29. Juni 2023

So geht aktive Behinderung des Radverkehrs

Entlang der Augsburger Straße in Cannstatt müssen Radfahrende zwischen Ebitzweg und Posener Straße auf einem schmalen Gehweg in zwei Richtungen fahren. Der Gehweg ist als gemischter Geh- und Radweg ausgewiesen. 

Wie üblich, wenn die Verkehrsbehörde den Autofahrenden etwas mitzuteilen hat, werden die Schilder mit breiten Ständern auf dem Geh- und Radweg abgestellt. So auch hier. Und das, obgleich es Straßenranstellplätze und damit genug Platz im Bereich des nicht rollenden Verkehrs gibt. Auf diesem Gehweg drängen sich, wenn die Schule und die Kitas beginnen und enden, viele Menschen zu Fuß und auf Fahrrädern. Ein Parkautomat war dort auch vorgesehen (er stand auch, wurde aber wieder abgebaut) und davon ist immer noch die Betonbodenplatte als Stolperfalle übrig, die dem Geh- und Radweg eine Restbreite von 1,80 Metern lässt. Der Ständer des Verkehrsschilds lässt nur noch 1,70 frei und ist an der Unterkante 1,90 Meter hoch und das wird nicht nur für große Menschen knapp, sondern auch für Menschen auf Fahrrädern. 

Während sich die selbstaktive Mobilität - also Menschen, die dankenswerterweise nicht mit dem Auto fahren - auf zwei Metern voller Hindernisse zusammendrängen muss, haben Autofahrende eine Fahrspur und eine Spur zum Abstellen ihrer Autos Richtung Waiblinger Straße und zwei Fahrspuren Richtung Untertürkheim zur Verfügung. 

Entlang der Augsburger Straße gibt es noch mehr schwierige und unfallträchtige Stellen. Unlängst starb ein Radfahrer in Untertürkheim, der vermutlich mit dem Lenker an einem Trafokasten hängengeblieben war, auf die Fahrbahn stürzte und dabei von einem Transporterfahrer erfasst und verletzt und letztlich getötet wurde. 

Quelle: Apple Karten
Auch das Ende des Radstreifens hinter dem Augsburger Platz Richtung Schmiedener Straße ist nur was für extrem routinierte und mutige Radfahrer. Zuerst radelt man auf einer Radweiche über die Rechtsabbiegerausfahrt hinüber, dann findet man sich unversehens zwischen auf der mittleren Fahrspur wieder, links von der Einfahrspur. Die gesamte Radinfrastruktur hört hier auf, nichts ist mehr da, alle Autos fahren 50 km/h. Man radelt mit nervenkitzeligem Autobahnfeeling weiter und muss nach der durchgezogenen Linie auf die rechte Spur (von dreien), genau da, wo die Autos reinfahren. 

Wir werden uns demnächst mal zu mehreren die gesamte Augsburger Straße anschauen müssen, denke ich. 

Die Fotos und Abmesseungen hat mir Blogleser Peter zugeschickt. Vielen Dank. 



11 Kommentare:

  1. Das Problem mit Baustellenbeschilderung besteht. Irgendwo müssen die Schilder ja stehen. Ich wünschte mir, die Aufstellenden würden Schilder wirklich nur auf dem Gehweg/Radweg platzieren, wenn es wirklcih nicht anders geht. Und dann sollte man auch entsprechende Durchfahrtshöhen beachten. Das Thema haben die überhaupt nicht auf dem Schirm. Es wird bei der Planung im öffentlichen Raum anscheinend wie oft nicht weinfach mal weitergedacht. Die Gefahrenanalyse gibt es anscheinend nur in der Maschinenrichtlinie und nicht im Straßenverkehr. Wenn man das mal einfach analog zur Maschienenrichtlinie machen würde, dann hätten die Verkehrsplaner ein echtes Problem. Die Betrachtung des Schilds oben auf dem Geh/Radweg, wäre kein Problem: Schild nur 1,9 hoch, zu niedrig, höher oder Absperrung ums Schild drumrum. Aufstellung Schild verengt den GehRadweg, also Radweg beenden. Radfahrer auf die Fahrbahn, zu gefährlich, Bordsteinabsenkung, also Absperrung zum Herumführen der Radfahrer um das Schild auf der Fahrbahn. Alles zu aufwändig, einfache Lösung, einen Parkplatz Sperren, Schild auf Parkplatz stellen fertig, keine Gefahr mehr. Lösungsansätze nach Gefahrenanalyse. Sollte man im Verkehrswesen einführen, oder falls es das schon gibt, auch mal machen.
    Karin

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    1. Ich vermute, es liegt an den Ausführenden. In den Plänen für eine Beschilderung ist meistens alles richtig, aber es scheint nicht bis zu den Männern durchzudringen, die am Ende die Schilder vom Laster holen und aufstellen. An Radfahrende denken die eher nicht, die leben in einer Autoverkehrswelt. Und wenn sie an Radfahrende und Fußgänger:innen denken, dann nicht sonderlich freundlich. Inzwischen sperren Baustellen ja für Jahre Gehwege, und die Fußgänger:innen werden einfach so per Verkehrzeichen auf die andere Straßenseite geschickt. Wenn dort auch gerade eine Baustelle ist (haben wir derzeit in der Eberhardstraße in Stuttgart), dann kommen die Fußgänger:innen gar nicht mehr rüber auf den Gehweg und gehen alle auf der Fahrbahn entlang (in dem Fall eine Fahrradstraße). Niemand überlegt sich eine freundliche Umleitung für Menschen zu Fuß (mit Kinderwägen oder Rollatoren) und Radfahrende.

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  2. Man muss ja die Leute in der Planung, Bauüberwachung und Ausführung verstehen: da arbeitet man in Stuttgart (Weißenhofsiedlung, Fernsehturm, Bonatz und Stuttgart21) und möchte was auch was cooles machen. Stattdessen ist bei den Radwegen gelandet und muss nun seinen Frust abladen. Vermutlich ist man unterfordert und kann sich viele Gedanken machen, wie man die Radelnden so richtig ärgert: ein fettes Schild oder Ampel mitten auf den Radweg, notfalls einfach eine komplett überflüssige Beschilderung ("Verbot für brennbare Flüssigkeiten" mitten auf den Radweg), oder man stellt im Wald (bei den Wildschweinen) einfach ein in der Dunkelheit nicht sichtbares Absperrgitter quer über den Weg (oder spannt Drahtseile), oder eine wilde, komplett absurde Abfolge von Schildern an den Kreuzungen an der neuen Fahrradstraße (Möhringer Str.). Dazu passt auch, dass die Fahrradabstellplätze für das Kesselfestival auf dem Birkenkopfparkplatz errichtet werden. Mannheim muss sich da nicht verstecken (die Stadt von Berta Benz:) . Auf dem Radweg direkt vor der Notfaufnahme der Uniklinik werden viele Klapp-Poller aufgedübelt - wenn die abgeklappt sind, ist der Sturz des Radelnden ja garantiert. Als Radler kann ich das monieren, aber die Leutchen brauchen dannn 4 Jahre um das "mit den Beteiligten abzusprechen" und während der Zeit dotzen die Radelnden halt dagegen. Eigentlich ein cooles Prinzip: vordergründig wird der Radverkehr gefördert, tatsächlich werden die Radelnden aber erfolgreich vergrämt.

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    1. Ich fahre nicht *wegen* der Bemühungen der Verwaltung Fahrrad, sondern *trotzdem*. Ich bin aber leider der einzige, der schallend lacht, wenn mal wieder das Ziel, den "Radverkehrsanteil zu erhöhen", zur Sprache kommt. Alle anderen - Stadträte, Verwaltler, Polizisten schaffen es irgendwie, dabei todernst auszusehen - und ich krieg einen Ordnungsruf. Das Ganze ist eine Show.

      Stefan, Fürstenfeldbruck, Bayern

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  3. Wegen den 1,90m gibt es die Variante darunter noch ein Warnbake zu stellen. Dann schlägt man halt nur mit dem Lenker dagegen. Der Fuß der Warnbake steht natürlich auch noch weiter raus wie das Schild.

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  4. Torsten K. aus DA29. Juni 2023 um 11:26

    Mit der Aufstellung der Schilder wird an so vielen Stellen gegen die Norm verstoßen:
    https://www.bgbau-medien.de/handlungshilfen_gb/daten/gv/rsa/rsa95.pdf
    - Unterkante 1,90 -> Nicht zulässig
    - Aufstellung auf dem Hochbord, wenn dort wenig Platz ist -> nicht zulässig. Parkstreifen immer möglich, dürfte sogar - mit Baken abgesichert - auf die Fahrbahn
    Da sollte sich wegen Gefährdung sofort das Ordnungsamt kümmern.

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  5. In Berlin werden die Radfahrer meistens vorbildlich durch Baken gesichert und abgesperrt auf die Fahrbahn geleitet, wodurch eine Spur für die Autos entfällt. Habe ich zumindest vor wenigen Wochen zahlreich selbst genossen.

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  6. Sorry Namen vergessen: Hansjörg

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    1. Das wird in Berlin jetzt vermutlich auch aufhören, jetzt wo dem Auto nichts mehr weggenommen werden darf, schätze ich.

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  7. also mir ist das letztlich egal.
    ich bin mit rad un bc100 trotzdem viel schneller, als alle anderen verkehrsteilnehmer, spare mir das fitnessstudio, kann das viele geld, dass ich in der green economy verdiene entspannt ausgeben und dabei mein erfülltes familienleben genießen.
    was war nochmal das problem?

    karl g. fahr

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  8. Wow. "Aktive Behinderung des Radverkehrs". Für diese ketzerische Aneinanderreihung von Wörtern würdest du in Fürstenfeldbruck ein Parteiausschlussverfahren riskieren. Wer weiß, evtl. kommt demnächst jemand auf die Idee zu behaupten, anstatt den Klimawandel zu "bekämpfen" könnte man erst mal aufhören, ihn zu machen?

    Stefan, Fürstenfeldbruck, Bayern

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