13. August 2017

Die Angst radelt mit

Es gibt eingefleischte Fahrbahnradler, die über Radwege und Radstreifen fluchen, und es gibt Menschen, die gerne Rad fahren, aber um Gottes Willen nicht auf der Fahrbahn, sondern nur auf Radwegen. 

"Wenn Radfahrer die Fahrbahn nutzen möchten, obwohl es einen straßenbegleitenden Radweg gibt, ist dies ein sicheres Zeichen für einen schlechten Radweg", schreibt David Hembrow in einem Artikel, den das Bundesverkehrsministerium übersetzt auf seine Seite gestellt hat. Es geht um die Frage der Sicherheit - objektiv und subjektiv - die Menschen in den Niederlanden aufs Fahrrad gebracht hat. Radeln ohne Angst, das ist das Entscheidende. Und dazu brauchen wir wohl Frauen für die Fahrradpolitik, die mit ihren Kindern radeln wollen. 

Mutter mit Kindern am Wochendende
auf dem Neckardasmm
In Deutschland streiten wir uns noch. Fahrbahnradeln oder Radwegradeln, Angst oder Mut, Kampf oder Rückzug ins Auto. Die Effekte sind dramatisch. Mir hat kürzlich jemand erzählt von einer Mutter, die Angst hat beim Fahrradfahren und diese Angst auf ihre Kinder überträgt. Sie steigt sofort ab und flüchtet auf den Gehweg, wenn ein Auto hinter ihr brummt. Das löst bei ihr Panik aus. Für sie sind Autos unberechenbare Monster, die Radler fressen. Und darüber sollten wir jetzt hier nicht lachen, denn es ist symptomatisch für die Art, wie wir unseren Verkehr organisieren. Wer Rad fährt, wird als mutig betrachtet. Fahrbahnralder sehen und erleben sich oft als Kampfradler: angehupt, bedrängt, geschnitten. Das ist eine völlig perverse Situation.

Dass sich in Diskussionen beide Gruppen - Fahrbahnradler (Radweghasser) und Gehwegradler (Radwegliebhaber) unversöhnlich gegenüber stehen, zeigt nur, dass unsere Radinfrastruktur völlig unzureichend ist. Ein paar Radstreifen auf Tempo-50-Straßen reichen nicht, ein Radwegschild, das auf einen holprigen Gehweg verweist, ist purer Hohn. Fahrradpolitik muss heißen: Radler von Autos und von Fußgängern zu trennen und ihnen Wege anzubieten, die zu ihrer Fortbewegungsart passen, kleine Fehler verzeihen und sicher sind, also breit, glatt, sauber, beleuchtet und sicher an Kreuzungen.

Mutter mit Kind in Möhringen: So darf das nicht laufen!
Vielleicht sollte die Fahrradpolitik von jener Mutter gemacht werden, die sich in Stuttgart weder alleine noch mit ihren Kindern aufs Fahrrad traut.

Die weiß nämlich, was sie braucht, um sich zu trauen. Fahrradpolitik wird aber - auch und gerade in Stuttgart - von Männern gemacht, die schon lange radeln und ihre Erfahrungen gesammelt haben, als die Radinfrastruktur noch schlechter war. Mehr Männern fällt es leichter, adrenalinhaltige Kämpfe auszutragen und ein Risiko einzugehen als Frauen. Frauen radeln anders, allemal mit Kindern.

Die Frage, was ist besser - Radstreifen oder Radwege oder gar nichts - hat uns hier schon oft beschäftigt und interessiert derzeit auch immer öfter die Medien. In der Regel wird darauf hingewiesen, dass in den dänischen Vorbild-Radstädten breite, vom Autoverkehr durch einen Bordstein getrennte Radwege die Menschen überhaupt erst in großen Mengen aufs Fahrrad gebracht haben. Weil es bequem ist, unkompliziert und sicher. Dort radeln jetzt alle, vom Kind bis zum Opa, die meisten übrigens ohne Helm. In den Niederlanden ist das auch so. Und was man wirklich braucht, berichtet der oben genannte Artikel.  Nur wenn Radwege sicher sind, fahren alle. Wobei entscheidend ist, dass man sich als Radler/in auch sicher fühlt. 

Bei uns in Stuttgart, aber auch in Hamburg, Leipzig, Halle, Aschaffenburg oder Oldenburg kann man sich dagegen zehnjährige Kinder kaum als Radler vorstellen, jedenfalls nicht auf diesen Radstreifen entlang geparkter Autos oder auf den den schmalen roten Radstreifen zwischen Rechtsabbiege- und Geradausspur. Die bekommt man mit Radstreifen, wo links die Laster vorbeidonnern und rechts jeder Zeit eine Autotür aufgehen kann, nicht aufs Fahrrad, jedenfalls nicht im alltäglichen Innenstadtverkehr. Soviel ist auf jeden Fall klar. Gerade in Stuttgart sehen wir so gut wie gar keine Kinder in der Innenstadt herumradeln und auch nur wenige Jugendliche. Und auch die Senioren und Seniorinnen, die man in Dörfern (oder dörflicheren Vororten von Stuttgart) zum Bäcker oder Metzger radeln sieht, sehen wir im Stuttgarter Kessel nicht. Langsame Radler/innen sind bei uns eine Seltenheit. Und das liegt mit Sicherheit daran, dass wir in Stuttgart keinen Platz haben und auch keinen Platz schaffen für Radwege (die immer von der Fahrbahn getrennt sind), von ein paar wenigen abgesehen.

Aschaffenburg
Wie viele Leute ihre Kinder durchaus gerne Rad fahren lassen würden, sieht man am Wochenende auf den Familien-Ausflugstrecken, etwa auf dem Neckardamm, im Schlossgarten, oder auf den Feldern und verkehrsfernen Radrouten außerhalb der Innenstadt. Das Potenzial ist da, aber es radelt nicht unter den Bedingungen, die wir in Stuttgart für Schulwege und Wege zur Arbeit oder zu Einkaufläden anbieten. 

Unter anderem der Spiegel hat das Thema Ende April aufgenommen und dabei eine interessante Gegenüberstellung gemacht:  

Neckarstraße
Osnabrück, Stadt der Radstreifen, Oldenburg, Stadt der Radwege.

Am Gefährlichsten für Radler sind überall die Kreuzungen, wo Autofahrer, vor allem Lkw-Fahrer abbiegen. In Osnarbrück starben 2014 zwei Radler unter abbiegenden Lastwagen, und zwar auf Radstreifen, wo sie gut sichtbar waren. Der Radanteil in Osnabrück beträgt 20 Prozent, und es wird nicht wirklich mehr. 
In Oldenburg aber sind es bereits 40 Prozent Radfahrende. Die fahren nämlich hauptsächlich auf Radwegen. Die sind übrigens dort gar nicht alle verpflichtend, Fahrbahnen sind für Radler auch freigegeben, die meisten bleiben jedoch lieber auf den Hochbordradwegen, auch wenn sie alt und teils hoppelig sind. Auch hier herrscht an Kreuzungen die höchste Unfallgefahr. Und man sagt ja immer, Radwege seien für Radler in diesem Punkt gefährlicher als Radstreifen. In Oldenburg müsste man also doppelt so viele tödliche Radunfälle haben wie in Osnabrück. So ist das aber nicht. Der Grund: Es sind so viele auf Rädern unterwegs, dass Autofahrende überall mit ihnen rechnen. Die Menge an Radfahrenden erzeugt Sicherheit (Safety in numbers/Sicherheit in der Menge). 

Die Critcal Mass schafft jeden Monat einmal
Safety in Numbers
Ich komme, wenn ich mich mit diesen Fragen beschäftigte, immer wieder zu dem Schluss: Die Zahl der Radfahrenden erhöht man in einer Stadt wie Stuttgart massiv nur mit einem massiven Ausbau der Radwege. Fahren dann wirklich viele Fahrrad, ist die Art der Infrastruktur nicht mehr so entscheidend, weil sich Radfahrende dann auch auf Radstreifen sicher fühlen, da Autofahrende gelernt haben, überall und immer mir Radlern zu rechnen. 

Gerade Stuttgart ist aber eng. Und obgleich eine sympathische Fahrradkultur Stuttgart vor Fahrverboten bei Feinstaub und Stickoxid-Alarm retten könnte, weil es die dann nämlich nicht mehr gäbe, ist der Gemeinderat noch nicht wirklich bereit, den Radlern erst einmal  mehr Platz einzuräumen, damit es mehr Räder werden, die vergleichsweise wenig Platz brauchen und dem Autoverkehr damit wieder Raum zum Rollen geben für alle, die aufs Auto angewiesen sind oder nicht aufs Auto verzichten wollen. Aber es wird kommen. Halt mit einem bissle Verspätung. Und ohne Radwege fürs subjektive Sicherheitsgefühl wird es nicht gehen. 

18 Kommentare:

  1. Auja. Richten wir unsere Verkehrspolitik an einzelnen Überängstlichen aus, die Autos als autonome Maschinen sehen statt von Menschen gesteuert. Pfeifen wir auf gesicherte Erkenntnisse, gefühlte Sicherheit ist wichtiger als objektive wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse. Bloß nicht bei den Ursachen ansetzen.

    An dem Artikel ist so viel falsch, so viel kann man gar nicht korrigieren.

    Martin

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    1. Stimmt. Der hohe Radverkehrsanteil, die extrem niedrige Unfallrate pro Personenkilometer auf dem Rad und die gute Infrastruktur mit breiten, komfortablen, von Kfz und Fußgängern getrennten Radwegen und unfallsicher gemachten Kreuzungen sind in NL nicht nur in zufälligem Zusammenhang, sondern frei erfunden: die Niederlande gibt es gar nicht.

      Quatsch: "I often see people refer to studies of German cycleways where the conclusion is that they’re dangerous, then claiming that these studies are evidence that all cycleways are therefore dangerous. Quoting studies of poor-quality, outdated designs doesn’t disprove the very concept of separate cycleways, but instead reinforces the need for using the best designs. https://departmentfortransport.wordpress.com/2015/01/27/cycleway-design-in-berlin-and-beyond/

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    2. @ Martin, es sind nicht einzelne Überängstliche.

      Wenn ich erzähle, dass ich regelmäßig mit dem Fahrrad nach Stuttgart zur Arbeit fahre, dann werden immer diese 3 Fragen gestellt, wenn jemand ein wenig interessiert ist:
      1. Wie weit ist das denn? Dann wird nachgefragt: Und wie lange brauchst Du dafür?
      2. Mußt Du Straße fahren?
      3. Fährst Du bei jedem Wetter? Wie ist das bei Regen und im Winter?

      Da werden die KO-Kriterien abgeklopft:
      1. zu weit, zu lang unterwegs, dann kommt es sowieso nicht in Frage.
      2. Geht es ungefährlich, stressfrei und "ohne Abgase"? Da steigt das Interesse massiv, wenn ich erzähle, dass ich fast ausschließlich durch's "Grüne" Feld- und Wirtschaftswege bis zum Neckar fahren kann, dann auf dem Neckardamm kreuzungsfrei und am Max-Eyth-See vorbei, dann durch den Schloßgarten bis ins Zentrum.

      Die lange Strecke verwundert die Leute, angesichts der Streckenführung ernte ich Verständnis dafür, dass ich mir das antue. Auch ich selbst, wenn ich auf einem Streifen entlang der B14 oder auch entlang Waiblinger Straße in Bad Cannstatt (alte B14) fahren müßte, würde ich auf's Radfahren verzichten.

      Ich bin dieses Jahr schon vom Auto einer Autofahrerin angerempelt worden, die mir die Vorfahrt genommen hat (übersichtlich, Straße, kein Radweg, Geschwindigkeitsbegrenzung 30 km/h, ich war 25 km/h). Das laste ich nicht dem Auto an, sondern der Fahrerin. Sie hat mich gesehen, sie hat eigentlich auch Abstand halten wollen, dann ist ihr aber der Gegenverkehr aufgefallen.

      Ängstlich bin ich sicher nicht, als Radfahrer eher selbstbewusst. Christine würde ich auch nicht als überängstlich einschätzen. Sie kennt den Unterschied zwischen objektiver und subjektiver Sicherheit. Auch sie fährt gelegentlich Straße, aber sie "kneift" eher als ich, sobald auf der Fahrbahn etwas dichterer Verkehr herrscht (siehe ihr Kommentar im Blog-Eintrag vom 10.07.2017: "Allerdings ist derzeit wegen der Sperrung der Aubrücke dort der Autoverkehr so stark und die Fahrbahn so eng und zu befahren, als dass Autos überholen könnten, dass ich derzeit auch lieber auf dem Gehweg radle.").

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  3. Hallo Christine,
    sorry, aber ich kann diese Pseudoargumente "Stuttgart hat keinen Platz" oder "Stuttgart ist zu eng" für eine vernünfige Radinfrastruktur nicht mehr hören/lesen!
    Das ist doch Quatsch, der von der Autolobby und der Stadt gepredigt wird, aber nichts mit der Realität zu tun hat!
    Wo bitte ist denn Stuttgart zu eng?
    Ist es zu eng, weil links und rechts an der Strasse Autos parken? Ja dann weg damit! Eine Seite räumen, einen Radweg und Bäume hin.
    Oder ist es zu eng, weil es schon 3 Fahrspuren für Autos gibt? Ja dann weg damit!
    Lediglich die Dominanz des KFZs macht Stuttgart eng, aber nicht die Topologie, Architektur oder sonstiges.
    Stuttgart hat Platz, viel Platz, man muss ihn nur sinnvoll einsetzen und vor Allem: Man muss es wollen!

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  4. Also Martin. Die Idee ist, möglichst vielfältig viele dazu zu bringen in der Innenstadt zu radeln, weil das die Sicherheit insgesamt erhöht. Und da spielt die subjektive Sicherheit natürlich eine Rolle.

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    1. Möglichst viele, okay. Aber allen kann man es eben nicht recht machen.

      Martin

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  5. Wir haben alles, was es für sichere Radwege braucht. Es wird halt nicht umgesetzt. Bis hin zu einem Werk mit dem schönen Namen ERA 2010. In Deutschland versagen regelmäßig Politik und Verwaltung, wenn es um Radwege geht. Und ich nehme mir das Recht raus, gefährliche Radwege zu ignorieren und auf der Straße zu fahren. Weil sichere Radwege nämlich eines nicht brauchen: eine Benutzungspflicht.

    Es hilft auch nicht, auf die entsprechende Fachliteratur zu verweisen. Wenn der Spiegel Einzelfälle publiziert, dann bleiben es trotzdem Einzelfälle. Woanders ist es halt anders.

    Liebe Christine, ich schätze Deinen Blog sehr. Unter anderem deshalb, weil hier Menschen unterwegs sind, die meine Fragen beantworten können. So wollte ich mal wissen, warum die Holländer mit ihren Radwegen da sind, wo sie heute sind.

    Eine Antwort findet sich in diesem Link:

     http://www.uni-muenster.de/NiederlandeNet/nl-wissen/freizeit/vertiefung/fahrrad/index.html

    Der Trend zum Rad komm aus der (bürgerlichen) Gesellschaft und das bzw.  Radeln ist mit positiven Bildern und Eigenschaften verknüpft. Der Ausbau wurde über eine zusätzliche Steuer finanziert....

    Hier noch ein paar Zitate aus dem Fazit:
    " In diesem Dossier wurden die verschiedenen Facetten dieses Images vom Fahrrad während der letzten 150 Jahre durchgespielt und ein ganzes Spektrum von Bedeutungen aufgezeigt, die sich mit dem Fahrrad verbanden: soziale Distinktion, Reichtum, Modernität, körperliche Leistungsfähigkeit, Selbstständigkeit, Emanzipation etc."

    "Hier war der Erste Weltkrieg der entscheidende Katalysator. Während des Krieges wurde das Fahrrad endgültig zum Ausdruck niederländischer Gelassenheit erhoben und zugleich eine Infrastruktur geschaffen, die die Basis für das Fahrradland Niederlande in den 1920er Jahren legte."

    " Die Bereitstellung einer geeigneten Infrastruktur allein ist wohl kaum ausreichend, um die Lust am Radfahren zu steigern. Voraussetzung hierfür scheint vielmehr zu sein, dass sich mit dem Radfahren ein positives Selbstbild verbindet, das von weiten Teilen der Bevölkerung geteilt wird. Dieses Bild vom Fahrrad wurde vom bürgerlich-liberalen ANWB bereits gegen Ende des 19. Jahrhunderts geprägt ..."

    Wie einfach ist es wohl,  die niederländischen Verhältnisse einfach so zu übertragen? Wenn das Rad sogar ganz selbstverständlich zum nationalen Selbstbild gehört? So wie bei uns das Auto zum nationalen Selbstbild gehört. Jeder kann aus dem Stegreif deutsche Autohersteller benennen. Fragt man nach deutschen Fahrradherstellern, wird es dünn.

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  6. Ich sehe, die Frage nach der Infrastruktur (Radwege, Fahrbahn, Radstreifen) erzeugt auch diesmal wieder heftige Emotionen. Ich würde das gerne ruhiger diskutieren. Klar: Ich sehe das auch so: In Stuttgart ist Platz für eine Radinfrastruktur mit sicheren Kreuzungen und so breiten Wegen, dass Radler einander überholen können, wenn man den Autos was wegnimmt. Allerdings, auf ganzen Straßenseiten Parkplätze wegnehmen, geht nur in der Theorie, denn den Aufstand, den die Anwohner, unterstützt von den Medien dann machen, den stehen die Stadträt/innen nicht. Und ich sage nicht, dass die Radpolitik sich nach den Ängstlichsten richten muss, aber es lohnt sich schon, mal zuzuhören, was Menschen sich wünschen, damit sie sich trauen in Stuttgart Rad zu fahren. Dann kommt vermutlich etwas heraus, was allen nützt: Breite Radwege mit sicheren Kreuzungslösungen, auf denen auch Kinder radeln können. Es muss auch uns Radlern, auch denen, die gern auf der Fahrbahn radeln, zu denken geben, dass bei uns in Stuttgart keine Kinder auf Rädern unterwegs sind und auch nur sehr wenige Jugendliche. Radstreifen, an denen links Autos mit 50 km/h vorbeisausen, sind jedenfalls keine Lösung. Und ich finde auch, dass die Mindestbreiten, die im ERA stehen, lächerlich sind. Ich habe immer gestaunt, welch reduziere Radinfrastruktur die vorschlagen. Das ist Radpolitik aus den Neunzigern oder Achtzigern für einige wenige Radler, aber nicht für Familien, nicht für Eltern mit Kinderanhänger, nicht für Lastrenräder, nicht für Lastenanhänger für Einkaufsfahrten. Und ja, um mehr Leute aufs Rad zu bekommen, muss man das Autofahren unbequemer machen, aber man muss halt auch eine Radinfrastruktur anbieten, die unerfahrenen Radlern sicher und bequem erscheint. Die subjektive Sicherheit, so das Ergebnis der zitierten Überlegungen eines erfahrenen Radinfrastrukturbauers, ist entscheidend, ob Leute wieder anfangen und ihre Kinder auf Radwege schicken. Fahrradbeauftragte und Radpolitiker müssen auch mit den Augen und Gefühlen von Änstlichen radeln (oder sie fragen), damit Radwege nicht nur die Starken, Wendigen, Umsichtigen und Schnell-Reagierenden befriedigen, sondern eben auch die Ungeübten, Ängstlichen und eher Langsamen. Sonst bleiben wir unter uns, und dann ändert sich auch die Radpolitik nicht, weil wir an Zahl nicht mehr zunehmen,

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    1. Hallo Christine,
      Du sagst: "... Allerdings, auf ganzen Straßenseiten Parkplätze wegnehmen, geht nur in der Theorie, denn den Aufstand, den die Anwohner, unterstützt von den Medien dann machen, den stehen die Stadträt/innen nicht... "
      Warum schafft/steht dieser Personenkreis das nicht? Vovor habt Ihr Angst?
      In anderen europäischen Städten schaffen sie es doch auch! Barcelona, Lyon, Bozen, usw usf.
      Viele Küstenorte haben Ihre Auto-Strandpromenaden von zwei- auf einspurig zurückgebaut und den freiwerdenden Platz zum Radweg gemacht. In keiner dieser Städte war das einfach umzusetzen - nur haben diese den Druck der Zeit erkannt und die Aufenthaltsqualität gesteigert. Sie haben es einfach gemacht. Heute sind die damaligen Gegner dieser Aktionen mehr als nur glücklich darüber!

      Es ist also wie ich geschrieben haben: Man muss es wollen! Da muss man eben durch.
      Und an Hand der momentanen Skandale rund um das KFZ ist jetzt die beste Zeit für 'unpopuläre' Forderungen und(!) Entscheidungen. Die Autoindustrie und -lobby hatte Ihre Chancen, und davon nicht zu wenige. Jetzt ist es Zeit für eine Verkehrswende zu Gunsten von Fußgängern und Radfahrern!

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    2. @Christine 
      in Deutschland werden zu oft Alibi-Lösungen angeboten. Vor ein paar Tagen hatten wir hier das Thema "Schutzstreifen in Dooring-Zonen". Sind die ERA-kompatibel?

      Es wird halt gemacht - von der Verwaltung. und die Politik?

      Diese "Lösungen" werden kaum Autofahrer zum Umsteigen motivieren.

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    3. @ Bernd: Schaun wir mal, ob wir eine Mehrheit dafür im Gemeinderat kriegen. Ich weiß, dass ich was versuchen werde.

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    4. @ Christine: die Regelmaße (Norm-Mindestbreite) aus der ERA sind recht vernünftig, kein Luxus, aber praxisnah. Die Mindestbreiten, nur die bei geringer (geplanter) Radverkehrsstärke eingehalten werden müssen, sind immer noch ok.

      Bei stark befahrenen Radrouten, per Definition also ab 2000 Radfahrern am Tag (und somit für die Hauptradrouten in Stuttgart), sind die meisten Mindestbreiten von gemeinsamen Geh- und Radwegen noch mal höher und gehen bis 4,5m hoch.

      z.B. ein einseitiger Zweirichtungsradweg mit Regelmaß 3m und Mindestmaß 2,5m (zuzüglich Sicherheitsraum und Sicherheitstrennstreifen), das ist durchaus ok.

      Das einzigen Maße in der ERA, die nach meiner Ansicht definitiv zu gering sind, beziehen sich auf das Fahrbahnradeln. Radfahrstreifen und Angebotsstreifen (Sicherheitsstreifen) sind eben eine Notlösung, wenn der Platz für einen richtigen Radweg insgesamt nicht abgetrennt werden kann, weil die Mindestbreite für einen KFZ-Fahrstreifen unterschritten werden würde:

      Radfahrstreifen mit ihrer Mindestbreite von 1.85m, das wäre eigentlich ausreichend, nur etwas zu eng zum Überholen anderer Radfahrer. Ärgerlicherweise sieht der Gesetzgeber in der durchgezogenen Linie so eine Art Mauer, die garantiert kein KFZ durchbricht und auch kein Fahrtwind. Deshalb kann man keinen Mindestabstand überholender KFZ einfordern und einen Sicherheitstrennstreifen gibt es aber auch nicht. Das ist völlig verquer.

      Ganz übel ist auch der Sicherheitsraum zu Längsparkständen. Bei Schutzstreifen sollen da 25cm ausreichend sein. Nach Gerichtsurteilen muss ein Radfahrer 1,20m Abstand zu seitlich parkenden KFZ halten, um dooring-Unfälle zu vermeiden. Einen so angelegten Schutzstreifen DARF man aus Sicherheitsgründen gar nicht (mittig) befahren, man muss die KFZ-Fahrbahn mitnutzen. Eine Radwegeführung, deren Benutzung lebensgefährlich ist, "SCHUTZ"streifen zu nennen, ist irreführend und pervers. So etwas zu verwenden, das ist eine Art "Beihilfe zum Totschlag". Gab es nicht direkt in Stuttgart Vaihingen schon einen tödlichen dooring-Unfall? Da kann sich kein Verkehrsplaner rausreden, er wüßte nichts davon.

      Meine klare Empfehlung daher: wenn gemeinsame Verkehrsführung mit KFZ unvermeidlich ist, dann in dieser Reihenfolge:

      1. Fahrradstraße, wenn es das (geplante) Fahrradaufkommen erlaubt, oder
      2. Schritttempo (als verkehrsberuhigter Bereich abseits von Durchgangsverkehrsrouten) oder eben
      3. normale Fahrbahnführung, meinetwegen mit aufgebrachtem Fahrradsymbol (aber ohne irgendwelche Linien) an Stellen, wo die Autofahrer noch nicht an Radfahrer gewöhnt sind. Das erlaubt die ERA auch.

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  7. "Safety in Numbers" hat nicht nur etwas damit zu tun, dass Autofahrer eher mit Fahrradfahrern rechnen, wenn sie in großer Zahl auftreten sondern auch damit, dass mehr Autofahrer gleichzeitig auch Fahrradfahrer sind, und deshalb die Situation von Fahrradfahrern besser einschätzen können.

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  8. Mobbing? Typische Verhaltensweisen von Mobbern:
    - anschreien, anhupen, beschimpfen, nass spritzen
    - Beleidigungen, Gewaltandrohungen
    - tätliche Übergriffe/ körperliche Misshandlungen
    - Verdächtigungen
    - offensichtliches Ignorieren, Kontaktverweigerung
    - ständige Kritik
    - Gerüchte verbreiten
    - lächerlich machen, Spott
    - im Hintergrund agieren (Intrigen)
    - Psychoterror
    - Ängstigen
    - Diskriminieren
    - Verbreitung falscher Tatsachenbehauptungen
    - Zuweisung sinnloser Arbeitsaufgaben/ Ausstattungen
    - Einschüchterung
    - Vorenthalten von Informationen
    Mobbing wird meist in Verbindung mit der Absicht der Vertreibung vom Arbeitsplatz in Zusammenhang gebracht. Mit Hilfe von Gesetzen und Richtlinien, die teils unter Missachtung von Naturgesetzen, bisher normales Verhalten plötzlich unter Strafe stellen, sollen Radfahrer vertrieben werden. Durch falsche Informationen, Intrigen, Gerüchte und Machtmissbrauch wurden immer schon lästige Bevölkerungsteile kriminalisiert, enteignet und vertrieben.Erst wenn die Pöbeleien permanent und systematisch, direkt oder indirekt, an Häufigkeit und Schärfe zunehmen, fühlen sich die Opfer gemobbt.

    Unter anderem sind dies Gründe, wieso Mobbingopfer den öffentlichen Raum, also die Fahrbahn, als "Feindesland" empfinden und Radverkehrsführungen als sicherer einstufen. Auch wenn das Radfahren an sich gut gefällt, kann es trotz dessen zur "Hölle" werden. Die Schreienden, Schimpfenden, Verletzenden sind meist "nur" Mitläufer/ Ausführende. So kann der Staat "Fahrradförderung" als Strategie verwenden und "zufällig" etwas Geringschätziges äußern. Macht er das wiederholt, zeigt sich eine sehr große Wirkung auf die Verkehrsteilnehmer. Diese können in Gruppen losziehen und - in ihren Augen im Recht - Unrecht auslösen.

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  9. Ich gestehe, ich habe jeden Morgen und Mittag ein ungutes Gefühl, wenn ich mit dem Junior zur Kita fahre. Man versucht auch schon mal einem von der Spielstraße zu hupen. Wüste Schimpfereien und Androhung von Gewalt inklusive.
    Ja, auch Männer haben Angst wenn der Nachwuchs mitfährt.

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  10. Mein Sohn und ich wurden neulich von einem leitenden Angestellten einer lokal ansässigen Versicherungsgruppe (erkennbar am lächerlich übermotorisierten KFZ nebst Kennzeichen S-WW-dreistellige Schnapszahl) im Stuttgarter Westen beinahe umgefahren und danach beschimpft. Der Schnauzbart tragende Versicherungsmakler bestand auf seinem Recht, meinem Sohn die Vorfahrt nehmen zu dürfen und log ansonsten, was die Beleidigung anging. Die Polizei konnte nichts machen, da Aussage gegen Aussage stand.

    Wenn mein Geschäftsmodell wäre, Angst und Schrecken zu verbreiten und ich keine Radfahrer in der Stadt haben wollte, dann würde ich es genau so machen. Und vielleicht noch den ein oder anderen Politiker schmieren...

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  11. Auch die Stuttgarter Polizei sollte allmählich wissen, dass es keine "Aussage gegen Aussage" gibt. Du hättest ganz normal eine Anzeige aufgeben können und ein Richter hätte dann entschieden, wer von euch glaubwürdiger ist. Solche Aussagen der Polizei sind auf dem gleichen Level wie das ewige "ist doch nichts passiert!".

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