21. Oktober 2015

Gehwege sind auch nicht für Radfahrer gedacht

Das Gehwegradeln ist in Stuttgart weit verbreitet. Ein Grund: Immer wieder werden Radler von der Fahrbahn auf freigegebene Gehwege geleitet. 

Die einen wissen, dass sie nur auf solchen radeln dürfen, wo auch ein Schild "Rad frei" steht. Alle anderen denken, dass Radler grundsätzlich auf Gehwegen rollen dürfen, wenn sie das für besser halten. Sie sehen keinerlei Schilder.

Selbst dort, wo auf der Fahrbahn Radspuren oder Sicherheitsstreifen sind (die meisten kennen den Unterschied zwischen beiden nicht), bevorzugen vor allem langsamere Radfahrer den Fußweg. In Möhringen gibt Radspuren, auf denen kaum ein Radler fährt. Und es gibt Schulwege für Radler, die ausschließlich über freigegebene Gehwege verlaufen.

In der Rembrandstraße nach dem Kreisverkehr an der Schule, bevorzugte ein Radler wiederum den eindeutig nicht freigegebenen Gehweg (Foto oben). In Möhringen scheinen die meisten Radler das Platz-Gefecht mit den Autofahrern zu scheuen. Offenbar haben sie schlechte Erfahrungen gemacht.

Ich bin kürzlich mit dem Auto durch Möhringen gekurvt. Es herrschte übler Stau. (Warum musste ich Depp auch mit dem Auto fahren? Ging leider nicht anders. Nie wieder!) Den Kreisverkehr an der Sigmaringer Straße hat kein Radler mehr befahren, da standen die Autos. Motorräder schlängelten sich auch noch zwischen den Autos durch.

Hier sieht man im Gedränge eine Radfahrerin, die ihr Fahrrad über den vollgestellten Zebrastreifen schiebt. Radeln schien ihr zu riskant.


Dahinter beginnt eine Radspur bis zur Ampel vor.




Aber wie man sieht, dient sie den Autofahrern dazu, den Stau an der Linksabbiegerspur zu umgehen. Der Radler, der parallel dazu auf dem Gehweg hoch fuhr, habe ich leider per Foto nicht erwischt. Am Ende der Radspur lud einer sein Auto aus und machte es sauber.

Dass Autofahrer sich über diese Radspur ärgern, verstehe ich. Wobei sie es selbst sind, die dafür sorgen, das sie vorn Radlern nicht benutzt wird, auch gar nicht benutzt werden kann.


Aber nicht nur in Mörhingen weichen Radfahrer gern auf Gehwege aus, weil sie den Stellungskampf mit Transportern und breiten Karossen nicht durchfechten mögen.

Dabei leben Radler auf Gehwegen gefährlicher, denn wenn sie dann vom Gehweg runter fahren, so wie dieser Radler (Foto rechts) es gleich tun wird, dann geraten sie vor die Kühler von Autofahrern, so wie mir dieser hier vor den Kühler gefahren ist, weil er einen Fußgänger auf dem Überweg umfahren hat.

Auf der Fahrbahn wird er immer vom Autofahrer gesehen. Hier, die Hohenheimer Straße hinunter zum Charlottenplatz rollen die einen auf der Fahrbahn, die anderen wiederum auf dem Gehweg.

Bei diesem Postboten möchte man es noch verstehen. So eine Tour ist kompliziert, und er kommt halt von unten und muss auf der linken Fahrbahnseite hoch.

Da geht nur Gehweg, sonst müsste er Umwege radeln.  Zumal er aus einer Rad-frei-Zone kommt, weil dort nämlich die Stadt die Radler wieder mal in die Fußgänger ableitet, damit sie auf der Kreuzung Charlottenplatz die Autos nicht stören.

Es ist schwierig, die ängstlichen Radahrer auf die Fahrbahnen, sogar auf die Radstreifen zu bringen. Denn unser Autoverkehr ist immer noch zu massig und zu aggressiv.  Dabei finde ich diese Gehwegradlerei wirklich unmöglich. Das geht einfach nicht!

8 Kommentare:

  1. Postboten dürfen übrigens auf Gehwegen fahren. Anders wäre eine Zustellung mit dem Rad ja auch fast nicht sinnvoll möglich.

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    1. Nein, sie dürfen nicht. In der StVO gibt es nur eine Ausnahmegenehmigung zur Leerung von Briefkästen.

      Ich seh's pragmatisch wie Christine im Beitrag, aber strenggenommen fahren die genauso illegal wie ihre viel mehr nervenden und gefährdenden Kollegen von den Paketdiensten.

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    2. In der Tat, der entsprechende Passus in der StVO wurde abgeändert. Jetzt gilt das nur noch für "Messfahrzeuge".

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    3. Naja, dem Postboten oder der Postbotin werden wir es doch, StVO hin oder her, wohl nachsehen wenn er oder sie den Gehweg benutzt. Zumal beim Zustellen ja nicht wirklich geradelt wird, zumindest würde ich das kurze "von Haus zu Haus treten" nicht als solches bezeichnen.

      Und vielleicht sollte man doch auch ein wenig mehr Toleranz für die "nervenden und gefährdenden Kollegen von den Paketdiensten" zeigen, denn die haben in aller Regel keine andere Wahl weil sie von den Auftrag-/Arbeitgebern unter dem massiven Druck stehen, alles so schnell wie möglich auszuliefern. Und das zu einem Ausbeuterlohn, oft basierend auf der Anzahl der zugestellten Sendungen. Versetzt man sich in deren Lage ist doch klar, dass die ständig in Eile sind und für Rücksicht dann oft keine Zeit bleibt, letzten Endes möchten die auch nur so gut es geht über die Runden kommen während die Herren in der Chefetage deren erwirtschafteten Produktivitätszuwachs seit Jahren nur noch in die eigene Tasche fließen lassen. Lange Rede kurzer Sinn: Wenn wir schon wütent und frustriert darüber sind, dann doch bitte an den korrekten Adressaten gerichtet.

      Ansonsten bin ich ganz bei Christine. Gehwegradeln geht gar nicht. Ganz allgemein sollten die Radler in Stuttgart mutiger werden und mehr Präsenz zeigen. Ist nur schwierig in einer Stadt die so sehr vom Autoverkehr geprägt ist.

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    4. Das ich das mit den Briefträgern pragmatisch sehe, habe ich ja geschrieben. Deine Einstellung zu Paketdiensten teile ich aber nicht. Nur weil sie wenig Lohn bekommen und unter Zeitdruck stehe sehe ich es nicht ein dafür gefährdet zu werden.

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  2. Bei mir hat es, zugegeben eine Weile gedauert, aber mittlerweile fahre ich, wo es geht auf der Straße. Hier in Stuttgart sind die meisten Radwege ja immer auch Fußwege, für ein zügiges Vorankommen nicht immer optimal. Da bin ich auf der Straße einfach schneller. Ich fahre lieber bei den Autos mit, als mich durch Fußgänger schlängeln zu müssen!

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  3. Na ja, Radwege sind die Fußwege natürlich nicht ,sondern nur freigebene für Radler, aber es stimmt, die meisten Radrouten werden in Stuttgart über lange Strecken über freigegebene Gehwege geführt. Man will die Radler verführen, von der Fahrbahn runter auf die Fußwege zu fahren, so sie Fußgänger stressen, was dann den allgemeinen Hass auf "Kampfradler" erhöht. Ich fahre nur noch ganz selten über solche Gehwege, ich fahre da fast immer Fahrbahn. (Der Grund, es ab und zu nicht zu tun ist der, dass ich keine Lust habe im Autostau zu stehen, weil Autos rechts von sich zum Bordstein für mich als Radler keinen Platz mehr lassen.) Auch so ein Trick, Radler auf Gehwege zu kriegen, wo sie Fußgänger stressen (und sich selbst auch) und eigentlich viel gefährdeter unterwegs sind. Man muss sich mal vorstellen, was passiert, wenn alle Gehwegradler auf den Fahrbahnen radeln .Wie irre schnell die Stadt dann nämlich trennende Radspuren schafft, damit die Autofahrer keine Radler vor sich haben.

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  4. Ich als geübter Radler fahre auch meist auf der Fahrbahn. Ist zwar eindeutig stressiger, geht aber schneller. Außerdem nerve ich dort nicht den gutartigen Fußverkehr, sondern Kfz-Führer. Lieber wäre es mir, ich hätte nicht nur die Wahl entweder Fußgänger oder aber Autofahrer zu nerven.

    Es gibt wenig, was für einen Menschen, man kann jedes Lebewesen nehmen, mehr Stress auslöst, als etwas, das sich einem von hinten nähert.

    Wer gibt schon gern sein Leben und seine Gesundheit vollständig in die Hände anderer, die man noch nicht einmal kennt, aber auf deren Aufmerksamkeit und Rücksicht man sich verlassen muss.

    Unter den gegebenen Umständen, d.h. wenn die Alternative Fahrbahnradeln heißt, ist Gehwegradeln eine zwar meistens illegale, jedoch rationale und lebensbejahende Entscheidung zumindestens für diejenigen, die ihr Schicksal gern in den eigenen Händen halten.

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