26. August 2024

Das Sicherheitsgefühl beim Radeln ist entscheidend

Radwege-Check berichtet über eine Untersuchung zur subjektiven Sicherheit oder Unsicherheit beim Radfahren. Demnach fühlt sich über die Hälfte im Mischverkehr mit Autos unsicher. Und zwar egal, ob sie ständig oder weniger regelmäßig radeln. 

Die Mitglieder dieses Familientrosses auf dem Foto haben offensichtlich Angst, auf der Fahrbahn zu radeln. Tatsächlich fühlen sich nur 14 Prozent auf Straßen ohne Radverkehrsanlagen sicher. Das gilt auch für Tempo-30-Nebenstraßen. Auf Radfahrstreifen fühlen sich wiederum um die 70 Prozent wohl, je breiter, desto wohler, und noch wohler, wenn der Radstreifen grün markiert ist. Wird er an rechts parkenden Autos entlang geführt, nimmt das Unsicherheitsgefühl wieder zu, wenn er auch noch schmal ist, dann sind es schon wieder fast 20 Prozent, die sich unsicher fühlen. Gibt es eine bauliche Trennung (Blumenkübel) zum fahrenden Autoverkehr,  dann fühlen sich teils deutlich über 80 Prozent "eher sicher" und "sicher". An der Studie haben 22.000 Radfahrende teilgenommen. 

Radfahren ist objektiv nicht so unsicher, wie wir vermuten, weil ständig hauptsächlich über Gefahren geredet und geschrieben wird wird. Wenn wir lesen, dass eine Radfahrerin von einem Busfahrer überholt wird, stürzt und dann vom Bus überrollt wird und stirbt, dann schreckt das eben auf und es schreckt vom Fahrbahnradeln ab. Leider werden wir häufig rücksichtslos überholt, und leider passiert immer wieder was, weil Autofahrer mit ihren Autos Radfahrenden zu nahe kommen. Genau deshalb wünschen sich die meisten Radfahrenden eine Infrastruktur, die ihnen das Blech ersetzt, das Autofahrende um sich herum haben. 

Unsere Wege auf den Straßen sind nicht fehlertolerant organisiert. Sie halten Autofahrende nicht davon ab, uns zu "übersehen" oder eben zu missachten, wenn sie abbiegen. Sie tolerieren auch nur ungenügend die kleinen Fahrfehler, die Radfahrende machen, weil sie Menschen sind. Je älter die Personen, die mit Fahrrädern fahren, desto größer ist das Risiko für einen Sturz, etwa weil ein Poller im Weg steht, weil sich Schlaglöcher auftun, weil Baumwurzeln den Weg uneben machen, weil auf abschüssiger Strecke Schotter oder Laub liegt, weil ein Radweg zu schmal ist für Gegenverkehr und so weiter. (Auch ältere Autofahrende machen mehr Fehler und reagieren langsamer, sehen schlechter und so weiter, aber fürs Autofahren sind die Wege optimiert, fürs Radfahren nicht.) Selbstverständlich muss mit angepasster Geschwindigkeit geradelt werden. Aber während Autofahrende über Kilometer mit 40 oder 50 km/h auf geglätteten und begradigten Straßen vor sich hin rollen, müssen Radfahrende alle 50 Meter ihr Tempo ändern, weil ein Bordstein kommt, die Radspur sich verschwenkt oder die Kurve rechtwinklig ist. Und sie müssen dabei unentwegt auf den Untergrund achten - auf Schlaglöcher, Hubbel, Bordsteine, Laubhaufen, vereiste Pfützen, Stadtbahngleise -, denn mit zwei Rädern stürzt man leichter. Ewas, was Autofahrende nicht machen müssen, weil sie auf vier Rädern im Panzer auf asphaltieren Straßen unterwegs sind. Diese Fahrbahnen werden permanent in Ordnung gehalten, Radfahranlagen sind dagegen immer wieder in traurigem Zustand. Und das schafft Unsicherheit und lädt nicht gerade zum Radfahren ein. 


17 Kommentare:

  1. Das ist doch wie bei allem, was nicht Auto ist. Der ÖPNV, zu Tode gespart, die Bahn, zu Tode gespart, DB Cargo, zu Tode gespart. Hauptsache das Heiligsbleckle wird gehätschelt und gepflegt und ihm immer ordentliche Wege und Parkplätze zur Verfügung gestellt. Und kaum will man mal etwas Platz abknapsen, wird sofort laut geschrieen, als ob man die Kisten verbieten wollte. Und bloß keine Sekunde hinter einen Langsameren herfahren. Ach Gott, das stirbt man ja dran. Das ist das, was diese Unsicherheit verstärkt. Es wird sich an Einem vorbeigedrückt, selbst in den engsten Gassen. So ein Auto hat ja keine Breite und ein Radfahrer erst recht nicht. Da wird man von einem 2,10m-SUV in einer 2,0m-Baustelle angehupt, weil man keinen Platz macht. Das verstärkt das Sicherheitsgefühl auch nicht gerade, wenn der Hintermann so laut kundtut, dass er keine Abstände abschätzen kann.
    Ich bin immer froh, wenn ich die reinen Fahrbahnstrecken gesund hinter mich gebracht habe.
    Karin

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    1. Und was passiert, wenn man so jemanden wegen Nötigung anzeigt ? Nichts. Den Behörden ist das vollkommen egal.

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    2. Es wird aber auch nichts gemacht, wenn die Nötigung zwischen Auto und Auto passiert, selbst mit Zeugen nicht. Letztes Jahr ausprobiert.
      Karin

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    3. Menschen, die einen Panzer fahren, nennt man Panzerfahrende.

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    4. Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.

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    5. Leider ist die verlinkte Statistik hinter einer Paywall, wobei im Kommentar unter der Statistik immerhin zu lesen ist, dass Deutschland auf den hinteren Plätzen landet.
      Hier gibt es auch einen Vergleich, diesmal ohne Paywall: https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/infrastruktur-schiene-investitionen-pro-kopf-100.html
      Da schneidet Deutschland nicht so gut ab. Wer in letzter Zeit mal mit der Bahn gefahren ist, den wird das nicht überraschen.

      Von den vielen Milliarden Steuern, die der Autoverkehr deiner Meinung nach einbringt, müsste man natürlich die (direkten und indirekten) Subventionen noch abziehen. Von Folgekosten für Umwelt und Gesundheit ganz zu schweigen.

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    6. https://www.spiegel.de/auto/bahn-deutschland-gibt-pro-kopf-weniger-fuer-die-schiene-aus-als-andere-europaeische-laender-a-7ffdabd1-8200-459e-960c-6d821fd312aa
      I: 115 € pro Jahr
      D: 114 € pro Jahr
      S: 67 € pro Jahr
      F: 46 € pro Jahr
      In Frankreich funktioniert die Bahn wunderbar. Wir sollten unser Investitionsniveau an das französchische anpassen, dann wird es wieder funktionieren!

      Grüße
      Mercedes Testa Rossa

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    7. Welche Milliarden bringt der Autoverkehr eigentlich so ein?

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    8. Schönes Foto.
      Das ist sicher ein für Radfahrende in beiden Richtungen freigegebener Gehweg.

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    9. @MTR Sie erzählen hier, wie immer, nur haarsträubenden Blödsinn.

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    10. Das mit den 50 Mrd Steuern Verlust ist eine vollkommen Null-Information. Es wird von "in den kommenden Jahren" geschrieben, also kein konkreter Zeitraum und dadurch lassen sich die Zahlen überhaupt nicht nutzen. Den ganzen Artikel kann man in der Pfeife rauchen, weil nur vollkommen unbestimmte Zahlen angeführt werden. Also nur große Zahlen angeüfhrt mit Null Substanz dahinter.
      Karin

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    11. "bis 2030" - steht im Text.

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    12. überlesen. Danke.

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  2. Der Artikel benennt ja sachlich korrekt einige Missstände der Verkehrsinfrastruktur, insbesondere der 'Radinfrastruktur', im Hinblick auf Radfahrtauglichkeit. Die Verknüpfung mit einem angeblich 'entscheidenden' Sicherheitsgefühl ist allerdings von der Empirie bzw. Meinungsforschung nur sehr partiell gedeckt.
    Zwar kann das 'Subjektive Sicherheitsgefühl' für mehr oder weniger große Teilgruppen derzeit tatsächlich ein Gamestopper sein, aber 'entscheidend' ist - wie alle diesbezügliche Empirie ausweist - eine zu lange Reisezeit bzw. die zu weit befunden Streckenlänge (welche ja unmittelbar von der realisierbaren Reisegeschwindigkeit abhängt).
    Das tatsächlich entscheidende Manko des Radverkehrs, der unzulängliche Erreichbarkeitsradius, wäre also zentral in den Blick zu nehmen. Die subjektive Sicherheit ist dabei nur EIN Faktor, und beileibe nicht der wichtigste.
    Bei der Ausrichtung auf die berüchtigten kurzen Strecken bis max. 5Km, wie sie von Teilen der Radlobbys propagiert wird, spielt der optimierte Erreichbarkeitsradius - zugegeben - keine so entscheidende Rolle, aber bei dieser Verlagerung nur auf den kurzen Distanzen ist auch die Auswirkung auf Klima/Umwelt sehr begrenzt, bis sogar (Rebounds/Backfireeffekte) negativ aufgrund der Reduktion von MIV-Staus und damit der Erweiterung der Erreichbarkeitsradien für den MIV, was gemäß der Gesetzmäßigkeiten des induzierten Verkehrs zu längeren MIV-Strecken führt und somit die MIV-Fahrleistung nach oben treibt.
    Interessant dabei:
    wenn die Radreisezeitoptimierung in den Blick genommen wird, statt bloß wieder auf die subjektive Sicherheit zu starren, ergeben sich en passant positive Wirkungen auch und gerade in Bezug auf die objektive und subjektive Sicherheit. Es braucht zur Reisezeitoptimierung u.a. ebene Fahrbahnen mit geringer Rollreibung, gute Trassierung, hochkapazitive Wegebreiten, Umwegfreiheit, hohe Entwurfsgeschwindigkeit (Radien, etc.), geringe Wartezeiten, objektiv gesicherte Kreuzungen/Einmündungen, etc.
    Umgekehrt führt eine Fixierung auf verbesserte 'Subjektive Sicherheit' in der Realität ja meist zu einer Verlangsamung des Radverkehrs, zu Umwegen, zu Führungen durch Wald und Wiesen auf schmalen Wegen, zu Vorfahrtentzug mit längeren Wartezeiten, zu flächendeckenden Fahrbahnverboten und so weiter, bei oft gleichzeitiger Beschleunigung des MIV.
    Es hat ja durchaus objektive Gründe, warum von FDP/CSU bis BMW ein verstärkter Radwegebau propagiert wird und das Autoministerium der Dobrinths/Scheuers/Wissings bereits in 'unabhängige' Podcasts und socialmedia Kampagnen für mehr Radwege und Radseparation investiert, wohlwissend, dass die zunehmende Radwegisierung (im Kern immer auch: flächendeckende Fahrbahnverbote) das weitere Wachstum des Autoverkehrs absichert, incl. des Bonus von 'Grünem Mäntelchen'.
    Was die oben von Karin thematisierten Verhaltensweisen gewalthaft agierender Autofahrer angeht (über die manifeste Gewalt hinaus spielt auch die staatlich geförderte latente und strukturelle Autogewalt eine starke Rolle), würden u.a. ausreichend hohe Verfolgungsdichte, Pflicht-Tempomate, dauerhafter Führerscheinentzug als Regelstrafe für gewalthaftes Fahren, schnell Abhilfe schaffen können. Aber das scheint ja in einer automobil organisierten Wirtschaft/Gesellschaft offenbar jenseits aller vorstellbaren Staatsräson zu sein.
    Und so gilt halt immer noch:
    'Freie Fahrt für freie Bürger', natürlich integral begleitet von allgegenwärtigen repressiven Fahrbahnverboten für den Radverkehr.
    Alfons Krückmann

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  3. Herr Krückmann, Ihrem Beitrag kann man nur 100 %ignorieren zustimmen. Danke.
    Thomas

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  4. Nicht ignorieren, sondern 100 %ig

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  5. Zum Foto: Ja, der Gehweg ist in dieser Richtung freigegeben. Das liegt daran, dass man genau in dieser Richtung auf dem Gehweg landet, wenn man von der Uni kommend die Straße "In der Schranne" entlangradelt. Man hat hier keine Chance, auf die richtige Straßenseite zu kommen.
    Ich fahre normalerweise immer auf der Straße, das ist so ziemlich die einzige Stelle, an der auch ich auf dem Gehweg unterwegs bin. Also auch wenn ich dem Beitrag inhaltlich zustimme, ist das Foto nicht ganz das passende Beispiel. ;-)

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