Die meisten von uns denken dann: Aber wenn ich nur mit der Vorderradbremse bremse, dann fliege ich über den Lenker. Die meisten dürften bei einer notwendigen Vollbremsung mit beiden Händen bremsen, und alle dürften dabei die Erfahrung gemacht haben, dass das Hinterrad dabei zur Seite ausbricht. Es neigt dazu, das Vorderrad überholen zu wollen. Das ist bereits ein Hinweis, dass man beim Radfahren grundsätzlich mit dem Vorderrad besser bremst als mit dem Hinterrad.
Denn das Gewicht liegt dann auf dem Vorderrad, während das Hinterrad weniger Bodenhaftung hat. Bei schweren Pedelecs, die manchmal die Akkus auch noch unterm Gepäckträger haben, ist die Gefahr geringer, dass das Hinterrad abhebt und man bei einer tüchtigen Bremsung über den Lenker fliegt. Fachleute empfehlen jedenfalls die Vollbremsung nur mit der linken Hand, also mit dem Vorderrad. Dabei stemmt man sich mit den Armen natürlich gegen den Lenker, und rutscht mit dem Hintern im Sattel nach hinten. Bei leichten Rädern hebt dann das Hinterrad beinahe ab. Der Bremsweg ist halb so kurz wie der, den man hat, wenn man mit dem Hinterrad bremst oder mit beiden. Aber das alles muss man üben. Bremsen in Notsituationen erfordert einen kurzen Bremsweg. Eine Vollbremsung ist eine Sache des Reflexes. Ohne das vorher zu üben, klappt es nicht. Mit anderen Worten: Wir sollten bei all unseren Radfahrten mit links (das ist bei uns der Bremszug zum Vorderrad) bremsen, und zwar, ohne dabei auch noch die Hinterradbremse zu betätigen. Dass man dabei unerwartet über den Lenker fliegt, ist ja nicht zu erwarten, und man kriegt ein Gefühl dafür, wie gut ein Rad nur übers Vorderrad gebremst werden kann. Das nach hinten Rutschen und die Arme gerade und fest Machen bei einer Vollbremsung könnte man an einem Wochenende auf einem leeren Parkplatz üben. Junge Menschen machen so was in der Regel automatisch, ältere Menschen aber nicht.
Mit dem Vorderrad darf man aber nie bremsen wenn es glatt ist, also bei Schnee, Eis oder regennasser Fahrbahn. Bricht nämlich das Vorderrad aus, rutscht also beiseite, weil der Untergrund glatt ist, dann stürzt man unweigerlich blitzschnell. Hingegen stürzt man nicht gleich, wenn das Hinterrad ausbricht. Die meisten fangen das mit ihrem Gleichgewichtsgefühl ab. Auf glattem und rutschigem Untergrund sollte man aber mit dem Fahrrad überhaupt nicht bremsen müssen. Wer eine Schneefläche vor sich hat, solle langsam radeln und zwar vorher schon. Denn auf Laub, Schnee und Eis kann man ein Rad weder lenken noch bremsen, da muss man geradeaus drüber. Junge Menschen können sich vielleicht noch mit den Füßen abfangen, wenn das Rad unter ihnen wegrutscht, Ältere können das meistens nicht, sie sind nicht schnell genug. Ich empfehle vor einer Eis- oder Schneefläche abzusteigen und das Fahrrad zu schieben, lieber einmal zu vorsichtig, als einmal zu unvorsichtig und stürzen.
Genauso zuverlässig stürzt man, wenn der Vorderreifen platt ist oder wenig Luft hat, und wenn man dann nur mit dem Vorderrad bremst. Ich habe da schon mal jemanden stürzen sehen, dessen Reifen zu wenig Luft hatte, ohne dass er es bemerkt hatte.
Auch bei hoppeligem Untergrund und eigenem hohen Tempo kann das Bremsen
mit dem Vorderrad schief gehen, falls man nämlich gerade in die
Bremszüge greift, während das Vorderrad über ein Hindernis hopst und in
der Luft ist. Dann nämlich kommt man mit stehendem und blockiertem
Reifen auf den Boden, und das gibt einen sehr abrupten Stopp.
Bei langen Bergabfahrten (Alte Weinsteige runter) sollte man mit den Bremsen abwechseln. Sonst wird bei Felgenbremsen die Felge zu heiß (dabei kann der Reifen platzen) oder die heiße Scheibenremse bringt die Bremsflüssigkeit zum Kochen, dann versagt die Bremsung ganz. Bei Bremsscheiben wurde mir schon eine Stotterbremsung empfohlen (relativ weit abbremsen, dann loslassen und rollen lassen, dann wieder herunterbemsen), damit dem Scheiben nicht glühen.
Grundsätzlich ist es übrigens ganz gut, auch einfach mal langsam zu machen, wenn das Gelände unübersichtlich, der Untergrund schwer abschätzbar oder extrem uneben ist. Wir sehen zwar junge BMX-Radler gerade solche Strecken genießen, aber je älter wir sind, desto weniger sind wir auf Stürzte vorbereitet und desto schlechter stecken wir sie weg. Ich habe mal einen jungen Radler von seinem Fahrrad springen sehen, dessen Vorderrad in eine Stadtbahnchiene geraten war. Er sprang über die das Oberrohr seines Rades ab, das unter ihm umkippte und konnte nach zweit Schritten sogar wieder aufsteigen und weiter radeln. Ich könnte das nicht, und die meisten von uns würden das auch nicht hinkriegen. Und Eigenunfälle sind unter Radfahrenden eben leider gar nicht so selten, also diese unerklärlichen Stürze, wo sich alle fragen, wie das passieren konnte.
Guter Artikel. Genau, man fliegt nicht über den Lenker, weil das Vorderrad blockieren würde, das kann es gar nicht, sondern weil man sich nicht abgestützt hat, vom Sattel rutscht und gegen den Lenker knallt.
AntwortenLöschenHier nochmal der Artikel von René Herse, der oben geschriebenes gut illustriert: https://www.renehersecycles.com/how-to-brake-on-a-bicycle/
Dieser Hang zur Hinterradbremse ist ein recht deutsches Phänomen, vielleicht ein Überbleibsel aus Zeiten, wo manche Räder gar keine Vorderradbremse hatten, sondern nur einen Rücktritt? Vorsicht mit der Annahme, die linke Bremse sei immer die vordere, das stimmt zwar in den allermeisten Fällen, aber eben nicht immer. Bei einem unbekannten Rad lieber erstmal nachschauen.
Ein wichtiges Thema, vielen Dank für den Artikel. Ein paar Anmerkungen aus meiner Sicht:
AntwortenLöschen1. Das Hinterrad bricht nur bei Blockierbremsungen in Kurven aus, nicht beim Bremsen während Geradeausfahrt. Hier schwänzelt es allenfalls um die Geradeausfahrlinie.
2. Bei einer Vollbremsung auf der Straße lieber nicht die Arme durchdrücken, da man so das Gefühl für das Vorderrad aufgibt und die Lenkfähigkeit weitgehend verliert. Stattdessen die Arme leicht angewinkelt lassen, die Bremswirkung dosieren und den Blick nach vorne richten. Die Gewichtsverlagerung nach hinten ist vor allem bei Bergabfahrten im Gelände i.V.m. Vorderradfederung notwendig, da hier die Überschlagsneigung erhöht ist.
3. Rechtshänder können die Bremszüge links/rechts tauschen, um die Vorderbremse mit mehr Gefühl betätigen zu können. Motorradfahrer sollten dies bei ihren Fahrrädern grundsätzlich machen. Sie sind es gewohnt, mit Rechts die Vorderbremse zu betätigen.
4. Mit "Stotterbremsung" meinst du vermutlich "Intervallbremsung". Dass ein Reifen wegen überhitzter Felge platzt, dafür braucht es einen Alpenpass, die Weinsteige langt dafür nicht.
5. Bremsen will gelernt sein. Den Hinweis, das Bremsen zu üben, kann ich nur unterstützen. Wenn man weiß, dass man es kann, ist man gleich mit mehr Souveränität unterwegs.
Allzeit gute Fahrt
Thomas
Jörg
AntwortenLöschenBeim Brmsen gilt, wie bei vielen, man muss es einfach üben und hin und wieder wiederholen. Manchmal sollte man einfach mal ein Vollbremsung machen und 10 m vor der Ampel auf Schrittgeschwindigkeit sein, einfach um das Gefühl zu behalten. Hier noch ein Video dazu am Beispiel Rennrad: https://www.youtube.com/watch?v=2GiD8f2b5rY Für den Normale Fahrrad mit Taschen am Lenker findet man keine Tipps nur ganz viele für MTB.
Generel gilt in Stuttgart, die Scheibenbremse ist die bessere Bremse. Wenig Wartung, bremst bei Nässe, bremst mit wenig Kraft, gut zu dosieren.
Bei schönen Wetter hält eine frisch eingestellte Felgenbrmse mit. Aber ehrlich wie häufig stellt ihr eure Bremsen nach?
Ohne eine Diskussion über Felgen- vs. Scheibenbremsen aufmachen zu wollen, Scheibenbremsen haben auch klare Nachteile, besonders wenn man auch mal längere Strecken unterwegs ist. Und gute Dosierbarkeit gehört definitiv nicht zu den Eigenschaften so gut wie aller Scheibenbremsen.
LöschenFelgenbremsen, die ich bisher immer bevorzugt habe, haben den Nachteil, dass irgendwann die Felge ausgetauscht werden muss. Bei meinem Rad ist es jetzt so weit, und da es sich ums Hinterrad mit dem Motor handelt, macht mir das niemand mehr (all die vielen Speichen neu aufziehen). Scheibenbremsen dagegen kann man halt leicht ersetzen. Beide Bremsentypen scheinen aber eben nicht ideal zu sein.
LöschenFelgenbremse im Schnee oder Eis auf der Felge ist echt mies. Bei Scheibenbremsen habe ich das noch nicht erlebt.
LöschenGruß John
Ein Rad neu einspeichen wird vielleicht nach 30000 km fällig (meine letzten Felgen haben fast 8 Jahre oder 50000km gehalten)
LöschenEs ist an sich nicht kompliziert, das lernt jeder Fahrradmechaniker in der Ausbildung und braucht dazu ein oder zwei Stunden. Arbeitszeit 100€, Material zahlt man ja bei Neukauf auch. Bei der Haltbarkeit der Motoren kenne ich mich nicht aus. Es ist also eher eine Frage der wirtschaftlichen Rechnung als eine der technischen Möglichkeit.
Die Wartung von Scheibenbremsen ist komplizierter und teurer, unter dem Strich dürfte es wohl mehr oder weniger auf's Selbe hinauslaufen
Daher sind andere Argumente wichtiger als die Kostenfrage.
Die Hinterradfelge nutzt sich übrigens schneller ab, auch ein Argument, eher vorne zu bremsen.
Wie lange alles hält hängt recht stark daran, wie man es nutzt/nutzen will;
Löschen- Last: eigenes Gewicht und ggf. Anhänger
- Wetter, Dreck, Salz
- Pflege, rechtzeitiger Wechsel der Beläge
In meinem Fall, bei früher täglicher Fahrt zur Kita mit Anhänger, habe ich an verschiedenen Teilen den Verschleiß gemerkt, mindestens aber Kette, Bremse und HR-Felge.
Jörg
LöschenScheibenbremsen haben sich nicht umsonst durch gesetzt. Schönwetter Asphaltfahrer schaffen vielleicht 50.000 km mit einer Felge. Bei mir waren 12.000 km auf dem Alltagsrad (Selbsteinspeicher).
Männer sind stärker als Frauen. Viele Frauen sind stärker als etliche Männer.
Also vorne Bremsen würde ich nicht so empfehlen, denn je nach dem wie die Wegoberfläche ist, ob nass, trocken, Granulat/Schotter kann die Felge blockieren und man liegt schneller auf der Schnauze als man sich abfangen kann. Vorn stark bremsen ist nur mit Vorsicht zu genießen. Und das weiß ich aus jahrzehntelanger (Sturz-)Erfahrung und Erkenntnisse daraus.
AntwortenLöschenInsofern sind Scheibenbremsen vorn noch viel gefährlicher. Kenne genug Leute, die von derartigen Stürzen berichtet haben und längerfristige Verletzungen dadurch haben.
Und das mit dem Felgenverschleiß durch Felgenbremse... Naja, Hinten hab ich Rücktritt- und Felgenbremse, bislang war eher die Felge hinten im und um den Speichenbereich gebrochen, als das sie durchgebremst war. Bei dem einen Rad so ca. nach 25000 Kilometern und neulich beim anderen Rad auch nach ähnlicher oder sogar höherer Laufleistung.
Da E-Bikes schwerer sind: meine Angaben beziehen sich auf mormale Tourenräder mit 7- bzw 8-Gang Rücktrittnaben UND Felgenbremsen hinten teilweise mit vollen Gepäckträgertaschen, aber ohne Akku und Motor.
Beim E-Bike hängt das auch von der Motor- und Akkulage ab, also dem Schwerpunkt. Akku und Motor hinten, rutscht vorne eher weg als Motor und Akku vorne oder im Tretlager.
Und dann gibts ja noch so "tolle" instabile Tiefeinstiegs-Wackelrahmen für die unbeweglichen Senioren und Adipösen, die ihre Schenkel nicht mehr heben können. Weia, die eiern auch auf ihrer Gurke rum.
Und da fällt mir gerade so ein, neulich hatte ich an einem Pedelec 3 Speichen hinten tauschen müssen, Motor vorne, Akku hinten, 7-gang-Rücktrittnabe und verstärkte Speichen, allerdings Billigpedelec 699 euro oder 899 euro je nach Akkukappazität. Der Händler, welcher nicht auf Fahrräder bzs E-Bike spezialisiert ist wollte dem Besitzer gleich ein ganzes Hinterrad wegen zunächst noch zwei gerissenen Speichen verkaufen.
- Anonymous von woanders -