16. Oktober 2014

Radler testen Tübinger Straße

Gestern Abend habe ich auf dem Marienplatz über das Verkehrskonzept für die Tübinger Straße informiert: Was der Gemeinderat beschlossen hat, was der Bezirksbeirat Süd wollte, und was die Stadt nicht will. 

Anschließend haben sich etliche Radler auf den Weg gemacht, um die Situation an der Radlerschleuse zu erkunden. Wie funktioniert die eigentlich?

Sie kamen teils echt erschrocken zurück.


"Die Autos fahren ja alle illegal.", "Die Autofahrer wissen gar nicht, dass die Radler da Vorfahrt haben." "Da war Stau, und dann ist uns rückwärts einer auf der linken Spur entgegengekommen." Manche haben auch gedacht, sie als Radler hätten an der Schleuse gar keinen Vorrrang, so einschüchternd haben sich die Autofahrer offenbar verhalten. Und einer kam zurück und sagte: "Sogar die Polizei ist an der Feinstraße falsch (also ordnungswidrig) abgebogen."

Es war eindrücklich für viele Radler, wie chaotisch die Situation abends gegen 18:00 dort ist. Und gefährlich.

Auf dem Foto (rechts) sieht man eines der Probleme. Die einen Radler kommen raus, ein anderer will rein in die Schleuse, und ein Autofahrer ist gerade illegal um die Baken herumgefahren und bedrängt alle Radler von links. Weder der Autofahrer, noch die Radler wissen, wie sie sich eigentlich verhalten sollen.

Für uns steht deshalb fest: Die Tübinger Straße muss - so wie vom Gemeinderat beschlossen - schnellstmöglich Fahrradstraße werden.  Und an der Feinstraße müssen Poller hin, die es Autofahrern unmöglich machen, aus der Feinstraße illegal in die Tübinger Straße abzubiegen, oder vom Marienplatz her kommend zur Feinstraße hinaus zufahren. Die Radlerschleuse muss weg. Sie ist zu kompliziert und hoch gefährlich für Radler.

Am kommenden Dienstag, den 21. Oktober, 18:30 Uhr (Generationenhaus Heslach), wird sich der Bezirksbeirat Süd noch einmal mit der Tübinger Straße befassen. Vertreter des Amts für Öffentliche Ordnung wollen ihr Konzept erläutern, das vorsieht, die Radlerschleuse beizubehalten (siehe Grafik unten).

Sitzungen des Bezirksbeirats sind grundsätzlich öffentlich und grundsätzlich können sich dort Bürgerinnen und Bürger auch zu Wort melden.

Hier die beiden einander gegenüber stehenden Konzepte: Links das, was vom Gemeinderat und Bezirksbeirat beschlossen wurde. Rechts das Konzept des Ordnungsamts mit Schleuse. Wir sind dann doch eher für die klare und einfache Lösung (beide Male Blick auf die Tübinger- und Feinstraße.)


















Übrigens hat auch die Eberhard Straße hat sich gefreut, dass an dem Abend mal mehr Radfahrer auf der Fahrradstraße unterwegs waren, als Autos, die sich dort auf der Suche nach Parkplätzen und auf Schleichwegen dort durchschieben, obgleich die Straße nur für Anlieger frei ist .

11 Kommentare:

  1. "Übrigens hat sich auch die Eberhard Straße gefreut, dass an dem Abend mal mehr Radfahrer auf der Fahrradstraße unterwegs waren, als Autos." Das ist m.E. die Krux. Selbst da, wo die Infrastruktur vorhanden ist, fahren vergleichsweise wenig Radler. Frage mich, was ist Ursache, was ist Wirkung? Wie sollen (unbedarfte) Autofahrer die Eberhardstraße als echte Fahrradstraße wahrnehmen - abgesehen vom Schilderwald - wenn nur so wenig Radfahrer unterwegs sind? Ähnliches gilt für den Radweg in Bad Cannstatt. Ist der schlecht geplant (weil nicht durchgängig über den Wilhelmsplatz), oder fahren Pendler unabhängig davon sowieso woanders?

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    1. Die Eberhardstraße ist ja Teil der Hauptroute 1 längs durch den Kessel, aber diese Route ist halt durch die Innenstadt wo winklig und mit so vielen Hinternissen ausgetattet (Mischverkehr, eine Ampel an der Torstraße, wo man sehr lange steht), Fußgänger, die die Fahrradstraße als Fußgängerzone betrachten, vor allem am Marktplatz beim Breuninger, dass Radler, die schnell von A nach B wollen, sich andere Strecken für die täglichen Fahrten suchen. Ja, die Radrouten sind von der Stadt nicht so geplant, dass sie es Radlern leicht machen. Das ist wirklich schade. Außerdem füllen sich fast alle verkehrsberuhigten Zonen mit Unmengen von Autos. Das ist echt ein Phänomen. Den ordnungswidrigen Autoverkehr einzudämmen, scheint niemand ein Interesse zu haben. Am wenigsten die Polizei.

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  2. Also ich würde sagen das die Pendler meistens die Fahrradwege nicht nutzen. Ich fahre täglich vom Hallschlag in die Innenstadt. Ich vermeide es durch den Park zu fahren und fahre die Nordbahnhofstraße, muss dann aber nach dem Durchlass durch den Park fahrern weil alle Alternativen bedeutend schlechter sind. Die meisten Fahrradstrecken in Stuttgart sind einfach von den falschen Leuten geplant.

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    1. Ich wünsche mir auch Radrouten, wo man sich nicht druch Fußgänger schlängeln muss, und solche, wo die Autofahrer uns Radlern mit etwas mehr Respekt begegnen, vor allem dort, wo wir Vorrang haben.

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  3. Wir hatten um 18 Uhr für die Dauer von ca. 20 Minuten einfach mal das Verhalten der Verkehrsteilnehmer an der Schleuse Tübingerstr/ Feinstr beobachtet: über die Hälfte aller Pkws ignorierte die Verkehrsführung! Einige nutzen, vom Gerber kommend, als Geisterfahrer sogar die ihnen entgegenkommende Fahrradspur der Schleuse, um auf der Tübingerstr zu bleiben! Wir dachten, wir sehen nicht richtig. Gehts noch?

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  4. Ja, das hast du erzählt. Für mich faszinierend war ein Autofahrer, der aus der Stauschlange Richtung Feinstraße auf die linke Spur augeschert ist, und dann gegen uns Radler rückwärts 30 Meter an der Schlange vorbei aus dem Stau gefahren ist. Das war schon beeindruckend. Die Not der Autofahrer muss man an dieser Stelle beenden, indem man die Tübinger hier dicht macht. Dann kommen die vom Gerber raus, und die anderen quälen sich hier nicht mehr mit illegalen Aktonen.

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  5. Eine kleine Ergänzung habe ich zu der Bemerkung eines Radfahrers

    „Sogar die Polizei ist an der Feinstraße falsch (also ordnungswidrig) abgebogen“

    im Fahrradblog: Radler testen Tübinger Straße.

    Rechtlich gesehen ist die Polizei nicht unbedingt ordnungswidrig abgebogen.

    § 35 StVO (1) sagt:

    Von den Vorschriften dieser Verordnung sind die Bundeswehr, die Bundespolizei, die Feuerwehr, der Katastrophenschutz, die Polizei und der Zolldienst befreit, soweit das zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben dringend geboten ist.

    Ob sie in der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben unterwegs war und diese Aufgaben es haben dringend geboten sein lassen, so abzubiegen, wie es geschehen ist, müsste man die Dienststelle fragen.

    Helmut Waitzmann

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    1. *lach* ja, vielleicht.

      Allerdings setzt "dringend geboten" rechtlich bereits eine ziemlich hohe Hürde und außerdem ist auch § 35 Abs. 8 StVO mit zu berücksichtigen, wenn hier nicht verkehrsbedingt (Gegenverkehr) sogar das Sonderwegerecht nach § 38 StVO einschlägig gewesen ist und das gibt es nur mit Blaulicht und Martinshorn.

      Egal. Darum geht es nicht. Das Polizeifahrzeug war nur ein Gimmick und als Radler und damit grundsätzlich schwacher Verkehrsteilnehmer habe ich der Polizei gegenüber eigentlich ein ganz entspanntes Verhältnis.

      Das Polizeifahrzeug war nicht das Problem. Das Problem ist die unglaublich hohe Zahl der anderen Kraftfahrzeuge, die die dortige Regelung permanent missachten und damit eben leider zugleich den Radverkehr gefährden.

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    2. Viele von uns Radlern haben die Polizei bei solchen Situationen auch schon auf die Fehler angesprochen. (Etwa, wenn sie an der Radlerampel Ausgang Eberhardstraße steht), und wir kriegen dann meist zur Antwort: "Wir sind immer im Einsatz." Na ja. Polizisten hinterm Lenkrad sind halt auch nur ganz normale Autofahrer. Ich hoffe, dass das Verständnis für uns Radler steigt, wenn die Polizei erst einmal auf Pedelecs Streife fährt.

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    3. Das „Wegerecht“ nach § 38 StVO gibt es tatsächlich nur mit Blaulicht und Martinshorn. Allerdings ergeben sich aus § 38 StVO keine weiteren Rechte für die Polizei (analog für Feuerwehr, Rettungsdienst, …). Es ergeben sich daraus nur Pflichten für andere Verkehrsteilnehmer, nämlich „sofort freie Bahn zu schaffen“.

      Für die Inanspruchnahme von Sonderrechten nach § 35 StVO (Überfahren von roten Ampeln, Fahren entgegen von Einbahnstraßen, Abbiegen entgegen den Vorschriften) ist weder Martinshorn noch Blaulicht notwendig. Dann haben die anderen Verkehrsteilnehmer aber auch nicht die Pflicht freie Bahn zu schaffen. Das Einsatzfahrzeug kann dann zwar links in die Tübinger Straße abbiegen, muss dabei jedoch den Gegenverkehr entsprechend beachten.

      Bei einem Unfall muss sich der/die FahrerIn des Einsatzfahrzeugs natürlich entsprechend rechtfertigen und es kann sich ohne weiteres herausstellen, dass die Inanspruchnahme von § 35 oder § 38 StVO nicht gerechtfertigt war. Genauso kann das Gericht bemängeln, dass zwar § 35 StVO aber nicht § 38 StVO in Anspruch genommen wurde.


      Unterm Strich dürften die paar „falsch“ abbiegenden Einsatzfahrzeuge aber nicht die größte Gefahr an dieser Stelle darstellen. Dafür ist die Masse an FalschfahrerInnen einfach zu groß.

      Michael

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  6. Mit ihrer Vorbildfunktion ist die Polizei schon das Problem, weil alle anderen Falschabbieger dann darauf verweisen.

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