1. Juli 2023

Das Fahrrad ohne Kette

Scheffler und Heinzmann haben einen Pedalgenerator für Elektroräder entwickelt, der jetzt produziert wird. Er treibt einen Motor am Hinterrad an. 

Besonders gut geeignet scheint dieses System ohne Kette, Riemen oder Kardanwelle für E-Lastenräder zu sein. Weil es keine direkte Verbindung zwischen Pedalantrieb und Hinterrad mehr braucht (man braucht nur ein Kabel), kann man sie anders bauen, zum Beispiel die Lastenfläche tiefer legen als die Achsen. Das ermöglicht neue Ansätze für die Konstruktion von Fahrrädern, egal ob Zweirad, Dreirad oder Vierrad. Ein erster Kunde hat schon geordert. 

Der Pedalgenerator des Systems Free Drive erzeugt beim Treten einen gleichmäßigen Widerstand (der sich auf die Tretleistung des Radelnden einstellt oder vom Radler eingestellt wird) und liefert per Elektrokabel die Energie für den Elektromotor am Hinterrad. Das System liefert 250 Watt bis 25 km/h. 

Ich vermute, schneller kann man mit diesem Pedalantrieb nicht radeln - es fehlt ja die mechanische Verbindung zum Hinterrad -, aber wenn man darüber hinaus noch treppelt (oder beim Bergabrollen), wird die überschüssige Energie im Akku gespeichert. Aus meinen Zeiten, als ich ein Rad mit Rekuperation fuhr, weiß ich, dass das nicht viel ausmacht, wenn es hochkommt ein knappes Fünftel der Akkuleistung. Der kettenlose Antrieb soll weniger Muskelkraft benötigen als klassische Kettenantriebe. Und da es keine mechanische Verbindung gibt, fehlt auch der Verschleiß an Kette, Kitzeln oder Riemen. Ich kann mir jetzt allerdings nicht vorstellen, wie sich das Radeln auf diesem Fahrrad anfühlt. Auf der Seite Pedelecs & E-Bikes lese ich, "dass bei der Entwicklung noch kein „natürliches“ Tretgefühl erreicht wird. Der simulierte mechanische Zusammenhang zwischen Pedal-Leistung und der Bewegung des Rads ist die große technische Herausforderung dieser Konzepte – und wird ständig optimiert."

Ganz neu ist das nicht. Es gibt seit Mitte der 90er Jahre Ideen dazu. 

Ein Nachteil allerdings sehe ich deutlich: Während man ein Pedelec dank seiner mechanischen Teile noch radeln kann, wenn der Akku leer ist oder der Motor nicht funktioniert, ist bei diesem Fahrrad alles aus, wenn der Strom weg ist, so wie beim Elektroauto auch. Die EU sieht das übrigens entspannt, auch Fahrräder ohne Kette sind Fahrräder

Und wie immer erkläre ich hier, dass ich (anders als Influencer:innen) von keiner Firma irgendwelche Aufträge, geldwerte Gaben oder gar Geld  für Artikel entgegennehme. 



7 Kommentare:

  1. Wie gut kennst du dich mit E-Motorrädern aus?
    Mir fehlt hier der Vergleich mit den E-Motorrädern. Fahren die auch schon ohne Kette/Riemen etc.? Kann dieses Pedelec auch ein Vorbild für die E-Motorrädern sein? Oder ist es umgekehrt: Ist dieses Pedelec von E-Motorrädern inspiriert?

    Sorry, falls das dumme Fragen sind. Ich habe von E-Antrieben, Pedelecs und Motorrädern keine Ahnung. Anderseits geht es den ein oder anderen Leser hier vielleicht ähnlich.
    MfG Philipp

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  2. Leider kenne ich mich da nicht aus. Also mit Motorrädern. Aber vielleicht kann hier noch jemand helfen.

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  3. Bei der Kette wird die Kraft direkt ohne große Verluste auf die Räder übertragen, hier wird, soweit ich das verstanden habe, erst Strom erzeugt, der dann den Motor antreibt. Das ist bestimmt mit Verlusten verbunden. Das überzeugt mich nicht.

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  4. Es gibt keinen Antrieb, der nicht mir Verlusten behaftet ist. Bei der Kette gibt es auch Verluste und je schlechter geschmiert, umso höher. Das habt Ihr sicherlich selbst schon gemerkt, wenn Ihr mal mit einer ungeschmierten, quitschenden Kette unterwegs wart und anschließend das Teil geölt habt. Der Generator erzeugt auch einen Widerstand, aber sicherlich einen geringeren als die Kette. Heutige Motoren/Generatoren haben höhere Wirkungsgrad als frühere. Aber das System hört sich doch gut an. Solange das Teil keinen elektrischen Schaden hat, fährt es auch. Wenn der Akku leer ist, gehts halt ähnlich schwer wie bei heutigen Pedelecs.
    Kurze Recherche im Internet zu E-Motorrädern. Ja es gibt welche ohne Kette. Der Antrieb nennt sich Nabenantrieb. Das gibt/gab es auch bei Pedelecs. Der Antriebsmotor sitzt auf der Nabe des Rads und treibt direkt das Rad an. Beim Pedelec haben sich die Tretlagerantriebe aufgrund des besseren Schwerpunktes eher durchgesetzt. Die Radnabenmotoren sitzen halt auf der Radnabe, also hat man ein ziemliches Gewicht, meist unterhalb des Gepäckträgers. Nabenmotoren am Vorderrad sind wegen des Lenkens problematisch. Die Pedelecs haben dann noch Kette/Riemen.
    Ohne Kette hat man jetzt wieder den Motor auf die Radnabe verlagert und ohne Kette das Ganze elektrisch/elektronisch gekoppelt.
    Wenn man mit überschüssiger Energie den Akku wieder laden kann ist auch ein gutes Konzept. Jetzt fehlt nur noch die Energierückgewinnung beim Bremsen.
    Jedenfalls ein äußerst interessantes Konzept (zudem nie wieder ölige Hände)
    Karin

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    1. Stellt sich auch die Frage, wie gut das Tretverhalten ist, im Vergleich zum Normalfahrradfahren. Wenn man durch das Treten nur einen Generator "anwirft" u. man somit nach vorne geschoben wird, hat das mit Fahrradfahren eigentlich nichts mehr zu tun.

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  5. Jörg
    Ich zweifle an dem Moment (Kraft) beim losfahren. Wenn ein E-Motor langsam dreht verbraucht er viel Strom. In der Folge wieder er warm, zum Eigenschutz wird der Strom und somit die Kraft begrenzt.
    Da bin ich auf die ersten Tests mit Beladung am Berg gespannt.

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  6. Interessanter Artikel zum Effizienzverlust von Ketten: https://www.hilite-bikes.com/de/blog/post/wieviel-watt-ersparnis-bringt-eine-saubere-kette/. Der scheint doch relativ gering zu sein (im einstelligen Bereich) wenn auch nicht null.
    Ein Elektromotor hat einen Wirkungsgrad von 80%. Von daher dürfte der direkte Antrieb effektiver sein.
    Aber wenn überschüssige Energie (bergab, bei Bremsen) gespeichert wird, dann könnte sich das Konzept schon lohnen.
    Helmut

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