7. Juni 2023

Strukturell lebensgefährlich - Abbiegen über Radstreifen

Foto: Blogleser Florian
Am Montagabend berichtete mir Blogleser Friedemann von einem schweren sogenannten Abbiegeunfall in Cannstatt an der Ecke Waiblinger/Daimlerstraße. 

Demnach überfuhr der Fahrer eines Betonmischers, der auf der Waiblinger Straße vom Wilhelmsplatz her kam, beim Einbiegen in die Daimlerstraße einen Radfahrer. Weiter heißt es: "Den genauen Unfallhergang kann ich nicht beschreiben. Das Fahrrad lag komplett unter der vorderen Doppelachse des Lkws, der Radfahrer lag vor dem Lkw, die Einsatzkräfte eines Polizeiwagens waren bereits vor Ort und kümmerten sich um den Verletzten, der wohl ansprechbar und bei Bewusstsein war. Mehr kann ich dazu nicht sagen, ausser dass im Laufe der nächsten fünf Minuten mehrere Rettungswagen eintrafen. Als ich ca. eine Stunde später zurückkam, stand der Lkw immer noch an derselben Stelle, das Fahrrad immer noch darunter."

Etwas später meldete auch die Stuttgarter Zeitung den Zusammenstoß. Demnach bog der Fahrer eines Betonmischers gegen 17:30 Uhr  aus der Waiblinger Straße nach rechts in die Daimlerstraße ein. Er erfasste einen 36-jährigen Radfahrer, der auf dem markierten Radstreifen geradeaus Richtung Fellbach fuhr, und verletzte ihn schwer. Er musste ins Krankenhaus. Der Zeitung ist es auch der Erwähnung wert, dass ein Kriseninterventionsteam den Lastwagenfahrer betreute, der einen Schock erlitt. Und welches Kriseninterventionsteam betreute die Angehörigen des verletzten Radfahrers, frage ich mich, die sicher auch unter Schock stehen? Es ist durchaus möglich, dass beim Überbringen der Nachricht durch die Polizei auch ein Kriseninterventionsteam dabei war, aber es wird nicht erwähnt. 

Die Kreuzung ist strukturell gefährlich organisiert: Autos fahren auf einer Fahrspur, die für Geradeaus und Rechtsabbiegen markiert ist, auf die Kreuzung mit der Daimlerstraße zu. Rechts verläuft der Radfahrstreifen, daneben ist der Gehweg. Der Radfahrstreifen wird mit gestrichelten Linien zur anderen Seite der Daimlerstraße geführt, und zwar leicht diagonal, so dass Autofahrende ihn sehr gut vor sich sehen können. Fußgänger:innen und Radfahrende haben zusammen mit dem Autoverkehr, der dann auch nach rechts abbiegen darf, Grün. Normalerweise sind auf dem parallelen Fußgängerüberweg auch Menschen zu Fuß unterwegs.  

Grüne Ampeln bedeuten für Radfahrende Lebensgefahr. Wie die vielen sogenannten Abbiegeunfälle und auch dieser Zusammenstoß zeigen, ist eine solche Verkehrsführung lebensgefährlich für Radfahrende. Ungefähr 10.000 Menschen werden jedes Jahr verletzt, weil Autofahrende ohne auf Radfahrende zu achten abbiegen, ungefähr 140 Radfahrende oder Fußgänger:innen werden dabei getötet, wobei zu 90 Prozent Radfahrende die Opfer sind. 20 Prozent aller Auto/Fahrrad-Zusammenstöße passieren, weil Autofahrer:innen abbiegen. Offensichtlich überfordert das Abbiegen Autofahrende, viele schaffen es nicht, auf all das zu achten, worauf sie achten müssten, einige wenige wollen es nicht. Quert ein Radsteifen (oder Radweg) die Abbiegestelle, dann sind Radfahrende stets in Gefahr. 

So werden strukturell Radfahrende zu Opfern gemacht. Und jedes Mal, wenn sie wieder passiert sind, fragen wir uns verzweifelt: Wieso hat der Lkw-Fahrer nicht sorgfältig geschaut? Und noch verzweifelter fragen wir uns: Hätte der Radfahrer eine Chance gehabt? Hätte er vorhersehen können, dass er gleich überfahren wird? Wir wünschen uns sogar, dass es vorhersehbar und damit vermeidbar wäre. Denn wir wollen glauben, dass wir uns selbst dann auch davor bewahren könnten. Weil wir ungern akzeptieren, dass etwas unvermeidlich, gewissermaßen schicksalhaft war. Wenn aber Verkehrsinfrastruktur schicksalhaft wirkt und es in bestimmten Konstellationen unvermeidlich ist, dass man überfahren wird, dann ist sie falsch konstruiert. 

Polizei und Besserwisser:innen empfehlen dann gern uns Radfahrenden, nicht im Toten Winkel von Lkws zu fahren. Das hieße, auf dem Radfahrsteifen vor der Kreuzung hinter dem Lkw zu bleiben, egal wie langsam der fährt und egal wie frei der Radfahrstreifen vor uns liegt. Und befindet sich der Lkw links bereits neben uns, dann heißt es ordentlich abbremsen, obgleich vorn die Ampel auch für uns Grün zeigt, nur auf den Verdacht hin, der Lkw-Fahrer könnte abbiegen, der sich meistens nicht bestätigt. Und sowas entscheidet man ja nicht bewusst, sondern unterschwellig. Und irgendwie müssen wir uns ja schon darauf verlassen, dass andere Verkehrsteilnehmer:innen sich an die Regeln halten und aufpassen. Darauf basiert unser Verkehrssystem, sonst würden alle zu jeder Zeit vorsorglich bremsen und schauen, ob die anderen auch so fahren, wie sie sollen, und nichts würde funktionieren. Es scheint auch nicht menschenmöglich, immer mit allerhöchstem Misstrauen in die anderen Verkehrsteilnehmer:innen zu radeln. Die selbstsichere  Empfehlung, lieber auf die Vorfahrt zu verzichten um der eigenen Gesundheit willen, können nur Menschen aussprechen, die selten Rad fahren oder bisher schlichtweg Glück hatten (und meistens hat man ja Glück).

Der Fahrer des Betonmischers hätte nur mit Schrittgeschwindigkeit abbiegen dürfen. Ob das so war oder nicht, kann ich nicht beurteilen. Das wird die Polizei feststellen. Einen Abbiegeassistenten müssen neuzugelassene Lkw (und Busse etc.) ab 3,5 Tonnen erst ab 2024 haben. Die alten fahren dann noch weiter ohne herum. Allerdings dürfte er Rückspiegel gehabt haben, die den sogenannten Toten Winkel aufheben. "Bei richtig eingestellten Spiegeln gibt es keinen toten Winkel, stellt die Polizei Hamburg klar. Den nehmen wir nur immer zugunsten von Lkw-Fahrern an. Der tote Winkel befindet sich im Kopf des Lkw-Lenkers. Sehen könnte er, wenn er wollte und wenn er langsam genug führe, um erst in die Rückspiegel zu schauen, bevor er abbiegt. (Die meisten tun das aber, während sie den Abbiegvorgang schon eingeleitet haben.) Ich fahre ja auch Auto, und ich weiß, wie schnell man im Windschutzscheibenmodus und der allgemeinen Fahrhast vergisst, dass rechts neben einem auf dem Radstreifen Radler von hinten kommen könnten. Man muss sich gezielt umsehen und bewusst in den rechten Seitenspiegel schauen, bevor man den Lenker nach rechts zieht. Immer! Und man muss dann halt bremsen, auch wenn andere Autos hinter einem sind. Die Tatsache, dass viele Autofahrende genau das nicht machen, hat die Stadt Stuttgart bereits zu der absurden Konstruktion bewogen, auf der Böblinger Straße bergab, Radfahrende zum Langsam Fahren aufzufordern und ihnen die Verantwortung dafür offiziell zu übertragen, dass sie nicht von nicht bremsbereiten Abbiegern überfahren werden. 

Schrittgeschwindigkeit ist ein Zynismus des Verkehrsrechts. Für abbiegende Lkw wird sie mit unter 11 km/h angegeben (ein ordentliches Jogger-Tempo). Für Autos in Spielstraßen hat sie ein Gericht einmal auf 17 km/h limitiert. Für Radfahrende auf freigegebenen Gehwegen beträgt sie je nach Gerichtsurteil 4 bis 7 km/h. Aber niemand fährt Schrittgeschwindigkeit, Lkw-Fahrer weder beim Abbiegen, noch Autofahrende durch Spielstraßen, noch Radfahrende auf freigegebenen Gehwegen oder in Spielstraßen. Und das ist auch allen, die unseren Verkehr organisieren, völlig klar. Niemand scheint das ernsthaft zu erwarten. Das Abbiegen in Schrittgeschwindigkeit von Lkw-Fahrenden ist meines Wissens noch nie kontrolliert worden. Die Anordnungen von Schrittgeschwindigkeit (für Autos und Radfahrende) dient nicht dazu, Zusammenstöße der Schnelleren mit den Langsameren zu verhindern, sondern nur dazu, im Versicherungsfall die Schuld zu verteilen. Nicht nur ist die Schrittgeschwindigkeit für Menschen in schweren und potenziell tödlichen Autos höher, Autofahrer:innen haben auch noch einen Blechpanzer um sich herum, der sie vor Verletzungen schützt, wenn sie selber Fehler machen oder andere sich nicht an die Regeln halten. Radfahrende (und Fußgänger:innen) bezahlen dagegen für Geschwindigkeitsübertretungen und Abbiegefehler von Autofahrenden mit ihrem Fleisch und Blut und häufig auch Leben. 

Kein Lkw-Fahrer will einen Radfahrer überfahren, das sei gesetzt. Und kein Radfahrender will in eine Situation kommen, wo er überfahren wird. Dennoch passiert es. Wenn das aber so ist, dann liegt es am System, es ist ein struktureller Fehler. Offensichtlich sind an Kreuzungen etliche Autofahrende überfordert auf all das zu achten, worauf sie achten müssten. Gerade an solchen Kreuzungen wie dieser, sind die Handlungsoptionen für Autofahrende und Radfahrende zu gering und sie müssen in zu kurzer Zeit während des Fahrens abgewogen werden. Deshalb darf es die Infrastruktur eben nicht den Fahrer:innen (von Autos und Rädern) überlassen, kleine Fehler mit großen Folgen zu vermeiden. Denn es gibt zu viele Opfer. Die Infrastruktur muss vielmehr dafür sorgen, dass diese kleinen Fehler, die Menschen immer machen, keine schlimmen Folgen haben.  

Es braucht eine strukturelle Änderung: Kreuzungen müssen so organisiert werden, dass Autofahrende gar nicht schnell abbiegen können und den querenden Radfahrer vor sich sehen. Da das aber nicht schnell geht (zumal der politische Wille dafür gar nicht vorhanden ist), müssen Autofahrende Rot haben, wenn Radfahrende (und Fußgänger:innen) Grün bekommen, die geradeaus fahren wollen. Das Standard-Argument, der Autoverkehr müsse zügig abgewickelt werden und längere Rotphasen würden zu Staus führen, die man vermeiden müsse, kommt mir langsam zynisch vor. 

Die Radfahr-Community und ich wünschen dem Radfahrer gute Besserung und eine vollständige Genesung. 


17 Kommentare:

  1. Das letzte Mal als ich auf dem oben genannten Radstreifen einen Rechtsabbieger begegnet bin, hat dieser die Situation entschärft in dem er vor dem Abbiegen auf die rechte Spur (also auf den Radstreifen) gewechselt ist. Schade das solche Manöver nur auf Straßen ohne Radstreifen erlaubt sind.

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  2. Es braucht strukturelle Änderungen ganz grundsätzlicher Natur. So lange das Stadtplanungsamt in der Führungsetage ab Abteilungsleitung aufwärts Fortbildungen und sogar Forschungsprojekte zur Kreuzungsgestaltung in Kooperationen mit renommierten Hochschulen kategorisch ablehnt, weil Stolz über Verstand regiert, während sie ihre veralteten und lebensgefährlichen Kreuzungskonzepte als den Horizont des Menschenmöglichen darstellen, so lange werden Menschen in Stuttgart gefährdet und letztendlich auch getötet. Peter Pätzold hat diese Planungskultur in seinem Referat nicht nur nicht aufgelöst und nicht verbessert, er hat sie verhärtet und verschlimmert.

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  3. Jörg
    Bei dieser Kreuzung zieht der LKW / das Auto für das Radfahry ansatzlos nach rechts. Es gibt keine Chance zu erkennen: Jetzt wird mir die Vorfahrt genommen. Es ist daher wichtig die Fahrzeuge die Abbiegen vor der Begegnung zu einer deutlichen Richtungsänderung in langsamen Tempo zu zwingen. Das gibt die Chance defensiv zu radeln und zu Bremsen, wenn einem die Vorfahrt genommen wird.
    Das heutige Verkehrssystem verzeiht die Abbiegefehler nicht. Ein PKW stößt einen Radfahry um. LKW sind so lang, dass Radfahrys die im Angesicht der Gefahr stehen bleiben, zerdrückt werden können.
    Die Forderung an den Wagenlenker 360° seines Fahrzeugs in jede Sekunde zu überblicken ist absurd. Von vorne laufen Menschen in den uneinsehbaren Bereich vor dem Wagen, von hinten kommen Menschen in den Gefahrenbereich.

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    1. Ich denke auch, dass genau diese Situationen alle überfordern, sowohl den Lkw-Fahrer, vor allem, wenn er sich nicht auskennt, und den Radfahrer, der überhaupt keine Chance hat, diesen Lkw-Reifen zu entgehen, wie du das so plastisch schilderst, lieber Jörg.

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    2. Das ist nur eingeschränkt richtig. Ein Fahrzeug, dessen Weg für den Fahrzeugführenden nicht 100% einsehbar ist, würde in Deutschland nicht zugelassen.
      Dabei ist es natürlich deutlich komplexer einen Lkw zu führen als eine pkwz, aber darum sind die Fahrer*innen auch deutlich besser ausgebildet.

      Ergänzend dazu gibt es technische Möglichkeiten, die den Führenden helfen Radfahrende zu erkennen. Normale Technik, solche Bremsassistentenkann man bei Daimler Trucks und anderen Herstellern kaufen. Oder man arbeitet mit Beifahrer*innen.

      Aber: ein Ding ist halt trotzdem, das abbiegesituationen mit verhältnismäßig hoher Wahrscheinlich zu menschlichem Versagen führen. Dagegen kann eine Kommunalverwaltung eigentlich nur zwei Maßnahmen treffen: Anpassungen am Kreuzungsdesign und Kontrollen und Präventionsarbeit am Lkw-Steuer.

      Ding ist: nichts davon macht die Stuttgarter Stadtverwaltung. Und ich muss das noch mal so hart sagen: das Stadtplanungsamt lehnt eine Entwicklung von sicheren Kreuzungskonzepten kategorisch ab. Sie wollen ihr Konzept durchziehen, egal wie viele leben diese Politik kostet

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  4. Torsten K. aus DA7. Juni 2023 um 22:02

    Du bist ein Velomobilist, wenn...

    ... man ständig gefragt wird, ob man keine Angst hat, "übersehen" zu werden. Dann antworte ich: "Man kann mich übersehen, aber meine laute Hupe sieht jeder."

    Das Velomobil hat ein laute Hupe. Jede Abbiegesituation konnte ich dadurch entschärfen. LKW habe gute Bremsen und stehen sofort.

    Bis wir alle Kreuzungen umgebaut haben, sollten wir kurzfristig alle Fahrräder mit lauten Hupen ausstatten. Low hanging fruits.

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  5. Im 2. Bild sieht man schön die Straßenbemalung -- es sieht aus wie ein Schnittmusterbogen und geht komplett am Ziel vorbei: eine Verkehrsregelung, die einfach nur unverständlich ist und offensichtlich nicht geeignet ist, den Schutz der Bedürftigen zu erreichen, ist einfach Käse. Warum kann der Radstreifen nicht durchgehend markiert werden? Warum wird er nicht rot eingefärbt? Warum steht an der unübersichtlichen Ecken noch ein Mülleimer? Was sollen die Radlerpiktogramme auf der Straße? Es ist eine unsägliche Puppenstuben / Laubsägegestaltung und der unsägliche "Unfall" ist ja eigentlich mit Ansage passiert. Es gibt logische Vorgaben zur Kreuzungsgestaltung, aber man muss ja das Rad immer wieder neu erfinden. Wie man auf die Idee kommt, dass die geradeaus fahrenden Radler rechts von den Rechtsabbiegern fahren müssen, kann ich mit meinem kleinen Gehirn nicht nachvollziehen. Stuttgart hat eine technische Uni, da müsste man ja nicht nur Raumfahrt planen können sondern auch ganz profane Radinfrastruktur.

    Wir sind in Stuttgart, da ist Rechtsblinken maximal optional, sprich als Radler muss ich eigentlich erwarten, vom Rechtsabbieger umgenietet zu werden.

    Man kann das als Gelbe Karte monieren, und nach 4 Jahren (!!) und unzähligen Male Nachhaken wird 1. immer noch nachgedacht und 2. mit den anderen Ämtern abgestimmt und 3. bedauert, dass manche Verkehrsteilnehmer (gerade die motorisierten) die Regeln missachtet. Und ich werde ungefähr jedes 2. Mal auf der Kreuzung (fast) von den Rechtsabbiegern umgefahren (inkl. von, zugegebenermaßen erschrockenen, blau-silber folierten Daimlerfahrern in Uniform).

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    1. Ganz offensichtlich ist diese Art von Radführung eine, die Autofahrende massiv überfordert, zum Nachteil von Radfahrenden, die dann im Krankenhaus landen (die Autofahrenden nie). Bedenkend, dass auch Autofahrende mit den Folgen ihres für einen anderen schwerwiegenden Fehlverhaltens zu kämpfen haben, sollte man das ändern. Wobei es keinen Sinn hat, Radstreifen rot zu markieren, das ändert im Prinzip nicht viel, habe ich den Eindruck. Und Rechtsabbiegen hier verbieten, würde auch nichts ändern, weil man sich in Stuttgart nicht gern an Verkehrsregeln hält (siehe die beinahe wöchentlichen Zusammenstöße von Autos mit Stadtbahnen).

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    2. Leider hat die Stuttgarter Stadtverwaltung mit den Folgen solcher Unfälle so gut wie gar nicht zu kämpfen. Alle paar Jahre wird mal Copy und Paste vom letzten Unfallbericht gemacht, behauptet, dass die Stadtverwaltung nicht mehr machen könne und auch sonst alle Mindestanforderungen an die Sicherheit erfüllt und damit scheinen alle Verantwortlichen sehr gut schlafen zu können. Oder wie manch führender Stadtplaner sagen würde: "da kann man mit gutem Gewissen radfahren"

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  6. Die Wurzel des Problems ist aber das geradeausfahrender Verkehr rechts von Rechtsabbiegern geführt wird.

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  7. "So werden strukturell Radfahrende zu Opfern gemacht."
    Ja vollkommen richtig.
    Mit der 'angesagten' Übernahme von NL-Konzeptionen wird das Problem sogar vermutlich noch zunehmen.
    Hierzulande macht sich ja kaum jemand Gedanken darüber warum eigentlich in den hochgelobten NL das Todesriskio seit vielen Jahren um ca. Faktor 1,5 höher ist als in D, wobei die Daten von 2022 die Kluft sogar noch vergrößern und es fast in Richtung Faktor 2 geht.
    Auch wenn das niemand wahrhaben will: es bräuchte endlich VIEL weniger Autoverkehr und auch deutlich weniger Straßengüterverkehr.
    Warum werden gleich viel Kartoffeln von D nach E gefahren wie von E nach D.
    Diesem Irrsinn muss doch endlich mal Einhalt geboten werden, und zwar möglichst bevor der Planet irreversibel in Richtung +3°C oder gar irgendwann +6°C abdriftet.
    Alfons Krückmann

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    1. Hallo,
      Kônnten Sie bitte die Quelle nennen, aus der Sie ein 1,5 oder gar 2-faches Todesrisiko in den Niederlanden ablesen?
      Quellen die ich kenne bestätigen das nicht, z.B. hier: https://www.itf-oecd.org/sites/default/files/docs/exposure-adjusted-road-fatality-rates-cycling-walking-europe.pdf
      Da erscheinen die Niederlande mit Anbstand als wesentlich sicherer für Radfahrer als alle anderen europäischen Länder.

      Damit wir uns recht verstehen, ich gehe mit Ihrer hier gelegentlich geäußerten Kritik dagegen konform, die Niederlande in Allem als verkehrspolitisches Vorbild zu sehen. In Bezug auf den Radverkehr sind sie es aber, z.B. wird das Problem der Gefährdung des geradeausführendnen Radverkehrs durch automobile (Rechts)abbieger dort wesentlich besser begegnet, indem Kurvebradien verengt werden, der Vorrang des Radverkehrs materialisiert wird, ein Abbremsen des motorisierten Fahrzeugs erzwungen wird und gute Sichtbeziehungen aufgebaut werden.

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    2. Ja, die (falschen) OECD Daten wurden ja vielfach in diversen Publikationen herangezogen und sind insofern wichtige Basis für die ÖPP organisierte Stärkung des NL-Exportmodells 'Radinfra'.
      Basis war da wohl ausschliesslich die Meldung der Daten seitens der Niederlande selbst, und nicht eine eigenständige unabhängige vergleichende Datenerhebung.
      Kurzum: fake-facts

      Die UDV hat sich dem Thema seriös gewidmet, und ein 'Radaktivist' hat sich seit einigen Jahren die Mühe gemacht akribisch die Datenbestände zusammenzutragen und einer vergleichenden Betrachtung zu unterziehen.
      Allen seriösen Studien gemein ist das Anerkennen, dass präzise Vergleiche in Bezug auf Leicht- und Schwerverletzte derzeit aufgrund fehlender Daten und fehlender Vergleichbarkeit nicht seriös möglich sind.
      Es ist also für einen Vergleich sinnvollerweise bis auf Weiteres das recht zuverlässig vergleichbare Rad-Todesrisiko pro gefahrenem Kilometer heranzuziehen.
      UDV:
      https://www.udv.de/udv/themen/radverkehrssicherheit-in-deutschland-niederlande-und-daenemark-81676
      Rad-Blogger:
      https://radunfaelle.wordpress.com/vergleich-de-nl/
      (Darin weitere Verlinkung auf diesbezügliche Inhalte des Blogs, auch zu Schätzungen von Schwerverletzten)
      Alfons Krückmann

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    3. Das sieht nach einiger Lektüre nicht direkt nach den verlässlichsten Quellen aus.

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    4. Begründung?
      Soweit ich das beurteilen kann liegen als Zahlenbasis jeweils die offiziellen Datenbestände zugrunde. Höhere 'Verlässlichkeit' in Bezug auf die Datenbasis ist wohl kaum machbar.
      Auch Rechenfehler sind mE weder im verlinkten Blog, noch in der UDV-Studie zu erkennen, methodische Fehler ebenfalls nicht.
      Was genau also erscheint denn da 'nach einiger Lektüre' nicht verlässlich?
      Alfons Krückmann

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  8. Warum sollen Radfahrende nicht vor der tödlichen Gefahr von rechtsabbiegenden LKWs gewarnt werden? UND davor, dass abbiegende LKWs geradeaus fahren und erst später "ansatzlos" einschlagen (Stichwort Schleppkurve). Ist diese Probelmatik bekannt? Scheinbar nicht. Die Empfehlung auch an Kreuzungen einfach neben einem LKW zur radeln halte ich für höchst probelmatisch.

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    1. Ich habe nicht empfohlen, dass Radfahrende rechts neben Lkw fahren, sondern vielmehr die Gefahren geschildert. Es ist aber so, dass es im Alltag zu einer Situation kommen kann, wo eine Lkw an einem vorbeifährt und dann nach rechts zieht, ohne dass der Fahrer noch an den Radfahrer denkt. Das ist das Problem. Radfahrende sind ja schon sehr wachsam, aber auch sie machen in manchen Augenblicken Fehler, und einer kann sein, dass sie keine Vollbremsung hinlegen, sobald ein Lkw vor einer Kreuzung links an ihnen vorbeifährt, während sie selbst auf dem Radstreifen radeln. Als Autofahrender bremst man ja auch nicht in so einer Situation (weil man Blech um sich herum hat), und eigentlich sind Verkehrsregeln ja dazu da, dass alle andern Verkehrsteilnehmenden wissen, wo die anderen fahren. Radfahren ist sehr komplex. Eine Infrastruktur muss grundsätzlich Fehler verziehen.

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