17. Oktober 2013

Das funktioniert so nicht

Ich warte auf den Moment, wo der Ordnungsdienst der Polizei, Radfahrer abpasst und ihnen Strafzettel ausstellt, weil sie eine rote Ampel missachtet haben, auf der falschen Seite des Radwegs gefahren sind, den Radweg nicht benutzt haben oder auf einen verbotenen Gehweg gefahren sind. (Siehe Bußgeldkatalog.) Das wäre ein fatales Signal. 

Auf die Idee könnte die Polizei kommen, weil sich die Meisten beim Thema Radfahren in Stuttgart über das Verhalten von Radfahrern beschweren. Man sei ja seines Lebens nicht sicher, die seien überall, die hielten sich an keine Regeln.
Stimmt. Radler halten sich selten an Regeln, sie sind wendig und schnell da und wieder weg. Das irritiert Fußgänger und Autofahrer. Ohne Zweifel sind die Fußgänger dabei die gelackmeierten, denn sie sind die physisch schwächsten Verkehrsteilnehmer. Wobei ein Radler übrigens den Zusammenstoß mit einem Fußgänger zu vermeiden sucht, weil er sich bei einen Sturz meist schwerere Verletzungen zuzieht. (Ich kenne aber auch einen Fall, wo ein Rennradler eine Fußgängerin so über den Haufen gefahren hat, dass sie sechs Wochen mit multiblen Knochenbrüchen im Krankenhaus lag. Es geschah auf einer Radrennstrecke, wo man vergessen hatte, sie für Fußgänger zu sperren. Beide konnten nichts dafür.)

Es wird auch nicht klappen, Radfahrer zu disziplinieren, bevor er nicht Respekt vor seiner Fortbewegungsart und auf seinen Strecken erfährt. Solange also Autofahrer jede Menge Regeln missachten. Sie halten und parken auf Radwegen, sie biegen rechts ab, ohne auf Radfahrer zu achten, sie fahren gegen die Einbahnstraße die Alte Weinsteige hinunter und missachten die Wochenendschranke an der Hofener Straße. Sie halten sich nicht an Spurenregelungen, überfahren durchgezogene Linien, fahren zu schnell. Und vom Auto geht eine größere Gefahr aus als vom Radfahrer. Er hat einen Blechpanzer um sich.

Radfahrer sind nicht nur weniger geschützt als Autofahrer und sie sind auch weniger gefährlich. Sie müssen im Eigeninteresse vorsichtiger und vorausschauender fahren als Autofahrer. Die logische Konsequenz ist, dass sie Verkehrssituationen anders einschätzen als die Schilder und Ampeln auf ihrem Weg das tun. Beispielsweise ist es für einen Radler besser, er startet an einer Ampel, wenn sie noch rot ist (parallel zum Fußgängergrün), um den Rechtsabbiegern davon zufahren, die ihn womöglich nicht sehen. Oder er fährt nicht auf dem Radstreifen an parkenden Autos entlang, weil plötzlich eine Autotür aufgehen könnte. Oder er weicht über den Gehweg aus, weil Autos ihm am rechten Fahrbahnrand keinen Platz lassen oder weil der Massenstart an einer Ampel ihn an den Bordstein abdrängen würde. Radler müssen sich viel zu oft retten und sich ihre Wege suchen. Warum sollten sie sich also an den Stellen, wo die Stadt das Radfahren plötzlich mit Schildern und Ampeln geregelt hat, an die steifen und nachteiligen Reglementierungen halten? Das funktioniert so nicht.

Wenn wir wollen, das Radfahrer sich an Regeln halten, dann müssen sie sich als Verkehrsteilnehmer ernst genommen fühlen. Sie dürfen nicht die sein, die an Radlerampeln länger stehen und warten als Autos und Fußgänger an jeweils ihren Ampeln. Radwege dürfen nicht dort aufhören, wo es schwierig wird. Und auf den Hauptrouten dürfen Radler nicht den Weg mit Fußgängern teilen müssen. 



1 Kommentar:

  1. Wahr gesprochen! Speziell jetzt im Herbst, wo es wieder weniger Radfahrer auf den Straßen gibt, spürt man die fehlende Akzeptanz an allen Ecken und Enden. Da wird geschnitten, was das Zeug hält und die Vorfahrt genommen. Das unterstützt für mich allerdings auch die Theorie, dass der Anteil des Radverkehrs am Gesamtverkehr sich auch dringend erhöhen muss.

    AntwortenLöschen