20. Juli 2020

Städte müssen zeigen, dass sie Falschparken missbilligen

Das Verkehrsministerium hat einen Erlass verfasst, in dem steht, dass die Städte das Abstellen von Autos, Mopeds und Motorrollern auf den Gehwegen stärker ahnden sollen. 

Wenn Fußgänger:innen ein auf dem Gehweg geparktes Auto auf der Fahrbahn umrunden dann ist das Behinderung und muss geahndet werden. Das gilt auch fürs Halten oder Parken auf Radstreifen, wenn Radfahrende ihren Weg verlassen müssen, um drum herum zu kommenAuch Private Anzeigen sollen von den Behörden geprüft werden. Wenn ich mir unsere Gehwege so anschaue, dann ist es dringend Zeit für eine Ende der Duldung von Verstößen. Oftmals kommen Fußgänger:innen, vor allem mit Kinderwagen oder an Rollatoren oder in Rollstühlen und Radfahrende schlichtweg nicht mehr durch.


In dem Erlass heißt es:
"Die Ende April 2020 in Kraft getretene StVO-Novelle stellt nun zum Teil adäquatere Sanktionsmöglichkeiten zur Verfügung, als dies bislang der Fall war. Die bestehenden und die neu geschaffenen Sanktionsmöglichkeiten gilt es nun konsequent anzuwenden und Handlungsspielräume zur Ahndung von Ordnungswidrigkeiten in vollem Umfang auszuschöpfen. Das Verkehrsministerium hält es für notwendig, die Überwachung des ruhenden Verkehrs schwerpunktmäßig auf die oben genannten Brennpunkte zu fokussieren, um gefährdendes Parken wirksam einzudämmen."

Auch eine Vertreterin der Stadt Stuttgart hat der Stuttgarter Zeitung gegeüber erklärt, man sei dran an dem Thema der Gehweparker,  insbesondere den viel zu vielen auf den Gehwegen abgestellten Krafträdern.

Duldung ist rechtswidrig.
Der Erlass weist darauf hin, dass Regelverstöße grundsätzlich verfolgt werden müssen. Pauschale Vorgaben, bestimmte Ordnungswidrigkeiten, wie Gehwegparken etwa von Motorrädern, zu dulden oder auf bestimmten Straßenabschnitten nicht zu ahnden, "haben einen Ermessensausfall und damit die Rechtswidrigkeit der Entscheidung zur Folge und stehen mit den Pflichten der Verfolgungsbehörden nicht im Einklang." Selbstverständlich, so heißt es weiter, seien "von den Behörden auch private Anzeigen von Bußgeldbehörden sorgfältig zu prüfen".

"Die Wirkungszusammenhänge zwischen Kontrolldruck, Sanktionshöhe und Verhaltensänderung sind wissenschaftlich erwiesen", heißt es. Mit anderen Worten: Die Bußgelder sind mit der StVO-Novelle höher als vorher, es lohnt sich also, Falschparker zu bebußen. Und wenn viel kontrolliert wird, dann nehmen die Verstöße auch ab.

Es geht um Sicherheit, nicht um Gängelei der Auto- und Motorradbesitzenden, die nicht wissen, wohin mit ihren Fahrzeugen, die sie sich angeschafft haben. Wenn Autos auf dem Gehweg parken, müssen Fußgänger:innen auf der Fahrbahn gehen. Menschen mit Kinderwagen passen nicht zwischen Schildern und Motorrädern durch oder können die Straße nicht überqueren, weil alle Ecken zugeparkt sind und müssen Umwege gehen.  Rollstuhlfahrende haben überhaupt keine Chance. Schulkinder müssen sich regelmäßig zwischen Autos auf die Fahrbahn vortasten und werden erst gesehen, wenn sie hinter den Autos hervortreten. Es geht aber nicht nur um Gefahren und Unbequemlichkeiten.

Es geht auch darum der Stadtgesellschaft zu zeigen, dass der Stadtraum nicht ausschließlich den Bestizer:innen von motorisierten Fahrzeugen gehört. Und es geht darum, zu zeigen, dass die Regeln, die wir haben, eingehalen werden müssen. Gehwege und Radwege müssen grundsätzlich frei bleiben von Autos, Mopeds und Motorrädern. Mir wäre es sogar am liebsten, alle Fahrräder und E-Scooter müssten auf Fahrbahnen parken und dürften nicht mehr auf Gehwegen stehen, was aber nur geht, wenn es auch ausreichend Radabstellanlagen gibt, wo man Räder anschließen kann.

Der Erlass definiert (ab Seite 8) Behinderung und Gefährdung, was ich hier zitiere, weil das für uns und unser Argumentieren wichtig ist.

Behinderung
bedeutet, einen anderen in dem von ihm beabsichtigten Verkehrsverhalten im Wege einer Willensbeugung nachhaltig zu beeinträchtigen; eine Gefährdung oder gar eine Schädigung ist nicht erforderlich; der Andere muss unfreiwillig zu einem anderen Fahr- oder Verkehrsverhalten gezwungen werden; es kommt auf den jeweiligen Einzelfall an; eine Behinderung liegt beispielsweise dann vor, wenn FußgängerInnen den zugeparkten Gehweg nicht nutzen können oder RadfahrerInnen zu nicht ganz ungefährlichen Ausweichbewegungen gezwungen werden; auch beim Zuparken von Grundstücksein- und –ausfahrten, dem Versperren von Gebäude- und Grundstückszugängen kann eine im Einzelnen festzustellende Beeinträchtigung des beabsichtigten Verkehrsverhaltens und damit eine Behinderung vorliegen.


Gefährdung
erfordert einen sogenannten „Beinahe-Unfall“, d.h. ein Geschehen, bei dem ein unbeteiligter Beobachter zu der Einschätzung gelangt, dass „das nochmal gut gegangen sei“ (sogenannter konkreter Gefahrenbegriff); die Sicherheit eines bestimmten Rechtsgutes muss nach der Rechtsprechung so stark beeinträchtigt sein, dass es vom Zufall abhängt, ob es verletzt wird oder nicht; die Beurteilung richtet sich nach den möglichst konkret zu umschreibenden Umständen des Einzelfalles, für die es keine allgemeingültigen Richtlinien gibt; eine latente abstrakte Gefahrenlage genügt nach aktueller Rechtslage selbst dann nicht, wenn höchstgefährliches Verhalten in Frage steht; eine Gefährdung liegt zum Beispiel vor, wenn andere Verkehrsteilnehmer zu plötzlichem starken Bremsen oder Ausweichen gezwungen werden; auch kurzfristiges Halten an unübersichtlicher Stelle kann gefährden (Heß in Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke: Straßenverkehrsrecht, 25. Auflage, § 1 StVO, Randnummern 75 f.); liegt keine Gefährdung vor, ist gegebenenfalls Behinderung oder Belästigung gegeben.


Übrigens: Gehwegradeln ist verboten (es sei denn ein Zusatzschild gibt Gehwegeund Fußängerzonen frei), und die Bußgelder dafür wurden auch erhöht. Es kostet 55 Euro (soviel wie Falschparken auf Geh- und Radwegen). Kommt Gefährdung hinzu (wenn ein Unfall nur durch schnelles Ausweichen des Fußgängers verhindert wurde) wird es noch teurer. Wenn wir erwarten, dass sich Autofahrende an die Regeln halten, und wünschen, dass Regelverstöße auch geahndet werden, müssen wir uns als Radfahrende darauf gefasst machen und es akzeptieren, dass auch unsere Gehweg- und Fußgängerzonenfahrten geahndet werden. Und auch da gilt keine noch so gute persönliche Begründung. Wir wollen ja von Autofahrenden auch nicht hören: "Ja wo soll ich denn sonst halten, um auszuladen?" Wenn wir aus Angst vor dem Autoverkehr oder aus Bequemlichkeit auf den Gehweg ausweichen, müssen wir halt schieben.




18 Kommentare:

  1. Wie sind die Reaktionen seitens GR und Stadt Stuttgart, d.h.

    Genehmigt der GR zusätzliche Stellen im AfÖ über die 10 Mitarbeiter hinaus, die bisher mit den Falschparkern auf den 4306 Straßen mit 1450km Länge, ca. 2000km(?) Gehwegnetz und ca. 300km Radverkehrsanlagen in Stuttgart nicht hinterher kommen?

    Letztes Jahr ist die Anzahl Knöllchen ja eingebrochen, weil die AfÖ-Mitarbeiter laut Sprecher der Stadt Stuttgart für andere Aufgaben abgezogen wurden.

    Rückt das AfÖ von seiner bisherigen Linie ab, Meldungen von Betroffenen via Wegeheld, Gelbe Karte etc. ungern entgegennehmen zu wollen (laut zweirat-stuttgart.de ist das bisher so kommuniziert)?

    (Zahlen von de.tatista.com, onlinestreet.de und Blogleser "Habicht")

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    1. Jörg
      es liegt an uns allen diese Beschlüsse voran zu treiben. Man kann immer mit dem Finger auf Amtsträger und Institutionen zeigen. Wichtig ist was man selber tut. Positive Bestätigungen sind für Freiwillige wie die Blogschreiberin, die Typen vom Zweirat, die "Freizeit-Politiker" in den Räten der Stadt wichtige Antriebe. Egal wie recht man hat. Schimpfen bewirkt Abwehrhaltung. Wenn wir weiter kommen wollen sollten wir die positven Dinge verstärken. Also ermutigen wir doch unsere Mitbürger (im Amt und die Normals) den Erlass ernst zu nehmen. Der Widerstand der Falschparker ist gewiss.

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    2. Das sollte kein Anprangern oder Schimpfen sein.

      Ich habe lediglich neutral wiedergegeben, was der Pressesprecher von Stuttgart mehrfach der Presse mitgeteilt hat. Das ist hoffentlich nicht verwerflich.

      Ergänzt habe ich es um Informationen zum Mengengerüst, die den zögerlichen Kräften im GR helfen können, Bedarf und Dringlichkeit abzuschätzen und sich der Initiative der progressiven Kräfte anzuschließen.

      Natürlich wünsche ich mir für die Zukunft genau das, was ich gefragt habe:

      Bitte, lieber GR, genehmige dem AfÖ die dringend benötigten zusätzlichen Stellen.

      Bitte, liebes AfÖ, kontrolliere und "bestrafe" vorrangig Ordnungswidrigkeiten, die unmittelbar und mittelbar Dritte gefährden, genau wie im Erlass dargestellt.

      Über den Erlass als "Rückendeckung" und klare Positionierung des Verkehrsministeriums zu unseren wichtigen und berechtigten Anliegen bin ich froh.

      Tut mir leid, wenn das falsch herübergekommen sein sollte.

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    3. Lieber Anonymus oder liebe Anonyme, vielen Dank für deinen Kommentar. ich bin auch eher für positive Verstärkeung. Es liegt wirklich an uns allen. Wir können nicht alles an die poltischen Vertreter/innen doer die Poliezei delegieren (zumindest müssen wir sie dann auch freundlich unterstützen, wenn wir das tun), wir müssen als Stadtgeellschaft zeigen, dass wir selbst uns für die Stadt einsetzen. Ich sage immer: "Reden Sie mit dem Nachbarn" oder "rede mit deiner Nachbarin" und erkläre ihr oder ihm wie du die Situation als Fußgägner:in oder als Radfahrer:in erlebtst.Und die Politik muss auch den Eindruck haben, dass die STadtgesellschaft diese Falschpaerkerei nicht mehr möcht und die Polizei nicht als Feind, auch nicht als ewigen Versager, sondern als um Ordnung bemühte Kräfte sieht, die halt leider gerade ziemlich oft mit unserer Agression konfrontiert sind. Wenger Aufreger, weniger Aufregung, mehr Anerkennung und gegenseitigess Verständnis, mehr Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit, finde ich zukunftsweisend.

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    4. Der Anonyme heißt Jörg. Er bringt hier regelmäßig gute Kommentare.

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    5. Nachbarn in Stuttgart habe ich nicht und ich weiß auch nicht so genau, wer entlang der 30km langen Strecke wohnt, damit ich ihn ansprechen kann, denn ich wohne außerhalb von Stuttgart. Ach doch, ein Lastenrad-Fahrer aus Hofen, ich glaube ein Lehrer, der kleine Umwege fährt wegen der Umlaufsperren auf der HRR12. Und ein paar nette Hundegassi-Geher, die ihren Hund zur Seite nehmen, wenn man als Radfahrer klingelt und die sich über ein "Danke" freuen.

      Man "erreicht" aber auch nicht jeden mit freundlicher Ansprache. Oft gibt es eine fruchtbare Diskussion und überraschende Einsichten auf beiden Seiten, viel zu häufig schlägt einem aber eine erschreckende Ablehnung und Aggressivität entgegen.

      Unterwegs bin ich freundlich und kommunikativ, rede öfters mal mit den Ordnungsamt-Mitarbeitern und Polizisten, die an der Strecke irgendwas kontrollieren - auch mit den schwarz gekleideten mit den dickeren Waffen, die eher von außerhalb kommen und sich bisher noch immer über ein wenig Smalltalk gefreut haben.

      Leider setzen manche Polizisten auch eine gewisse Aggressivität voraus. Wenn man als Unfallbeteiligter zu umgänglich und ruhig ist, legen sie einem das als schlechtes Gewissen oder Schuldeingeständnis aus. Auch etwas, was ich lernen musste.

      Kehrmaschinen-Fahrer sind eher irritiert, wenn man ihnen einen "Daumen hoch" zeigt, wenn man sie nach ein paar -zig Metern Hinterherzuckeln überholt - sie scheinen gewohnt zu sein, als Hindernis wahrgenommen und behandelt zu werden. Ich würde gerne viel häufiger einem von ihnen begegnen, aber das hat der AWG-Mitarbeiter vor Ort nicht selbst in der Hand...

      Ich meine aber auch, dass man Missstände und Versäumnisse klar benennen und ansprechen muss - sonst bestärkt man den Eindruck, weitermachen zu können wie bisher und es tut sich eben auch nicht schnell genug etwas in Richtung Verkehrswende, vor allem wenn die "Gegenseite" lautstark mit Klagen droht und mit angeblichem gesellschaftlichen Kollaps. Ich habe mich zu diesem klaren Ansatz entschlossen, nachdem freundliche Anfragen abgewiegelt und mit falschen Behauptungen als Begründung abgelehnt wurden. Das empfand ich als zutiefst respektlos und überheblich. Ich akzeptiere nicht mehr, dass Behördenmitarbeiter so mit mir umgehen. Korrekte und begründete Sachargumente lasse ich gelten und akzeptiere natürlich auch, wenn ich widerlegt werde.

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    6. Wie kann man den Behörden seine Hilfsbereitschaft zeigen, dass sie auch angenommen wird? Christine, sag es uns bitte!

      Meine Überlegungen und Hilfsangebote sind bisher:

      1. Bei der derart krassen Unterbesetzung können sie bei bestem Know-how und größtem persönlichen Engagement ihre Aufgaben einfach nicht umfassend erfüllen. Da muss etwas liegen bleiben.
      a) Also kann man versuchen, auf den GR Einfluss zu nehmen, für die "richtigen und wichtigsten" Aufgaben Geld in die Hand zu nehmen. Das mache ich, s.o. Check, erledigt.
      b) Die Führungsebene priorisiert, unwichtige Aufgaben fallen runter. Also sagt man der Behörden- und Ämter-Führungsmannschaft, dass sie bitte keine unwichtigen Aufgaben niedrig priorisieren sollen. Das mache ich, s.o. Check, erledigt.

      2. Man kann anbieten, Beobachtungen zu melden, sodass die Behörden Zeit sparen, nur noch gezielt bereits beobachtete Fälle überprüfen müssen und die Verwaltungsakte mit dem Papierkram erledigen. Wegeheld und so. Das wollten sie in Stuttgart bisher nicht. Hilfe abgelehnt, schade.

      3. Man kann sich todesmutig dem Verkehr in Stuttgart aussetzen und in Unfälle verwickelt werden, mit denen sich die Behörden auseinandersetzen müssen. Check.

      4. Runder Tisch etc.: nach dem, was ich Protokollen entnehme, findet die Einflussnahme erst in späten Planungsphasen statt und es wird mehr nachträglich informiert als offen diskutiert. Die Termine sind selten angesichts der Masse an Aufgaben und Termine tagsüber sind für mich schwer darstellbar. Das muss ich mir ankreiden lassen: vielleicht eine falsche Einschätzung. Der Punkt geht gegen mich.

      5. Man kann "die richtigen Leute" in den GR wählen. Dafür wohne ich im falschen Ort. Der Punkt geht gegen mich.

      6. Man kann einer Organisation beitreten, die Lobbyarbeit betreibt. Check.

      7. Man kann Freizeit opfern, an Verkehrswende-Veranstaltung teilnehmen, manche Sonntagsrede über sich ergehen lassen, danach Entscheidungsträger ansprechen. Desinteresse seitens der Stadt. Interessante Diskussion mit Herrn Erdmenger vom Verkehrsministerium, er bietet Fortführung an. Das habe ich schludern lassen. Der Punkt geht gegen mich.

      8. Man kann gelbe Karten schreiben. Meine Erfahrung: monatelange Bearbeitungsdauer und/oder sachlich falsche Antworten, ans falsche Amt zur Bearbeitung weitergeleitet, weil der dusselige Bürger den Fachbegriff nicht kennt. Hilfsangebot ausgesessen, schade.

      9. Man kann an der Sternfahrt bei den Radverkehrstagen teilnehmen und am Stand des AfÖ mit den Leuten reden. Check.

      10. Man kann an der Critical Mass teilnehmen, wann immer der eigene Terminkalender das erlaubt. Check.

      11. Ich habe den Radentscheid unterstützt und Unterschriften gesammelt. Der wurde von der Stadt unterlaufen. Ein Gutachten geprägt von Unkenntnis diente zur Ablehnung. Warum hat die Stadt einen Gutachter beauftragt, der Spezialist für Energiewirtschaft ist und keine Ahnung von Verkehrswesen hat? Zufall? Versehen? Weiß man nicht, ist nachträglich auch egal. Fazit jedenfalls: Hilfe abgeschmettert, schade.

      12. Man kann das AfÖ direkt anschreiben mit einem Mängelkatalog. Der bleibt erst mal über ein Jahr in der Schublade. Nachgehakt, Zwischenbescheid zu einem Punkt, dann Ablehnung aufgrund eines offensichtliches Missverständnisses: die Behörde meine, ich wollte, dass die Behördenmitarbeiter die Mängel selbst beheben. Dabei wollte ich doch nur, dass sie Knöllchen schreiben und den anderen Ämtern auf die Finger schauen. Nochmal nachgehakt, jetzt liegt es bei einer neuen Mitarbeiterin auf dem Tisch. Das ist der letzte Zwischenstand, auch schon wieder ein oder zwei Jahre her. Hilfe im Papierkorb gelandet, schade.

      13. Man kann der Stadt Stuttgart anbieten, an Folgeversionen des Radverkehrskonzepts mitzuarbeiten, statt nur zu kritisieren. Das wurde abgelehnt, da sonst auch andere Interessenten und Interessensgruppen Einfluß nehmen würden. Das wäre zu viel Arbeit. Hilfe abgelehnt, schade.

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    7. Ist das noch normal und übertreibe ich mein Engagement etwas? Ich will doch eigentlich nur zur Arbeit und zurück fahren und das so unbehelligt tun können wie als Autofahrer gewohnt. Es hat angefangen damit, dass ich mich mit einem diffusen unguten Gefühl gewundert habe, was es für "merkwürdige", gefährliche Stellen auf meiner Strecke gibt. Dann musste ich entsetzt feststellen, dass jemand eine oder mehrere Vorschriften missachtet hat. Und jetzt soll ich offensichtlich lernen, dass Behörden Vorschriften nur beachten, wenn sie politischen Mehrheiten in den Kram passen, dass sie Kritik und Verbesserungsvorschläge nicht einarbeiten wollen und dass man besser nicht auf behördliche Regelverletzungen hinweist. Das widerstrebt mir, tut mir leid.

      Stattdessen unterhalten wir uns hier, ob wir Behördenmitarbeiter, deren Bescheide auch nicht von extremem Mitgefühl geprägt sind, mit normalen oder mit gepolsterten Samthandschuhen anfassen sollen, dass sie die Gruppe der Radfahrer auch ein wenig beachten (Übertreibung und Sarkasmus als Stilmittel sind hoffentlich offensichtlich).

      Sind wir Radfahrer in Stuttgart tatsächlich ein dermaßen aggressives Völkchen, dass wir unser Recht verwirkt haben, einfach professionell-korrekt respektvoll (und weder anbiedernd noch herablassend) behandelt zu werden? Ich möchte keine Vorzugsbehandlung, ich fordere aber, objektiv ebenbürtig zu anderen Verkehrsteilnehmern und Interessensgruppen berücksichtigt zu werden.

      Den direktesten Einfluss darauf, in welcher Richtung die Behörden ihre Spielräume ausnutzen und auch mal überschreiten, hat der Gemeinderat, indem er Budget freigibt oder eben nicht. Da soltte man als Bürger doch klar ausdrücken und begründen können, was aus der eigenen Sicht bisher nicht optimal lief und deshalb geändert und verbessert werden muss.

      Ich hoffe jedenfalls, dass die meisten Gemeinderatsmitglieder offen für sachliche Argumente und Sachzwänge sind und nicht primär danach handeln, wie freundlich jemand auftritt, wie spektakulär eine Showeinlage ist - oder sich gar durch Drohungen einschüchtern lassen.

      Und es steht uns normalen Bürgern nicht zu, hoheitliche Aufgaben von Polizei und Ordnungsamt übernehmen zu wollen. Bestimmte Aufgaben müssen wir an sie delegieren. Das Gewaltmonopol und die Gewaltenteilung sind Grundpfeiler unserer Gesellschaft.

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  2. Ein paar Hinweise an Radfahr-Neulinge in Stuttgart:

    1. Stuttgarts Radinfrastruktur besteht zwar zum weitaus überwiegenden Teil aus Gehwegen und Fußgängerzonen, die zum Radfahren freigegeben wurden. Dennoch gibt es viele Gehwege, die nicht freigegeben wurden.

    2. Fußgänger dürfen Gehwege in alle Richtungen benutzen. Radverkehrsanlagen gelten aber grundsätzlich nur in der Richtung, in der das entsprechende Schild lesbar ist. D.h. auch, eine Gehwegfreigabe gilt nur in der Richtung, in der das Zusatzschild "Radfahrer frei" lesbar ist, ohne den Kopf zu verrenken. In der Gegenrichtung ist es verboten.

    3. Es gibt in Stuttgart kein Erkennungsmerkmal (abgesehen vom Schild) oder System, welche Gehwege für den Radverkehr freigegeben sind oder welche gemeinsamer Geh- und Radweg sind. An der Breite ist es nicht zu erkennen, am Bodenbelag ist es nicht zu erkennen, Markierungen auf dem Boden gibt es nicht. Fahrradweichen, Auf- und Abfahrtmöglichkeiten, Überleitungen, alles in der Regel nicht vorhanden.

    4. Es sind merkwürdigerweise auch noch viele Gehwege für den Radverkehr freigegeben oder als gemeinsamer Geh- und Radweg ausgeschildert, die längst (seit etwa 2010) die Voraussetzungen zur Freigabegenehmigung nicht erfüllen und die besonders gefährlich zu befahren sind, insbesondere auf der linken Straßenseite und/oder zu schmale.

    5. Alle paar Monate wird die Beschilderung hin und her geändert, ohne dass - wie ihr es als Autofahrer gewohnt seid - mit einem Hinweis "geänderte Vorfahrtsregelung" oder "geänderte Verkehrsführung" darauf hingewiesen wird, z.B. am Ferdinand-Leitner-Steg und anderen Stellen des Radfahr-Hauptroutennetzes. Also schaut jeden Tag auf die Schilder, gerade auch auf bekannten, täglich befahrenen Strecken, um böse Überraschungen zu vermeiden.

    6. Die grün-weißen Radfahr-Wegweiser erlauben nicht, dass dort tatsächlich gefahren werden darf, wo sie hinzeigen. Auf Kulanz könnt ihr natürlich hoffen.

    7. Radfahr-Umleitungen werden gelegentlich ausgeschildert ohne Abgleich damit, ob auf der Umleitungsstrecke Radfahren auch erlaubt ist. Das kann wie eine böse Falle auf euch wirken.

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  3. "Mir wäre es sogar am liebsten, alle Fahrräder und E-Scooter müssten auf Fahrbahnen parken und dürften nicht mehr auf Gehwegen stehen, was aber nur geht, wenn es auch ausreichend Radabstellanlagen gibt, wo man Räder anschließen kann."

    Das Argument "geht momentan leider nicht anders als auf dem Gehweg" lässt Du zu Recht dem motorisierten Verkehr nicht durchgehen. Ein Pedelec auf dem Gehweg ist in seiner Wirkung als Hindernis nicht viel anders als ein Moped.

    Selbst der Bundesverkehrsminister hat einsehen müssen und in der StVO-Novelle bekräftigt, dass Fahrräder im Straßenraum abgestellt werden können müssen.

    Möchtest Du Dich nicht darauf konzentrieren: Die Umwandlung eines Pkw-Stellplatzes (am Straßenrand, in Tiefgaragen, in Parkhäusern) in Fahrrad-Abstellplätze mit Bügeln zum Abschließen schafft auf einen Schlag zusätzlichen Parkraum für 5 Personen (Berechnungsgrundlage: 8 Fahrräder passen auf einen PKW-Stellplatz und ein Pkw befördert durchschnittlich 1,3 Personen).

    Das ist offensichtlich viel wirkungsvoller als das Subventionieren von Carsharing-Abstellplätzen, die rechnerisch nur 2-3 Parkplätze überflüssig machen ohne sonstige Vorteile hinsichtlich Umweltfreundlichkeit, Schadstoffbelastung und Klimazielen.

    Ein Radfahrer, der keinen Abstellplatz findet und im Parksuchverkehr-Modus unterwegs ist, braucht auch länger und verstopft auch die Straßen - immerhin umweltfreundlicher und mit weniger Flächenbedarf als ein Pkw im Parksuchverkehr-Modus.

    Also: gleiches Recht für alle, keine bevorzugte Sonderbehandlung für Fahrräder bzgl. Gehwegparken. Wie stehst Du dazu und der Rest des GR?

    Ihr entscheidet schließlich, denn aller Verkehr ist bekanntlich induziert. Anders ausgedrückt: Die Bürger richten sich in ihrem Mobilitätsverhalten nach dem Angebot, das ihr uns allen anbietet.

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  4. "Man kann immer mit dem Finger auf Amtsträger und Institutionen zeigen. Wichtig ist was man selber tut. Positive Bestätigungen sind für Freiwillige wie die Blogschreiberin"
    @Jörg Das ist leider schlicht falsch. Es sind die Amtsträger und Institutionen, die die Macht haben und daher auch die Pflicht, die Dinge im Sinne des echten Gemeinwohls zu ändern. Dass sie es nicht tun, und oft sogar das Gegenteil, ist mit Sicherheit bereits kriminell. Irgendwann wird sich dafür ein Richter finden.
    Mit Ihrem Schieben der Verantwortung auf den Bürger, den Verbraucher, etc. spielen Sie das Spiel der Wirtschaft, der Industrie. Genau die betonen aus durchsichtigsten Gründen immer wieder, ja nur das zu tun, was der Verbraucher will.
    Ein Blog wie dieser beweist durch qeine schiere fortdauernde Existenz, dass sich eben absolut nichts ändert. Alle zwei Tage und seit vielen Jahren, das heiß in tausenden Einzelbeispielen kommt hier der Nachweis, dass sich durch Aktivismus exakt nichts ändert.

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  5. Unsere Vorstellung von Normalität, von öffentlichem Leben, von sozialen Miteinander - all das wird im Stadtraum auf die Probe gestellt wie nie zuvor.
    Deswegen lassen Sie mich sagen: Es ist ernst. Nehmen Sie es auch ernst. Seit der Deutschen Einheit, nein, seit dem Zweiten Weltkrieg gab es keine Herausforderung an unser Land mehr, bei der es so sehr auf unser gemeinsames solidarisches Handeln ankommt.
    Alles, was Menschen gefährden könnte, alles, was dem Einzelnen, aber auch der Gemeinschaft schaden könnte, das müssen wir jetzt reduzieren.
    Lassen Sie mich versichern: Für jemandem wie mich, für die Reise- und Bewegungsfreiheit ein schwer erkämpftes Recht waren, sind solche Einschränkungen nur in der absoluten Notwendigkeit zu rechtfertigen.
    Dass wir diese Krise überwinden werden, dessen bin ich vollkommen sicher. Aber wie hoch werden die Opfer sein? Wie viele geliebte Menschen werden wir verlieren? Wir haben es zu einem großen Teil selbst in der Hand. Wir können jetzt, entschlossen, alle miteinander reagieren. Wir können die aktuellen Einschränkungen annehmen und einander beistehen. Diese Situation ist ernst und sie ist offen.
    Das heißt: Es wird nicht nur, aber auch davon abhängen, wie diszipliniert jeder und jede die Regeln befolgt und umsetzt.

    Nur wo es Sicherheit gibt, kann es auch Freiheit geben.

    Harte Strafen sind das beste Mittel an Prävention.

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  6. Das ganze gilt nicht nur für die Stadt, sondern nimmt auch im ländlichen Raum überhand. Der Gehweg ist hier oft ohnehin sehr schmal. Einen Strafzettel habe ich hier noch nie gesehen.

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    1. Auch in kleineren Orten gilt das gleiche.

      Übrigens, wenn Dir der Gehweg "sehr schmal" vorkommt, kannst Du mit Sicherheit davon ausgehen, dass er unzulässig schmal ist (gemessen an den Verwaltungsvorschriften und dem Stand der Technik). In diesem Fall darf seit 2010 der Gehweg nicht für Radfahrer freigegeben werden. Erst recht darf keine Benutzungspflicht für Radfahrer angeordnet sein. Abhängig vom Verkehrsaufkommen "in der Spitzenstunde" ergibt sich, ob der Radverkehr mit dem Kfz-Verkehr gemischt werden darf oder welche Art von Radverkehrsanlage (Radweg, Radfahrstreifen, Schutzstreifen) in welcher Regelbreite angelegt werden muss.

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  7. Gehwegradeln ist verboten? So so ...

    Dann bin ich wohl wieder ein Fuchs der die Ausnahmen kennt.

    Selbstverständlich darf man auch als Erwachsener auf dem Gehweg radeln, wenn man ein Kind unter zehn Jahren auf dem Gehweg begleitet welches ebenso auf dem eigenen Fahrrad fährt. Wir fahren täglich zum Kindergarten mit dem Rad auf dem Gehweg, weil es auch keinen Radweg dort entlang gibt.

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    1. Lieber Fuchs, diese Ausnahme kenne ich und kennen wir alle natürlich auch. Allerdings tifft das auf die meisten Gehwegradler:innen ja nicht zu und auf die auf dem Foto auch nicht. Das ist ein Randthema, das die meisten Eltern mit Rad fahrenden Kindern kennen.

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    3. https://dasfahrradblog.blogspot.com/2020/06/mit-kindern-radeln.html

      @ anonymer Fuchs: Als begleitender Erwachsener darfst Du nur auf dem Gehweg Rad fahren, bis Dein Kind seinen 8. Geburtstag hat, danach nicht mehr. Dein Kind darf dann noch bis zu seinem 10. Geburtstag *alleine* auf dem Gehweg radeln.

      Christine hat die Details erst kürzlich beschrieben, einschließlich der Ausnahme von der Ausnahme, dass Kinder und Begleitperson beim Überqueren jeder Kreuzung dann doch wieder absteigen und schieben müssen. Immerhin muss man nicht auch noch an jeder Ein- und Ausfahrt absteigen.

      Daumen hoch, Fuchs, dass Du das machst, Deinen Kindern früh das Verhalten im Verkehr beibringst, sie üben lässt und ihnen die Bewegung verschaffst.

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