3. Juli 2023

Das Kreuz mit den Umleitungen

Guten Morgen, heute auch in die Sperrung der HRR1 am Tagblattturm reingerasselt? 

So wie ich gestern, weil: Die Umleitungsschilder nicht gesehen und wenn doch, dann nicht ernst genommen. Kein Wunder, schon seit Tagen stehen auf der Tübinger Straße beim Gerber Umlektungsschilder herum, die aber nichts bedeutet haben. Es gab nichts, um das man uns hätte drum herum leiten müssen. Und nun plötzlich galten sie. 
Und heute war der Spuk schon wieder vorbei. Zumindest am Mittag waren keine Spuren mehr zu sehen. 

Die Weiterführungszeichen für den Fuß- und Radverkehr führten zusätzlich in die Irre. Zwar geht es an der Ausfahrt Rotebühlplatz/Eberhardstraße noch irgendwo hin, nämlich nach links, aber eben nicht mehr zur autofreien Eberhardstraße. Dorthin muss man über die Gehwege schieben. Oder man ist vorher den Umleitungsschildern gefolgt. 
Weil die Verkehrszeichen für Radfahrende mal was bedeuten, mal nicht, und Umleitungsschilder meistens wie vergessen oder verdreht wirken, fuhren am gestrigen Sonntagmittag alle Radfahrenden jedenfalls munter an allen Schildern vorbei. Und ich vermute, sie staunten dann und schlingerten über die Gehwege. 

Im Baustellenkalender ist diese Baustelle (Stichtag 2. Juli 23) übrigens nicht verzeichnet. Dass es eine Baustelle sein soll, darauf deutet zumindest das Baustellenwarnschild (Bild ganz oben) hin. Aber wer weiß ... Vielleicht ist es ja auch was ganz anderes. 

Es ist für Radfahrende echt ein Kreuz mit den Baustellen und Umleitunge. Oft stoßen wir ohne Vorwarnung auf gesperrte Fahrbahnen, die auch beliebte Radrouten sind. Umleitungsschilder sind nicht aufgestellt worden, weil für Autofahrende die Straße sowieso immer Sackgasse war. 

Neben den unfreundlichen Baustellen gibt es immer mal wieder auch eine aufwändige Umleitungsbeschilderung für uns. So für den Samstag, den 24. Juni, weil im Schlossgarten vor der Oper der Klimaaktionstag stattfand, mitten auf der Hauptradroute 1, die deshalb gesperrt war. (Sehr sinnig, ausgerechnet die klimafreundliche Mobilität zu behindern.) Auch entlang der B14 auf der anderen Seite der Staatstheater konnte man nicht radeln, weil dort die Architekten die Illusion eines Stadtstrands aufgebaut hatten. 

Wer durch den Schlossgarten von Cannstatt her kam, fand schon auf dem Radweg zum Neckartor einen Hinweis auf eine großräumige Umleitung. Am Neckartor stand ein Wegweiser Richtung Neckarstraße. Wer sich in Stuttgart mit dem Fahrrad auskennt, wusste allerdings, dass es jenseits der vielen Ampeln und des Neckartors zwischen Häusern sehr steil zum Kerner Platz hoch geht (nachdem man lange an der dreizügigen Ampel am Neckartor gewartet hat). Bei der Hitze, die herrschte, keine gute Idee. Also radelten alle weiter im kühlen Schatten hinter dem Innenministerium entlang zur S21 Baustelle. Vor dem Ferdinand-Leitner-Steg machte die Stadt einen letzten Versuch, Radfahrende von ihrem üblichen Weg abzubringen und wies Richtung Hauptbahnhof (eine eher eklige Strecke durchs Gewusel von Reisenden). Also radelte man weiter. 

Am Ende des Stegs stand eine Sperre und das Fußgänerzonenschild. Das Radfrei-Schild darunter war überklebt. Da die Fläche, die man vor sich sah, aber weit und breit erst einmal keine Hindernisse zeigte, rollten alle Radfahrende runter. Zwischen den Buden und Kiosken stiegen manche ab und schoben, aber oft war auch genug Platz, um langsam durchzurollen. Die E-Scooterfahrer:innen kennen da ja auch nix, die fuhren auf jeden Fall, obgleich sie durch eine Fußgängerzone mit nur Rad frei auch nicht fahren dürfen. Dahinter ging es auf gewohnten Wegen weiter zum Charlottenplatz. Und wer durch war, fragte sich: Und wegen der paar Buden auf 40 Metern an einem Samstag (da radeln keine Berufspendler:innen) machen die so viele Umleitungsaufwand und soll ich den steilen Berg zum Kerner Platz hoch und die Urbanstraße lang radeln? (Nicht alle fahren E-Räder.)  

Ganz allgemein fällt es uns Menschen schwer, uns von dem Weg abringen zu lassen, den wir gehen oder fahren wollen. Autofahrende neigen häufig dazu, temporäre Sperren von Stadtstraßen zu missachten und erst mal so weit rein zu fahren, wie es geht. Manchmal kommt man ja illegal durch, manchmal muss man halt wenden. Auch Fußgänger:innen missachten die Sperrung eines Gehwegs mit Umleitung über den gegenüberliegenden Gehweg in der Regel und gehen auf der Fahrbahn (oder dem Radstreifen) um die Baustelle herum, derzeit gut in er Eberhardstraße zu beobachten. Für sie ist (anders als für Autofahrende) jeder Umweg mit körperlicher Anstrengung verbunden, sie wählen immer den kürzeren Weg.  Fußgänger:innen und Radfahrende wissen überdies, dass sie - schmal und wendig wie sie sind - im Grunde überall durchkommen. Aber ein mit Respekt für Fußgänger:innen und Radfahrende organisierter Verkehr würde eben nicht ausgerechnet diejenigen zu mehr Mühen zwingen, die sich nicht mit klimaschädlicher Energie in Autos bewegen. 

Radfahrende haben überdies gelernt, dass man die Verkehrszeichen, die man ihnen in den Weg stellt, auch mal sinnlos sind, weil sie nicht passen oder offensichtlich falsch sein müssen. Meistens hat man uns vergessen, und die Radfreigabe unter einem Einfahrt-Verboten-Schild muss nachgeliefert werden, falls sich jemand von uns Radfahrenden darum kümmert, dass das passiert. Oder aber man vergisst eine Sperre oder ein Verbotsschild abzubauen. 

Radfreigabe vergessen
So war am Sonntag nach den Klimaaktionstagen am Ferdinand-Leiter-Steg noch immer das Rad-frei-Zeichen unter dem Fußgängerschild per Rotband durchgestrichen, das Radfahren vor der Oper also noch immer (jetzt grundlos) verboten (wurde inzwischen korrigiert). Und wieder stellt sich uns die Frage: Gilt das nun oder nicht? Es wurde offensichtlich vergessen, während die anderen Verkehrszeichen immerhin auf den Kopf gestellt worden waren. Das Umleitungsschild am Kernerplatz stand aber noch, was letztlich egal war, es ist ja auch sehr hübsch (Foto unten) so als Ergänzung des vergessenen Baustellenwarnschilds. 

Dass wir Viel-Radfahrenden uns im Lauf der Zeit an die Fehlerhaftigkeit von Beschilderungen unserer Wege gewöhnen mussten, hilft natürlich auch gar nicht, eine Umleitung zu beachten, vor allem eine unfreundliche, die einen steilen Berg raufgeht, wo man sonst tallängs ohne große Steigungen radelt. 



13 Kommentare:

  1. Ich feinde es immer wieder ene Zumutung, was Fußgängern und Radfahrern an Beschilderung vorgesetzt wird. Von korrekt über unverständlich bis hin zu schwachsinnig ist da alles dabei. Ich versuche bei uns die Stadtverwaltung davon zu überzeugen, schwachsinnige Beschilderung zu ändern, hoffnungslos. Bei uns ist eine Umleitung ausgeschildert für Radfahrer, rechts um die Lurve, dahinter Durchfahrt für Fahrzeuge aller Art verboten, Linienverkehr frei, also Sackgasse und schwachsinn. Vor Wochen gemeldet, getan? NIX. Der Schwachsinn steht immer noch da. Ignoriert man es, sollte man am Ende erkennen, dass man den Gewheg Radfahrer frei nutzen muss, ansonsten steht man vor einer Absperrungsbarriere, also wieder umkehren. Der Rest der Beschilderung überfordert jeden.
    Einziger Trost, Beschwerden des OBs, in der Zeitung dokumentiert, bringen auch nichts. Da ist die Behörde wenigstens mal konsequent.
    Karin

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  2. Die Frage ist ja auch, wenn da ein Radwegschild vor einem Fußgängerzonenschild mit Rad frei steht, wie das rechtlich behandelt wird, wenn es zu einem Unfall kommt. Radfahrende hätten dann bemerken müssen, dass das Fußgängerzonenschild das Radwegschild nach einem Meter aufhebt, aber kann man Radfahrenden zumuten, so etwas zu bemerken und richtig zu interpretieren? Und wieviel Interpretations-Grübeleien sind Radfahrenden auf ihren Wegen überhaupt zumuten? Schade, dass es dazu noch keine Gerichtsurteile gibt (oder ich noch keine gefunden haben).

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  3. Was mich total nervt, sind mangelhafte Gedanken bei dem Bauen der Fahrradinfrastruktur. Seit Monaten(!) wird an der Hauptradroute(!) rumgebaut (Möhringer Str.) - und die Fahrradumleitungen sind einfach nur besemmelt und werden somit nahezu von allen Fahrradfahrern ignoriert. Auch ist die parallel verlaufende, gut als Umleitung verwendbare, Böblinger Strasse auch gleichzeitig im Umbau, natürlich auch ohne Fahrradgasse o.ä. . Na super, also dann über die Hauptautoachse oder wie? Mit Kids?
    Generell stellt sich auch die Frage der Laufzeit von Baustellen. Monatelang keinerlei Durchkommen in der Heusteigstrasse Ecke Cottastrasse. Monatelang keinerlei Duchkommen Heusteigstr. Richtung Cottastrasse. Angedachte Lösung (sowohl als auch): absteigen und schieben.
    Es scheint System zu haben die Fahrradfahrer zu ignorieren. Oder eben Gedankenlosigkeit.
    Wenn man an der Ecke den Planern noch etwas zutrauen würde sollte man sie mal auf Schulung schicken. Oder man sollte sie einfach einmal die Woche aufs Fahhrad setzen und zu ihrer Baustelle schicken.

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    1. Die Stadtbahnbaustelle auf der Böblinger Straße hat alle im Bezirk überrascht, sie kam wohl ziemlich kurzfristig. Und alle bestätigen mir, dass die die - zum Glück kurzfristigen - Umleitung entlang der Baustelle Fahrradstraße irgendwie und meist auf Gehwegen umfahren. Auch hier stehen die Umleitungsschilder eher zufällig. Geplant war es sorgfältig vom Ordnungsamt, aber die Bautrupps vor Ort halten sich an nix, und es ist ihnen auch egal. Das Ordnungsamt kann da auch nicht täglich jemanden hinschicken. Dass es für die Baustelle in der Heusteigstraße keine rechtzeitig beschilderte Umleitung gibt, hat mich auch hier schon im Blog geärgert. Eigentlich müssten die Bautrupps geschult werden.

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    2. Danke. Zwei Anmerkungen: - das Ordnungshüter kann aber jede Woche jemanden vorbeischauen. Oder die Zettelhexen entsprechend schauen, die sind in der Gegend öfters unterwegs. Und- nein, nicht eigentlich. Denn eigentlich ist eines der überflüssigen Wörter: die Bautrupps müssen geschult werden. :-)

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    3. Bautrupps sind oft Fremdfirmen und immer wieder wechselnd. An der Feinstraße gibt es ununterbrochen Probleme mit den Bauleuten. Deshalb kann ich mehr schwer vorstellen, wie man die schult, obgleich sie eigentlich geschult werden müssten. Im Grunde aber müssten wir alle besser geschult werden, den Fußgänger:innen und Radfahrenden in unserer vom Auto beherrschten Verkehrswelt freundlichen Respekt entgegenzubringen und ihre Wege vorrangig frei zu halten und einfach zu gestalten.

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    4. Das ist doch eigentlich Aufgabe der Bauleitung, sich von der ordnungsgemäßen Einrichtung der Baustelle zu überzeugen. Es wäre auch ein Complianceproblem, wenn für das Schilderwirrwar Geld bezahlt wird, aber die Leistung nicht abgenommen wurde. Einmal im Monat die HRR abzuradeln und sich das Elend (Möhringer Str. ist seit Ostern so ...) anzusehen, müsste ja eigentlich auch von den Stadtplanern drin sein.

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  4. Ich frage mich, warum eigentlich nicht mehr Leuten auffällt, wenn das Schwachsinn beschildert wird. Die meisten haben einen Führerschein und Schilder lesen und beachten in der Fahrschule gelernt haben. Selbst Bauarbeiter (als Führerscheinbesitzer) solleten in der Lage sein Sinn und Unsinn zu unterscheiden.
    Karin

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  5. sollen sie doch ihre kleingeistigen schilder aufstellen, wo sie wollen.
    ich fahr seit jahrzehnten innerstädtisch mit dem rad und weiss, dass ich mich darauf nie verlassen darf.
    mein rad ist schnell wie mein wacher geist und schon finde ich ein schlupfloch.
    nennt sich freiheit.

    karl g. fahr

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  6. Ich kann das ja alles nachvollziehen, aber meintens ist es einfach nicht so einfach wie es scheint. Was wäre denn beim Klimaaktionstag die passendere Umleitung gewesen? Woher soll man im vorhinein wissen, das wenig los ist und man die Radler evlt. auch druch das Event hätte schicken können? Die Beschilderung fällt nicht einfach vom Himmel und verschwindet nicht schlagartig und alles ist wieder frei. Das ist super mühselig das alles Aufzustellen und ständig zu überwachen wo was nicht passt. Schilder wandern und drehen sich leider...

    Die Beschilderung ist für einen bestimmten Zeitpunkt angeordnet. Auch wenn die Sperrung evlt. schon vorbei ist (Event evlt. schon vorzeitig abgebaut), dann steht die halt ggf. noch bis zum nächsten Tag, da die Verkehrssicherere auch anderes zu tun haben (andere Baustelle) als zu warten bis ihnen jemand zuruft "jetzt sofort alles abbauen" und wenn sie das machen, dann dauert es Stunden und dieser Überganszustand der ist natürlich nicht korrekt.

    Ich weiß, dass sich die Behörden oft (nicht immer) viel Mühe geben, aber es ist auch extrem schwierig, es perfekt für alle zu machen. Es sind immer Kompromisse und es müssen auch Regelwerke beachtet werden, die es einem nicht leicht machen und die oft praxisfern sind.

    Wenn die HRR1 gesperrt wird, dann muss der Radler nun mal in den sauren Apfel beisen, ggf. Steigungen, Umwege in Kauf nehmen usw.

    Bald der CSD auf einem Teil der HRR1. Das wird wieder extrem doof für die Radler. Mir fällt keine Lösung dafür ein. Eine Spur der B14 umnutzen? Aber ich vermute das ist einfach für einen Tag unmöglich aufgrund der Kreuzungen, Signalanlagen, Abbiegebeziehungen und auch wie man die Radler sicher auf die Bundesstraße bekommen und wieder runter.

    Prost Leute.

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    1. Wie wär's mit Schilder auf die Straße kleben?

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    2. @Anonym(er Mitarbeiter der Stadtverwaltung?):
      Es ist möglich Baustellen, Umleitungen etc. für den Autoverkehr vetnünftig zu planen, korrekt auszuschildern und diese Schilder schnell auf- und wieder abzubauen. In einem westlichen Nachbarland gelingt dies auch für den Radverkehr.
      Das heißt, geht wenn man will, und im Umkehrschluss, dass der Murks in Stgt und D allgemein am Nichtwollen der entsprechenden Behörden liegt.

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  7. Knud Brockmann7. Juli 2023 um 08:02

    Typisches Umleitungsbeispiel heute morgen (7.7., 6.30): HRR1 Umleitung südlich der Matthäuskirche. Führt über einen mit Transportern völlig zugeparkten Parkplatz, sehr eng, völlig unübersichtlich und lebensgefährlich. Konflikte werden von der Stadt somit provoziert.

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