Das ist das Ergebnis einer niederländischen Studie. E-Räder gleichen den Mangel an Körperkraft im Alter aus und halten deshalb länger in Bewegung.
Vor allem Männer, aber auch viele Frauen, die seit ihrer Jugend viel Fahrrad fahren, können sich oft nicht vorstellen, auf ein Pedelec umzusteigen. Aber man wird leider unweigerlich älter. Die Alte Weinsteige radelt man irgendwann nicht mehr so leicht hoch, schiebt das Rad immer öfter in die Stadtbahn und lässt sich hochbringen. Aber ein Pedelec? Dazu kann sich ein Normalradler nicht so schnell entschließen.
Manchmal aber kauft ein vielradelnder Mann seiner Frau ein Pedelec, damit sie bei den Radtouren mithalten kann oder vielleicht überhaupt mal anfängt zu radeln. Wenn das funktioniert, überholt sie den Mann dann am Berg. Manchmal aber funktioniert es nicht, die Frau findet keinen Spaß am Radfahren. Dann nimmt der Mann mal das Pedelec für eine längere Alltagsfahrt zu einem Termin und stellt fest: Oha, das ist eine Option, wenn es nicht um sportliche Leistung geht, sondern um schlichtes Ankommen. Und nach einer Weile fährt er fast alles mit dem Pedelec.
Das ist ungefähr das Ergebnis der Studie, die mir nur auf Englisch vorliegt. Sie stellt zwar fest, dass Normalradfahren besser für die Fitness ist als Pedelecfahren, dass man aber mit dem Pedelec im Durchschnitt mehr fährt als mit dem Normalrad. Dabei nutzen Pedelecfahrer ihr Rad nicht öfter als Normalradler, sie fahren aber im Durchschnitt weitere Strecken. Einen riesigen Fitnessgewinn haben allerdings Ältere, die jahrelang nicht viel Fahrrad gefahren sind und sich nun Pedelecs anschaffen. Die lassen nämlich dafür das Auto sehr viel öfter stehen und setzen sich auch viel seltener in öffentliche Verkehrsmittel. Das ist eine radikale Lebensänderung, die ihnen gesundheitliche Vorteile verschafft. Diese Vorteile sind weniger groß bei Normalradlern, die sich E-Räder zulegen, wenn sie älter geworden sind und weiterhin so viel Radfahren wollen wie bisher. Aber der Vorteil ist eben, dass man E-Räder bis ins hohe Alter fahren kann und so in Bewegung bliebt.
Pedelcs bringen aber auch Menschen einen Vorteil, die sich nicht als Radfahrer/innen verstehen. Ich bin zum Beispiel eigentlich keine Radfahrerin, ich fahre nur Fahrrad. Rad fahren war nie mein Sport (mein Sport ist rudern). Und ich muss immer zehn Minuten den Berg hoch (teils mit 13 Prozent). Dazu hatte ich, als ich jünger war, mit dem Standardrad meist keine Lust. Mit dem ersten Pedelec, das ich mir 2006 angeschafft habe, habe ich dann aber fast sofort fast komplett meine Autofahrten in der Stadt ersetzt. Seitdem radle ich fast alle Strecken in der Stadt, und mit immer mehr Vergnügen auch von einem Ende über alle Hügel zum anderen oder an die Peripherie. Radfahren sehe ich nicht als sportliche Herausforderung, sondern als Form meiner Alltagsmobilität. Meine Erfahrung bestätigt die Studie: Pedelecs können unabhängig vom
Alter sehr viele Auto- und Stadtbahnfahrten ersetzen und verschaffen
einem im Alltag Bewegung, Licht und Vergnügen.
Es ist durchaus statthaft und sinnvoll, die Anschaffung eines Pedelecs zu erwägen, wenn man anfängt zu überlegen, ob man das Fahrrad heute mal stehen lässt und lieber mit der Stadtbahn fährt, weil auf dem Weg ein grausiger Anstieg liegt. Mit dem Pedelec überlegt man sich das nicht. Man radelt dann wieder öfter und ist zufriedener mit sich selbst. Und wenn die Balance-Fähigkeit abnimmt, aber nicht die Lust, mit dem Fahrrad unterwegs zu sein, kann man irgendwann sogar auf elektrische Tripeds (Dreiräder) umsteigen.
Allerdings muss die Radinfrastruktur auch so sein, dass ältere, nicht mehr ganz so reaktionsschnelle Menschen mit dem Fahrrad gut durch die Stadt kommen. In den Niederlanden ist das in vielen Städten wohl der Fall, bei uns in Stuttgart haben wir da noch deutliche Defizite.
Muss das nicht: 'Pedelec-Fahren hält länger jung...' heißen?
AntwortenLöschenWenn ich darüber nachdenke: ja. 😊
LöschenLiebe Christine,
AntwortenLöschenich kann das 100% bestätigen, was du aus der Studie beschreibst. Seit ich 2014 mein Pedelec habe radle ich weiter und ich "entlaste" auch den ÖPNV weil ich fast alle Strecken radle, bei jedem Wetter (außer Glatteis im Winter, aber das gibt's ja selten bei uns). Die Anschaffung dieses Pedelecs war das Beste was ich mir seit Jahren gekauft habe!
Danke für deine immer interessanten Beiträge hier im Blog.
Schönen Sonntag und herzlichen Gruß
Uschi
"Die Alte Weinsteige radelt man irgendwann nicht mehr so leicht hoch" Pruuust...
AntwortenLöschenJetzt muss ich mein Müsli vom Bildschirm kratzen, danke.
Ich sehe die Pedelec-Welle mit gemischten Gefühlen. Klar freut es mich, das mehr Leute aufs Rad umsteigen. Aber: Das ganze wirkt politisch alles planlos. Quasi über Nacht hat sich die Durchschnittsgeschwindigkeit um 10 Km/h im gesamten Radnetz erhöht, aber die Infrastruktur fehlt dazu. Alles zu kurvig, holprig und zuviel Stückwerk. Obendrein das Dauergemurkse vom OB Kuhn-Tiefbauamt- und perfekt ist das Chaos. Ist die jetzige E-Mobilität überhaupt wirklich die Lösung? Schon die Akkuproduktion ist moralisch und ethisch nicht vertretbar. Und der jetzige Antrieb ist technisch Murks: Es braucht einen Antrieb, der sich während der Fahrt selber wieder auflädt. Und somit unendliche Reichweite. Wo ist die Deutsche Ingenieurskunst? Zudem finde ich die Preise für jetzige Pedelecs hochgradig krank. Die Hersteller zocken die Leute ab...
AntwortenLöschenAlles in allem könnte mit dem 200 Jahre alten Fahrrad für den Klimaschutz viel tin- jedoch müssen die Rahmenbedingungen auch stimmen. Sonst ist kein Fahrradfahren sondern ein Fahrradquälen...
Martha
Martha, solche Antriebe gibt es bereits. Die mit unendlicher Reichweite, wenn man geschickt radelt. Ich fahre ein Pedelec mit Rekuperation, ich kriege bei Bergabfahrten immerhin ein Viertel wieder zurück. Ich habe den Eindruck, kein Verkehrsmittel wird im Moment von so viel Innovation begleitet wie das Pedelec. Und es hilft halt, viel Radverkehr in eine bergige Stadt wie unsere zu bringen. Lieber Pedelecs als E-Autos!
LöschenDas mit dem Akku ist gar nicht zu übel, mein erstes Pedelec ist noch mit erstem Akku im Winterdienst mit Spikes. Der 400Wh Akku hat inzwischen 18.000km auf dem Buckel und wird noch einige Jahre seinen Dienst tun mit etwa der halben Kapazität gegenüber neu. Ein Tesla mit 100kWh Akku müsste schon weit über vier Millionen Kilometer fahren um da mitzuhalten. Er hat auf seinem Weg etwa 160kWh Energie geladen, was dem Brennwert von 16 Litern Diesel entspricht - 90 Milliliter pro 100 km. Im Betrieb fahre ich mit EEG Strom, die Produktion des Akkus stößt im ungünstigsten Fall der " Schweden Studie" 80kg CO2 aus, oder weniger als 5 Gramm pro Kilometer. Und der Akku ist noch nicht am Ende...
LöschenDie richtige Richtung kommt von uns Leistungsradlern:
AntwortenLöschenSportpedelecs helfen unter 25 km/h, also am Berg oder bei Gegenwind, und laufen darüber im Leerlauf weitgehend ohne Reibung.
Trotz kleinem Akku und schwachem Motor werden damit enorme Reichweiten erreicht.
Und Radinfrastruktur ist für uns ja eh non-existent (egal ob Kuhn- oder Kotz-Tiefbauamt)
Nachdem der Radentscheid so gearbeitet hat, könnte es durchaus besser werden in Stuttgart, egal, wer im Tiefbauamt sitzt.
LöschenPedelecs haben gerade bei älteren Leuten eine sehr positive Wirkung - nicht nur auf deren Gesundheit sondern auch auf den innerstädtischen Verkehr.
AntwortenLöschenIch habe meinem Vater (>80 Jahre) ein Tiefeinsteiger-Pedelec geschenkt. Seitdem lässt er bei 99 % der innerstädtischen Besorgungen das Auto stehen und wundert sich jetzt, dass er früher immer so weit vom Parkplatz irgendwo hin laufen musste. Viele Leute in seinem Alter sind auch nicht mehr der Hektik im Stadtverkehr gewachsen und kommen auch nicht mehr mit den überfrachteten und schlecht einsehbaren Autos klar. Und irgendwie bin ich jetzt auch beruhigt, dass mein Vater nicht mehr so viel fährt, denn ehrlich gesagt halte ich ihn nicht mehr für 100 % fahrtüchtig.
Der Pedelec-Markt ist aber inzwischen ganz weit weg von dieser Zielgruppe: Hier geht es nur noch um Lifestyle, was sich daran zeigt, dass man das Pedelec am besten erst gar nicht als solches erkennen darf. Mich wundert immer wie viele „Golden Agers“ auf Enduro-artigen Pedelecs fahren, an denen man noch nicht einmal ein Fahrradkorb montieren kann. Pedelecs mit drei Rädern sieht man hingegen fast nie.
Es ist verrückt: Für die meisten ist der Motorhersteller beim Pedelec kaufentscheidend, und Geld spielt fast keine Rolle.
Ein gutes Tiefeinsteiger Pedelec mit nicht-schwäbischen Motor gibt es schon für 1400 €. Aber Leute wie mein Vater würden sich nicht einmal trauen, beim Fahrradhändler danach zu fragen.
Schwäbische Motoren sind (noch?) nicht am Markt. Bosch produziert in Ungarn, im Gegensatz zu Brose und TQ Systems die in Deutschland produzieren. Könnte aber sein, dass der Sachs RS im Ländle produziert wird? Immerhin sitzt der Hersteller in Tübingen, und Magura aus Bad Urach sowie ZF Friedrichshafen sind mit von der Partie.
LöschenIch finde das Wording 'Pedelec' völlig mißlungen. Was macht eigentlich der Zweirad-Lobby-Verband eigentlich den ganzen Tag? Weil alle E-Bike sagen, aber Pedelec meinen, ist meine Lösung: E-Bike 1 statt Pedelec oder Basic oder Light oder sowas. E-Bike 2 ist dann ab 25 Km/h usw. usw. GrussKlaus
AntwortenLöschen"Allerdings muss die Radinfrastruktur auch so sein, dass ältere, nicht mehr ganz so reaktionsschnelle Menschen mit dem Fahrrad gut durch die Stadt kommen."
AntwortenLöschenWiderspruch!
Nicht die "Radinfrastruktur" muss geeignet sein, sondern die Verkehrsinfrastruktur.
In Zeiten des Klimaumbruchs ein scheinbar kleiner aber im Effekt sehr entscheidender Unterschied.
Dabei braucht es einen gut verzahnten Umweltverbund!
Wir müssen zwingend die Autodichte reduzieren. Wenn das schon bei den Berufstätigen kaum funktioniert, dann muss doch wenigstens im Alter ein autofreies Leben schnellstmöglich zur Regel werden können.
Die Radwegeländer mit ihrer "Radinfrastruktur" (insbesonere Dänemark aber auch NL) haben mit steigendem Autoverkehr auch und gerade bei den Älteren zu 'kämpfen', bzw. sollten eigentlich zu kämpfen haben, denn Widerstand gegen den stetig steigenden Autoverkehr ist ja in den Marketing-Radwegeländern leider kaum ausgeprägt; schliesslich gibt es doch ein so tolles Radwegenetz...
Und was die "Radinfrastruktur" in den Niederlanden angeht:
die Unfallzahlen bei SeniorInnen sind dort recht hoch. Das liegt natürlich zum Teil an erhöhter Vulnerabilität im Alter, aber eben auch an zu schmaler Infrastruktur, am Gegenverkehr auf viel zu schmalen Zweirichtungswegen, an Pollern, etc.
Gerade SeniorInnen brauchen - wenn schon Radweg - Radwege, die mindestens dem Radschnellweg Standard entsprechen.
Bei Fahrbahnen ist das gegeben (entsprechende Autoreduktion und kontrollierte Tempolimits vorausgesetzt), bei Radwegen oft/meist nicht.
Gerade die Verschwenkungen an Kreuzungen/Querstrassen (Regellösung ausserorts) sind für SeniorInnen mangels Gelenkigkeit für den notwendigen extremen Schulterblck (Verschwenkung nach rechts) russisch Roulette.
Gleiches bei den durch Zweirichtungs-"Radinfrastruktur" notwendigen zusätzichen Querungen. Genau da passieren dann die schweren/tödlichen Unfälle.
Auch Wurzelaufbrüche sind im Alter ein No-Go!
Auf der Fahrbahn nicht vorhanden, bei der "Radinfrastruktur" (in D) der Regelfall.
Nicht zu vergessen:
internistische Zwischenfälle und Angst vor solchen Zwischenfällen sind bei Älteren keine Seltenheit. Da ist soziale Sicherheit - ggf. neben Mobilitelefon - das A und O.
Wer auf dem Radweg 'hinter der Hecke' oder auf den für Radfahrende anempfohlenen Mini-Nebensträsschen im ländlichen Raum umfällt/kollabiert, wird u.U. für viele Stunden nicht bemerkt.
Ferner ist das Sehvermögen oft reduziert; und wo liegen die SeinorInnen sturzträchtigen Dinge wie Igel, Tannenzapfen, Äste, etc.?
Auf der "Radinfrastruktur", oder auf der regulären allgemeinen Fahrbahn?
Was zudem auffällt:
in letzter Zeit wird eine "Entlastung des ÖPNV" durch Radverkehr positiv konnotiert.
Warum?
ÖPNV braucht Fahrgäste, und der Umweltverbund hat seine stärksten Standbeine beim Fussverkehr und dem ÖPV.
Klar ist Radwegebau billiger als der Aufbau eines Vollversorgungs ÖPV (auch auf dem Land und mit guten Takten), aber ausserhalb der Innenstädte ist autofreies Leben ohne guten ÖPV (als Regellösung oder als qualitativ gute Ausfallsicherheit) für die Allermeisten schlicht nicht möglich.
Für einen planetengerechten Verkehr haben wir von den über 45 Mio. PKW zwingend über 30 Mio. abzubauen.
Das braucht neben der Bereitschaft zur Regulation der Autoflut (das schlimme Wort: VERBOTE) hohe langfristige Investitionen in Technik, in Personal und Koordination eines eng getakteten und gut verzahnten ÖPV, auch wenn das teurer ist als der Bau von Radwegelchen, die aus Sicht von Klima und Umwelt zur Zeit eher ein Placebo denn ein starker Teil von 'Verkehrswende' ist.
Es sei denn wir verstünden unter 'Verkehrswende' mehr Radwegeaneil und steigende Autoverkehrsleistung.
Alfons Krückmann
Kleine Anmerkung: In Stuttgart sind die Stadtbahnen morgens und abends knallvoll, auch weil wir derzeit im Bundesvergleich mit die billigsten Tickets und Abos haben. Wir haben im Nahverkehr regelmäßig einne Zuwachs von 3 bis 5 Prozent. Das Schienennetz ist mehr als ausgelastet, es fahren alle Züge, sie fahren auf Sicht, mehr Züge passen nicht ins System und die Züge sind voll. Insofern ist eine Entlastung des ÖV durch Radfhahrende in Stuttgart durchaus ein Thema. Wobei sich Radfahrende auch wünschen, sie dürften ihr Fahrrad in die Stadtbahn mit nehmen, was sie aber zu den Hauptverkehrszeiten nicht dürfen, weil Radwege bergauf meist noch fehlen, oder weil sie kein Pedelec haben. Und klar: Eine gute Radinfrastruktur ist immer ein, die den Verkehrsraum so verteilt, dass Radfahrende den Platz haben, den sie brauchen, was immer aufkosten des Platzes für den Autoverkehr geht. Das heißt, der Verkehrsraum wird neu aufgetreilt.
LöschenSie schreiben:
Löschen"Kleine Anmerkung: In Stuttgart sind die Stadtbahnen morgens und abends knallvoll ..."
Danach schreiben sie:
"Wobei sich Radfahrende auch wünschen, sie dürften ihr Fahrrad in die Stadtbahn mit nehmen, was sie aber zu den Hauptverkehrszeiten nicht dürfen ..."
Bemerken sie den Fehler?