29. August 2019

Der Autovehr verschlingt Millardensummen

Wie die Stuttgarter Zeitung sehr ausführlich berichtet, hat eine Untersuchung des Züricher Infras-Instituts im Auftrag der Allianz pro Schiene jährliche Verkehrskosten in Höhe von 141 Milliarden Euro errechnet.

Das ist für uns hier ja nichts Neues. Aber es ist schön, dass es in der Zeitung steht. Diese sogenannten externen Kosten oder eben auch Folgekosten des Autoverkehrs entstehen zum Beispiel durch Unfälle, Luftverschmutzung, Lärmstress und Straßenunterhalt.
Die StZ zitiert auch den Verband der Automobilindustrie mit der Aussage, Autofahrende würden durch spezifische Steuern und Abgaben von jährlich 50 Milliarden Euro immerhin einen Teil der Kosten decken. Den riesigen Rest, 90 Milliarden Euro, zahlen wir alle über unsere Steuern und Krankenkassenbeiträge, auch diejenigen, die kein Auto haben.

Zu 95 Prozent ist dem Artikel zufolge der Autovekehr Verursacher dieser externen Kosten, zu 3,8 Prozent die Eisenbahn, zu 0,9 Prozent der Inlandsflugverkehr und zu 0,8 Prozent die Binnenschifffahrt. Pro Kilometer verursacht ein Autofahrender 11 Cent (Infras: 10,8 Cent) Kosten, für die er zum größten Teil nicht selbst aufkommt. Der Inlandsflugverkehr kostet uns 13 Cent pro Kilometer.

Der Infras-Studie zufolge entstehen für die Allgemeinheit die meisten Kosten durch Verkehrsunfälle: 61 Milliarden Euro, für die zu 98 Prozent der Autoverkehr verantwortlich ist. Für Opfer und Hinterbliebene fließen da jährlich Milliarden Euro aus den Sozialversicherungen und dem Steueraufkommen. 31 Milliarden Euro müssen für die Folgekosten des Verkehrs aufgewendet werden: Emmissionen von Treibhausgasen und Luftschadstoffen und die Produktion der Autos und deren Energieträger wie Benzin oder Strom, aber auch für den Bau und den Unterhalt der Straßen (nebenbei auch der Schienen und Wasserstraßen). Die Studie beziffert die reinen Klimakosten auf 27 Milliarden Euro jährlich, die Landschaftskosten auf knapp 13 Milliarden, die Folgekosten durch Luftschadstoffe auf 10 Milliarden und die durch Lärmstress auf 8 Milliarden.

Lärmstress gilt seit langem als Auslöser für Herzinfarkte und Kreislauferkrankungen und ist eine bislang in der Politik noch unterschätzte Gesundheitsgefahr. Tatsächlich gibt es kaum noch stille Winkel in Deutschland. Über fast jedem Tal, über jeder Stadt, über jedem Dorf liegt das Dauergebrumm von Verbrennungsmotoren. In Städten dröhnen die Motoren dabei auch regelmäßig mit Lärmspitzen, in ländlichen Gegenden röhren im Sommer unzählige Motorräder durch die Kurven. Immer noch zeigt die Politik ein unendliches Verständnsi für für reine Fun-Fahrten mit Verbrennungsmotoren, die unglaublichen Lärm machen.

Der Radverkehr war in der Studie kein Thema.
Immerhin könnten auch Pedelec-Motoren gewisse Folgekosten erzeugen, für die Stromkosen zahlen die Nutzer/innen allerdings selber, wenn sie ihre Akkus aufladen. Auch Fahrräder werden aus Stahl, Aluminium und Kunsstroff etc. produziert, und das nicht unbedingt klimaneutral. Und Wege müssen für den Radverkehr  auch gebaut werden. Dennoch wird all das anderen Untersuchungen zufolge aufgewogen durch die positiven Efeckte des Radverkehrs: Er hält seine Nutzer/innen selbst gesünder, wie ich in verschiedenen Artikeln dargestellt habe, er verursacht weniger Arztkosten. Er macht keinen Lärmstress und hält deshalb auch andere gesünder. Radfahrende kaufen außerdem mehr und öfter im lokalen Handel ein, sie entschleunigen und beleben Innenstädte, wenn man ihnen Raum gibt und den Autos Raum wegnimmt. Eine Studie in Kopenhagen hat errechnet, dass man jeden gefahrenden Radkilometer positiv mit 16 Cent* verbuchen kann.

Wer jetzt hier eine Rechnung aufmachen möchte, kann auf Basis der Daten über die im Jahr derzeit in Deutschland gefahrenen Radkilometer hier und hier eine Summe errechnen, die der Radverkehr an gesamtgesellschaftlichem Gewinn bringt. Ich schätze ihn sehr überchlägig auf 400 Milliarden Euro, lasse mich aber gern korrigieren. Jedenfalls steckt in einem wirklich massiven Ausbau der Radinfrastruktur, die geeignet ist, wesentlich mehr Menschen zum Radfahren zu verführen als unsere derzeitige, ein riesiger volkswirtschaftlicher und gesellschaftlicher Gewinn, der die Kosten der Schäden, die der ungebrochen massive Autoverkehr erzeugt, um ein Vielfaches übersteigt. Diese Gewinne können wir dann für Klimaschutzmaßnahmen und gesellschaftliche Aufgaben ausgeben.

Das Geld für den Ausbau einer Radinfrastruktur in den Städten (und Verbindungsradwegen zwischen den Ortschaften) schafft gewissermaßen der Radverkehr selbst herbei. Allerdings müsste man dazu die Geldmittel und Verwaltungsstrukturen in ähnlicher Weise für den Radverkehr bereitstellen, wie wir das bisher für den Autoverkehr tun. Radinfrastruktur ist zwar sehr viel billiger als Autoinfrastruktur, aber es braucht eben jetzt einen massiven Personaleinsatz (eine Personalaufstockung) in den zuständigen Ämtern, damit sie - etwa in Stuttgart - überhaupt erst einmal von Grund auf flächendeckend entwickelt und geplant werden kann und dann auch noch sehr schnell auf die Straße gebracht wird.



*Das Fahrradportal führt übrigens eine neue Studie der Universität Lund in Schweden auf, wonach das Fahrrad pro Kilometer sogar einen gesamtgesellschaftlichen Nutzen von 30 Cent hat. Das Auto setzt die Studie mit Folgekosten von 20 Cent pro km  an.


7 Kommentare:

  1. Für die Stadt Stuttgart ist die Rechnung noch schlechter. Denn wir Stuttgarter bezahlen mit unseren Steuern den Erhalt und Ausbau des kommunalen Straßenverkehrsnetzes (>300 Millionen für den Rosensteintunnel etc.), welches von täglich einer viertel Million Pendlern genutzt wird die ihrerseits die KFZ Steuer in Landkreisen mit zwei Buchstaben bezahlen.

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    1. KFZ Steuer nimmt der Bund ein, also ist es egal, wo sie bezahlt wird.

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    2. Lieber Unbekannt, aber es geht gar nicht um die KfZ-Steuern, die ja nur einen Bruchteil der Kosten decken, sondern um die Kosten, die wir alle übernehmen müssen mit unseren Steuern und Krankenkassenbeiträgen, und die eine Stadt übernimmt, um den Straßenbau, Lärmschutzmaßnahmen, Baumpflanzungen, Umleitungen, Erhalt von Straßenrandparkplätzen, Parksünderkontrollen und so weiter zu finanzieren. Es sind auch deine Steuern, die in all diese Maßnahmen fließen: Du zahlst ungefähr 2.000 Euro im Jahr dafür, dass der Autoverkehr, so wie wir ihn haben, aufrechterhalten werden kann.

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  2. Ich frage mich, ob Kosten auch immer korrekt zugeordnet werden.
    Ein Bahnübergang sind vermutlich Bahnkosten, eine Radfahrerampel oder diese Bügel an kreuzenden Fahrbahnen Fahrradkosten.
    Ein Zaun der Wild zurückhält, Kosten für den Wald, Poller die Radwege und Gehwege sichern, Kosten, die Radfahrern und Fussgäbgern zugerechnet werden.
    Gruss, Christoph

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    1. Sie können korrekt zugeordnet werden. Es geht nämlich um Verkehrskosten. Interessant in dem Zusammenhang ist, dass Schäden durch den Verkehr nicht als Verkehrskosten gewertet werden, sondern der Gesellschaft als Ganzes angelastet werden. Das Verursacherprinzip wird ausgehebelt und Kosten werden sozialisiert

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  3. Hallo,

    ich fahre auch viel Fahrrad. Doch es gibt in der heutigen Zeit auch Situationen, wo Autos unverzichtbar sind. Ja die Kosten sind hoch bei einem Auto....doch man muss auch rechnen, welche Gewinne die Städte und der Staat durch das Betreiben von Straßen machen.

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  4. Städte und Staat machen keine Gewinne mit Straßen. Straßen sind Handelswege auf denen Waren/Dienstleistungen bewegt werden. Gewinne machen deren Anbieter. Darauf werden Steuern fällig, mit denen Straßen gebaut werden. Jedes Gemeinwesen hat ein Interesse an gut funktionierenden Handelswegen. Unsere sind es nicht. Siehe z.B. Berufsverkehr, eine der ineffizientesten Nutzung von Handelswegen.

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