7. Mai 2021

Sicher mobil leben - guter Aktionstag

Der bundesweite und natürlich auch landesweite Aktionstag zur Sicherheit im Straßenverkehr am  5. Mai widmete sich der Sicherheit der Radfahrenden. 

Und es lief diesmal nicht darauf hinaus, dass die Polizei hauptsächlich Licht und Bremsen an Fahrrädern kontrollierte und damit implizit behauptete, es liege an den Radfahrenden, wenn sie Unfälle erleiden. Vielmehr ging es diesmal darum, auch Autofahrenden klar zu machen, was sie zur Sicherheit von Radfahrenden beitragen können. 

In Stuttgart ging es, wie es scheint, schwerpunktmäßig um Überholabstände von Autofahrenden zu Radfahrenden. Die Stuttgarter Zeitung widmet jedenfalls ihren ausführlichen Bericht der Situation von Radfahrenden, die auf den schmalen Schutzstreifen auf der Böblinger Straße (Kaltentaler Abfahrt) zwischen geparkten Autos und der Autofahrspur hoch oder unter radeln und von Autofahrenden auf diesen Streckenabschnitten nicht überholt werden dürfen, weil der Platz nicht reicht. Die Polizei malte auf die Fahrbahn die Abstände, um das allen zu verdeutlichen. 

Es ist bereits der zweite Zeitungsbericht über dieses faktische Überholverbot auf der Kaltentaler Abfahrt. Das finde ich gut, weil zu hoffen ist, dass auch Autofahrende das lesen, denen oftmals überhaupt nicht klar ist, dass sie auch innerhalb ihrer Fahrspur nicht an Radfahrenden vorbeifahren dürfen, die auf einem Streifen unterwegs sind, wenn sie die 1,50 Meter Abstand zum Außenlenkergriff nicht halten können. 

Grundätzlich ist zu wünschen, dass unsere Autofahrenden in Stuttgart uns Radfahrenden mit  Geduld und Wohlwollen begegnen, was die meisten ja auch tun. Also nicht noch schnell aus einer Vorfahrtachten-Straße rausfahren, wenn man den Radler kommen sieht, der dann bremsen muss, nicht noch schnell vor der entgegenkommenden Radfahrerin nach links in eine Seitenstraße einbiegen, sodass sie bremsen muss. Und nicht zu dich auffahren und den Motor dabei johlen lassen! Das wäre schön. Ein großer Radverkehrsanteil am Stadtverkehr ist ja auch für Autofahrende ein Gewinn, denn wer auf dem Rad sitzt, verlängert schon mal nicht den Hauptverkehrsstau und braucht keinen Parkplatz. 

Im Kreis Böblingen wollte man das Augenmerk auch auf allgemeine Rücksichtnahme lenken, insbesondere auf den Überholabstand zu Radfahrenden. Die Polizei Mannheim hat gleich eine ganze Straßenbahn mit Botschaften bekleben lassen, die wir allerdings auf dem Foto nicht recht erkennen können. Aber ich sehe immerhin das Überholabstandsbild. Busse und Bahnen sollen in Mannheim jetzt mit solchen Botschaften zu den Verkehrsregeln und zu mehr Rücksichtname herumfahren.  

Übrigens sind jetzt auf den Anzeigetafeln der B27 die Informationen zum Überholabstand zu Fahrradfahrenden zu sehen. Sehr schön! 

Nachtrag, heute: Und wieder stand heute die Polizei an der Kaltentaler Abfahrt und hat wirklich zahllose Autofahrende über den Überholabstand zu Fahrräder belehrt. Eine sehr eindrucksvolle Aktion. Vielen Dank dafür. Siehe Foto ganz oben.
Frage des Autofahrers: "Und wenn ich nicht vorbeikomme?" Antwort des Poizisten: "Entweder der Radfahrer erbarmt sich Ihrer und fährt rechts in eine Lücke oder Sie müssen eben hinter ihm bleiben. In einem Wohngebiet drängeln Sie sich doch auch nicht an einem Radfafahrer vorbei."
(Hm ja, doch!)

25 Kommentare:

  1. Auf der Straßenbahn ist die Aufforderung "Rücksicht für ein starkes Miteinander", "keine Ablenkung beim Lenken" (Kein Handy beim Radfahren) und !TATTA! eine Auffordung "Kein Parken auf Geh- und Radwegen".
    Und dann noch der Link zu www.gibt-acht-im-Verkehr.de
    Wenn die Bahn mir mal begegnet, versuche ich mal ein Photo zu machen, was sonst noch draufsteht.
    Bei uns wurde bei den Aktionen auch wieder "Helmsensibilisierung" betrieben, mit der Aussage, dass "die Hälfte der tödlich verunglückten Radfahrer an Kopfverletzungen sterben", als Aussage des Einsatzleiters ohne zusätzliche Quellenangabe.
    Den Aktionstag finde ich auch gut, vor allem wenn auch mal auf das Drumherum geachtet wird. Bei uns wurden z.B. auch Überholabstände von Autofahrern kontrolliert.
    Ob es was gebracht hat? Zumindest Aufmerksamkeit über die Presse. Und die Hoffnung, dass sich doch was zum Besseren entwickelt.
    Karin

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    1. Aha, also ganz können die es nicht lassen, die Radfahrenden für ihre Unfälle vertantwortlich zu machen. In Stuttgart werden jetzt auf den Anzeigen entlang der großen Straßen Hinweise auf den Überholabstand gezeigt. Das ist ja mal nicht schlecht.

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  2. Habe den Eindruck, dass für die meisten meinen, die 1,5m Abstand ab dem Fahrersitz gemessen.

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  3. Wenn die Stadt eine Infrastruktur zur Verfügung stellt, die Radfahrer gefährdet, helfen auch Werbekampagnen nichts, da muss das Geschwür von innen heraus geschnitten werden.

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    1. Genau. Schon oft geschrieben, erster Grundsatz zur Gefahrenabwehr ist nicht die Erziehung/Ausbildung der Beteiligten, sondern die Beseitigung der Gefahrenquelle.

      Was ist hier die Gefahrenquelle? Die Tatsache, dass Rad- und Autoverkehr zu eng geführt werden. Was bringt es, wenn aufgrund eines Artikels oder einer Straßenbahn-Plakat-Aktion oder Polizeikontrollen oder sonstsowas jetzt nur noch 25% der Autofahrer zu dicht überholen, statt vorher 50% (beide Zahlen sicher zu optimistisch). Eigentlich nichts (und von Dauer ist es auch nicht).

      Wie beseitigt man hier die Gefahrenquelle? Weg mit den Parkplätzen da auf der Seite! Und wenn das nicht über die ganze Länge der Strecke geht, in letzter Konsequenz: weg mit dem Autoverkehr da! Ja, genau so radikal!

      Wir müssen endlich die Dinge in letzter Konsequenz angehen, in diesem und anderen Bereichen, wo das Gemeinwohl aktuell zugunsten indvidueller Freiheiten mit Füßen getreten wird.

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    2. "Und wenn das nicht über die ganze Länge der Strecke geht"

      Ich korrigiere: wenn aus imperativen baulichen Gründen eine genügend breite Strecke für den Radverkehr nicht durchgängig geschaffen werden kann

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    3. Was die Polizei da auf dem ersten Bild aufgemalt hat, zeigt ja deutlich, dass die Straßenmarkierungen zu dicht an den parkenden Autos verlaufen und den Radfahrenden keine gleichzeitig sichere und StVO-konforme Straßenbenutzung erlaubt. Weißt Du, Christine, ob das aufgegriffen und konkrete Folgemaßnahmen eingeleitet wurden?

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    4. Ich kenne Leute, die die Kaltentaler Abfahrt in den siebziger und achtziger Jahren rauf geradelt sind. Das war der Horror. Lange Zeit waren da gar keine Radler:innen unterwegs, die kamen erst, als man den Schutzstreifen aufmalte. Er zeigt allen, dass hier Rad gefahren werden kann, und seitdem wird da auch Rad gefahren. Hätte man diese Steifen nicht, würden dort viel weniger radeln. Das ist aber auch der einzige Vorteil. Inzwischen sind diese Schutzstreifen so nicht mehr zeitgemäß und der nächste Schritt ist der, dass man dort alle Parkplätze wegnehmen muss, damit ein Radstreifen dorthin kommt. Dafür brauchts aber halt eine Mehrheit im Gemeinderat. Im Zuge der Planung von Radschnellverbindungen ist die Böblinger Straße aber Teil des Netzes, und das bedeutet, dass letztlich eben genau dort alle Parkplätze zugunsten eines drei Meter breiten Radstreifens wegfallen müssen. Und ich hoffe, wenn es soweit ist, dass der Gemeinderat das beschließt, dass die allgemeine Aufregung über Radschnellverbindungen sich so weit gelegt hat, dass es da nicht zu zu endlosen Diskussionen und einem Scheitern kommt, weil es den Rechts-Konservativen zu weit geht und den Linken nicht weit genug. Und es schadet nicht, wenn Autofahrende trotz nicht besonders guter Infrasgtruktur lernen, auf Radfahrende zu achten und auf sie Rücksicht zu nehmen, auch dort, wo meine Schutzstreifen verlaufen.

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    5. @Holger, auf meinem Fotos siehst du eine Montage von mir, das Originalfoto der Polizei siehst du auf dem Facebooklink im Post selber. Da verlief der Schutztstreifen sogar ohne Abstand zu den geparkten Fahrzeugen und die Verhältnisse sind noch enger.

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    6. @Holger: "die Straßenmarkierungen zu dicht an den parkenden Autos verlaufen und den Radfahrenden keine gleichzeitig sichere und StVO-konforme Straßenbenutzung erlaubt."

      Das tut sie schon, bloß eben nicht so, wie die Markierungen es suggerieren.

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    7. @anonym2: Stimmt, Schutzstreifen sind nicht benutzungspflichtig. Es bleibt aber ein sehr ungutes Gefühl, links darüber raus zu ragen, da jeder 200-ste oder 300-ste Autofahrer zu Selbstjustiz neigt, wenn ein Radfahrer oder Radfahrer sich nicht an das hält, was er für Radfahrerpflichten hält.

      @Christine: Bei aller meiner Kritik an Schutzstreifen: die Wirkung als Hinweis oder "Katalysator" an Radfahrer und Autofahrer, dass es eine Route auch für Radfahrer gedacht ist, von der zuvor die Autofahrer Radfahrende fast komplett verdrängt haben, ist positiv. Sie entfaltet sich leider nicht immer. Auf der Waiblinger Straße in Winnenden (Verlauf der "alten B14", bevor diese als Umgehungsstraße außen herum geführt wurde), befahren die Autofahrer die Schutzstreifen dermaßen hartnäckig und konsequent, dass sich dort bisher kein Radverkehr "ansiedelt". Im Gegenteil, die Anwohner klagen über den Lärm nächtlicher Auto-Raserei.

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    8. @Christine, der Seitenhieb auf die Linken verwundert mich. Sind sie es doch im Gegensatz zu den Grünen, welche auf Einhaltung des auch von dir initiierten Gemeinderatsbeschlusses aus 2019 bestehen. Ich finde es enttäuschend wie die Grünen immer mehr von diesem Beschluß abrücken, neue Radwege laut Beschluß nach dem Stuttgart Standard vom Radentscheid zu machen. Protected bike lanes sind kein Luxusradweg wie sie inzwischen der BUND im Zusammenhang mit dem Radschnellweg Nürnbergerstr. bezeichnet. Dein Cannstatter Parteifreund hat schon genug Porzellan zerschlagen und Unfrieden gestiftet. Es reicht.

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    9. @Holger, wegen der Waiblingerstr. in Winnenden hatte ich mal ein Gespräch mit der Winnender Stadtverwaltung. Der dafür verantwortliche Sachbearbeiter fühlte sich in seiner Ehre zutiefst gekränkt, dass diese Schutzstreifen kritisiert werden. Schließlich hätte er sich so dafür verkämpft, dass diese dort hinkommen. Tja, da bekommt der Radler dann ein schlechtes Gewissen aufgrund seiner Motzerei Motzerei, denkt sich seinen Teil und fährt eben auf der Parallelstr durchs Industriegebiet.

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    10. Ja, das Dilemma, in dem Christine auch immer wieder steckt und bei dem sie mich regelmäßig kritisiert, wenn ich überdeutlich kritisiere. Man möchte diejenigen natürlich nicht demotivieren, die sich überhaupt für den Radverkehr einsetzen und auf die man angewiesen ist bei jeglicher Planung und Realisierung.

      Soll man schon mit kleinen Verbesserungen und Maßnahmen zufrieden sein oder penetrant und hartnäckig darauf pochen, dass es wenn schon etwas angepackt wird, dann richtig gemacht wird und dass Unzureichendes nachgebessert wird?

      Vor allem, wenn es sich nicht nur in der Praxis zeigt, dass die geschaffene Infrastruktur "nicht funktioniert", sondern wenn sie sogar nach den Verwaltungsvorschriften und den Regelwerken der FGSV und der Empfehlungen des GDV widersprechen? Weder Ordnungsamt noch Polizei kümmern sich um Autofahrer, die die Radfahrstreifen und Schutzstreifen nicht respektieren. Aber riesiges Theater um jeden Radfahrer, der die Marktstraße quert statt einen großen Bogen um die Kernstadt zu machen oder gar längs zum Einzelhandel seines Bedarfs oder zur Eisdiele zu rollen wagt.

      Und die Autoverkehrs-Lobbyisten kämpfen allgemein und immer wieder mit harten Bandagen. Sie scheuen sich nicht, vor Gericht Klagen einzureichen und werden (wurden) trotzdem (oder deshalb) von den Behörden und von den politischen Gremien hofiert.

      Wahrscheinlich warst Du, Rainer, ja auch bei der Bürgerinfo über das Radwegekonzept, wo seitens der Stadtverwaltung (OB und Stadtplanungsamt) Susi G. nicht widersprochen wurde, dass die Schutzstreifen auf der Waiblingerstraße im Berufsverkehr unbenutzbar sind. Die Veranstaltung ist Jahre her und ich erinnere mich nicht mehr, wer von den "bekannten Gesichtern" noch alles im Publikum war. Und aktuell kümmert man sich erst einmal um die sogenannte "Osttangente". Ok, auch nicht schlecht. Gut, dass überhaupt etwas angepackt wird. Aber warum nicht in der Reihenfolge der Priorität des Radwegekonzepts, und wenn man mehrere Fliegen (die besagten Anwohnerproteste) mit einer Klappe schlagen kann?

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  4. das wird ja spannend, wer zuerst nachgibt, die Autoparkplatzlobby oder die Autofahrerlobby. die Strecke hinter einem 5-10km/h langsamen radler herzufahren, kostet nerven - die werden bald blank liegen - so fern das ganze überhaupt einigermassen kontrolliert werden wird.

    tho

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  5. Die Aktionen sind ja durchaus fortschrittlich und an aktuellen Themen orientiert.

    Im Rems-Murr-Kreis lief der Aktionstag laut Zeitungsartikel teilweise noch im althergebrachten Retro-Schema ab: Radfahrer wurden kontrolliert, dass sie keine schweren Unfälle verursachen, weil
    a) keine Klingel am Rad angebracht ist
    b) keine funktionierende Beleuchtung am Rad ist. (etwas merkwürdig, weil dank nächtlicher Ausgangssperre ziemlich sicher tagsüber kontrolliert wurde)

    So war das Ergebnis entsprechend: mehr als 3 von 4 beanstandeten Verkehrsteilnehmern waren Radfahrer. Beim verbleibenden Viertel wurde nicht aufgeschlüsselt, wie viele auf MIV, Fußgänger sowie Öffi-Fahrer entfallen sind.

    Das ist ein erschütterndes Ergebnis. Stellen die Radfahrer tatsächlich in dieser Region tatsächlich über 75% der Verkehrsrowdys oder war das ein "Bias", den die Polizei verursacht hat durch Wahl der kontollierten Stellen und der Aspekte, die kontrolliert wurden?

    Das wäre schon wichtig zu wissen, um die wirkungsvollsten Maßnahmen daraus ableiten zu können. Wir wollen schließlich schnellstmöglich die "Vision Zero" umsetzen.

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  6. Und in Karlsruhe wurde dieses Machwerk veröffentlicht:
    https://www.ka-news.de/region/karlsruhe/fahrradfahren-karlsruhe./mehr-radfahrer-durch-corona-das-sind-die-hotspots-der-fahrradunfaelle-in-karlsruhe;art6066,2650636

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    1. Autsch.

      Immer wieder verwunderlich finde ich die Erwartungshaltung, dass sich alle Leute, die sich als Fußgänger und als Autofahrer nicht an die Verkehrsregeln halten und aggressiv auftreten, plötzlich wahre Engel sein sollen, sobald sie aufs Fahrrad steigen? Warum sollte die Wahl des Verkehrsmittels Einfluss auf Charaktereigenschaften und auf die Einstellung zu Gesetzen und Vorschriften haben?

      Ist es nur die Machtfrage, die Christine in ihrem zu Recht viel beachteten Blogbeitrag behandelt hat? Ich vermute, es kommt noch etwas schlechtes Gewissen der Autofahrer dazu, die denken: Jeder, der sich im Alltag statt beim bequemen Autofahren zu bleiben den Gefahren und Widrigkeiten des Radfahrens aussetzt, muss ein bewundernswertes Maß an Altruismus und soziales Verantwortungsbewusstsein mitbringen. Dann ist die Enttäuschung groß, wenn man feststellen muss: Auch Radfahrende sind im Durchschnitt ganz normale Menschen, die vor allem egoistisch selbst schnell vorankommen wollen und nur das durchschnittlich niedrige Maß an Rücksicht auf andere nehmen.

      Der wesentliche Unterschied ist, wie viel Gefahr vom jeweiligen Verkehrsteilnehmer ausgeht. Da liegen Fußgänger auf niedrigem Niveau (objektiv gemäß Unfallzahlen und gefühlt), Radfahrer gefühlt knapp darüber (gefühlt aber fast wie Autofahrer) und Autofahrer objektiv an einsamer Spitze, gefühlt aber relativ niedrig (oder quasi resigniert als gottgegeben und unvermeidlich abgehakt).

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  7. Jörg
    Mich schockiert immer wieder die Schuldfrage. Der Fussgaenger letztens auf der A81 hatte Schuld. Demzufolge ist sein Tod in Ordnung. Da hängen mich mich meine Mitbürger komplett ab.
    Die Polizei KA hatte die Schuldfrage aufgebracht und in einen falschen Zusammenhang gestellt. Scheinbar ist es in Ordnung einen Radfahrer den man sehen muss der dort nicht sein soll zu verletzen. T30 in Städten ist einfach sicherer.

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    1. Es stimmt ja auch, dass Paragraf 1 der StVO alle zu rücksichtsvollem Verhalten aufruft. Und Autofahrende haben wegen der doch sehr hohen Betriebsgefahr ihrer schweren und tödlichen Fahrzeuge die Pflicht, besonders aufmerksam zu fahren. Andererseits kann weder ein Radfahrer, noch ein Autofahrer was machen, wenn unvermutet ein Fußgänger vor einem auftaucht. Mir ist das auf dem Fahrrad mal passiert, in der Dämmerung trat ein mausgrau gekleideter Mann zwischen zwei geparkten Autos hervor, während vor mir ein Auto kam, bei dem ich abschätzen wollte, wie weit es auf meiner Seite fährt. Also saß ich den Mausgrauen nur im Augenwinkel und eigentlich gar nicht, habe aber eine Vollbremsung hingelegt, weil eben irgendwas in meinem Blickfeld nicht stimmte. Hätte ich ihn angefahren, weiß ich nicht, ob ich mich unbedingt für schuldig gehalten hätte. Ich finde zwar auch, dass wir aufmerksam fahren sollen, aber ich kenne auch die Schrecksekunden, wenn in einer Kurver auf der linken Seite ein Radler die Alte Weinsteige runter saust und kein Licht am Lenker, sondern nur ein kleines Licht am Helm hat. Himmel, den hätte ich fast nicht gesehen. Manchmal machen wir uns als Fußgänger:innen und vor allem auch als Radfahrene nicht klar, wie wenig wir gesehen werden, wenn wir beispielsweise nachts in dunkler Kleidung ohne Licht unterwegs sind. Mir hat mal ein Radfahrer erzählt, dass ihm erst, als er den Führerschein machte (ist jetzt auch 40 Jahre her), kapiert hat, wie wenig unbeleuchtete Radler nachts sichtbar sind.

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  8. Bergab fahre ich auf der Kaltentaler Abfahrt immer am linken Rand des Streifens, sodass mich niemand überholen kann. Da ich da aber sowieso mit ca. 50km/h runter fahre, hält das niemanden auf. Aber verständlicherweise traut sich das nicht jeder und leider sind auch viele Räder nicht mit ausreichend gut funktionierenden/gepflegten Bremsen ausgestattet.

    Also ich wurde auch kontrolliert, in Sindelfingen, keine 30m von meiner Haustür. Es wurde auch Licht, Reflektoren und Klingel geachtet und ich wurde gelobt, dass ich einen Helm trug.

    Die haben alle Radfahrer rausgewunken, wieviele Autofahrer sie kontrolliert haben, weiß ich nicht. Ansonsten habe ich die Polizei an der Stelle noch nie Radfahrer rauswinken sehen, es gibt aber alle 1-2 Wochen eine Kontrolle an der Stelle.

    Eine Stunden später war die Kontrolle schon vorbei. Wie lange die Kontrolle davor dauerte, weiß ich nicht, weil ich länger nicht mehr aus dem Fenster geschaut hatte.

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  9. Alfons Krückmann

    "Ein großer Radverkehrsanteil am Stadtverkehr ist ja auch für Autofahrende ein Gewinn, denn wer auf dem Rad sitzt, verlängert schon mal nicht den Hauptverkehrsstau und braucht keinen Parkplatz. "

    Ja.
    Vollkommen richtig, gilt aber nur bei der neuerdings wieder von der Autolobby (und den Radentscheiden, ...) favorisierten 'Lösung' mit konsequenter "baulicher Trennung" des Radverkehrs. Im Mischverkehr sieht das gegenteilig aus (was natürlich nicht heisst, dass in reinem Mischverkehr bereits die 'Lösung' oder 'Verkehrswende' liegen würde).

    Resultat der baulichen Trennung à la NL: verbesserte MIV Reiezeiten, also vergrösserte Erreichbarkeitsradien für den MIV und in Folge größere gefahrene Entfernungen (Reisezeitkonstanz!) stärkere Zersiedelung, höhere MIV-Fahrleistung, ggf. noch stärker steigende Mieten in den Zentren, was dann wieder die Zersiedlung fördert ...
    Kurzum der ganz normale Teufelskreis des eskalierenden Automobilismus.
    Aber nun.
    Reboundeffekte und nicht selten sogar Backfire-Effekte werden ja in der neuen Radwegebau-Szene konsequent unter den Teppich gekehrt und es werden massive Marketingkampagnen mit der Falschbehauptung gefahren, dass Radverkehrsseparation für Umwelt/Klima - Vorbild Niederlande/Vorbild Kopenhagen - ein Gewinn sei.
    Dass in NL und in der Metropolregion Kopenhagen die MIV-Fahrleistungen und auch die Autobesitzquote ansteigen?
    Da schalten wir doch lieber mal das Programm >ignore the science< an, statt uns mit Empirie und lästigen Fakten zu beschäftigen, die nur kognitive Dissonanz schaffen, und die womöglich gar das schöne und 'anschlussfähige' Radseparations-Marketinggebäude ins Wanken bringen würde.
    Da haben CDU-Strössenreuther und seine Jünger tatsächlich ganze Arbeit geleistet.
    Der Daimler dankt!

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    1. @ Alfons, zunächst ist es nur eine Korrelation, aber noch keine Kausalität, dass es in NL zwar eine weit verbreitete bauliche Trennung der Radwege gibt und dennoch eine Zunahme des KFZ-Verkehrs. Welche wissenschaftliche Studie weist denn nach, dass die bauliche Trennung mehr MIV VERURSACHT? Wie Du es darstellst, induzieren baulich getrennte Radwege zwangsläufig zusätzlichen Kfz-Verkehr und wären deshalb abzulehnen.

      In Stuttgart führt fast jede Umwidmung einer Fläche zu einem Radweg dazu, dass eine andere Verkehrsfläche reduziert wird, da es kaum unbebaute Flächen gibt, die nicht sowieso schon Straße sind (die Parks mal ausgenommen, die durch die Bundesgartenschau in den 70ern durch Brücken verbunden und nachhaltig aufgewertet und im Zusammenhang mit S21 beschleunigt wieder verkleinert werden).

      Da die Fußverkehrsflächen sowieso minimal sind, führt das in der Regel dazu, dass dem KFZ-Verkehr Flächen genommen werden. Also negativ induzierter KFZ-Verkehr.

      Ok, ein wenig Fußverkehr zu verdrängen, wird in Stuttgart dennoch praktiziert und wird weiter geschehen, z.B. weil verkehrsberuhigte Bereiche und Fußgängerzonen auf Hauptradrouten einfach nicht zulässig sind. Negativ induzierter Fußverkehr ist aber effektiv die Ausnahme.

      Andererseits gibt es massive gegenläufige Einflüsse, die nach wie vor zu Zunahme von Autoverkehr sorgen:

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    2. 1. Unabhängig vom Radverkehr (und in Deutschland häufig ohne die vorgeschriebenen parallel laufenden Radwege anzulegen) werden KFZ-Verkehrsflächen gebaut. Schau´ Dir allein die Budgets an für Autoverkehr und den Bruchteil, der für Radverkehr eingesetzt wird, und zwar nicht nur für den fließenden Verkehr, sondern auch für Parkplätze und Parkhäuser. Ist dieses Phänomen in NL nicht auch zu beobachten? In Stuttgart neu gebaute Kfz-Tunnel, zusätzliche Fahrstreifen an Bundesstraßen usw. induzieren massiv Kfz-Verkehr.

      Auch die eine Zeit lang diskutierte Seilbahn in Stuttgart wäre eine Maßnahme zur Förderung des Kfz-Verkehrs in der Region, da sie einen für Pendler noch extrem gut erreichbaren Parkplatz in der Peripherie mit zentral gelegenen Arbeitsplätzen verbinden sollte. Eine Chance, wieder mehr Kfz-Verkehr zu induzieren, indem die Kfz-Überlastung der Innenstadt umgangen wird.

      2. Konzentration von Industrie und starke räumliche Trennung von Wohnbebauung von Gewerbe- und Industrieflächen und Herausdrängen von Wohn- und Gewerbe/Industrie aus den Innenstädten (mal abgesehen von Handel in bestimmten Branchen und von Gastronomie). Das führt dazu, dass die Wegstrecken länger werden und (statistisch relevant) die Schwellen überschritten werden, was noch zu Fuß und was noch mit dem Fahrrad erreichbar ist. Die Konzentration im Schulwesen ist ein weiterer Einflussfaktor. Keine Dorfschule im Dorf-Rathaus mehr, also längere Wege bei immer enger gefüllten und getakteten Kalendern der Kinder. Das beflügelt den Trend zum Elterntaxi und somit zum Zweitwagen - zusätzlich induzierter Kfz-Verkehr.

      3. Individualisierung als treibenden "Charakterzug" unserer Gesellschaft. Dadurch haben alle "sozialisierten" Verkehrsmittel, insbesondere der ÖPNV, einen schlechten Stand. Verstärkt wird das durch das dezentrale Wohnen, was z.B. Busverbindungen auf allen benötigten Routen auf dem Land schlecht auszulasten und daher teuer macht. Aber auch die Ringverbindungen in den Regionen sind mau, was Rad- und was Öffis angeht. Pendle mal zwischen Winnenden und Ludwigsburg: Du landest zwangsläufig beim Auto, auf jeden Fall bei Schichtdienst.

      Aber auch der Fernverkehr: In der Region Stuttgart sieht man in den Industrie- und Gewerbegebieten nur noch traurige Reste von den Industriegleisen. Asphalt und LKWs drauf. Bahnbetriebsflächen, insbesondere Rangierbahnhöfe werden reduziert, Flächen unumkehrbar umgewidmet - noch einmal S21: das macht es unmöglich, den Trend umzukehren und wieder mehr Güterverkehr auf die Bahn zu verlagern. Zusätzlich induzierter Kfz-Verkehr.

      4. Landesbauordnung: Vereinfacht gesagt, für Autos müssen keine (Tief-)Garagen mehr gebaut werden. So lange Autos aber ansonsten derart attraktiv als Verkehrsmittel sind, schaffen die Leute ihr Auto also nicht ab. Parken im Straßenraum, gar noch im öffentlichen Raum, den die Gemeinde finanziert. Das ist schlecht. Jedes draußen im Wohngebiet rumstehende Auto verhindert, dass dort unbefangen gespielt werden kann. Da helfen auch verkehrsberuhigte Bereiche nicht. Lass´ mal eine Gruppe von Kindern mit Ball, Einrad, Rollschuhen etc. in die Nähe eines "heilix Blechle" kommen. Die Kinder werden in Zukunft per Elterntaxi irgendwohin weit weg transportiert, um zu spielen oder Sport zu treiben. Wieder induzierter Kfz-Verkehr.

      5. Steuern und Subventionen: Kfz- und Mineralölsteuern reichen bekanntlich nicht aus, um die Kosten zu decken, die der MIV der Gesellschaft (Gemeinden, Länder, Bund) verursacht. Dazu gibt es direkte Subventionen der hier angesiedelten Kfz-Hersteller und Zulieferer, zu allem Überfluss aber auch Subventionen der Endbenutzer (Käufer, Leasingnehmer) in einer Größenordnung, die über dem Preis eines hochwertigen, individuell angepassten Kleinserien-Lasten-Pedelecs und über dem Preis eines durchschnittlichen Profi-Rennrads liegen. Das muss man sich klar machen, die Regierung könnte Fahrräder verschenken und käme damit billiger als mit der praktizierten Induktion vermeidbaren umweltschädlichen, Energie-intensiven Kfz-Verkehrs.

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    3. Das wäre doch mal ein Hammer am Aktionstag "sicheres Fahrrad": jeder, der mit einer "alten Gurke" ohne zeitgemäße Bremsen und mit mangelhafter Sicherheitsausstattung angetroffen wird, bekommt ein subventioniertes Edel-Fahrrad aus deutscher Fertigung geschenkt! Im Gegenzug keine öffentlichen Forschungsgelder/erleichterten Baugenehmigungen/Corona-Hilfen für internationale Automobilkonzerne und keine Subvention von Firmenwagen. Ein super deal, wenn Staat und Regierung unbedingt individuell eingreifen wollen, statt sich auf das Schaffen von Infrastruktur und Rahmenbedingungen zu konzentrieren.

      Sollte es alle diese Faktoren in den Niederlanden tatsächlich nicht in ähnlicher Ausprägung geben, sodass eindeutig und ausschließlich die baulich getrennten Radwege zunehmenden Kfz-Verkehr induzieren? Mit Beweisen (d.h. fundierten Studien) lasse ich mich gerne überzeugen.

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