11. August 2022

Ich bin ein radelndes Überholverbot

Die Straße ist schmal, der Autofahrer hinter mir kann mich nicht überholen. Es sei denn, er schrappt eng an mir vorbei, was verboten ist. 

Auf vielen  Straßen sind wir Radfahrende fahrende Überholverbote. Nicht, dass sich Autofahrende sonderlich um Überholverbote scheren, das wissen wir. Aber wenn sie es legal tun wollen, dann geht es eben nicht, sie müssen - auch bergauf - hinter Radfahrenden bleiben. Wie schrecklich sie das finden, erleben Radfahrende auf der Böblinger Straße bergauf. Da lassen geparkte Autos und der sogenannte Schutzstreifen für Radfahrende den Autos nicht die nötigen 1,5 Meter Platz zum Überholen, weil die Fahrbahn durch die Stadtbahngleise begrenzt wird. Weil sich viele Autofahrende nicht an Überholverbote  halten, auch wenn man zur Bekräftigung Überholverbotsschilder für Zweiräder aufgestellt hat, muss die Stadt tätig werden und legt dort einen Radweg an. Die Parkplätze fallen dafür weg. Anders geht es nicht. Ein deutliches Zeichen, dass Autofahrende eigentlich Radstreifen brauchen - nicht wie, sondern sie -, weil sie nur dann auch an Radfahrenden vorbei kommen. 

Sage ich ja schon lange: Radwege und Radfahrstreifen sind nur für Autofahrende wichtig, wirRadfahrenden können auch auf Fahrbahnen fahren. Und wer routiniert ist, fährt so weit entfernt vom Bordstein oder von parkenden Autos, dass dem nachfolgenden Autofahrer klar ist: Hier kommt er nicht vorbei. Man sollte auch tunlichst nicht in eine Doppelparklücke ausweichen, um den Autofahrer eine Chance zu geben, denn Autofahrende reagieren so langsam und starten so verspätet, dass sie es nicht schaffen, und man als Radfahrer abbremsen und sogar anhalten muss, bis er endlich vorbei ist. Also müssen wir, solange die schmale Strecke eben geht, als fahrende Überholverbote vor Autos entlang fahren. 

Das kann man nur ändern, wenn man Radwege und Radstreifen entlang aller Straßen anlegt, wo schneller als 30 km/h fahren darf. Damit trennt man den langsameren Radverkehr vom schnelleren Autoverkehr.  Und das nützt eigentlich nur dem Autoverkehr, wenngleich sich auch Radfahrende auf Radwegen oder Radstreifen sicherer fühlen, weil sie nicht den Stress haben, als fahrende Überholverbote radeln zu müssen und dabei den Autofahrer oder die Autofahrerin zur Regeltreue zu erziehen. Diese Aufgabe wollen wir natürlich nicht haben. 

Völlig verkehrt ist aber das Geschrei der Autofahrenden, wenn Radwege oder Radstreifen angelegt werden, dies behindere den Autoverkehr. Tut es nicht. Es verflüssigt ihn. Eigentlich müssten alle Autofahrende dringend und laut viel mehr Radwege und Radfahrstreifen fordern. Denn eines ist sicher: Der Radverkehr geht nicht mehr weg, er wird immer mehr. Und damit werden auch die Überholverbote immer zahlreicher. 


6 Kommentare:

  1. Letzte Woche erlebt:
    Auty überholt mich mit 50 cm Abstand.
    Ab der nächsten Ampel spreche ich ihn (sehr freundlich!) an, er möge doch etwas mehr Abstand halten; 1,5 Meter sind vorgeschrieben.
    Er: "aber dann muss ich ja auf die Gegenfahrbahn fahren"
    Ich: "ja, stimmt"
    Er: "aber da kam Gegenverkehr"
    Ich:" wenn Sie an einer Stelle nicht Überholen /können/, dann /dürfen/ Sie da auch nicht überholen"

    ;-)

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  2. Die fehlende Regelkenntnis der Autofahrer führt immer wieder zu Konflikten. Es hilft nur eines: Regelmäßige Nachschulung.
    Auch ich kenne das Problem der Engüberholer und ich weiß das zu verhindern. Es hat mal einer versucht mich in einer einspurigen Gasse zu überholen. Als sein Kotflügel etwa 20cm von meinem Bein weg war, hat er dann endlich realisiert, dass er mich jetzt gleich mit dem Spiegel abräumt, wenn er weiterfährt, dann hat er es gelassen. Seitdem fahre ich so, dass weder rechts noch links Platz ist, an mir vorbeizukommen, selbst wenn da rechts ein "Schutzstreifen" ist. Solange Autofahrer den Unterschied zwischen Schutzstreifen, Radweg, freigegebener Gehweg nicht kennen und auch der Überholabstand unbekannt ist, geht mir Eigenschutz über Farbgepinsel.
    Neu angelegte Radwege müssen dann aber auch gegen Beparken geschützt werden,sonst werden sie zum Parkplatz umfunktioniert und die Situation ist genauso schlecht wie vorher. Gerade wenn vorher dort Radwege waren.
    Karin

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  3. Parkplätze nicht Radwege.
    Karin

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  4. "Man sollte auch tunlichst nicht in eine Doppelparklücke ausweichen, um den Autofahrer eine Chance zu geben, denn Autofahrende reagieren so langsam und starten so verspätet, dass sie es nicht schaffen, und man als Radfahrer abbremsen und sogar anhalten muss, bis er endlich vorbei ist."

    Lustig dass genau daneben das Bild der Alten Weinteige ist, wo genau das wunderbar funktioniert, wenn man rechtzeitig den Arm links raushält :)

    Kleine Frage am Rande: wieso schreibst du Radfahrende, aber nicht Autofahrende?

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  5. An der Alten Weinsteige mache ich das auch so, ich fahre nach links in eine Küche und wink. Aber wehe, ein zweiter Autofahrer weil hinter dem ersten noch durchpreschen! Grüße, Christine L.

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    1. Ralph Gutschmidt12. August 2022 um 11:08

      Muss es eine Küche sein oder reicht auch schon ein kleines Badezimmer?

      Aber im Ernst, ich mache das auch, vor allem, wenn hinter mir ein Bus fährt, dem ich gerne helfe, den Fahrplan einzuhalten.

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