11. September 2015

Eine spanische Stadt wird Fahrradstadt

Einen Aufstand der Autofahrer gab es nicht, als vor anderthalb Jahren in den Briefkästen der Einwohner von Vitoria-Gasteiz im Baskenland ein Flyer mit den neuen Verkehrsregeln lag. 

Einige Innenstadtstraßen für den Autoverkehr gesperrt, vielerorts Tempo 30, Radfahrer haben Vorrang und bekommen in Einbahnstraßen eine eigene Gegenspur, dürfen dafür aber nicht mehr auf Gehwegen fahren. Wer das Auto auf Radwege stellt und erwischt wird, zahlt 200 Euro. Kameras registrieren die Nummernschilder von Autos, die durch gesperrte Straßen fahren.

Die baskische Hauptstadt hat eine Viertelmillion Einwohner, von denen viele seit jeher gern zu Fuß gehen. Also kam es darauf an, dass die Fußgänger in Ruhe zu Fuß gehen können.

Übrigens scheint mir aus den Bildern vom Flyer hervorzugehen, dass die Basken dabei einiges richtig gemacht haben. Beispielsweise fahren die Radler in den Tempo-30-Straßen nicht neben, sondern im Autoverkehr, und das wird Autofahrern und Radlern mit entsprechenden Zeichen auf der Fahrbahn auch ganz deutlich gemacht.

Quelle. vitoriaenbici.eu
Aber auch dort ist nicht alles wunderschön. Auch dort gibt es ein Blog, das sich mit dem Radfahren in Vitoria beschäftigt, mal mit einem doch mitten im Radüberweg geparkten Auto, mal mit Schlaglöchern in Radwegen.

Wie ist beispielsweise dieses Auto da hinein gekommen?, fragt der oder die Autor/in des Blogs, und "Wie erzieht der seine Kinder?"

Und wer des Spanischen mächtig ist, kann sich hier auch noch  diesen kompletten Plan der Radhauptrouten und Beschilderung anschauen.

Ein interessantes Projekt, auf das mich Critical Mass Herrenberg aufmerksam gemacht hat.






5 Kommentare:

  1. Tja, wenn man wirklich will, geht vieles. Aber Stuttgart will ja erklärtermaßen gerne "Autostadt" bleiben und lieber ein Moos ansetzen als Kindern eine wirklich gesündere Atemluft und Fußgängern ihre ungestörte Bewegungsfreiheit zurück zu geben.

    Und das klappt ja auch. Die Kfz-Zulassungszahlen feiern immer neue Höchstrekorde.

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  2. Ja, wer will, findet Wege, wer nicht will, findet Gründe. Ich bin mir nur nicht sicher, ob ganz Stuttgart Autostadt bleiben will. Ich oder du, wir sind ja auch Teil der Stadt. Und die Politik kann nur so viel, wie von den Bürgerinnen und Bürgern gewollt, gefordert und unterstützt wird. Ich habe gelesen, dass Kopenhagen es am Anfang auch nicht leicht hatte, Fahrradstadt zu werden. Die Verwaltung hat nie mehr als 5 Prozent der Parkplätze gleichzeitig eingezogen, um keinen Aufstand auszulösen. Das war ein Prozess, der über 15 Jahre ging. Wir müssen hier halt mal anfangen. Und dazu braucht es eine Forderung und dann aber die Zustimmung des Gemeinderats. Wir sind ja demokratisch. Ein Umdenken auch bei der CDU und den mit ihr befreundeten Parteien wird erst dann einsetzen, wenn sie den Eindruck hat, sie würde eher dann wiedergewählt, wenn sie nicht mehr so vehemnt aufs Auto und aufs Schnellfahren und neue Autostraßen setzt. Und ich fürchte, davon sind wir noch ein Stück entfernt. Deshalb sage ich immer: Wir alle, jeder für sich, müssen unserem Nachbarn reden. Wenn der oder die versteht, dass es auch andere Möglichkeiten gibt, in die Innentadt zu kommen als mit dem Auto, und das eine Innenstadt ohne so viele Autos viel schöner wäre, dann entsteht ein von Bürgerinnen und Bürgern getragenes Verlangen nach neuen Konzepten. Vorher halt nicht. Auch das ist sehr müüüüühsam. Wir hier in diesem Blog bemühen uns ja schon darum. Wir haben eine Diskussion in Gang gesetzt, die aber halt eben nur der Anfang ist. Wir alle müssen dranbleiben.

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  3. Der Vorteil in Spanien ist, dass Städte in Spanien eigene Mobilitätsverordnungen erlassen dürfen. So steht dort in Madrid z.B., dass Radfahrer in der Mitte der rechten Spur fahren sollen und Autofahrer diese mit einem Spurwechsel überholen müssen - übrigens nicht nur in der Zone 30.

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    1. Vitoria-Gasteiz.
      "In den vergangenen zehn Jahren hat Vitoria-Gasteiz den Anteil an Radfahrern in der Stadt von 3,4 auf 12,3 Prozent gesteigert. Das funktioniert nur mit einem klar definierten politischen Ziel und dem konsequenten Umbau der Infrastruktur." (Velophil)

      Madrids Radvehrkehrsanteil liegt dagegen, trotz dieser "Förderung", die nichts kostet, über die Jahre konstant bei nahe 0.

      It's the infrastructure, stupid.

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    2. Ich habe nix gegen das Programm in Vitoria gesagt und auch nicht behauptet, dass das in Madrid besser ist - ich habe lediglich erklärt, dass so was grundsätzlich in D gar nicht möglich ist. Wie die ordenanza de movilidad in Vitoria genau aus sieht weiss ich nicht, möglicherweise steht da sogar das gleiche wie in Madrid drin. Mit deinem Radverkehrsanteil von nahe 0% liegst Du übrigens leider falsch. Schön war es, als es noch so war - heute ist es wie überall wo nur auf den Radverkehrsanteil geschaut wird - die Leute fahren wie ihnen lustig ist und respektieren keine Fussgänger oder anderen Radfahrer.

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