Wir wissen, dass Radfahrende von ihrer nächsten Umgebung mehr wahrnehmen als Menschen, die in Autos durch Straßen fahren. Eine Studie legt nahe, dass Radfahrende auch mehr Verantwortung fürs Gemeinwohl übernehmen.
Wie der idw berichtet, waren Umfragen in der deutschen städtischen Bevölkerung Basis dieser Studie. In Großstädten leben viele verschiedene Menschen. Un die Frage war, wie sich das Mobilitätsverhalten auf den Zusammenhalt in der Nachbarschaft auswirkt. Die Studie betrachtete vier Aspekte der Gemeinwohlorientierung: politische Partizipation, soziale Beteiligung an Organisationen, Nachbarschaftssolidarität und nachbarschaftliche Hilfsbereitschaft. Es zeigte sich, dass Radfahren die einzige Variable war, die einen signifikanten positiven Einfluss auf diese vier Aspekte hat.
Das kann ich an mir selbst beobachten:
Erst bin ich mit dem Rad zur Arbeit gefahren und habe Straßen neu erlebt und Grünanlagen und Seitenstraßen entdeckt. Dann habe ich viele Gespräche mit Kolleg:innen übers Radfahren geführt. Das passiert immer, wenn man erzählt, dass man mit dem Fahrrad gekommen ist. Dann habe ich mit meinem Blog angefangen und mir Verkehrssituationen für Radfahrende genauer angeschaut. Mit anderen habe ich für konkrete Verbesserungen für den Radverkehr demonstriert. Ich habe irre viele Menschen kennengelernt. Dann habe ich für die Gemeinderatswahl kandidiert und seit sieben Jahren bin ich Stadträtin. Mit der Nachbarschaft - allen, die in meiner Straße wohnen - komme ich zwangsläufig immer mal wieder ins Gespräch, weil ich sie auf der Straße treffe. Ich kann immer anhalten und reden. Meine Hausnachbarn haben sich ein Lastenfahrrad gekauft und sind auch ständig im Gespräch mit Leuten, die sich sowas auch überlegen. Mich sprechen auf der Straße Leute an, weil ich ein Bambusfahrrad fahre. Und wenn ich an der Ampel warte, ergeben sich manchmal Gespräche mit anderen Radfahrenden.Viele, die Radfahren, fragen sich ebenfalls, warum die Radinfrastruktur nicht besser ist, schreiben Briefe und Gelbe Karten und fahren bei der Critical Mass mit. Wer Rad fährt, kann auch mal anhalten, wenn er oder sie auf dem Weg einem Bekannten begegnet. Radfahrende kaufen mehr in lokalen Läden ein. Und ich habe viele kleine Momente der Kommunikation mit Menschen am Straßenrand, an Zebrastreifen. Ich bewege mich ein einer Welt voller Menschen. Die ist mir persönlich lieb geworden. Ich fahre auch deshalb lieber mit dem Fahrrad als mit dem Auto, weil ich mich dann als Teil der Stadt erlebe, in der ich lebe, mit allen Problemen, aber auch Schönheiten.
Autofahrende sind dagegen von der Welt, in der sie leben, isoliert. Wer in der Tiefgarage ins Auto steigt, in einer Kabine durch die Stadt fährt und in der Tiefgarage am Arbeitsplatz wieder aus dem Auto steigt, trifft keine Nachbarn, aber auch keine ihm unbekannten Leute auf der Straße, kommt mit niemandem ins Gespräch. Die soziale Umgebung bliebt unbekannt. Autofahrende sehen sie kaum, sie treffen auf ihren Wegen keine Menschen. Und offenbar führt das dazu, dass sie auch ihr soziales Umfeld weniger wahrnehmen und sich weniger für ihre Nachbarschaft interessieren, allein schon deshalb, weil sie ihr weniger begegnen.
Radverkehr fördern und Radfahrende wertschätzend behandeln, bedeutet für eine Stadtgemeinschaft also auch, den sozialen Zusammenhalt und das Interesse und Engagement füreinander zu stärken. Je mehr Menschen Rad fahren, desto größer der Gewinn für eine Stadt, nicht nur finanziell, sondern auch sozial.
Wer Rad fährt ist sozialer eingestellt. Umgekehrt gilt dies leider genauso. Wer den Radverkehr beschränkt (HRR1 Oper) ist auch offen für Kürzungen im sozialen Bereich (unsozial). Wir sollten ein Crowdfunding für den BW Finanzminister für ein Fahrrad initiieren. Angesichts der Haushaltslage ein Singlespeed ohne Schutzbleche, aber mit Klingel!
AntwortenLöschenJörg
AntwortenLöschenDas muss man natürlich vorsichtig kommunizieren.
Die Wahrnehmung der anderen sieht natürlich anders aus. So kam in der Heilbronner Presse eine Frau zu Wort die sich an Radfahrern auf der Straße obwohl dort ein Radweg ist, der nicht verpflichtend ist wie die Zeitung schrieb, stört. Im weiteren wurde sich an Radfahrenden in Fussgängerbereichen gestört.
Vielleicht ist es hilfreich diesen Radfahrendenskeptikern irgendwie den Spiegel vor zu halten. Und dabei ohne Zorn auf die Autobahn zu verweisen, die exklusiv mit ganz vielen Fahrspuren kostenlos den Autos zur Verfügung steht.
Fußgänger:innen begegnen Menschen, wenn sie Radfahrenden begegnen. Und an denen stören sie sich dann manchmal. Dagegen nehmen sie Autos, in denen Menschen sitzen, nicht als von Menschen gesteuert wahr, weshalb sie auf die nicht wütend sein können.
LöschenDazu kommt noch folgendes: tonnenschwere Blechungetüme werden zig Kilometer schnell (selbst innerorts bis zu 50 km/h legal und in der Realität oft noch schneller) gefahren, um in der überwiegenden Mehrzahl eine einzelne Person ein paar Kilometer weit zu bewegen. Und diese hanebüchene Situation gilt als völlig NORMAL...
LöschenAber das muß man natürlich "vorsichtig kommunizieren"...
Das ist mal à propos: eine Journalistin die es verstanden hat, und es öffentlich sagt... https://www.theguardian.com/commentisfree/2023/nov/27/why-i-quit-complaining-about-cyclists-men-in-lycra
LöschenIch vermute, Fußgänger sind auf Radfahrer wütender, weil sie auf dem (nicht freigegebenen) Gehweg – anders als durch Radfahrer – durch entgegenkommende oder überholende Autofahrer eher selten gefährdet werden.
LöschenBei dem Punkt, dass sich Fußgänger durch Autofahrer auf dem Gehweg nicht gefährdet sehen (Im Gegensatz zu Radfahrern) ist aber auch eine kleine Portion Survivor Bias dabei, oder?
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