße Fahrzeuge auch gurt in zweiter Reihe abstellen, weil ja langsam gefahren wird. Wobei dieser auf der in seiner Fahrrichtung linken Seite abgestellte Lieferwagen (Fahrer und Beifahrer sitzen drin und vespern) für den Radler den Blick auf den Fußgängerüberweg verstellt. (Das ist in jedem Fall verboten, Abstand zu Zebrastreifen mindestens 10 Meter.) Also, Radler: Schrittgeschwindigkeit fahren, gell!
Ich weiß, es ist gewünscht, dass die Fußgänger ihre Stadt zurückerobern und gemütlich shoppen gehen. Finde ich auch schön. Ist gut so. Tut der Innenstadt sehr gut.
Aber das verträgt sich halt nicht mit einer Radhauptroute. Das ist nämlich eine viel befahrene Route, auf der Radler möglichst rasch und hindernisfrei längere Strecken zurücklegen wollen und sollen.
Der Wiener Radspezialist Meschik formuliert das nüchtern so: "Unter der Voraussetzung, dass Radverkehr gefördert und nicht behindert werden soll, sollten auf Radverkehrsanlagen der obersten und mittleren Netzhierarchie (Hauptrouten) auch innerorts grundsätzlich Fahrgeschwindigkeiten von 20 bis 30 km/h erzielt werden können." (Meschik, Planungshandbuch Radverkehr, Wien, 2008, S. 46)
Immer wenn ich sage: Die Tübinger Straße im ehemaligen Mischverkehrsbereich vom Gerber bis vor zum Rotebühlplatz muss als Strecke für die Hauptroute 1 aufgegeben werden, denn so geht es nicht, dann höre ich: Ja, aber wo sollen die Radler denn sonst fahren? Stuttgart ist halt eng.
Ja, das wäre richtig teuer. Ich weiß. Es würde sorgfältige Planung und den unbedingten Willen des Gemeinderats und der Bürgerinnen und Bürger erfordern, den Radverkehr in Stuttgart so zu entwickeln, dass er eine echte Alternative zum Autoverkehr darstellt. Sind Radler und eine Radverkehrsförderung uns das wert? Merken wir rechtzeitig, was das Pedelec für den innnerstädtischen Radverkehr wirlkich bedeutet? Welche Chance wir haben?
Wozu mir jetzt dass Sprichwort einfällt: Wer will findet Wege, wer nicht will, findet Gründe.
Der Mittwochstermin ist notiert ! ;-)
AntwortenLöschenDann noch ein Wörtchen zu Rad-(Schnell-)Wegen und deren Preis:
Das wäre "richtig teuer" im monetären Sinne, weil es also auch richtig Kohle kostet, ist, so fürchte ich, nur die halbe Miete. Da gibt es nämlich noch einen Kostenfaktor: den politischen Preis.
OB und Stadtverwaltung reagieren auf Negativschlagzeilen extrem sensibel und scheuen sie, wie der Teufel das Weihwasser und egal, ob begründet oder nicht.
Beispiel Varieté und schwupps wird fett mitfanziert und natürlich schwupps auch fett nachfinanziert. Die übrige Kulturszene mag den Kopf schütteln und die Welt nicht mehr verstehen, aber sie hat eben weder Lobby noch die öffentliche Meinung als Fürsprecherin. Dito Beispiel Fernsehturm.
Und, damit kommen wir unserer Sache näher: Beispiel Waiblinger Str.. Da war man mal so mutig, eine existente Fahrspur für den Radverkehr abzuknappsen. Aber, das ist zumindest mein Eindruck, ein paar Proteste reichen und schon leckt man sich voller Reue die Wunden.
Dabei liegt es auf der Hand. Wer die Feinstaub- und CO2 Belastung effektiv in den Griff kriegen will, muss den Pkw-Verkehr halbieren. Ganz einfach eigentlich.
Und ebenso klar ist, wer ja zu urbaner Mobiltät per Rad sagen will, muss zunächst die dafür nötige Infrastruktur schaffen.
Wer jedoch Angst vor Kritik oder Protest hat, weil dem Autoverkehr etwas weggenommen werden würde (OB Kuhn: "nicht gegen die Autofahrer") hat im Grunde das Ziel einer besseren urbanen Mobilität schon verloren.
Echte Zukunftsentwürfe müssen Taten folgen lassen und dürfen auch die Auseinandersetzung darum nicht scheuen. Mehr noch, man braucht die Auseindersetzung darum eigentlich nicht zu scheuen. Weil man weiß, was man will, was auch nötig ist und was letztlich allen Stuttgartern zu mehr Lebensqualität verhilft.
So aber wird leider nur weiterhin der Dauerstau verwaltet. Echte Gestaltung ist das nicht.
Wenn man die verkehrspolitische Auseinandersetzung scheut, bleibt noch eine Möglichkeit, dem Radverkehr trotzdem etwas Gutes zu tun. Indirekt und ohne das Wörtchen "Radverkehr" auch nur in den Mund zu nehmen:
AntwortenLöschenDie Sache mit den "faktischen Rad-(Schnell-)Wegen"
Man schnappt sich die Parallelstraßen zu den Hauptverkehrsadern, möglichst solche ohne Ampelanlagen und ohne wartepflichtigen Kreuzungen und unterbricht sie mit einigen Pollern.
Natürlich nicht zugunsten der Radler- nein, nein, wo kämen wir denn da hin?! ;-) - sondern einfach zugunsten der verkehrsgeplagten Anwohner werden Durchgangs- und Schleichverkehr ausgesperrt. Anwohner haben dann endlich Ruhe, können aber weiterhin auch per Pkw ihr Haus erreichen, ein- und ausladen und auch die Parkplätze vor der Haustür nutzen. Dito Gewerbetreibende und Anlieferer. Alles bleibt erreichbar. Ansonsten wird sich niemand für den Erhalt eines Schleichweges verkämpfen. Auswärtige werden wegen der Kleinteiligkeit derartiger Straßenzüge nicht einmal mehr versuchen, dort nach Parkplätzen zu suchen.
Derartige Straßenzüge gehören ihren Anwohners und - uns, dem Radverkehr.
Ich fahre schon lang vom Marienplatz über die Kolbstr. zur Heusteigstr. um dann an der Jakobschule über die Olgastr. zum Kernerplatz zu gelangen. Das hat sich spätestens seit den S21 Baustellen und Protesten, dem Gerber... als Sinnvoll erwiesen. Mitwoch habe ich leider keine Zeit.
AntwortenLöschenNebenstraßen sind grundsätzlich gute Radrouten, das finde ich auch. Sie haben wenige Ampeln und man kommt längs oft gut durch. Nur für den ursprünglich durch die Möhringer und Tübinger geplanten Tallängsweg (Hautorute 1) gibt es keine parallele Alternative, außer eben die über die jeweils von Autos weitgehend ungenutzen rechten Spuren der Stadtautobahn.
AntwortenLöschenDarf ich mir dem Fahrrad eigentlich die B14 Tunnels in der Innenstadt nutzen? Planie und Wagenburgtummel sind Kraftfahrstraßen, ab der Rest vom Heslacher Tunnel bis zum ADAC müsste legal sein.
LöschenKlar darfst du, die B14 ist ja - außer in den von dir angesprochenen Abschnitten - keine ausgewiesene Kraftfahrstraße. Die Frage ist nur, wie viel Freude man tagsüber im dichten Verkehr man daran hat. Gesund ist das bei der Feinstaubkonzentration sicher nicht. Nachts dagegen macht es richtig Spaß, man glaubt gar nicht wie schnell und angenehm man mit dem Rad vom Neckartor bis zum Marienplatz gelangen kann. Platz genug für eine Umstrukturierung der Stadtautobahn gäbe es sicher und würde meiner Meinung für die nachhaltige Stadtentwicklung sicherlich mehr bringen und weniger kosten als S21.
LöschenLieber Dir, an den B14-Tunnels (also dem unter dem Österreichischen Platz, Charlottenplatz u.s.w) steht kein Schild, dass sie für Radler verboten wären. Also darf man sie fahren. Nicht radeln darf man den Heslacher Tunnel, den Wagenburgtunnel und den Schwanenplatztunnel, auch nicht die Cannstatter Straße, was eigentlich ein alter Hut ist aus Zeiten, da da 80 und 60 km/h gefahren wurde.
AntwortenLöschenWas man nicht darf, ist über den Charlottenplatz jeweils links abbiegen. Sehr wohl aber darf man die jeweils rechten Seitenstreifen über die Geradeausampeln benutzen. Ich habe an den Tunneln auch keine blauen Kraftfahrschilder gefunden. Es gibt auch keine Fahrradverbotschilder. Ich habe auch schon mal einen fotografiert, der das durchgeradelt ist. :-)
AntwortenLöschenIch bin früher öfter mal die B14 von der Kreuzung Wagenburgtunnel bis zur Neckastrasse gefahren. Kann ich aber nicht wirklich empfehlen, die Autofahren betrachten die sechsspurige Strasse als ihr Revier, rechnen nicht mit Radlern und viele hupen beim Überholen. Wenn viel los ist und Spurwechsel schwierig, wird es ganz schön eng.
AntwortenLöschenUnd selbst in kürzeren Tunnels stinkt es extrem nach Abgasen. Da nimmt man lieber Umwege oder Slalom in Kauf...
Vom Neckartor bis Charlottenplatz fährt sich's aber fast ganz gut auf den rechten Spuren der B14. Der Asphalt ist halt ein bisschen wellig, und die Autofahrer schnauben manchmal ein bisschen.
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