In Stuttgart freuen wir uns besonders auf das Schild, das es Autofahrenden verbietet, Radfahrende zu überholen. Der Bundesverkehrsminister will es einführen. Hurra!
Das stellen wir dann zum Beispiel an der Bölinger Straße in Kaltental auf. Oder in der Nedkarstraße. Dann hört die knappe Überholerei am so genannten Schutzstreifen auf. Wunderbar! Alles geritzt. Oder? Wie viel Polizei wird da stehen, um das Überholverbot zu überwachen?
Wie viel Geschrei wird es geben, wenn ein Autofahrer oder eine Autofahrerin trotzdem knapp überholt: drohende Fäuste und ohnmächtige Wut auf seiten des Radlers, hupendes Entschwinden des Autofahrenders. Oder stellt man es am Ende dort gar nicht auf, weil in die StVO geschrieben werden soll, dass ein Überholastand von 1,50 zum Radfahrenden immer gilt? Ein Überholverbotsschild an zu schmalen Straßen wäre ja dann doppelt gemoppelt, ätsch-bätsch!
Neue Verehrszeichen, Schrittgeschwindigkeit für abbiegende Lkw, Grüner Pfeil für Radler ... das will der Bundesverkehresminister einführen (noch ist das nicht vom Bundestag beschlossen). Ach so ja: höhere Busgelder fürs Falschparken auf Radwegen, Radfahrstreifen und Schutzstreifen plant er auch. Das kann man immerhin kontrollieren und ahnden. 100 Euro sind, falls die Ordnungskräfte nicht nachsichtig sind, was sie gern sind in Stuttgart, immerhin schmerzhafter als 30 Euro. Aber wer will beurteilen, ob ein Lkw-Fahrer wirklich mit Schrittgeschwindigkeit abbiegt? Und wer kontrolliert das Überholverbot, das uns Radfahrende schützen soll? Wie viele Polizisten sind bereit, im Nachhinein eine Anzeige aufzunehmen, so ganz ohne Video-Beweis, und selbst mit?
Die Novelle des Verkehrsministers in Berlin wirkt gut, ist es aber nicht. Sie bringt keine Radlerin mehr auf die Straße, sie stellt nur klar, was ohnehin selbstverständlich sein sollte: achtet auf Radfahrende und parkt nicht auf ihren Strecken.
Der Bundestag hat das gar nicht zu beschließen. ;) Das Überholverbotsschild ist übrigens auch wieder der pure Dilettantismus, weil es für Fahrräder und Mopeds bereits (wesentlich sinnvollere) Sinnbilder gibt. Und ja, man wird auch die Mindestabstände gerichtsfest kaum sanktionieren können.
AntwortenLöschenDu erkennst es ja richtig: Ein Großteil der Straßenverkehrsregeln wird tagtäglich Millionenfach ignoriert. Bestes Beispiel: Überholen über durchgezogene Linien und Sperrflächen. In einigen Fällen auch unter den Augen von Polizei und kommunalen Ordungskräften. Und das wird auch weiterhin der Fall sein. Es gibt im Übrigen ja auch mehr als genug Regeln, die in der Praxis keinen Sinn ergeben oder die auch mittels Anordnungen schlicht blödsinnig sind und legal gar nicht befolgt werden können. Das gilt insb. im Zusammenhang mit "Radwegen".
Der wesentliche Sinn der StVO liegt vor allem darin, die Schuldfrage zu klären, wenn dann doch mal was passiert ist. Und da kann so ein Überholverbotsschild zumindest nicht schaden.
Der Mindestabstand wird sich übrigens auf lange Sicht als trojanisches Pferd entpuppen. Denn hier werden Straßenbaubehörden zunehmend auf noch mehr Fahrbahn- und Verkehrsverbote für Radfahrer hinarbeiten. Jene werden dann vermehrt auf irgendwelche Feld- und Waldwege abgeschoben werden. Zumal dieses Thema maßlos überbewertet wird - die überwiegende Mehrheit der Unfälle geschieht im Quer- und nicht im Längsverkehr.
Danke Christine für die Info zu den neuen (noch abzusegnenden) Regeln, die das Radfahren für die üblichen Verkehrsteilnehmer deutlicher ins Bewusstsein rücken dürften. Damit wird wohl ein weiterer Schritt in Richtung Sicherheit auf dem Rad im Straßenverkehr gegangen werden.
AntwortenLöschenWer wie was wann und wo kontrolliert oder auch nicht, ist m.E. nicht mal so wichtig, Hauptsache Radfahren wird zunehmend als "richtiges" Verkehrsmittel wert geschätzt werden und ins allgemeine Bewusstsein gerückt.
Das Zeichen mit dem Überholen halte ich für überflüssig, denn die 1,5m reichen ja als Regel. Bloß kein weiteres Schild.
AntwortenLöschenDie 1,50m werden genauso wenig eingehalten werden wie die 50km/h innerorts. Da braucht's bekanntermaßen auch keine Extra-Schild. Die Regel reicht - eben nicht.
AntwortenLöschenOhne spürbare Sanktionierung von Regelverstößen wird sich die Situation nicht grundlegend ändern.