10. März 2018

Eine Heilkur für Innenstädte

  Zwei Autos blockieren 26 Radparkplätze
Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass! Das ist ungefähr die Haltung der Stadtparlamente dem Radverkehr gegenüber. 

Wir alle wissen, dass wir mindestens zwanzig Prozent des Autoverkehrs durch Radverkehr ersetzen müssen. Aber die Gemeinderäte trauen sich nicht, Straßen zugunsten des Radverkehrs anzutasten. Radschnellwege kann jeder bauen: auf dem Land. Auch rund um Stuttgart werden drei entstehen. Aber sie enden fast überall an den Stadtgrenzen im üblichen Schmalspur-Kuddelmuddel zwischen Stadtautobahnen, Fußgängerüberwegen und indirekten Linksabbiegeflächen, also an der nächsten Kreuzung. Dem Radverkehr Vorrang geben ... Nee! Dann müsste ja der Autoverkehr mal warten. Darüber sinniert die taz in einem Artikel über Mobilität.

Fehlt es uns an Mut? Oder fehlt es uns an Wissen?, frage ich mich oft. New York hat doch gezeigt, was passiert, wenn Politiker/innen wirklich mehr Fahrräder im Stadtverkehr wollen.

Es wird sofort sichtbar, wie Busy Streets beschreibt. Man kann nämlich auch in Innenstädten den Platz von Autos freiräumen und ihn den Menschen zurückgeben, zum Vorteil aller, vor allem aber zum Vorteil des lokalen Handels. Man hat den Times Square für Autos gesperrt und Fußgänger/innen geöffnet. Anfangs war der Widerstand groß, jetzt sind alle begeistert. Autos weg, unglaublich viele Menschen da, die sich wohl fühlen, essen, trinken und einkaufen. Hier das Video, das zeigt, wie aus trostlosen von Autos beherrschten Straßen, lebendige und liebenswerte Plätze und Wege werden.

NYC Streets Metamorphosis from STREETFILMS on Vimeo.

Fußgänger/innen und Radfahrer/innen sind eine wahres Wundermittel für Städte. Städte, die nicht an Autos, sondern an Menschen denken, schaffen Bahnen für Radfahrende, pflanzen Bäume, stellen Sitzbänke auf und bieten Platz für genüssliches Verweilen.

Auf einen Autoparkplatz (12,5 Quadratmeter) passen zwölf Menschen oder sechs bis zehn Fahrräder, oder ein Tisch mit Stühlen, eine Schaukel oder ein Baum und ein Tulpenbeet. Ihr Handeltreibende weint nicht den Parkplätzen hinterher, die ihr verliert. Beschwert euch lieber endlich darüber, dass eure Schaufenster zugeparkt werden. Fordert Platz für Laufkundschaft und eine entspannte Umgebung für die Menschen, denen ihr Ware verkaufen wollt.

Für Autos hält man Parkhäuser vor, von denen wir in Stuttgart viele haben. Unsere Innenstadtparkhäuser können 12.000 Autos aufnehmen. Dagegen nehmen sich 120 Straßenrandparkplätze läppisch aus. Die erzeugen aber einen enormen Parkplatzsuchverkehr, und Blech blockiert sich selbst, blockiert Radfahrende, hindert Fußgänger/innen am Überqueren der Straße, versperrt wie eine Wand die Sicht auf Schaufenster, macht es Einkaufenden ungemütlich. Die meisten Menschen kommen eh mit dem Öffentlichen Nahverkehr in die Stadt, und viel viel mehr würden mit dem Fahrrad kommen, wenn es nur eine einladende Infrastruktur gäbe. Radfahrende haben einen enormen Aktionsradius, sie können locker von einem Ende der City zur anderen radeln und auch noch schnell in einen eher abgelegenen Laden schauen.

Liebe Inhaberinnen und Inhaber von Geschäften, ihr braucht vor allem ganz dringend Radfahrer/innen. Die kommen viel herum, sie kommen gut gelaunt und ungestresst und mit viel Geld in der Tasche. Radfahrende sind ein Wundermittel für Innenstädte. Sie brauchen keine Milaneos, sie lieben Straßen, und besonders, wenn sich auf ihnen keine Autos stauen. Man muss sie nur reinlassen. Man muss ihnen nur nette Wege anbieten.

Nur Mut! Es wirkt wirklich.

4 Kommentare:

  1. Hallo Christine,
    Auf Deine dir selbst gestellten Fragen; Fehlt es uns an Mut? Oder fehlt es uns an Wissen?.Könnte Dir unten stehender Link weiter helfen, zumindest eine Spur.
    https://www.vcd.org/themen/verkehrspolitik/neuregelungen-des-strassenverkehrsrechts/

    Gruss Reinhard

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  2. Zitat:
    "Liebe Inhaberinnen und Inhaber von Geschäften, ihr braucht vor allem
    ganz dringend Radfahrer/innen. Die kommen viel herum, sie kommen gut
    gelaunt und ungestresst und mit viel Geld in der Tasche."

    Ist das Bauchgefühl oder gibt es dazu belastbare Daten?
    "... Radfahrer/innen habe viel Geld in der Tasche ..."

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    1. Lieber Simon, darüber habe ich schon oft geschrieben: Stichwortsuche: Handel: https://dasfahrradblog.blogspot.de/search?q=Handel. Wenn du rechts in der Suchzeile den Begriffe "Wirtschaft" eingibst, findest du noch mehr Artikel dazu. Regensburg hat die Erfahrung gemacht, dass Radler dem Handel in einer vorher für Radler verbotenen Fußgängerzone ankurbeln, in New York wurde der Times Square von Autos befreit und für Radler zugänglich, was auch den Fußgängern sehr gefiel, da soll es Umsatzsteigerungen von fast 50 Prozent gegeben haben.

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    2. Ich besitze kein Auto, habe noch nicht mal einen Führerschein. Zu Fuß und mit dem Rad bin ich unterwegs, Geld jedoch habe ich nicht erwähnenswert viel in der Tasche?! Deshalb meine Nachfrage.

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