9. November 2019

Üben, üben, üben ...

Wir wissen es alle: Es ist besser für Kinder, wenn sie zu Fuß oder mit dem Fahrrad zur Schule fahren. Elterntaxis sind verheerend für die kindliche Entwicklung. 

Der VCD veranstaltet seit zwölf Jahren jedes Jahr im Oktober Aktionstage "Zu Fußg zur Schule und zum Kindergarten." Ein Tag, von dem wir in Stuttgart nichts gespürt haben. Das Portal "Straße zurück erobern" hat die Projektleiterin Stephanie Päßler interviewt.


Sie weist auf eine Studie hin, die ich auch schon beschrieben habe und die sehr eindrucksvoll ist. Man hat Kinder gebeten, ihren Schulweg zu malen. Kinder, die zur Schule laufen, malten Häuser, Blumen, Wegmarken, Ecken und das alles schön bunt. Kinder,  die mit dem Auto zur Schule gefahren werden, sehen gar nichts, sie malen schwarze Straße ohne irgendwelche Häuser. Zwei dieser Bilder sind auf der Seite der hessischen Mobilitätserziehung abgebildet.

Kinder, die zu Schule laufen, mit dem Roller zur Schule fahren oder schon radeln dürfen, haben große Vorteile gegenüber jenen, die gefahren werden. Sie lernen die Welt kennen, in der sie leben, sie bewegen sich, sie stärken Muskeln und Koordination, sie lernen, sich zu orientieren, aufzupassen und Entscheidungen zu treffe, sie unterhalten sich auf dem Schulweg mit Freund/innen, sie lernen soziales Interagieren, kommunizieren, Konflikte austragen. Sie kommen erfrischt an in der Schule an, sie bringen bessere Noten nach Hause.

Das Problem sind nicht die Kinder. 
Kann sein, dass sie am Anfang oder bei Regen nörgeln, wenn sie raus und sich mit Körperkraft in die Schule bewegen müssen. Aber eigentlich wollen die Eltern nicht, dass sie eine Viertelstunde Freiheit ohne Aufsicht genießen. Eltern sind oft selbst in Zeitdruck. Man packt die Kinder ins Auto, fährt am Kindergarten oder bei der Schule vorbei, wirft die Kinder raus, und fährt ins Geschäft weiter. Nur wenige Eltern machen den Weg mit den Kindern zu Fuß, weil sie dann wieder nach Hause laufen müssen, bevor sie ihr Auto besteigen können. Das was sie Zeitersparnis nennen, schadet jedoch den Kindern enorm. Wobei die Zeitersparnis oft gar nicht existiert, denn morgens sind die Straßen voll, man muss einen Parkplatz oder einen Halteplatz suchen, Elterntaxis rangieren, Stress bricht aus.

Geht man mit dem Kind zu Fuß oder fährt man mit dem Kind per Fahrrad, hat man eine Viertelstunde (mit dem Fahrrad 5 Minuten) stressfreie Zeit mit dem Kind, kann sich unterhalten, erlebt was, kann mittags beim Abholen noch schnell was einkaufen, zeigt dem Kind, wie Alltag und Leben in einer Stadt geht. Klar ist auch das nicht einfach. Wenn ich Eltern mit Kindern auf Rädern beobachte, sehe ich, welche Herausforderung das für Erwachsene ist, die Kleinen auf den Rädern in der Spur zu halten und vor teils viel zu schnell fahrenden Autos zu schützen. Im Gewühl der Innenstadt ist das nicht leicht. Aber in den Außenbezirken kann das leichter sein. Vor allem schützt es das Kind vor den Problemen, die es kriegt, wenn es älter geworden ist und, weil es von der bunten Welt da draußen nichts weiß, nur vor dem Handy sitzt und isst. Und das zu heilen, kostet dann richtig viel Zeit.

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