Die Schauspielerin, die viele aus dem Großstadtrevier und anderen populären Fernsehsendungen kennen, wurde nur 41 Jahre alt.
Sie war am 28. September mit dem Fahrrad auf einem Radfahrstreifen auf einer Zubringerstraße zum Dammtor-Bahnhof in Hamburg-Rotherbaum unterwegs (ungefähr hier, siehe Foto von Apple Karten). Ein Autofahrer stoppte auf der Fahrbahn links neben dem Radfahrstreifen, um jemanden aussteigen zu lassen. Diese Person öffnete offenbar die Beifahrertür, ohne sich um den Radverkehr zu kümmern, Perdelwitz hatte keine Chance, noch zu bremsen, fuhr in die geöffnete Tür hinein, wurde zu Fall gebracht, lebensgefährlich verletzt und starb eine gute Woche später im Krankenhaus.
(In der Bildzeitungsmeldung ist die Unfallstelle zu sehen.) Der hr meldete ihren Tod am 9. Oktober unter anderem auf Facebook und sammelte viele traurige Kommentare, aber auch jede Menge nicht freundliche teils hämische Spekulationen, ob sie einen Helm trug, und der Mutmaßung, er hätte ihr das Leben retten können. Und überhaupt sei Radfahren gefährlich. Der hr reichte in einem Kommentar nach, er habe inzwischen Informationen, wonach sie keinen Helm getragen hatte. Relativ taktvoll geht auch ntv mit der Information um.Die Süddeutsche Zeitung ordnete den Unfall vorbildlich so ein, dass uns nicht nahegelegt wird, das Opfer eines Versäumnisses zu beschuldigen, indem es die allgemeine Verkehrssituation für Radfahrende in den Blick nimmt. In der Meldung heißt es: "Parkende Autos gelten seit Längerem als Sicherheitsproblem für Radfahrer. In einer Studie aus dem Jahr 2020 stellte die Unfallforschung der Versicherer (UDV) fest, dass 18 Prozent aller Unfälle mit verletzten Fahrradfahrern und Fußgängern im Zusammenhang mit parkenden Kraftfahrzeugen standen. Dooring-Unfälle wurden dabei als Hauptproblem identifiziert. In einer Detailanalyse für elf deutsche Innenstädte waren den Angaben zufolge etwa die Hälfte (52 Prozent) aller im Zusammenhang mit parkenden Fahrzeugen stehenden Unfälle auf Dooring-Unfälle zurückzuführen." Das ist immerhin verantwortungsbewusst, wenn es in diesem Fall auch nicht ums Parken geht, sondern ums regelwidrig Anhalten und aussteigen Lassen. Auch der Deutsche Verkehrssicherheitsrat wies auf Facebook einen Tag später eindringlich darauf hin, dass ein Autofahrer auch bei Tempo 0 schwere Unfälle verursachen kann. Dem DVR zufolge ist fast jeder zweite Radfahrende schon mal beinahe mit einer Autotür zusammengestoßen, 6 Prozent sind in eine plötzlich geöffnete Autotür hineingefahren. Hat man die ganze Fahrbahnbreite zur Verfügung, kann und sollte man als Radfahrer die dringend erforderlichen mehr als einen Meter Abstand zu geparkten Autos halten: also mittig auf der Fahrspur fahren und sich auch von nachfolgenden Autofahrern nicht nach rechts abdrängen lassen!
Dies war jedoch nicht nur ein Dooring-Unfall, sondern ein für die Radfahrerin tödlicher Crash infolge mehrere Regelverstöße, die der Autofahrer beging. Er wäre also vermeidbar gewesen, hätte sich der Autofahrer an die Verkehrsregeln gehalten. Er war nicht schicksalhaft oder gar tragisch. Der Autofahrer hätte überhaupt nicht auf einer Fahrspur links neben dem Radfahrstreifen anhalten dürfen. Das ist verboten. Denn das Halten oder gar Parken ist nicht nur auf dem Radfahrstreifen verboten, sondern auch links daneben. Außerdem hätte der Fahrer dafür sorgen müssen, dass der Beifahrer nicht unachtsam aussteigt, denn er haftet immer auch für das, was seine Mitfahrenden anrichten.
Der Autofahrer hat alles falsch gemacht, die Radfahrerin hat nichts falsch gemacht.
Und liebe Kommentier-Community: Wir können natürlich jetzt übers Helmtragen beim Radfahren diskutieren, ich würde aber vorschlagen, dass wir es nicht tun. Helme können schützen, schützen aber nicht immer, und man kann nie wissen, ob er in diesem Fall ausreichend geschützt hätte. Ich habe mich entschieden, einen Helm zu tragen. Ich finde aber, es ist eine Schande für unser Verkehrssystem, dass es Radfahrenden stets nahelegt, sich einzurüsten, um die Fehler anderer Verkehrsteilnehmenden auszugleichen. Wenn ein Radfahrer eine Rückenmarksverletzung erleidet, könnte man auch sagen, er/sie hätte einen Rückenschutz tragen müssen. Stattdessen könnte man Autos so ausrüsten, dass sie die Blindheit der Fahrenden ausgleichen, beispielsweise Radfahrende in den Fahrgastraum melden, die sich von hinten nähern, vor allem dann, wenn man abbiegen möchte oder wenn man angehalten hat. Die gefährlicheren Fahrzeuge müssen technisch aufgerüstet werden, damit Menschen zu Fuß und auf Fahrrädern vor den Fehlern ihrer Insassinnen besser geschützt sind. Technisch ist das kein Problem (Neuwagen sind heute alle mit Kameras ausgestattet). Wir müssten es nur wollen!
Der ADFC will am Sonntag, 12. Oktober um 14 Uhr eine Mahnwache an der Unfallstelle an der Straße "An der Verbindungsbahn" abhalten.
Nachtrag: Nach einigen Beschwerden in den sozialen Medien über den Titel, habe ich ihn geändert. Bemängelt wurde, dass er zu sehr die übliche Sicht auf Opfer von Verkehrsgewalt widerspiegelte und den Täter nicht klar benannte. Das leuchtet mir ein, wenngleich der Text keinen Zweifel daran lässt, dass ich nicht das Opfer, sondern den Autofahrer verantwortlich mache.
Ich kenne einen ähnlichen Radweg auch bei uns. Dieser schmale Radstreifen direkt neben einer Fahrspur vermittelt vielen Autofahrern den Eindruck, dass sie keinen ausreichenden Abstand einhalten müssen. Dadurch überholen sie Radfahrer oft ohne den nötigen Sicherheitsabstand.
AntwortenLöschenFrüher gab es dort keine Markierung, und solche engen Überholvorgänge kamen deutlich seltener vor. Meiner Meinung nach sollten solche Radwegmarkierungen verboten oder nachträglich wieder entfernt werden. Falls nicht ein einzusätzliches Schild dazu mit dem Mindestabstand.
Die größte Dooring Gefahr sehe ich vor allem in Wohngebietsstraßen, in denen links und rechts geparkt wird und bei denen in der Mitte genau 1,5 Fahrspuren Platz sind. Also zwei Autos würden nur schwer, manchmal gar nicht aneinander vorbeikommen. Ein Auto und ein Fahrrad tun es aber. Deshalb warte Autofahrer*innen auch nicht vor Engstellen, bis der/die entgegenkommende Radfahrer*in draußen ist und drängen einen als Radfahrer gefährlich weit zur Seite in die Dooring Zone. Also nicht der nachfolgende Verkehr sondern der entgegenkommende ist meiner Ansicht nach das Hauptproblem. Vor allem bei SUV, Transporter und Lastwagen Fahrer/innen scheint es aufgrund ihrer gefühlten „Übermachtsposition“ ein Selbstverständnis zu geben, dass der entgegenkommende Radfahrer gefälligst Platz zu machen hat und zur Not auch in die kleinste Lücke gepresst werden kann.
AntwortenLöschenStimmt. Ich radle dann ganz langsam.
LöschenJa, MIV Gegenverkehr auf zu engem Verkehrsraum ist ein unterschätztes Problem.
LöschenAuch und gerade im interregionalen Verkehr werden Radfahrende ja gern mal auf die kleinen Wirtschaftswege und 'Pättkes' verwiesen incl. Wegweisung und Verbannung auf das umwegige 'Radverkehrsnetz' abseits des 'verkehrsrelevanten' allgemeinen Straßennetzes. Dass dann schlecht gewartete Asphaltstreifchen mit 280-320cm Breite als geeignet für die subjektiv sichere Radverkehrsinfrastruktur seitens des Bundes ADFC und etlicher 'Pro-Rad' Lobbys gelten, gehört zu den recht zahlreichen Absurditäten und Widersprüchlichkeiten der gegenwärtigen Marketing Kampagnen für ein strikt separiertes 'Radwegenetz'.
Es wird dann plötzlich nicht mehr gefragt, ob denn die 11jährige Laura da fahren kann ...
Alfons Krückmann
Ja. Diese 1,5 Spuren breite Straßen sind schwierig. Ich fahre oft genau in der Mitte. Mein Eindruck ist, dass der Autofahrer dann eher rechts in eine Lücke fährt oder wenigstens deutlich weiter rechts fährt.
LöschenFährt man bereits sehr am Rand, gibt es für viele Autofahrenden keine Veranlassung am Lenkrad zu drehen und Platz zu machen.
Und ja, ich hatte schon einige "LaSuze" Situation, wo ich einem Autofahrer direkt gegenüber stand und er sich aufgeregt hat, dass ich nicht in die Dooringzone einfahre da er keine 3 Sekunden warten wollte, bis ich aus der Engstelle draußen bin.
Unsere Gesellschaft normalisiert solche Machtgefälle, und besonders gegen Out-groups, und diese Reaktionen der Recht-des-Stärkeren-Fraktion zeigen genau das,
AntwortenLöschenDass etwa die Süddeutsche hier mal nicht in dieses Horn stößt wiegt wenig gegenüber den unzähligen Malen, wo sie es doch tut, z.B. in Kommentaren zu den Bürgergeld-Debatten oder dgl. mehr
Mini-Korrektur: Die Straße heißt "An der Verbindungsbahn"
AntwortenLöschenDanke
AntwortenLöschenDamit zeigt sich einmal mehr: je schwächer ein Element im System ist, desto mehr muss es (zum eigenen Schutz) achtgeben. In Winnenden gibt es einen Radstreifen in einer Einbahnstraße und von rechts gibt es viele Ausfahrten. Die Autofahrer tasten sich von dort an die Straße und verfahren folgendermaßen:
AntwortenLöschenKommt ein Auto - halten
Kommt kein Auto - fahren
Was auf dem dummen Radstreifen geschieht interessiert niemand. Der wird wohl wie ein Gehweg betrachtet und von dort droht ja keine Gefahr. Es gab schon sehr viele schwere Zwischenfälle und auch Unfälle. Die Stadt findet aber alles super so wie es ist.
Wenn man wie ich flott unterwegs ist und seine Rechte auch kennt muss man trotzdem jeder theoretischen Gefahr prophylaktisch weiträumig aus dem Weg gehen und wenn Leute im Auto sitzen stets einen so großen Bogen machen, dass man auch an der max. geöffneten Tür vorbeikäme oder wie im obigen Fall eben statt Radstreifen lieber gleich die Straße nutzt. Lieber eine Strafe zahlen als im Spital landen.
Da kann von der Radlerlobby noch so laut lamentiert werden - das wird sich nie nie niemals ändern!