10. April 2014

Warum halten sich Radler nicht an die Regeln?

Das bringt wirklich alle schier zur Verzweiflung, auch uns Radfahrer selber. Radler fahren bei Rot über die Ampel, auf verbotenen Gehwegen, als Geisterradler in falscher Richtung auf Radwegen, links auf der Straße, nehmen anderen die Vorfahrt und sind überhaupt Rowdies. Aber es sind nicht alle! Es sind sogar die wenigsten. 

Doch jeder Fußgänger oder Autofahrer kann wutschnaubend und erbost Geschichten erzählen von Radfahrern, die sie gestreift, geschnitten oder ausgebremst haben, manchmal sogar umgefahren. (Radfahrer können natürlich auch von Autofahrern allerlei erzählen, oder Fußgänger über Autofahrer.) Sobald ich das Thema anschneide, wird das Vokabular der Kommentator/innen vor allem in Facebook regelmäßig ziemlich militaristisch. Es wäre schön, wenn wir das diesmal vermeiden könnten.



Das Foto (per Klick vergröérn) zeigt einen Radler, der bei Rot aus der Schönestraße zur Rosensteinbrücke abbiegt. Warum soll er auch im Autostau halten. Es steht eh alles.

Der Workshop für den Landesradverkehrsplan, den Verkehrsminister Hermann unter Bürgerbeteiligung derzeit ausarbeiten lässt, hat einer Arbeitsgruppe die Frage gestellt, was man tun könnte, damit Radfahrer die Regeln besser akzeptieren.

Auf der Tafel dieser Arbeitsgruppe sieht man das Wort "Polizei" nicht. (Klar, natürlich wollen Radler keine Polizeikontrolle. Allerdings reicht die Polizei sowieso nicht, um den gesamten Verkehr zu kontrollieren, sie reicht ja bereits für den Autoverkehr nicht mehr aus. Und auch Autofahrer halten sich gefährlich oft nicht an die Regeln.)

Die Erkenntnis dieser Gruppe ist auf einen einfachen Nenner zu bringen: Wenn Radler gut durchkommen, dann fahren sie auch nicht illegal. Und im Einzelnen:

Radfahrer halten sich eher  an die Regeln wenn:
  • die Radwegführung direkt (ohne verwinkelte Umwege) ist 
  • Radwege durchgängig sind
  • Radfahrer nicht von der Straße auf den Gehweg, über Fußgängerfurten, auf den Schutzstreifen und zurück geschickt werden, also nicht ständig ihr Fahrkonzept ändern müssen
  • Radfahrer bei hintereinander geschalteten Ampeln nicht an jeder halten müssen (Grüne Welle gibt es derzeit nur für Autos, aber nicht für Radfahrer) 
  • Radfahrer nicht so lang an Radampeln warten müssen (parallele Fußgängerampeln dürfen nicht zwei mal Grün kriegen, während der Radler immer noch steht.) 
  • die Radstreifen (und Radwege) gut in Schuss sind.
  • es Ausfädelspuren am Ende von Radspuren (Radwegen) gibt. 
  • die Verkehrssituation verständlich, eindeutig und einleuchtend ist. 
Mit anderen Worten: die meisten Radfahrer - und dazu gehöre auch ich - finden, dass es uns vielerorts reichlich schwer gemacht wird, einigermaßen zügig durch die Stadt zu kommen. Und auch diese Arbeitsgruppe glaubt daran, dass Radler sich weniger wie Kampfradler verhalten, wenn sie erleben, dass man ihre Belange ernst nimmt und ihnen die Wege auch bahnt, die sie befahren sollen. 

Einig waren sich alle zu jeder Zeit: Radfahrer müssen runter von den Gehwegen. 

Dies ist übrigens eine Momentaufnahme. Denn es finden noch in den übrigen Regierungspräsidien von Baden-Württemberg solche Workshops statt. Danach wird es im September einen weiteren mit Vertreter/innen aus allen vier Regierungsbezirken geben. Und schließlich werden die Ergebnisse ausgewertet. Denn Verkehrsminister Hermann (Grüne) will einen Landesradverkehrsplan für Baden-Württemberg entwickeln. Wir sind nicht das erste Bundesland mit einem solchen Plan, aber das erste, in dem die Radlerinnen und Radler gefragt werden. Das Umweltforschungsinstitut ufit hat dafür zunächst einen Fragebogen entwickelt, den man online ausfüllen konnte (habe ich hier auch gepostet), dann die Antworten ausgewertet und jetzt für die vier Regierungspräsidien Workshops mit Radfahrer/innen vorbereitet. Der Stuttgarter Workshop hat am am 28.März 2014 stattgefunden. (RiS war dabei.)


5 Kommentare:

  1. Warum halten sich Radfahrer nicht an die Regeln?
    Das gesamte Radwegnetz ist im Moment eine Katastrophe.

    Beispiel 1.Ich bin jetzt 2 mal von Sindelfingen nach Weilimdorf gefahren. Einmal mit dem Rennrad weitegehend auf der Straße. Fahrzeit ca. 45 Minuten. Verkehrsregeln eingehalten,aber keine Radwege benutzt. Dann mit dem Rennrad auf Radwegen. Totales Chaos. Zig mal anhalten müssen, Ampel drücken, warten , losfahren , wieder anhalten Ampel drücken warten. Vielbefahrene Straße überqueren müssen, ohne Ampel, Minuten warten müssen bis sich ein Lücke zum überqueren findet. Fahrzeit diesmal.65 Minuten.
    Beispiel 2: Bevor in Sindelfingen vor dem Tor 14 des Mercedes Werkes die Kreuzung neu gestaltet wurde gab es ein Unterführung. 0 minuten Wartezeit. Jetzt muss ich 3 Straßen mit Ampeln überqueren. Warte zeit für alle 3 Straßen wenn s dumm läuft bis zu 6 Minuten.Wie will man da die Leute dazu bewegen aufs Rad umzusteigen????
    Gruß Thomas

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    1. So sehen es die meisten Radfaher auch. Die Wege, die man uns schickt, wechseln alle paar Meter die Regeln, mal Autoregeln, mals Fußgängerregeln, mal Radfahrerregeln, und Radler warten zu lange, werden über verwinkelte Strecken geschickt, vom Autoverkehr auf die Gehwege gedrückt, von der Stadt über vermeintlich sichere Radführungen geschickt, die alles nur noch komplizierter machen. Radfaher gehören auf die Straße. Punkt. (Dann gelten auch nur die Regeln, die für Autofahrer gelten.)

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  2. Gibt es etwas Vergleichbares auch in NRW?

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    1. meinst du die Radwegplanung mit Bürgerbeteiligung? Nein, bisher nicht. Baden-Württemberg ist das erste Bundesland, das vorher mit Radlern spricht, bevor es anfängt zu planen.

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    2. Ja, das meinte ich. Danke für die Antwort. Schade, aber trotzdem gut, dass BW einen Anfang macht und hoffentlich mit gutem Beispiel vorausgeht.

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