4. Januar 2023

Besser als reflektierende Westen

Wenn ich im Auto sitze, erkenne ich bei Nacht einen Radfahrer weit vor mir an den sich auf und ab bewegenden Rückstrahlern der Pedale. Nichts ist so eindeutig wie das. 

Das rote Rücklicht fällt erst später auf, vor allem, wenn er winzig ist. Von der Seite sind Radler oft an den Radreflektoren zu erkennen, auch nicht schlecht. Hilfreich sind aber auch Reflektoren an den Knien oder Knöcheln, um aus der Ferne sofort als Radler:in identifiziert zu werden. 

Wenn man als Mensch auf dem Fahrrad auf reflektierende Kleidung setzt, scheint es tatsächlich entscheidend zu sein, wo man die Reflektoren trägt. Die Süddeutsche berichtet, dass eine Studie von 2012 herausfand, dass 67 Prozent der Verkehrsteilnehmer:innen (vermutlich Autofahrende) einen Radfahrer im Dunkeln anhand der reflektierenden Weste erkannte. Aber 94 Prozent erkannten ihn, wenn die Radfahrenden die Reflektoren am Knie oder an den Knöcheln trugen. Es geht im Verkehr nicht nur darum, wahrgenommen zu werden, sondern auch darum, als Radfahrer erkannt zu werden. Nur dann können Autofahrende richtig reagieren. Und wenn das reflektierende Material die Tretbewegung betont, dann wird das schnell mit einem Menschen auf dem Fahrrad in Verbindung gebracht. 

Der Artikel in der Süddeutschen aus dem Jahr 2017 zählt noch sieben weitere Sicherheitstipps für Radfahrende auf. 

Zum Beispiel am Tag mit Licht fahren. Die schon erwähnte Studie aus Dänemark fand heraus, dass Radler:innen mit Tagfahrlicht 19 Prozent weniger Crashs erleiden. Blinklichter am Tag seien noch besser, die sind aber in Deutschland generell verboten. Das gilt auch für Nachtfahrten mit Blinklichtern. Ein ordentliches Dauerlicht muss es immer geben. Wann man am Fahrrad das Licht einschalten muss, dazu hier mehr.  

Eindeutig fahren hilft auch, also anzeigen, wo man mit dem Rad hinwill: Arm rausstrecken! Das hilft auch anderen Radfahrenden viel. Und nicht plötzlich stehen bleiben oder die Richtung wechseln. Ferner: sich an die Verkehrsregeln halten, nicht bei Rot fahren, nicht auf den Gehweg ausweichen. Eine regelmäßige Wartung des Rads erwähnen die auch und natürlich den Fahrradhelm. 

Übrigens - weil einige sicher mit dem Gedanken spielen, wieder eine Diskussion darüber anzufangen, dass Radfahrende (alle, viele oder wenige ständig, oft oder selten) ohne Licht unterwegs sind. Unser Gefühl täuscht da. Als die Polizei am 6. Dezember in Stuttgart am Morgen Radfahrende kontrollierte, erwischte sie unter 138 Radfahrenden 5 ohne korrekte Beleuchtung. Was "korrekt" heißt, ist unklar, es könnte auch nur das Rücklicht nicht funktioniert haben, was der Radler nicht bemerkte. Ich habe keine Antwort auf die Frage, warum es diese komplett-ohne-Licht-Radler:innen gibt, und sie beschäftigt mich schon lange. Ein Grund ist sicher, dass die Beleuchtung gerade nicht funktioniert: Akku leer, irgendein Wackelkontakt, Lichter beim Abstellen vom Rad geklaut, Lichter vergessen mitzunehmen. Ich selber habe mal aus Versehen meine Radbeleuchtung am Lenkercomputer ausgestellt und es erst nach eine Weile gemerkt. Die Stadt ist ja hell, man sieht alles, da vermisst man erst einmal das Vorderlicht gar nicht. (Das ist auch der Grund, warum zuweilen Autos in der Stadtnacht ohne Licht unterwegs sind.) Im Winter gerät man mit dem Fahrrad abends schneller in die Dunkelheit, auf die man vielleicht bei der Abfahrt am Tag nicht vorbereitet war. Auch das mag ein Grund sein. Andere wollten sich schon lange eine funktionierende Radbeleuchtung kaufen, sind aber noch nicht dazu gekommen. Wobei das jetzt eigentlich nicht so schwierig ist. Weitere Gründe fallen mir nicht ein.  


18 Kommentare:

  1. "Blinklichter am Tag seien noch besser, die sind aber in Deutschland generell verboten."
    Ich war bisher immer davon ausgegangen, dass Blinklichter *zusätzlich* zur normalen Beleuchtung zulässig sind, so zum Beispiel am Helm.
    Wenn ich aber den Paragrafen 67 lese ( https://www.gesetze-im-internet.de/stvzo_2012/__67.html ), dann steht da tatsächlich nur noch, dass blinkende Scheinwerfer und Schlussleuchten verboten sind.
    Hat sich das grundsätzlich geändert oder gibt es noch irgendwo Vorschriften, die weitere Blinklichter (außer den Richtungsanzeigern) erlauben?

    Gruss - Matthias

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    1. Am Helm sind Blinklichter nicht fest mit dem Fahrrad verbunden und deshalb werden sie dort auch nicht von der Stvzo erfasst.

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    2. Blinklichter sind, soweit ich weiß, nicht erlaubt. Allerdings wird die Polizei das nicht monieren, die ist froh, wenn Radfahrende überhaupt beleuchtet sind. Man hat ja immerhin vor einigen Jahren auch erlaubt, dass Fahrräder ohne fest installierte Beleuchtungsanlage unterwegs sein dürfen (und nicht mal tagsüber eine Akkubeleuchtung dabei haben müssen), nur damit dieses Konfliktfeld Fahrradbeleuchtung bei Nacht entschärft wird, Hauptsache, es leuchtet.

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  2. Blinklichter führen schon zu mehr Aufmerksamheit. Leider kann man mit dem Auto nicht abschätzen, wo der "Blinker" denn nun fährt.
    Bislang habe ich im Auto Radfahrer allein an ihrer "STVO"-Beleuchtung erkannt. Ich habe den Eindruck, dass die Reflektoren an Warnwesten auf dem Rad meist nicht helfen, weil man mit gebeugtem Oberkörper auf dem Rad sitzt. Mir ist noch nie ein Radfahrer mit Warnweste im Dunkeln irgendwie besser sichtbar vorgekommen. Meistens habe ich sie vorher schon über die Reflektoren oder die Beleuchtung aufgefallen. Die reichen nämlich deutlich weiter als Warnwesten.
    Aber aktive Beleuchtung am Rad ist immer noch der beste Schutz. Aber eine Bitte an meine Mitradfahrer: Stellt bitte Euer Licht richtig ein. Es bringt weder etwas, wenn es unmittelbar vor dem Rad den Boden beleuchtet, noch wenn man als Gegenverkehr geblendet wird. Und bitte keine Funzeln, das sind reine Alibileuchten, die helfen keinem weiter. Und ab und an mal die eigene Beleuchtung auf Funktion prüfen.
    Karin

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  3. ich habe grundsätzlich starke blinklichter und werde bisweilen von parasitären verkehrsteilnehmern darauf angesprochen.
    abgeehen davon, dass wir engel systemischer blendung ausgesetzt sind, etwa stadteinwärts auf der neckarbrücke, ist meine antwort stets dieselbe:
    "super.
    dann sehen sie mich!"

    karl g. fahr

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    1. WOW, egoistischer kann man das echt nicht darstellen.

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  4. Mag sein, dass die Warnweste während der Fahrt nicht das wesentliche Sicherheitsmerkmal ist. Als ich neulich Nachts auf der Landstraße eine kurze Fahrradpanne hatte, war ich aber froh eine solche getragen zu haben. Die beiden Autos die vorbeifuhren, haben deutlich die Geschwindigkeit reduziert. Gruß Frank

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  5. Ralph Gutschmidt5. Januar 2023 um 07:41

    Komplett-ohne-Licht-Radler gibt es, weil Lichtanlagen fürs Fahrrad einfach so unglaublich filigran sind. Entweder der Dynamo rutscht oder ein Kabel bricht und die Fehlersuche ist eine Lebensaufgabe, dauert also Stunden. Leider gibt es für Die Hersteller offenbar keine Vorgaben oder wenigstens Normen dass ein Dynamo auch bei Regen oder Kälte funktionieren muss. Hier muss sich jede/r erst einarbeiten. Ich habe damals einiges ausprobiert, bisich schließlich zum teuren Nabendynamo greifen musste und zusätzliche Stromkabel verlegt habe.

    Mit dem Pedelecs ist das besser geworden.

    2002 habe ich ein Fahrrad mit Lichtautomatik gekauft. Das funktionierte traumhaft gut und ich dachte, dass Thema sei erledigt. Beim nächsten Fahrrad in 2015 hatte ich erwartet, es sei nun Standard. Aber im Gegenteil, kein einziges Fahrrad ist damit ausgerüstet.

    Also ja, ich verstehe Rad Fahrende ohne Licht und jeder Bußgeldbescheid sollte an die Hersteller gehen.

    Natürlich gibt's auch die coolen Typen, die ein Rad ohne Licht fahren (wegen der Optik) und im Dunkeln keins dabei haben. Da helfen nur Bußgelder, Punkte in Flensburg und am Ende die Einziehung des Fahrrades.

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    1. Ich habe eine Lichtanlage von SON Dynamo, Scheinwerfer und Rücklicht. Hervorragende Qualität, die Häufigkeit von Pannen in den letzten 10 Jahren ist extrem gering, exakt 2. Wenn sie aber auftreten sind sie sehr schwer zu reparieren. Da die Lichtkabel in den Scheinwerfern verschweißt sind, kann man nicht einfach verschiedene Elemente austauschen, um die Fehlerquelle zu eliminieren.
      Das erste mal war es eindeutig, der Nady war kaputt, der Stator war lose geworden. Ich musste allerdings das Rad einschicken, Gottseidank noch in der Garantiezeit.
      Das zweite Mal musste ich jemanden finden, der mit einem Multimeter umgehen konnte, ein Kabel, im Inneren des Schutzblechs verlegt, hatte einen Kurzschluss, wie auch immer es dazu gekommen sein mag, das Kabel bewegt sich nicht, sollte daher auch nicht brechen können... das kommt bei den Reparaturen/Installationen halt noch dazu, eine Innenverlegung der Kabel ist sehr sicher aber aufwändig, auch und besonders im Reparaturfall.

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  6. Danke für eure Licht-Geschichten. Das erklärt differenziert, wieso manche Radfahrende ohne Licht unterwegs sind. Ich habe seit Jahren nur Räder mit Nabendynamo, und da hatte ich bisher keine Probleme.

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  7. Jörg
    Bleiben wir mal auf dem Gehweg. Wer dort in Schritttempo geht, ist in dunkler völlig in Ordnung. Wer dort mit doppelter Schrittgeschwindigkeit auf dem Rad fährt, ist ein wahnsinniges Risiko für sich, die Fussgänger und ganz besonders gefährdet die Person Autofahrende. Letzteres ist so schwer zu erklären. Da hilft auch die beste Kommunikation nicht. Die langsamen Gehwegradys sind ohne Licht einfach weiterhin ungefährlich, die Gefährdungen durch sie sind eher konstruiert.
    Was für ein Fahrrad kann ich an der Haltestelle der S-Bahn der Stadtbahn abstellen. Sorry Officer, das gute Rad mit Licht steht zuhause. Die Gurke mit schlechter Bremse und mit ohne Licht muss für die 2 km herhalten. Zur Sicherheit fahre ich im Dunkeln langsam auf den Fusswegen und nicht auf der Straße. Helm? Wo soll ich den hin tuen, wenn ich mit der Bahn wegfahre?

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    1. Beate
      Für meine alte "Gurke", die ich am Bahnhof abstellen kann ohne Gefahr zu laufen, dass sie geklaut wird, habe ich für wenig Geld eine ansteckbare Akku-Beleuchtung. Nimmt in der Tasche kaum Platz weg. Und den Helm nehme ich in der Bahn einfach mit.
      Für "kein Licht" gibt es keine vernünftige Entschuldigung.

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  8. Jörg
    wieder zum Thema Pedalreflektoren. Da muss man echt überlegen wie man die echten Fahrradschuhe für Klickpedale ausrüstet. Immer wieder so ein Band umzulegen ist schon lästig.
    Die Reflektoren helfen wirklich. Selbst Radfahrys mit bester SON-Lichtanlage erkennt man von der Seite nicht. Einen Radfahrer mit Scpeichenreflektoren, habe ich Bruchteilen von Sekunden als solchen erkannt. Gut ob es eine Frau war, kann ich nicht sagen. Wie kommt mein Gehirn auf die Idee das kleine Weiße Licht mit dem kleinen roten Licht zu einem Fahrrad zu ergänzen? Es ist nicht üblich, dass Fahrräder quer fahren. Mein Hirn macht aus Baumstämmen und Büschen in der Dämmerung Tiere oder Menschen, ich stamme vom Urmenschen ab.
    In der letzten Konsequenz geht es darum das Objekt schnell zu erkennen und eine Gefahrenbremsung ein zu leiten.

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    1. Meine Klickpedale haben Reflektoren.

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    2. A propos Speichenreflektoren, ich halte nix davon. Abgesehen davon, dass die ständig kaputt- und verlorengehen nützen sie auch nicht viel. Ein Autofahrer, der sie sieht ist so weit weg, dass er mir nicht reinfahren kann, ansonsten ist er mir schon reingefahren.

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  9. Der einzige Grund, warum manche Radfahrys ohne gescheiter Beleuchtung unterwegs sind: falsche Prioritäten. Für jeden Scheiß wird Geld ausgegeben, aber bei sowas wird gespart.

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  10. Die Hälfte meiner Räder hat festes Licht. Leider bin ich Abends meist auf eine Runde unterwegs mit der anderen Hälfte. Dafür gibt es aber wirklich brauchbare Anstecklichter. Alle meine Räder haben Speichenreflektorsticks, sehr wirksam. Keine Pedalreflektoren, da ich ausschliesslich mit Klickpedalen fahre. Leider haben die Schuhe keine Reflektoren an den Fersen. Für die Liegeräder sind Pedalreflektoren aber eh von eingeschränktem Nutzen.
    Wenn ich mit dem Tieflieger auf Landstraßen unterwegs bin, schalte ich meistens das Blinklicht am Helm dazu, tagsüber oder in der Dämmerung. Im Dunkeln irritiert das nur.
    Für den Winter habe ich angefangen, meine schwarzen Radklamotten durch signalgelbe zu ergänzen. Ich nehme das Thema Licht sehr ernst, aber die eigentlich vorgeschriebenen Front- und Rückreflektoren fehlen bei den meisten Rädern, offen gestanden aus ästhetischen Gründen.
    Fast alle Räder, denen ich begegne, haben Licht. Allerdings sind viele Frontscheinwerfer falsch eingestellt und blenden.

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  11. Radfahrer ohne oder mit schwachem Licht sehe ich tatsächlich nur noch ganz selten. Wie einige Vorredner auch bemerken, ist das Gegenteil der Fall:
    Ich fahre derzeit abends und morgens ca. 3 km entlang des Neckarradwegs zwischen Tübingen und K'furt. Dieser geht durch die Neckarauen und ist unbeleuchtet. Da kommen mir etwa die Hälfte der Radfahrer mit waagerecht eingestelltem extrem grellen Licht entgegen. Einige haben sogar zusätzlich zu den fest montierten Scheinwerfern noch Batterielichter am Lenker. Teilweise leuchten sie die Neckarauen wie Flutlichter eines Sportplatzes aus. Wenn einem solche Räder entgegen kommen, dann sieht man ab 200 m Abstand gar nichts mehr.
    Habe dann angefangen die Leute angesprochen, dass sie bitte ihre Lichter etwas nach unten stellen, weil ich geblendet werde. Leider haben nur wenige da irgend eine Einsicht.
    Glaube viele sind halt extrem egoistisch, möchten ihre 100-€-Supernova Leuchte präsentieren oder verstehen einfach nicht den Unterschied zwischen Positionslichtern und Scheinwerfern...
    Das Ganze erinnert mich stark an das Dominanzverhalten von SUV-PKWs.

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