14. Juni 2022

Freie Fahrt an der Rosensteinbrücke

Nicht für Autos, sondern für Radfahrende gibt es endlich freie Fahrt am Rosensteinbunker. Die Rosensteinbrücke ist so baufällig, dass sie für Autos  gesperrt werden musste. 

Damit wird die elende Radlerampel überflüssig, die die Pendler:innen und an den Wochenenden hunderte Ausflügler:innen winkelig über die weitläufige Auto-Kreuzung geschleust hat. Man wartete immer viel zu lang auf viel zu engen Flächen. Viele versuchten deswegen ihr Glück auf dem Fugängerüberweg mit Z-Schranke an den Gleisen. Manche begaben sich sogar in Lebensgefahr. Jetzt wartet man gar nicht mehr. Man fährt einfach so durch - innerhalb der Sperrschranken - über die Fahrbahnen und Gleise. Und auch vor dem Rosensteinbunker gibt es endlich Platz, weil wir die Fahrbahn benutzen können, statt und auf dem engen Gehweg zu begegnen. 

Das kann ruhig immer so bleiben.

Und das wird jetzt auch einige Jahre so bleiben. Noch besser wäre eine Geradeausverbindung für Radfahrende und Fußgänger:innen über die Rosensteinbrückenstraße von Neckardammweg zu Neckardammweg. Fußgänger nehmen die Gerade jetzt schon, Radler kommen über die Bordsteine der Gleise nicht so ohne weiteres drüber. Und da man unten nicht mehr warten muss, drängt es mich auch nicht, das Fahrrad über die Bordsteine zu heben. 

Allerdings dürfte genau dieser Bereich in den kommenden Jahren für die Baustelle für eine neue Brücke gebraucht werden. Denn die Rosensteinbrücke muss abgerissen werden, die Spannstahlseile sind angerostet und teils gerissen. 

Sie ist die erste Spannbetonbrücke in Stuttgart, erbaut 1953 unter anderen von Fritz Leonhardt, der den Fernsehturm gebaut hat, und damit die eleganteste und schlankste Autobrücke Stuttgarts. Ihre Schönheit ist nur selten von wenigen Menschen beachtet worden. Wenn ich vom Ruderboot in Verzückung gerate, dann ernte ich nur verständnisloses Schweigen. Aber sie ist schon sehr schön. Leider technisch dann eben doch nicht so ausgefeilt gebaut, wie man das heute machen würde. Der Untergrund, in dem die Spannzüge gründen, ist auf Cannstatter Seite im Grunde zu weich, die Stahlseile sind verdeckt und eingehaust. Deshalb ist trotz üblicher Prüfungen nicht aufgefallen, wie verrottet die Bewehrung bereits ist. 

Erst nach dem Abriss einer Brücke woanders in Deutschland brach Entsetzen aus und erging eine Warnung an alle Städte, nachzuschauen, ob man eine ähnliche Brücke habe. Und wir haben in Stuttgart eben die Rosensteinbrücke. Als man Beton und Stahlseilkästen aufmachte, brauch auch hier das Entsetzen aus. 

Auch der Lkw-Verkehr dürfte sie zerrüttet haben, er erzeugt eine Schwingung, die der Frequenz der Brücke entspricht, Busse, Stadtbahnen und Pkws dagegen nicht. Für den gesamten Autoverkehr muss man sie deshalb sperren, weil sich Lkw-Fahrer nicht an das Fahrverbot halten und man Tag und Nacht Leute hätte hinstellen müssen, die die Lkw-Fahrer aufhalten. Es ist schon ein Nachteil, den sich Autofahrende selber einhandeln, weil sie sich nicht mehr an Verkehrsregeln und Durchfahrtsverbotsschilder halten. Für uns Radfahrende sind solche physischen Vollsprerrungen für Autos ein Vorteil. 

In Cannstatt ist es rund um diese Brücke nun wunderbar ruhig geworden. Der Autoverkehr braucht sie nicht wirklich, und wie so oft, wenn man eine scheinbar wichtige Verkehrsader sperrt, findet nicht nur eine Verlagerung, sondern auch eine Verpuffung des Autoverkehrs statt. Auf der Reinhold-Mayer-Brücke fahren längst nicht so viele Autos, wie auf der Rosensteinbrücke gefahren sind. Hingegen gab es die ersten Tage auf der Augsburgerstraße nun Stau, hat man mir berichtet. Viele dürften jetzt den extra für die Hauptverkehrsströme gebauten Rosensteintunnel nutzen (ihm fehlt bisher nur noch eine Auffahrt auf die König-Karls-Brücke). In der Mercedesstraße hat sich der Autoverkehr drastisch reduziert, dort könnten wir jetzt sofort Pop-up-Radstreifen anlegen. Auch auf der Daimlerstraße ist weniger los. 

Die Forderungen der Autoparteien, die parallele Wilhelmsbrücke nun augenblicklich wieder für den Autoverkehr zu öffnen, hat bisher im Bezirksbeirat Cannstatt, bei der Stadt und im Gemeinderat  keine Unterstützung bekommen. Lkw könnten sie ohnehin nicht befahren, und man würde einen Megastau auf den Zufahrten dorthin erzeugen, weil viel zu viele Autofahrende die Hoffnung hätten, über sie zu fahren sei kürzer und eine Zeitersparnis. Die Fahrbahn der Wilhelmsbrücke ist seit März nur noch für den Radverkehr ausgelegt. Autofahrende haben gerade gelernt, dass sie wirklich nicht drüber fahren können, was ihnen die Verkehrszeichen zwar sagen, was sie aber natürlich weder sehen noch glauben (Bild rechts unten auf der Collage unten). Radfahrende gewöhnen sich gerade daran, nicht mehr die immer verbotenen Gehwege auf der Wilhelmsbrücke zu nehmen, sondern die Fahrbahn. Und wenn man die albernen (und völlig sinnfreien) Ampeln an beiden Enden der Brücke noch stilllegen würde, wäre das bald ein attraktiver Radweg.

Natürlich wird man sich jetzt im Gemeinderat und in der Stadtverwaltung gewissenhaft überlegen müssen, ob man die Rosensteinbrücke für den Autoverkehr wirklich noch braucht. Man könnte eine Brücke bauen, die nur von der Stadtbahn und den Bussen befahren wird und auf beiden Seiten breite Radwege und Gehwege hat. Auch die Radführung im Verlauf des Neckardamms kann endlich geändert werden, sodass man geradeaus über die Gleise und Fahrbahnen kommt. Die Schöne- und Badstraße könnten außerdem zu Fahrradstraßen umgebaut werden. 



8 Kommentare:

  1. So eine marode Brücke kann auch Vorteile haben. Es ergeben sich plötzlich ganz viele neue Möglichkeiten

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  2. Als es 2 Brücken gab wurde jahrelang rumgekaspert, ob man eine Brücke dem MIV entziehen könne. Jetzt sind beide Brücken quasi gleichzeitig entfallen und das Chaos bleibt aus. Hoffen wir, dass die Verwaltung daraus lernt.

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  3. Beim Neubau der Brücke wäre ich dafür den Radweg Richtung Innenstadt darauf zu verlegen. Aktuell ist auf dem letzten Stück Richtung Wasen viel zu wenig Platz und man muss sich seinen Weg zur Rampe suchen, die man dann wieder rückwärts hochfährt. Und die Probleme beim Leuze und Flora+Fauna kann man auch gleich umfahren.

    Gruß Christian

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    1. Die Pragstraße rauf, wird es leichter gehen, für den Weg zum Rosensteinpark hoch braucht es eine Radlerfreigabe vor der Wilhelma, die es momentan nicht gibt, aber diese ganze Gegend soll ja infolge des Rosensteintunnels für Autofahrende neu organisiert werden.

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    2. Es kommt vor allem drauf an, dass die Stadtpolitiker:innen was lernen und nicht wieder beschließen, dass eine Autobrücke gebaut wird. Grüne und Linksfraktion und Puls werden dagegen sein, aber was wird die SPD denken, was die restlichen Parteien (CDU, FDP, FW und die Ultrarechten) denken, ist ja klar.

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  4. Hallo,

    Ich muss zugeben, dass der morgentliche/abendliche Pendlerverkehr weg ist. Aber unter Tag ist nicht weniger Verkeher als früher. Dafür irren nun LKWs und Reisebusse in der Überkingerstrasse herum.

    Der Fahrradverkehr auf der Wilhemsbrücke hat zahlenmäßig noch viel Luft nach oben. Und zudem fahren immer noch welche auf dem Fussgägerweg, sogar Lastenfahrräder

    Gruß Maria.

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    1. Ja, Maria, die Wihelmsbrücke als Radweg ist noch nicht so geschickt gemacht, das sie für Radfahrende attraktiv wird, man steht nämlich an sinnlosen Ampeln, übrigens stehen auch die Fußgänger:innen sinnlos an diesen Ampeln herum, die müssen weg. Und es dauert leider immer eine Weile, bis alle Radfahrnden checken, dass sich was geändert hat und der übliche und bisher hauch schon verbotene Weg über die Gehwege nicht mehr nötig ist. Und die Zufahrten zur Wilhelmsbrücke sind auf der Seite von Rilling-Sekt (Cannstatter Vorstadt) schlecht geregelt. Man muss eine Radinfrastruktur auch gut machen und anbinden, damit sie genutzt wird.

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