23. Oktober 2014

Radfahren ist nicht gefährlicher als Autofahren

Und je mehr Radler/innen unterwegs sind, desto ungefährlicher ist das Radeln. Man nennt es Sicherheit durch Anzahl (Safety by Numbers). Denn je mehr Radler fahren, desto mehr achten Autofahrer auf sie.  Radfahrer werden zur Selbstverständlichkeit im Straßenverkehr. 
Die österreichische Seite Radland beschreibt für die Stadt Wien: Im Jahr 2002 betrug der Radverkehrsanteil 2 Prozent. Je 1 Million Rad-Kilometer verunglückten 5 Radler/innen. 
Sieben Jahre später, im Jahr 2009 war der Radverkehrsanteil auf 5, 5 Prozent gestiegen (das ist immer noch nicht viel), und es verunglückten nur noch 1,5 Radler/innen auf eine Million Rad-Kilometer. 

Statistiken zeigen, dass das Risiko, bei einem Unfall um Leben zu kommen, für Radler nicht höher ist als für Autofahrer/innen, sondern eher niedriger. In Niederösterreich wurden 1,2 Prozent aller verunglückten Radler getötet. Gleichzeitig starben rund 2 Prozent aller verunglückten Auto-Insassen bei einem Unfall. 
Bezogen auf die zurückgelegten Kilometer ergibt sich sehr wohl ein Unterschied. Danach leben Fußgänger am gefährlichsten, gefolgt von Radlern und Auto-Insassen. Vergleicht man aber die Zeit, die Radler und Autofahrer auf der Straße zubringen, dann zeigt sich für Niederösterreich im Jahr 2007 wiederum, dass pro 10 Millionen Stunden auf der Straße 1,2 Radfahrer ums Leben kamen und 2 PkW-Insassen. Und dieses Verhältnis gilt auch für Kinder. Im Auto gefahren zu werden ist für Kinder etwas riskanter als wenn sie mit dem Rad fahren. (Vor allem, wenn es über gefährliche Landstraßen geht. In der Stadt ist das eher nicht so.)
Zugleich gewinnen Radfahrer an Fitness und Gesundheit und verlängern statistisch gesehen ihr Leben um ein Jahr. Wer es noch genauer abwägen will, lese diesen Artikel.
Der Statistik steht natürlich wie immer das subjektive Empfinden gegenüber. Auch Politiker behaupten gern, Radfahren sei gefährlich. Mag ja sein. Aber Autofahren ist eben auch gefährlich, sogar noch ein bisschen gefährlicher. Und das, obgleich Autofahrer sich mit Blech und Knautschzonen gegen die Folgen eines Fahrfehlers schützen und Radler dies gar nicht tun. Zur Frage, wie gut uns ein Radhelm schützt oder auch nicht, siehe HIER.) 
Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir Deutschen grundsätzlich anders ticken als die Österreicher. Aber ich habe für Deutschland noch keine ähnliche Statistik gesehen. Wenn jemand eine hat, dann schreibe er oder sie mir. 

Auf Facebook hat ein Blog-Leser mir diese statistische Überlegung geschickt, nach der Das Risiko, bei einem Verkehrsunfall zu sterben für Autofahrer zehnfach höher ist als für einen Radfahrer, wenn man allein die Zeit als Vergleichsgröße zugrunde legt, hier eine Woche.

Es hat auf Facebook eine heftige Gegenwehr gegen solche Überlegungen gegeben. Manche finden es unredlich, sogar "schön geredet", wenn man nicht die zurückgelegten Kilometer miteinander vergleicht (dann wäre das Unfallrisiko für Radler doppelt so hoch wie das für Autofahrer), sondern die Zeit, die beide Verkehrsteilnehmer im "Gefahrenraum" Straßenverkehr verbringen. Diesen Vergleich des Risikos bezogen auf die Zeit hat auch der Wiener Radfahrexperte Michael Meschik vorgeschlagen.  Mit dem Rad habe ich gar nicht vor, 360 km in der Woche zu fahren, bin aber bei der Heimfahrt von der Arbeit im selben Verkehrsraum ungefähr so lange wie ein Autofahrer unterwegs, also einem Unfallrisiko ausgesetzt.

Schaut man sich die zurückgelegten Strecken an, zeigt sich, dass Fußgänger und Radfahrer deutlich gefährlicher leben. Vor allem Fußgänger! Und Fußgänger sterben nicht durch sich selbst, sondern so gut wie ausschließlich durch Autofahrer. Ein für ungeschützte Fußgänger und Radfahrer so tödliches Verkehrsmittel müsste dann eigentlich verboten werden. Es ist also nur redlich gegenüber dem Verkehrsmittel Auto, wenn den Vergleich auf die Zeit bezieht, die man dem Risiko ausgesetzt ist. 

3 Kommentare:

  1. Es gibt noch mehr Faktoren, die Unfallstatistiken zu Gunsten von Autos verfälschen:
    Wenn jemand sein Auto auf der anderen Straßenseite geparkt hat und beim überqueren der Straße angefahren wird, dann zählt das als Fußgänger-Unfall, obwohl es eigentlich zum Risiko einer Auto-Fahrt gerechnet werden müsste. Wer seinen kompletten Weg zu Fuß zurücklegt, wird die Straße eher an Ampel oder Zebrastreifen überqueren und nicht dort, wo zufällig das Auto geparkt ist.

    Selbiges gilt auch wenn jemand z.B. über eine rote Ampel rennt um den Bus zu erreichen.

    Berücksichtigte man dies, sähen Unfallstatistien für Fußgänger wesentlich besser aus, für Autos und ÖPNV wesentlich schlechter.

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  2. Das ist ein sehr interessanter Gedanke. Es ist verdammt schwierig, aus Statistiken die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen, wie diese Überlegung wieder einmal zeigt. Das gilt auch für die leidige Radhelm-Diskussion. http://dasfahrradblog.blogspot.de/p/blog-page.html

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  3. "Im Jahr 2002 betrug der Radverkehrsanteil 2 Prozent. Je 1 Million Rad-Kilometer verunglückten 5 Radler/innen. Sieben Jahre später, im Jahr 2009 war der Radverkehrsanteil auf 5,5 Prozent gestiegen (das ist immer noch nicht viel), und es verunglückten nur noch 1,5 Radler/innen auf eine Million Rad-Kilometer."

    Wie kommt eine solche Statistik eigentlich zustande? Vor allem, wie kommt man an die zurückgelegten Distanzen? Da ist die Rede von pro Million Rad-Kilometer, aber wie wurden die erhoben? Befragungen und Hochrechnungen? Von Schätzungen oder Tachodaten? Wie verlässlich ist denn sowas? Ich für meinen Teil bin eher skeptisch gegenüber solchen Zahlen. Zumal bei Radland nicht einmal die angewandte Methode beschrieben wird, oder ich hab' sie übersehen.

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