25. September 2016

Die E-Bike-Verwirrung - Neuerungen in der StVO

In den Nachrichten konnte man dieser Tage hören, dass nach der Zustimmung des Bundesrats zur Änderung der Straßenverkehrsordnung nun auch Elektrofahrräder auf Radstreifen und Radwegen fahren dürfen, wenn ein Zusatzschild es freigibt.

Hä?, fragt sich das der routinierte Pedelec-Fahrer? War ich denn bislang illegal unterwegs?

Gemeint sind E-Bikes. Und hier zeigt, sich, wie blöd die von den Medien betriebene Begriffsvermischung von E-Bikes mit Pedelecs ist. E-Bikes sind nämlich eigentlich so eine Art Elektro-Mofas mit Drehgriff am Lenker, mit dem man beschleunigt. Und die dürfen nun eben auch die Radinfrastruktur benutzen, wenn sie nicht schneller als 25 km/h fahren können.
Innerorts muss aber ein Zusatzschild aufgehängt sein, dass die Radinfrastruktur ausdrücklich für E-Bikes freigibt. Zusatzschilder "Für Mofas frei" gibt es übrigens bereits gelegentlich auf Radwegen, die eine Landstraße begleiten. Nix neues also. Neu ist allerdings, dass E-Bikes (die E-Mofas) ab jetzt generell auf diesen Überland-Fahrradwegen fahren dürfen, und innerorts nun eben auch, wenn ein Zusatzschild aufgehängt wird.

Nicht auf Radwegen, Gehwegen oder Radstreifen dürfen hingegen S-Pedelecs fahren, also die schnellen biss 45 km/h mit Nummernschild. Daran ändert sich nichts.

Jetzt frage ich mich nur, wann das Bundesverkehrsministerium mitkriegt, dass es längst auch Elektro-Scooter gibt, also Tretroller mit elektrischem Antrieb. Will man die auf dem Gehweg lassen oder vielleicht auch noch auf die schmalen Radstreifen und Radwege quetschen?
Ach ja, und solche Teile (Velomobile) gibt es ja auch noch. Da stecken Liegeräder drin, übrigens ganz und gar ohne orgenden einen E-Antriebs-Zusatz. Wo dürfen oder müssen die fahren?

Neugeregelt in der StVO ist jetzt übrigens auch, dass Erwachsene Kinder mit dem Fahrrad auf dem Gehweg begleiten dürfen. Allerdings immer nur ein Elternteil, nicht etwa ein ganze Erwachsenengruppe mit einem Kind in der Mitte. Kinder müssen bis 8 Jahre auf dem Gehweg radeln. Bis 10 Jahre dürfen sie es. Danach nicht mehr. Bislang war es so, dass der  für das Kind zuständige Erwachsene parallel dazu auf der Fahrbahn radeln musste, teils mit einer Barriere geparkter Fahrzeuge zwischen sich und dem Kind auf dem Gehweg. Das ist übrigens das einzig Sinnvolle an der Novelle.

Ansonsten regelt sie nämlich mit Riesenaufwand etwas, was Seltenheitswert hat. So langsame E-Bikes gibt es so gut wie gar nicht, die meisten werden erst ab 45 km/h gedrosselt. Und ohnehin bullern Motorräder und Motorroller sowieso auf Radwegen zu Ampeln vor oder durch die Autoabsperrung an der Feinstraße. Und sie werden zu Hauf auf Gehwegen abgestellt. Was alles verboten ist, aber die Ordnungskräfte nicht wirklich kümmert. Und das Ringen einer Stadt um Tempo-30-Zonen vor Schulen und Krankenhäusern wird nur minimal erleichtert. Hier wäre es sinnvoll gewesen zu regeln, dass Straßen mit Radstreifen, die klassische Schulwege sind, generell mit Tempo 30 belegt werden können. Statt dessen aber sehen sich die Städte verführt, radfahrende Schulkinder über Gehwege und Fuß gängerampeln zu leiten, was eine eher unfallträchtige Verkehrsführung ist, und das für Schulkinder.

Die Novelle von Verkehrsminister Dobrindt regelt auch nicht, wie mit den verschiedenen Varianten von Fahrrädern umgegangen werden soll, Vierrädrigen, Liegerädern, Lastenrädern, Rädern mit Kinderanhänger, Dreirädern, Velomobilen, E-Scootern, Step-Rädern und so weiter. Breite oder lange Räder kommen oft nicht durch die Z-Schranken auf Radwegen, oder sie sind zu breit für sich plötzlich verengende Radrouten auf freigegebenen Gehwegen. Hier hätten ruhig mal Mindeststandards für die wachsende Radmobilität entwickelt werden können, die den Städten sagen, wo es langgeht mit der Verkehrsplanung für Radfahrende aller Kategorien. Stattdessen kümmert man sich um die Exoten wie langsame E-Bikes.


Hier ein Link auf die Seite des Bundesverkehrsministeriums. 

20 Kommentare:

  1. Danke liebe Christine für diesen tollen Fahrradblog!!! Immer wichtig und gut!!!

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  2. E-Bikes sind quasi irrelevant, wichtig wären klare Regelungen zu S-Pedelec. Die Helmpflicht ist unklar, vermutlich ist der Cratoni Vigor der einzige zugelassene und bei körperlicher Aktivität brauchbare Helm, und Radwege außerorts gehören für sie freigegeben. Sie fristen ein Nischendasein und wären doch für viele Pendler attraktiv wenn die Regeln klar wären.

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    1. Hallo Carsten, es gibt noch weitere: Cratoni C-Loom und Evotution, Nutcase Moto, Casco EMotion,

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    2. Oh super, vielen Dank für die Info! Die werde ich mal genauer anschauen.

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    3. Ergebnis: nur der Nutcase Moto ist nach ECE2205 zugelassen, die anderen leider nur EN1078 und folglich für S-Pedelec nicht brauchbar. Und der Nutcase scheint mir schlecht belüftet, aber ich werde ihn mal in echt und nicht nur auf dem Foto ansehen. Den Vigor hatte ich mal probehalber auf.

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  3. Sind das Regelungen, damit Autofahrer ungestörter fahren können?

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    1. Ja, das ist die herrschende Konzeption von Verkehrsplanung und Verkehrsrecht. Getrennte Netze für den Motorverkehr einerseits und den Muskelverkehr andererseits. Außerorts wie Innerorts. Freie Fahrt für freie Bürger. Die großen und kleinen Straßen gehören den Autos, die schmalen Gehwege und die zerstückelten Restflächen jeder Art teilen sich dann auf engstem Raum die vielen unfreien Bürger, zum Beispiel Hundeführer mit und ohne Leine, die Alten, die Spaziergänger und Flaneure, spielende Kinder, Kinderwagenschieber, Radfahrer, motorisiert Radfahrende, Wandergruppen, Rollstuhlfahrer, Erholungssuchende jeder Art, Naturliebhaber, Frischluftfanatiker, Sportaktivisten usw. Ein trauriges Schauspiel. Wir versuchen, uns dagegen zu wehren.

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  4. Weiß jemand wie es sich mit den E-Bike's, also die bis 45km/h laufen, im Wald verhält. Dürfen die auf Waldwegen fahren? Mofas die auch so ein Nummerschild haben dürfen das ja nicht.

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    1. Folglich dürfen die S-Peds das auch nicht, da diese eine Pflichtversicherung haben und normalerweise das Versicherungskennzeichen angeschraubt haben müssen. Ist dem nicht so, wird ein Verwarngeld fällig.

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    2. E-Bikes und S-Pedelecs gelten als Kleinkrafträder und dürfen nirgendwo fahren, wo es für Kraftfahrzeuge gesperrt ist.

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    3. Stimmt, wobei in den Medien und im allgemeinen Sprachgebrauch mit E-Bikes eben meistens Elektrofahrräder, also Pedelecs, gemeint sind, die bei 25 km/h mit dem Kraftzusatz begrenzt sind.

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  5. Vielen Dank für diesen guten und kritischen Beitrag. Der Fortschritt ist und bleibt eine Schnecke. Heul.

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    1. Sorry Carsten, meine Antwort galt natürlich Christine

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  6. Es gibt da wirklich inzwischen viel zu beachten und bei der Aufrüstung der Reglementierung der schnellen Pedelecs ist man offensichtlich deutlich aktiver als bei anderen Sachen. Hier findet man einiges zusammengefasst zum Thema S-Pedelec: http://www.pd-f.de/2016/06/09/s-pedelecs-wenn-das-fahrrad-zum-fahrzeug-wird_10372

    Ansonsten verstehe ich nicht ganz, warum 'langsame' Pedelecs als Exoten betrachtet werden. Von inzwischen jährlich über eine halbe Million verkauften Pedelecs ist der Großteil bei 25 km/h abgeregelt. Eher sind die S-Pedelecs noch die Ausnahme.

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    1. Sehr gut informativer Artikel in dem Link. Klärt meine Frage ob, oder ob nicht im Wald gefahren werden darf. Viele Dank....

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    2. Guter Artikel, es fehlt die Klarstellung das "geeigneter Helm" im Gesetzestext in der Praxis ECE-Norm 22/05 bedeutet. Siehe etwa hier:
      http://www.adfc-bo.de/S-Pedelec.htm
      Mein Kommentar, das E-Bikes irrelevant sind, bezog sich auf E-Bikes im Sinne des Gesetzgebers um die es auch im Artikel geht - also die mit Gasgriff (nicht Pedelec).

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    3. Hallo Carsten, als ich es nochmal genauer durchgelesen habe, habe ich es dann auch gesehen. Ich bin da nicht so fixiert auf die Unterscheidung zwischen E-Bike und Pedelec, die vermutlich so auch nicht offiziell sind.

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  7. Viel schlimmer finde ich jedoch, das auf einem Radschnellweg im Ruhrgebiet mit einem S-Pedelec gefahren wird. Trotz meiner Mail an den Redakteur wird dieser Beitrag weiter gezeigt.
    gugst du: http://www1.wdr.de/mediathek/video/sendungen/markt/video-sommermarkt-vom--markt-on-tour-in-nrw-100.html

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  8. Antwort an Anonym 26. Sep.: Bleibt natürlich verboten, da normalerweise das Schild 250 Verbot für Fahrzeuge aller Art mit der Ausnahme 1022-10 Radfahrer frei am Anfang des Weges oder des Waldes, Feldwegs usw steht. Ein S-Ped ist nach der Bauart ein Kleinkraftrad, deshalb auch die Versicherungspflicht.

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