An vier Wochenenden im Juli und Anfang August 2023 führte die Stadt nun endlich den Versuch durch, die Gassen vor allem von parkenden Autos zu befreien und den Fußgänger:innen Raum zu geben. Ein Wochenende habe ich im Urlaub miterlebt. Und es war grandios. Man holt tief Luft und schlendert befreit die Einkaufsstraßen entlang. Auf einmal gibt es Platz, und man sieht, wie viele Fußänger:innen tatsächlich unterwegs sind, die sich ansonsten zwischen geparkten Autos, Schaufenstern und Aufstellern durchschlängeln. Man sieht die Tische der Außengastro (leider regnete es gerade), die ansonsten zugeparkt sind. Es ist ruhig, entspannt und schön. Ein Genuss.
Leider wird sich der Gemeinderat aber wohl nicht dazu durchringen, etwa zur Landesgartenschau im kommenden Sommer die Altstadt innerhalb des Stadtmauerrings auch nur am Wochenende (Freitagnachmittag bis Montag 6 Uhr) für den Fußverkehr freizugeben, auch wenn der Oberbürgermeister dafür ist. Gewerbe und Handel, so lesen wir, sei dagegen, obgleich Lieferfahrzeuge noch fahren dürften. Auch die üblichen Argumente werden gezogen: Man komme nicht zu den Ärzten oder zur Apotheke, gemeint ist, mit dem Auto nicht bis dicht dorthin, falls man einen Parkplatz findet. Dem Versuch stimmte der Gemeinderat noch zu, bei sieben Gegenstimmen aus der CDU. Die SPD forderte eine ansständige Evaluation nach den vier Versuchswochenenden, aber es ist halt schwer abzuschätzen, ob die Befreiung des Stadtkerns von Autos an nur vier Wochenenden, der Innenstadt nun gut tut oder nicht, ob in den Läden mehr eingekauft oder in der Außengastro mehr konsumiert wird. Untersuchungen des Deutschen Institut für Urbanistik (Difu) zeigen zwar, dass weniger Autos gut für den Handel und die soziale Qualität eines Viertels sind und der Autoverkehr insgesamt zurückgeht (er verpufft), aber das können sich Politker:innen meist für die eigene Stadt und ihren Parklatzhunger nicht vorstellen. Meist heißt es dann: Woanders gehe das, aber bei uns ist es anders. Die GOL (Grüne offene Liste), die zum zweiten Mal den Antrag stellte, wird die Befreiung von Autos an Wochenenden sicher befürworten. Aber sie könnte die einzige Partei sein. In Wangen ist nur der Marktplatz und die Herrenstraße Fußgängerzone (auch für Radfahrende verboten), durch die restlichen Gassen schiebt sich der Autoverkehr, auch durch die Schmidstraße, die vor Jahren neu gepflastert wurde, sodass Seitenräume und Fahrbahn gleich aussehen. Aber Autoabstellflächen hat man wieder markiert. Auch wenn die Autofahrer hier langsam fahren müssen, so beherrschen die halt doch die Fahrbahn und drängen den Fußverkehr an die doch sehr schmalen Ränder. Auf der dorfgassenähnlichen Bindstaße kann man von Süden nach Norden durch den Stadtkern fahren und überall parken. Und eine weitere Straße erlaubt das Parken und eine Ringdurchfahrt bis fast ans Rathaus heran.Eine dreistellige Zahl an Parkplätzen kommt dabei heraus. Nun hat Wangen aber riesige Autoabstellflächen im Nordossten, ein Parkhaus und viele kleinere Parkplatzflächen rund um die Innenstadt in einer Laufentfernung von drei Minuten zum Stadtkern. Und so sieht die Schmiedstraße (vergleiche Foto ganz oben) an einem normalen Wochentag aus.
Im Grunde macht es keinen Unterschied, ob man mit dem Auto fünf Minuten auf Parkplatzsuche durch die Altstadtgassen kreist und dann doch noch 100 Meter zur Apotheke laufen muss, oder ob man draußen sofort einen Parkplatz findet und dann zur Apotheke läuft. Das aber scheint Autobesessenen nicht beizubringen zu sein. Sobald die Hoffnung besteht, man bekäme einen Parkplatz direkt vorm Laden, fährt man dorthin, flucht und kreist und parkt dann doch weiter weg. Das erzeugt diesen fatalen Parkplatzsuchverkehr, der in der Regel 30 Prozent des Verkehrs in Konsumzentren einer Stadt ausmacht und den Aufenthalt für Fußgänger:innen unangenehm macht. In Wangen kommt noch hinzu, dass die Alststadtstraßen Kopfsteinpflaster haben, die Autoreifen also einen erheblichen Lärm machen. Und da wohnen eben auch Leute.
Im Grunde macht es keinen Unterschied, ob man mit dem Auto fünf Minuten auf Parkplatzsuche durch die Altstadtgassen kreist und dann doch noch 100 Meter zur Apotheke laufen muss, oder ob man draußen sofort einen Parkplatz findet und dann zur Apotheke läuft. Das aber scheint Autobesessenen nicht beizubringen zu sein. Sobald die Hoffnung besteht, man bekäme einen Parkplatz direkt vorm Laden, fährt man dorthin, flucht und kreist und parkt dann doch weiter weg. Das erzeugt diesen fatalen Parkplatzsuchverkehr, der in der Regel 30 Prozent des Verkehrs in Konsumzentren einer Stadt ausmacht und den Aufenthalt für Fußgänger:innen unangenehm macht. In Wangen kommt noch hinzu, dass die Alststadtstraßen Kopfsteinpflaster haben, die Autoreifen also einen erheblichen Lärm machen. Und da wohnen eben auch Leute.
Wie man auf dem zweiten Foto von oben sieht, gibt es auch in Wangen Autofahrende, die selbst die temporäre Sperrung ignorieren und hinter der Einfahrtsperre parken. Laut einem Bericht der Schwäbischen Zeitung soll aber auch ein Postbote entnervt seine Pakete an der Sperrung in der nächstgelegenden Kneipe abgeworfen und es dem Wirt überlassen haben, die Empfänger anzurufen. Der Artikel referiert die Reaktionen im Netz, wo sich mehr Gegner:innen als Befürworter:innen äußerten. Die Menschen, denen es an diesen Wochenenden gefallen hat, sind deutlich ruhiger, was dann immer zu einem falschen Eindruck führt. Sich an neue Verhältnisse gewöhnen, dauert halt auch eine Weile. Hat man eine Fußgängerzone erst mal eingerichtet, vielleicht auch nur versuchsweise für ein Jahr oder zwei, dann wollen die meisten nicht mehr zurück zur Autostraße. Vor allem Auswärtige genießen die entspannte Atmosphäre und shoppen mehr. Und die müssen ohnehin nicht in die Altstadtgassen hineinfahren, denn die haben Zeit und können drei Minuten vom Parklatz jenseits der Stadtmauer laufen. Das kennen sie auch von vielen anderen Städten.
Was ist denn mit dem Post über den Radstreifen passiert???
AntwortenLöschenEr musste aktualisiert werden, kommt übermorgen. Sorry.
AntwortenLöschenJörg
AntwortenLöschenIch muss da mal ketzerisch schreiben. Christine Du rufst mit solchen Fußgängerbereichen zum Rechtsbruch auf. Bist Du unter die radikalen Terroristen gegangen?
Die Wahrheit zu Fußgängerzone mit Rad frei lautet: „Stadt hat Recht und Gesetz missachtet“: Kritik an Köln nach Urteil zur Deutzer Freiheit
Deutzer Freiheit autofrei: Stadt habe Gefahrenlage dort „nicht ansatzweise dargelegt“
https://www.24rhein.de/koeln/innenstadt/verwaltungsgericht-urteil-rechtswidrig-deutzer-freiheit-autofrei-fussgaengerzone-entscheidung-92437732.html
Das müsstest du mir etwas genauer erklären. Städte können ja, soweit ich weiß, aus städtebaulichen Gründen auch den Autoverkehr reduzieren. Auch unsere Königstraße in Stuttgart ist seit Jahrzehnten autofrei. Das gilt für viele Fußgängerzonen in vielen deutschen Städten, in denen keine Autos fahren dürfen.
LöschenJörg
LöschenSorry ich kann es nicht erklären. Die Auslegung des §45 StVO verstehe ich nicht. Der Paragraph 45 StVO wurde angewandt. Was daran zu Erkennen ist, das das Gericht eine Gefahrenlage dargestellt haben möchte.
Warum man den Paragraphen in Giesen, in Köln und Stuttgart und allen anderen deutschen Städten anwendet kann ich nicht sagen. Ich bin kein Jurist. Frau Scherz kann es bestimmt erklären. Sie hat es jedenfalls mal in einer Runde erklärt. Nur habe ich es nicht verstanden.
Wenn die Lösung bedeutet, auch den Radverkehr auszuschließen, ist die Lösung nicht zielführend. Das Fahrrad ist nicht der Feind, sondern Teil der Lösung. Die Stuttgarter Königstraße empfinde ich dazu als Unort, dient die ganze Straße doch nur dem Wegwerfkonsum; wer dort verweilt, der ist angereist, Anwohner gibt es praktisch nicht, niemand kommt dort hin, um die Stadt zu erleben, alles dreht sich um Sale und Sonderangebote.
AntwortenLöschen