26. April 2023

Vier Minus für den Radverkehr in Stuttgart

Der Fahrradklimatest des ADFC ist da. Und Stuttgart schneidet nicht gut ab. Bei der 10. Ausgabe haben rund 245.000 Radfahrende mitgemacht, 1114 Städte und Gemeinden wurden bewertet. Ein Rekord. 

Die, die Umfrage ausgefüllt haben, sind zu 63 Prozent fast täglich mit dem Rad unterwegs, 91 Prozent radeln mindestens einmal die Woche. Mehr als 90 Prozent fahren auch Auto. Die Durchschnittsnote aller Städte lag 2022 bei 3,96. Das ist geringfügig schlechter als im Jahr davor. Siegerin wurde Bremen mit der note 3,6 bei den Großstädten über eine halbe Million Einwohner:innen, knapp gefolgt Frankfurt und Hannover. Bei den Städten über 200.000 Einwohner:innen rückt Münster (3,0) wieder an den ersten Platz, gefolgt von Karlsruhe und Freiburg. Die beste Note hat mit 2,0 hat wieder mal Wettringen im Münsterland als Kleinstadt bis 20.000 Einwohner:innen erhalten, hat sich damit allerdings verschlechtert. Stuttgart liegt mit der Gesamtnote von 4,2 auf Platz 11 der Großstädte und hat sich weder verbessert noch verschlechtert.

Die Werte im Einzelnen seht ihr auf dem Foto rechts. Ein besonders schlechtes Zeugnis stellen die Befragten dem Baustellenmanagment und der Breite der Radwege aus (5,1). Gleich danach folgen Ampelschaltungen für Radfahrende (5,0) und der Falschparkerkontrolle auf Radwegen (5,0).

Auffällig zufrieden waren sie mit der Öffnung von Einbahnstraßen (2,7). Noch besser finden sie, dass es öffentliche Leihfahrräder gibt (2,1). 

Konflikte mit Autofahrenden, das Radeln im Mischverkehr mit Autos und Hindernisse auf den Radwegen beschäftigen ebenfalls viele negativ. Nicht begeistert sind sie über die Zeitungsberichte (4,3) und die Akzeptanz als Verkehrsteilnehmende. Auch die Fahrradförderung in jüngster Zeit konnte nicht recht überzeugen (4,1). 

Großstädte schneiden bei der Befragung offensichtlich schlechter ab als kleinere Städte. Der Verkehr ist komplizierter und es pendeln auch Menschen von außerhalb hinein und hinaus. Es herrscht mehr Gewusel.  Ob man die Radinfrastruktur und die Erreichbarkeit der Innenstadt gut oder eher schlecht findet, hängt auch sehr davon ab, wo man in Stuttgart wohnt. Aus Feuerbach oder Botnang geht es schlechter, Degerloch ist auf halbwegs direktem Weg nur über die steile Alte Weinsteige erreichbar (oder durch den Wald oder über den umständlicheren und steilen Schimmelhüttenweg). Von Vaihingen oder Stuttgart Süd oder West erreicht man die Innenstadt deutlich besser. Und weil in Stuttgart viel gebaut und repariert wird, poppen ständig Baustellen auf, und nicht immer erkennen wir die Umleitung, weil die Beschilderung fehlt oder missverständlich ist. Auch das mag nicht so sehr das Problem kleinerer Städte sein. Andererseits ist uns allen klar, dass in Deutschland die Radinfrastruktur überall ihre Mängel hat und wir uns nicht als fahrradfreundliches Land bezeichnen würden. Dazu dominiert der Autoverkehr viel zu sehr. 

Hier zum andere Städte angucken: interaktive Karte, und zum ausführlich Lesen: ADFC-Fahrradklimatest



4 Kommentare:

  1. Ich finde des Fahrradklimaindex gut und habe die letzten Male mitgemacht. Die Ergebnisse werden auch bie uns (Mannheim) veröffentlicht. Leider gibt es anscheinend niemanden bei der Stadt, der sich die Ergebnisse mal ansieht. Gerade bei den besonders schlecht bewerteten Positionen Falschparkerkontrolle, Baustellenführung ließe sich ohne viel finanziellen Aufwand viel erreichen (=Ernten tiefhängender Früchte). Was passiert? NIX! Immer und immer wieder schreibe ich bei uns im Mängelmelder Beschwerden zum Thema Baustellen (Früher beschildern, kein Radfahrer absteigen, kein plötzliches Beenden des Radwegs, Ankündigen, Beseitigen von Schlaglöchern, Bitten um Versetzen von Absperrungen oder Containern vor Absenkungen, Hinweise auf vollkommen unsinnige Schilderkombinationen, Hinweise auf Gefahrensituationen, meist mit einfachen Vorschlägen). Alles einfach zu lösende Probleme. Was passiert? NIX! Ich bin mittlerweile hin und hergerissen zwischen Resignation, Selbsthilfe (ich räume das Teil selbst zur Seite) oder Umstieg aufs Auto. Da muss man sich mit solchen Sachen nicht rumschlagen. Aber ich will nicht aufs Rad verzichten, bloss weil irgendwo Ignoranten am Werk sind. Gibt es Tipps, wie man den ganzen trägen Beamten/Angestellten beikommt? Was bringen Veranstaltungen, die fürs Radfahren werben, wenn das Rumherum nicht stimmt, wenn Mängel nicht beseitigt werden? Das ist in meinen Augen dann nur rausgeschmissenes Geld und die, die sich mit der Organisation solcher Werbeveranstaltungen beschäftigt sind, sollten sich erstmal um den Zustand des Drumherum kümmern. Könnte man den ganzen Verkehrsjogis (Verkehrsminister bis runter zum Rad-Beauftragten) mal den Führerschein entziehen und sie aufs Rad setzen, damit sie am eigenen Leib erfahren, was da draußen abgehet? Vielleicht bessert sich dann was.
    Karin

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  2. Ich hab Wettringen mal aus der Luft betrachtet und konnte nur eine einzige Fahrradinfrastrukturinstallation erkennen- auf der Burgsteinfurter Str., und da wurde alles so gemacht, wie ich niemals machen würde: Beginnt im Nichts, endet im Nichts, dazwischen rammelt der Bus über den Radweg, an der Bettelampel wird auch der Radverkehr ausgebremst und an der Querungsfurt ist dichtes Überholen vorprogrammiert. Note 2 hat wohl der Bürgermeister selber gegeben.
    Meine Ansprüche liegen definitiv höher und eine Note 2 würde noch nicht mal eine Stadt in Holland von mir bekommen, solange man die Infrastruktur für KFZ als Gegenbeispiel zur Hand hat.

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  3. Wettringen hat ihre Bahnstrecke mit einem Radweg überbaut.
    So schafft man Fakten gegen die Verkehrswende und spielt Rad und Zug gegeneinander aus, während der MIV wie gehabt gepampert wird.
    Münster hat zwar viele Radwege (wenn man das so nennen darf), die ist aber völlig veraltet und lädt nicht zum radeln ein. Münster hat den Vorteil, sehr flach zu sein, im Gegensatz zu Stuttgart. Tja und Stuttgart ignoriert den Radverkehr vollständig. Diese Stadt würde es sogar schaffen, einen Radweg zu bauen, auf dem Radfahren verboten ist.
    Wäre schön, wenn sich die Städte den Klimatest zur Brust nehmen und aus den Ergebnissen lernen, statt dessen wird weiter gemacht wie immer.

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  4. Was mir beim Fahrradklimatest auffällt ist eine Veränderung im Bewusstsein: Die Radfahrenden werden zunehmend sensibler für das Thema "Sicher und komfortabel mit dem Rad unterwegs". Nur so lässt sich erklären, dass die Noten tendenziell eher schlechter werden, auch in Kommunen in denen sich einiges zum positiven verändert.
    Denn was man 2 oder 4 Jahre zuvor noch als "gottgegeben" zu akzeptieren bereit war wird zunehmend kritischer gesehen. Und das ist gut so, dokumentiert das doch einen Wandel, der die Verantwortlichen zunehmend mehr dazu zwingen wird sich mehr um die Belange des Radverkehrs zu kümmern.
    Leider ist das aber ein Prozess, der uns noch viele Jahre begleiten wird. Da muss mindestens noch eine ganze Generation VerkehrsplanerInnen und VerkehrspolitikerInnen aussterben ...

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